Dein erster Bonsai: Ein ehrlicher Guide ohne Schnickschnack
Ich erinnere mich noch gut an meinen allerersten Bonsai. Es war eine unscheinbare kleine Hainbuche, die ich auf einem Pflanzenmarkt entdeckt hatte. Ehrlich gesagt, war sie nichts Besonderes – nur ein Setzling in einem billigen Plastiktopf. Aber ich sah Potenzial in ihr. Und ja, ich habe so ziemlich jeden Fehler gemacht, den man machen kann. Ich hab sie zu radikal zurückgeschnitten, falsch gedrahtet und einmal fast vertrocknen lassen. Aber genau dieser Baum hat mir mehr beigebracht als jedes dicke Buch. Er lehrte mich Geduld, genau hinzusehen und Respekt vor der Natur.
Inhaltsverzeichnis
- Die verborgenen Grundlagen: Mehr als nur Gießen und Schneiden
- Die 3 häufigsten Anfängerfehler (und wie du sie vermeidest)
- Dein erstes Projekt: In 3 Schritten von der Baumschule zum Bonsai
- Die Anfänger-Einkaufsliste für unter 80 Euro
- Hilfe, mein Baum ist krank! Schädlinge erkennen und bekämpfen
- Ehrliche Worte zu Kosten, Zeit und dem wahren Wert
- Bildergalerie
Heute, wenn Leute in meine Werkstatt kommen, sehe ich oft dieselben Fragen in ihren Augen. Sie sehen die beeindruckenden alten Kiefern und fragen sich, was so einen Baum wirklich wertvoll macht. Spoiler: Es ist selten nur der Preis. Es ist die Geschichte, die Pflege und das Wissen, das in jedem einzelnen Ast steckt.
In diesem Guide verkaufe ich dir keine schnellen Tricks. Stattdessen teile ich das Wissen aus jahrelanger Praxis – die Grundlagen, die Techniken und die ehrlichen Wahrheiten über die Pflege dieser faszinierenden Lebewesen.

Die verborgenen Grundlagen: Mehr als nur Gießen und Schneiden
Viele glauben, Bonsai sei eine spezielle Zwergbaumart. Das ist der erste große Irrtum. Bonsai ist eine Kunstform, eine Methode. Man kann fast jede verholzende Pflanze, von der heimischen Eiche bis zum Ficus, zu einem Bonsai gestalten. Der Schlüssel ist, die biologischen Bedürfnisse des Baumes zu verstehen.
Lebenselixier Wasser: Richtig gießen ist alles
Ein Baum in einer winzigen Schale ist komplett von dir abhängig. Seine Wurzeln können nicht einfach tiefer wachsen, um Wasser zu finden. Deshalb ist das Gießen so eine heikle Sache. Der häufigste Fehler, den ich sehe? Das tägliche „Schluck-Gießen“. Dabei wird nur die Oberfläche nass, die unteren Wurzeln verdursten, während die oberen faulen. Ein langsames, aber sicheres Todesurteil.
Profi-Technik: Gieße durchdringend! Halte die Gießkanne mit einem feinen Brauseaufsatz (kostet nur ein paar Euro) so lange über die Schale, bis das Wasser unten aus den Löchern wieder herausläuft. So wird der gesamte Wurzelballen nass. Danach wartest du, bis die Erdoberfläche leicht angetrocknet ist. Im Hochsommer kann das täglich sein, im tiefsten Winter vielleicht nur alle zwei Wochen. Der beste Feuchtigkeitssensor ist und bleibt dein Finger. Steck ihn einfach mal 2 cm tief in die Erde.

Die richtige Erde: Das Fundament für gesunde Wurzeln
Gute Bonsaierde ist ein kleines Wunderwerk. Sie muss Wasser speichern können, aber gleichzeitig überschüssiges Wasser sofort abfließen lassen. Klingt paradox, ist aber essenziell, um Wurzelfäule zu vermeiden. In professionellen Werkstätten mischen wir unsere Erde selbst aus mineralischen Granulaten.
- Akadama: Ein japanisches Lehmgranulat, das Wasser super speichert. Praktisch: Es zerfällt mit der Zeit und zeigt dir so an, wann es Zeit zum Umtopfen ist.
- Bims: Dieses poröse Vulkangestein sorgt für eine fantastische Belüftung im Wurzelbereich. Kein Fan von Staunässe.
- Lava oder Kiryu: Sehr stabile Granulate, die für Drainage sorgen. Kiryu ist besonders bei Nadelbäumen wie Kiefern beliebt.
Kleiner Tipp für den Anfang: Du musst nicht sofort zum Substrat-Alchemisten werden. Eine fertige, gute Bonsaierde aus dem Fachhandel oder von spezialisierten Online-Shops tut es für den Anfang auch. Achte darauf, dass sie nicht wie normale Blumenerde aussieht, sondern eine grobe, mineralische Struktur hat.
Licht, die Energiequelle
Ein Baum lebt von Licht. Ohne ausreichend Licht verhungert er buchstäblich. Die Blätter werden groß und schlaff, die Triebe lang und dünn – ein verzweifelter Versuch, zur Lichtquelle zu gelangen. Das sieht nicht nur unschön aus, es schwächt den Baum auch massiv.

Die meisten Outdoor-Bonsai (Ahorn, Lärche, Kiefer) brauchen einen sonnigen bis halbschattigen Platz draußen. Indoor-Bonsai, meist tropische Arten wie der Ficus, gehören an den hellsten Fensterplatz, den du hast. Gerade im dunklen deutschen Winter kann eine zusätzliche Pflanzenlampe den Unterschied zwischen Überleben und Gedeihen ausmachen. Gut zu wissen: Such nach einer einfachen LED-Pflanzenlampe mit Vollspektrum, etwa 20-30 Watt reichen für den Anfang völlig aus.
Die 3 häufigsten Anfängerfehler (und wie du sie vermeidest)
Ganz ehrlich, diese drei Fehler sehe ich immer wieder. Wenn du diese vermeidest, ist schon die halbe Miete geschafft.
- Die Winterruhe ignorieren: Heimische Bäume wie Ahorn, Eiche oder Lärche brauchen eine kalte Winterpause. Ihr Stoffwechsel fährt herunter. Stellst du einen Ahorn im Winter ins warme Wohnzimmer, zwingst du ihn, seine Energiereserven aufzubrauchen. Er stirbt nach ein, zwei Jahren an Erschöpfung. Achtung! Die Überwinterung muss frostfrei, aber kalt sein (ideal sind 0-5°C). Eine unbeheizte Garage am Fenster, ein Kalthaus oder eine im Garten eingegrabene Kiste sind perfekt.
- Falsch gießen: Wie oben beschrieben. Nicht nippen lassen, sondern den ganzen Ballen durchdringend wässern und dann wieder abtrocknen lassen.
- Den Draht einwachsen lassen: Wenn du Äste drahtest, um sie zu formen, wächst der Ast weiter. Der Draht schneidet dann in die Rinde ein und hinterlässt hässliche, dauerhafte Narben. Kontrolliere den Draht alle paar Wochen! Sobald er anfängt zu spannen, muss er runter. Schneide ihn Stück für Stück mit einer Drahtzange ab – niemals abwickeln, sonst brichst du den Ast.

Dein erstes Projekt: In 3 Schritten von der Baumschule zum Bonsai
Okay, genug Theorie. Du bist motiviert und willst loslegen? Perfekt. Vergiss die teuren, fertigen Bonsai aus dem Baumarkt. Der wahre Spaß liegt darin, es selbst zu tun.
Schritt 1: Die richtige Pflanze finden (ca. 15-50 €)
Geh in eine gute Baumschule und schau dich bei den normalen Gartenpflanzen um. Suche nach kleinen Sträuchern oder Bäumen mit Potenzial. Achte auf einen dicken Stamm, der sich nach oben verjüngt, und idealerweise schon ein paar tief ansetzende Äste. Für Anfänger eignen sich bestimmte Arten besonders gut:
- Feldahorn: Extrem robust, verzeiht Schnittfehler und zeigt eine tolle Herbstfärbung. Ein super Allrounder.
- Lärche: Lässt sich toll drahten, wächst schnell und ist auch im Winter ohne Nadeln eine Augenweide. Braucht aber viel Sonne.
- Hainbuche: Ähnlich robust wie der Ahorn und entwickelt schnell eine feine Verzweigung.
- Ficus (für drinnen): Wenn es ein Indoor-Baum sein soll, ist der Ficus die beste Wahl. Er ist pflegeleicht, aber Achtung: Er hasst Zugluft und Standortwechsel.
Schritt 2: Der erste Formschnitt (noch im selben Jahr)
Wenn du deine Pflanze hast, schau sie dir lange an. Wo ist die Vorderseite? Welche Äste bilden eine schöne Grundstruktur? Entferne mit einer scharfen Schere alles, was stört: Äste, die sich kreuzen, senkrecht nach oben wachsen oder zu dicht stehen. Sei mutig, aber nicht wahnsinnig. Es geht darum, eine Grundform zu schaffen.

Schritt 3: Umtopfen in eine Trainingsschale (im nächsten Frühjahr)
Im ersten Frühling nach dem Kauf topfst du den Baum um. Befreie die Wurzeln vorsichtig von der alten Erde, schneide zu lange oder dicke Wurzeln etwas zurück und setze den Baum in eine einfache Trainingsschale (eine günstige, etwas größere Tonschale) mit guter Bonsaierde. Jetzt kann der Baum sich etablieren. Erst wenn er wieder kräftig wächst, beginnst du mit dem Feinschliff wie dem Drahten.
Die Anfänger-Einkaufsliste für unter 80 Euro
Du brauchst am Anfang kein Profi-Equipment für hunderte von Euro. Das hier ist alles, was du für den Start wirklich benötigst:
- Eine Pflanze aus der Baumschule: ca. 15-50 €
- Eine scharfe, saubere Gartenschere: Eine gute von Fiskars oder Gardena kostet um die 20 €. Das ist besser als ein billiges Bonsai-Set.
- Eine Rolle Aluminiumdraht: 2-3 mm Stärke ist ein guter Allrounder. Kostet etwa 10 €.
- Ein Sack gute Bonsaierde: ca. 10-15 €
Damit bist du bestens für dein erstes Projekt gerüstet.

Hilfe, mein Baum ist krank! Schädlinge erkennen und bekämpfen
Ja, es kann passieren. Selbst mir ist schon mal ein Baum wegen eines unentdeckten Befalls eingegangen. Die Horrorvorstellung für jeden Anfänger! Aber keine Panik, das meiste ist gut in den Griff zu bekommen.
Achte auf klebrige Blätter und kleine grüne oder schwarze Tierchen an den Triebspitzen – das sind Blattläuse. Feine Gespinste, besonders in den Blattachseln, deuten auf Spinnmilben hin. Die lieben trockene Heizungsluft.
Wenig bekannter Trick: Die erste und oft wirksamste Waffe ist eine einfache Seifenlauge. Mische einen Liter Wasser mit einem Esslöffel Schmierseife (kein Spülmittel!) und einem Schuss Spiritus. Sprühe den Baum damit tropfnass ein, auch die Blattunterseiten. Nach ein paar Stunden spülst du ihn mit klarem Wasser ab. Das wiederholst du alle paar Tage, bis die Plagegeister verschwunden sind.
Ehrliche Worte zu Kosten, Zeit und dem wahren Wert
Ein guter Bonsai ist ein Hobby, das Engagement erfordert. Es ist eine Reise, kein fertiges Produkt. Der größte Faktor ist deine Zeit: die tägliche Kontrolle, das Gießen, der saisonale Schnitt. Aber die Freude, die man empfindet, wenn ein Baum nach Jahren der Pflege zum ersten Mal blüht oder eine prächtige Herbstfärbung zeigt, ist der wahre Lohn für all die Mühe.

Und noch ein letzter Rat, der mir viel Lehrgeld gespart hat: Such dir eine Gemeinschaft. Tritt einem lokalen Bonsai-Arbeitskreis bei. Schau einfach mal online, ob der „Bonsai-Club Deutschland e.V.“ eine Gruppe in deiner Nähe hat. Dort triffst du Gleichgesinnte, lernst von den Erfahrenen und bekommst ehrliches Feedback. Das ist unbezahlbar und schützt vor so manchem Fehler. Viel Erfolg auf deiner Reise!
Bildergalerie


Kann mein Bonsai das ganze Jahr im Wohnzimmer stehen?
Das ist einer der häufigsten und fatalsten Fehler. Die meisten Bonsai-Arten, wie Ahorn, Lärche oder Kiefer, sind Freilandbäume. Sie brauchen den Wechsel der Jahreszeiten, inklusive der Winterkälte, um zu überleben. Nur subtropische Arten wie Ficus, Jadebaum (Portulacaria afra) oder die chinesische Ulme können als Zimmerbonsai gehalten werden, benötigen aber auch einen sehr hellen Standort, idealerweise direkt am Fenster.


„Der Bonsai sagt dir, was er braucht. Du musst nur lernen, zuzuhören.“
Dieser Satz, oft in Bonsai-Kreisen zitiert, bringt die Essenz der Pflege auf den Punkt. Es geht weniger um starre Regeln als um die Entwicklung eines Gefühls für den Baum, seine Bedürfnisse und seinen Rhythmus. Beobachtung ist deine wichtigste Fähigkeit.

Für den Start brauchst du keine teure Profi-Ausrüstung. Konzentriere dich auf drei essenzielle Werkzeuge, die den Unterschied machen:
- Eine scharfe Konkavzange: Sie ermöglicht saubere Schnitte, die bündig am Stamm heilen, ohne unschöne Stummel zu hinterlassen.
- Eine feine, lange Schere: Ideal für den Formschnitt und das präzise Entfernen kleiner Zweige und Blätter.
- Eine robuste Drahtschere: Niemals eine gute Zange zum Drahtschneiden missbrauchen!


Drahtwahl für Anfänger:
Aluminiumdraht: Er ist eloxiert (oft schwarz oder braun), weicher und flexibler. Perfekt für Einsteiger, da er sich leicht anbringen und korrigieren lässt, ohne die Rinde schnell zu beschädigen. Ideal für Laubbäume.
Kupferdraht: Er wird vor Gebrauch ausgeglüht, um ihn weich zu machen, härtet aber am Baum wieder aus und hält Äste stärker in Position. Er ist unauffälliger, aber weniger fehlerverzeihend und eher für erfahrene Gestalter und Nadelbäume geeignet.


Die Schale ist mehr als nur ein Behälter – sie ist der Rahmen für dein lebendes Kunstwerk. Eine Faustregel besagt, dass die Länge der Schale etwa zwei Drittel der Baumhöhe betragen sollte. Unglasierte, erdige Töne passen gut zu Nadelbäumen und Bäumen mit markanter Rinde. Glasierte, farbige Schalen können die Schönheit von blühenden oder fruchttragenden Bonsai unterstreichen.

- Sorgt für eine exzellente Drainage und verhindert Staunässe.
- Speichert Wasser, ohne zu zerfallen und den Wurzelraum zu verdichten.
- Fördert ein feines, dichtes Wurzelwachstum.
Das Geheimnis? Reines Akadama. Dieses japanische Lehmgranulat ist der Goldstandard für viele Bonsai-Enthusiasten. Es verändert seine Farbe, wenn es trocknet, und ist somit auch ein perfekter Gießanzeiger.


Wichtiger Punkt: Düngen ist kein Doping! Ein Bonsai in einer kleinen Schale hat nur begrenzten Zugang zu Nährstoffen. Ohne regelmäßige Düngung während der Wachstumsperiode (Frühling bis Herbst) wird der Baum schwach und anfällig. Feste organische Dünger wie Biogold geben ihre Nährstoffe langsam ab und fördern ein gesundes Bodenleben. Flüssigdünger wirken schneller, müssen aber exakt nach Anleitung dosiert werden.


In der Bonsai-Kunst gibt es traditionelle Grundformen, die von der Natur inspiriert sind. Zwei der häufigsten sind:
- Moyogi (frei aufrecht): Der Stamm windet sich elegant nach oben, die Spitze bleibt aber über dem Wurzelansatz. Dies ist die häufigste Form in der Natur und ein guter Startpunkt für Anfänger.
- Shakan (geneigt): Der Baum wächst in einem deutlichen Winkel, als würde er sich gegen einen ständigen Wind stemmen. Dies verleiht ihm eine starke Dynamik.

Ein Symbol der Resilienz: Der Yamaki-Kiefern-Bonsai überlebte die Atombombe von Hiroshima 1945.
Dieser bemerkenswerte Baum, der damals weniger als zwei Meilen vom Epizentrum entfernt stand, wurde von der Familie Yamaki über Generationen gepflegt. 1976 wurde er als Geschenk an die USA übergeben und steht heute im National Bonsai & Penjing Museum in Washington, D.C. – ein stiller Zeuge von unfassbarer Widerstandsfähigkeit.


Das Drahten eines Astes ist ein fast meditativer Prozess. Es geht nicht darum, den Baum brutal in eine Form zu zwingen. Es ist ein Dialog. Du spürst die Spannung im Holz, findest den richtigen Winkel und führst den Zweig sanft in eine neue Richtung. Diese konzentrierte, ruhige Arbeit kann eine wunderbare Flucht aus dem Alltagsstress sein und vertieft die Verbindung zu deinem Baum.


Wie erkenne ich, dass ich zu viel gieße?
Staunässe ist der stille Killer. Achte auf diese Anzeichen, bevor es zu spät ist:
- Die Erde ist konstant feucht und riecht muffig.
- Die Blätter werden gelb und fallen ab, obwohl die Erde nass ist.
- Die feinen Wurzelspitzen sind schwarz und matschig statt weiß und fest.
- Es wächst Moos oder Schimmel auf der Erdoberfläche.
Wenn du diese Symptome bemerkst, sofort das Gießen reduzieren und für eine bessere Drainage sorgen. Manchmal ist ein Not-Umtopfen in trockeneres Substrat die einzige Rettung.

Du musst nicht bei Null anfangen. In vielen Gartencentern finden sich unscheinbare Pflanzen mit Potenzial. Suche in der Abteilung für Koniferen oder kleine Sträucher nach Exemplaren mit einem dicken Stammansatz (Nebari), interessanter Bewegung im unteren Stamm oder feiner Verzweigung. Ein kleiner japanischer Ahorn oder eine Zwerg-Kiefer für 20 Euro kann mit etwas Vision und Geduld die Basis für einen wunderbaren Bonsai sein.


Organischer Dünger (z.B. Biogold Pellets): Wird auf die Erdoberfläche gelegt und gibt bei jedem Gießen langsam Nährstoffe ab. Verbessert die Bodenstruktur und ist schwer zu überdosieren. Ideal für eine konstante Grundversorgung.
Chemischer Flüssigdünger: Wird dem Gießwasser beigemischt und ist für die Pflanze sofort verfügbar. Gut für einen schnellen Nährstoffschub, birgt aber bei falscher Dosierung die Gefahr der Wurzelverbrennung.
Viele Profis kombinieren beides: eine organische Basis und gezielte flüssige Gaben in Phasen starken Wachstums.

Bonsai ist die Kunst, die Illusion von Alter und die Essenz der Natur in einem kleinen Behälter einzufangen.


Der größte Feind: Stumpfes Werkzeug. Eine quetschende Schere oder Zange verursacht unsaubere Wunden, die schlecht heilen, das Holz splittern lassen und Eintrittspforten für Krankheiten und Pilze sind. Hochwertige japanische Werkzeuge von Marken wie Kaneshin oder Masakuni sind eine Investition fürs Leben, aber auch günstigere Sets sollten regelmäßig gereinigt und geschärft werden. Dein Baum wird es dir mit gesunder Wundheilung danken.


Einer der größten Reize eines Laubbaumes als Bonsai ist seine Fähigkeit, die Jahreszeiten widerzuspiegeln. Betrachte nicht nur den Sommerzustand, sondern die gesamte Reise:
- Frühling: Das zarte Grün der ersten austreibenden Blätter.
- Sommer: Ein dichtes, sattes Blätterdach.
- Herbst: Die spektakuläre Farbexplosion von Gelb, Orange und Rot bei Ahorn oder Ginkgo.
- Winter: Die nackte, feine Silhouette der Verzweigung, die die wahre Struktur des Baumes offenbart.

- Schützt die Erdoberfläche vor dem Austrocknen durch Sonne und Wind.
- Verhindert das Ausspülen von Substrat beim Gießen.
- Schafft ein ästhetisch ansprechendes, natürliches Bild.
Das Geheimnis? Moos! Du kannst Moos aus dem Garten sammeln (wähle feines, flach wachsendes) oder im Fachhandel kaufen. Leicht auf die Erdoberfläche gedrückt, wächst es bei richtiger Feuchtigkeit schnell an und vervollständigt das Aussehen deines Bonsai.


In der Welt des Bonsai werden Narben nicht versteckt, sondern gefeiert.
Die Begriffe „Jin“ und „Shari“ bezeichnen Techniken, bei denen Teile des Baumes künstlich zum Absterben gebracht und als Totholz gestaltet werden. Ein „Jin“ ist ein abgestorbener Ast, ein „Shari“ ein Rindenstreifen, der vom Stamm entfernt wird. Dieses gebleichte Holz simuliert die Spuren von Blitzeinschlägen, Stürmen oder Alter und verleiht dem Baum eine dramatische Geschichte und große Würde.


Nicht jede Baumart ist für den Anfang geeignet. Manche verzeihen Fehler, andere nehmen sie sofort übel. Gute Arten für den Einstieg sind:
- Ficus (Feige): Extrem robust, wächst schnell und kann im Haus gehalten werden.
- Chinesische Ulme: Verzeiht Schnittfehler, treibt willig wieder aus und hat kleine Blätter.
- Japanische Lärche: Ein Nadelbaum, der im Winter seine Nadeln verliert. Sie ist schnittverträglich und entwickelt schnell einen dicken Stamm.

Was ist eigentlich „Yamadori“?
Dieser japanische Begriff bedeutet wörtlich „Sammeln in den Bergen“ und bezeichnet die Kunst, Bäume aus der Natur zu entnehmen, um sie als Bonsai zu gestalten. Diese Bäume haben oft schon einen einzigartigen Charakter durch den Kampf mit Wind, Wetter und kargem Boden. Wichtig: Dies ist eine Disziplin für Experten, die nicht nur botanisches Wissen, sondern auch die Erlaubnis des Landbesitzers erfordert. Wildes Ausgraben ist illegal und schadet der Natur.


„Der Baum soll nicht aussehen, als sei er geschnitten worden, sondern als sei er einfach so gewachsen.“ – John Y. Naka, Bonsai-Meister
Dieses Zitat fasst das höchste Ziel der Bonsai-Gestaltung zusammen. Jeder Schnitt, jede Biegung soll so natürlich wirken, dass die Hand des Gestalters unsichtbar wird. Es geht darum, die natürliche Wuchsform zu überhöhen, nicht, sie zu verleugnen.


Muss ich meinen Baum im Winter besonders schützen?
Ja, unbedingt! Obwohl Freiland-Bonsai Kälte brauchen, ist ihr Wurzelballen in der kleinen Schale Frost und austrocknendem Wind schutzlos ausgeliefert. Ein kalter, aber frostfreier Ort ist ideal – eine unbeheizte Garage, ein Kalthaus oder eine geschützte Ecke auf dem Balkon. Die effektivste Methode: Grabe den Baum samt Schale in ein Beet im Garten ein oder stelle ihn in eine Kiste, die du mit Rindenmulch oder Laub auffüllst.

Unglasierte Schalen: Diese Töpfe aus gebranntem Ton sind poröser und atmen besser, was gut für die Wurzelgesundheit ist. Ihre erdigen Farben (braun, grau, terrakotta) wirken maskulin und passen hervorragend zu Nadelgehölzen und Bäumen mit starkem Charakter.
Glasierte Schalen: Sie bieten eine riesige Farbpalette. Blau-, Grün- oder Cremetöne können die Farbe von Blüten, Früchten oder Herbstlaub wunderbar ergänzen. Sie gelten als femininer und werden oft für Laubbäume und blühende Arten wie Azaleen verwendet.


In der japanischen Ästhetik ist der leere Raum (Ma) genauso wichtig wie das Objekt selbst. Im Bonsai bedeutet das, dass die Lücken zwischen den Ästen und dem Laub entscheidend für die Gesamtwirkung sind. Ein überladener, dichter Baum wirkt wie ein Busch. Ein gut gestalteter Bonsai hat „negative Räume“, die dem Betrachter erlauben, hindurchzuschauen und die feine Struktur der Verzweigung zu bewundern.
Lust auf ein schnelles Erfolgserlebnis? Versuche dich an einem „Mame“-Bonsai (ausgesprochen „Ma-meh“), der nicht höher als 10 cm ist.
- Besorge dir einen kleinen Setzling einer robusten Art (z.B. Cotoneaster) im Gartencenter.
- Verwende eine winzige Schale (eine Eierschale oder ein kleiner Keramiktopf tun es für den Anfang).
- Kürze die Wurzeln vorsichtig und schneide die Krone zurück, um die Proportionen anzupassen.
Dieses Mini-Projekt ist eine großartige Übung, um die Grundprinzipien im Kleinen zu erlernen.




