Dachbodenfund oder kleiner Schatz? So findest du den wahren Wert deiner alten Puppe
Nostalgie in Porzellan: Alte Puppen sind nicht nur Spielzeug, sie sind Zeitzeugen unserer Kindheit. Entdecken Sie, warum sie so wertvoll sind!
Ein sanfter Wind weht durch die Zeit, während die alten Puppen in ihren eleganten Kleidern still auf den Regalen sitzen. Wer hätte gedacht, dass diese kleinen Porzellanwesen die Hüter unserer Kindheitserinnerungen sind? Sie erzählen Geschichten von unbeschwerten Tagen und kindlicher Freude, während wir als Erwachsene oft vergessen, wie es war, im Moment zu leben. Lassen Sie sich von der Magie dieser nostalgischen Begleiter verzaubern!
Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele alte Puppen ich schon in meinen Händen gehalten habe. Manche kamen in verstaubten Koffern an, sorgfältig in Seidenpapier gewickelt, das über die Jahrzehnte vergilbt war. Andere waren klassische Dachbodenfunde, deren Glasaugen mich aus einer dunklen Ecke anstarrten. Jede einzelne von ihnen ist wie ein kleines Geschichtsbuch. Sie erzählt nicht nur von dem Kind, das mit ihr gespielt hat, sondern auch von der Zeit, in der sie entstanden ist – vom Handwerk, den Materialien und der unglaublichen Sorgfalt der damaligen Puppenmacher.
Inhaltsverzeichnis
Viele Leute kommen zu mir in die Werkstatt und hoffen, den ganz großen Schatz gefunden zu haben. Klar, man hört immer wieder von Puppen, die für Tausende von Euro den Besitzer wechseln. Und ja, das gibt es. Aber ganz ehrlich? Das ist die absolute Ausnahme. Der wahre Wert einer alten Puppe steckt nicht nur im Preisschild. Er liegt im Verstehen: Wie wurde sie gemacht? Woher kommt sie? Und wie gut hat sie die Zeit überstanden? Ich nehme dich mal mit auf eine kleine Reise und zeige dir, worauf ich als Profi achte. Danach siehst du deine Puppe garantiert mit anderen Augen.

Der erste Eindruck: Was deine Hände und Augen dir verraten
Wenn ich eine neue Puppe zum ersten Mal in die Hand nehme, ist das wie ein Kennenlernen. Ich gehe ganz behutsam vor. Zuerst spüre ich das Gewicht. Ist sie federleicht oder hat sie eine gewisse Schwere, die sich wertig anfühlt? Dann lasse ich meine Finger über die Oberflächen gleiten. Fühlt sich die Haut kühl und glatt an wie eine Tasse, oder eher warm und ein klein wenig rau? Allein diese ersten Berührungen sind schon wichtige Hinweise auf das Material. Und das ist der Ausgangspunkt für alles Weitere.
Die Seele der Puppe: Eine kleine Materialkunde für Einsteiger
Das Material des Kopfes ist absolut entscheidend. Es bestimmt oft, wie selten oder wertvoll eine Puppe ist. Die meisten alten Sammlerpuppen haben einen Kopf aus Biskuitporzellan, aber es gibt auch andere Kandidaten, die du kennen solltest.
Biskuitporzellan – Der edle Klassiker
Das ist ein unglasiertes, meist zart hautfarbenes Porzellan, das eine matte, fast samtige Oberfläche hat. Es wurde speziell entwickelt, um menschlicher Haut so nah wie möglich zu kommen. Um echtes Biskuitporzellan zu erkennen, gibt es einen super Trick, den ich jedem ans Herz lege: Nimm eine kleine, aber starke LED-Taschenlampe (die von deinem Handy reicht oft schon) und leuchte von hinten in den offenen Puppenkopf. Schimmert das Porzellan leicht rötlich und wirkt ein bisschen durchscheinend? Perfekt! Das ist ein Zeichen für eine hohe Qualität der Porzellanmasse.

Achtung! Der Taschenlampentest ist auch dein bester Freund, um Haarrisse zu finden. Das sind winzige Risse, die man mit bloßem Auge oft übersieht. Die Lampe entlarvt sie gnadenlos als dunkle Linien. Ein Haarriss, und sei er noch so klein, kann den Wert einer Puppe dramatisch senken – oft um 70 % oder sogar mehr. Ein perfekt erhaltener Kopf ist also das absolute A und O.
Zelluloid – Die zerbrechliche Schönheit
Zelluloid war einer der ersten Kunststoffe und kam als günstigere Alternative zum teuren Porzellan auf den Markt. Du erkennst Puppen aus diesem Material sofort an ihrem geringen Gewicht. Fühl mal genau hin: Oft findest du eine feine Naht, an der die beiden Hälften des Kopfes oder Körpers zusammengefügt wurden. Viele bekannte Hersteller produzierten Millionen dieser Puppen.
Wichtiger Sicherheitshinweis: Zelluloid ist chemisch nicht ganz ohne und extrem brennbar. Lagere diese Puppen also NIEMALS in der Nähe einer Heizung oder in der prallen Sonne. UV-Licht zersetzt das Material regelrecht. Ich hatte mal einen traurigen Fall in der Werkstatt, da hat sich eine Puppe im heißen Auto quasi selbst aufgelöst. Übrig blieb nur ein Haufen bröseliger, stechend riechender Reste. Also, bitte mit Respekt behandeln!

Masse (Komposition) – Der empfindliche Allrounder
Kompositionsmasse ist ein Mix aus Sägemehl, Leim und anderen Füllstoffen – günstig und vielseitig. Daraus wurden ganze Körper oder auch Köpfe gemacht. Massepuppen sind deutlich schwerer als Zelluloidpuppen. Mit der Zeit bekommt die Oberfläche oft feine Risse, die wie ein Spinnennetz aussehen. Das nennt man Krakelee und ist eine normale Alterserscheinung. Problematisch wird’s, wenn ganze Stücke abgeplatzt sind oder die Puppe feucht wurde. Ein feuchter Keller ist der sichere Tod für jede Massepuppe, weil Wasser den Leim auflöst und das Material einfach zerfällt.
Stell dir also vor, du hast die drei Typen vor dir: Der Porzellankopf fühlt sich kühl, glatt und schwer an. Der Zelluloidkopf ist überraschend leicht. Der Massekopf hat ein solides Gewicht, fühlt sich aber oft etwas rauer an und zeigt vielleicht schon die Spuren seines Alters durch feine Risse.
Der Kopf ist der Schlüssel: Marken, Augen und die Frisur
Der Kopf ist das Herzstück. Hier finden sich die wichtigsten Hinweise. Dreh die Puppe mal vorsichtig um und schau dir den Nacken- und Schulterbereich ganz genau an. Dort ist oft eine Markierung eingeprägt.

Die Nackenmarke entziffern
Diese Marken sind wie ein Ausweis. Oft findest du dort Buchstaben, die für den Hersteller stehen, eine Nummer für das Kopfmodell und manchmal eine Größenangabe. Aber wie kommst du da ran, wenn die Perücke bombenfest sitzt? Kleiner Profi-Tipp: Oft sind die Perücken nur auf einen Gips- oder Pappdeckel geklebt. Du kannst versuchen, ganz vorsichtig mit einem stumpfen Buttermesser am Rand entlangzufahren, um zu sehen, ob sich der Deckel löst. Aber wenn du merkst, da rührt sich nichts oder es fängt an zu knirschen: Finger weg! Dann muss ein Experte ran, bevor etwas kaputtgeht.
Übrigens: Eine Marke allein macht noch keinen Schatz. Es gibt unzählige Online-Datenbanken und Sammlerforen (such einfach mal nach „antike Puppen bestimmen“), wo du Marken recherchieren kannst. Sei aber gewarnt, es existieren auch Fälschungen, bei denen seltene Marken auf minderwertige Puppen aufgebracht wurden.
Die Augen – Fenster zur Seele
Die Augen machen einen riesigen Unterschied. Die einfachste Variante sind aufgemalte Augen. Hochwertiger und viel häufiger sind Glasaugen. Besonders begehrt sind sogenannte Paperweight-Augen aus massivem Glas, die eine unglaubliche Tiefe haben. Viele Puppen haben auch Schlafaugen, die sich schließen, wenn man sie hinlegt. Prüfe mal, ob der Mechanismus noch funktioniert – das ist immer ein Pluspunkt. Wenn nicht, keine Panik, das kann ein Restaurator oft wieder richten.

Die Perücke – Original zählt!
Die meisten antiken Puppen trugen Perücken aus Echthaar oder Mohair (das feine Haar der Angoraziege). Eine gut erhaltene Originalperücke ist ein echter Wertsteigerer. Leider wurden sie oft durch moderne Synthetikperücken ersetzt, was den Wert mindert. Schau mal unter der neuen Perücke nach, vielleicht findest du noch Reste der alten – ein wichtiger Hinweis!
Körper und Kleidung: Ohne sie ist die Puppe nicht komplett
Eine Puppe ist mehr als ihr Kopf. Der Körper und die Kleidung sind genauso wichtig. Ein Originalkörper, der zum Kopf passt und gut erhalten ist, ist Gold wert.
Der Körperbau verrät das Alter
Die Körper haben sich über die Zeit entwickelt. Ganz frühe Puppen hatten oft einfache Körper aus Stoff oder Leder. Später kamen dann die aufwendigen Gliederkörper aus Holz und Masse auf, mit Kugelgelenken an Schultern, Ellenbogen, Hüften und Knien. Das war damals eine Sensation! Prüf mal, ob alle Finger und Zehen noch da sind – abgebrochene Finger sind ein sehr häufiger Schaden. Wichtig ist auch, dass der Körper proportional zum Kopf passt. Wenn ein seltener Kopf auf einem billigen, unpassenden Körper sitzt, nennen wir das eine „verheiratete“ Puppe. Das drückt den Wert erheblich.

Die Kleidung: Ein fragiles Stück Zeitgeschichte
Originale Kleidung ist oft seltener als die Puppe selbst, weil Stoff einfach so empfindlich ist. Die Kleidchen wurden damals mit derselben Sorgfalt genäht wie Kinderkleidung, mit winzigen Knöpfen, feinen Spitzen und Stickereien. Mein wichtigster Rat: Wasche antike Puppenkleidung NIEMALS selbst! Die Farben würden ausbluten und der Stoff könnte im Wasser zerfallen. Besser ist es, die Kleidung so zu lassen, wie sie ist – mit all ihren Altersspuren. Sie gehört zur authentischen Geschichte der Puppe.
Pflege, Lagerung und die typischen Fehler, die bares Geld kosten
Eine alte Puppe zu haben, heißt auch, Verantwortung zu übernehmen. Falsche Pflege kann in Minuten zerstören, was ein ganzes Jahrhundert überdauert hat.
Die Flohmarkt-Checkliste für die Hosentasche:
Bevor du dich entscheidest, hier eine kleine Checkliste für den Kopf:
- Licht-Test: Leuchte mit der Handytaschenlampe in den Kopf. Siehst du Haarrisse?
- Nackenmarke: Gibt es eine? Kannst du sie lesen?
- Finger & Zehen: Sind alle Gliedmaßen intakt und vollständig?
- Gelenke: Lassen sich Arme und Beine noch gut bewegen?
- Originalität: Wirken Kopf, Körper und Kleidung so, als gehörten sie schon immer zusammen?

So reinigst du richtig – oder eben auch nicht
Porzellan: Hier ist weniger definitiv mehr. Benutze nur einen weichen Pinsel zum Abstauben. Für hartnäckigeren Schmutz nimmst du ein Wattestäbchen, tauchst es in destilliertes Wasser (gibt’s für 2-3 € in jeder Drogerie) und tupfst vorsichtig eine unauffällige Stelle ab. Wische niemals über die bemalten Wangen oder Lippen! Die Farbe ist super empfindlich.
Masse und Zelluloid: Hier gilt eine eiserne Regel: KEIN WASSER! Diese Materialien reinigst du ausschließlich trocken, am besten mit einem weichen Kosmetikpinsel oder einem Mikrofasertuch.
Was du heute noch für deine Puppe tun kannst: Nimm sie sofort aus der direkten Sonne und weg von der Heizung. Das kostet nichts und ist der wichtigste Schutz überhaupt!
Fehler, die ich ständig sehe (und die wehtun)
Der schlimmste Fehler ist der Griff zum Superkleber. Jemand bricht ein Finger ab und will ihn „nur mal schnell“ wieder ankleben. Bitte nicht! Superkleber ist für einen Restaurator die Hölle, er verfärbt sich und zerstört das Material drumherum. Eine professionelle Reparatur wird dadurch viel teurer oder unmöglich. Ein anderer Klassiker ist das „Verschönern“ mit Nagellack auf den Wangen. Ich hatte mal zwei identische Puppen auf dem Tisch. Die eine, mit Nagellack „aufgefrischt“, war fast wertlos. Die andere, unberührt, brachte noch 150 €. Das zeigt, wie wichtig Originalität ist.

Wert, Kosten und wann du einen Profi brauchst
Kommen wir zur Gretchenfrage: Was ist die Puppe denn nun wert? Die Antwort ist leider: Es kommt darauf an. Es gibt keinen festen Katalogpreis.
Was den Preis wirklich bestimmt
Der Wert ergibt sich aus einer Mischung aus Seltenheit, Zustand, Originalität und Ausdruck. Eine Puppe mit besonders feiner Bemalung und einem charmanten Gesicht wird immer mehr erzielen als ein mürrisches Exemplar desselben Modells. Und am Ende bestimmt natürlich der Markt, was gerade gefragt ist.
Eine hübsche, alte Puppe für rund 100 bis 200 Euro zu finden, ist absolut realistisch. Das ist oft ein weit verbreitetes Modell, vielleicht mit ersetzter Kleidung oder leichten Spielspuren, aber trotzdem ein wundervolles Stück Geschichte. Die Puppe für 5.000 Euro oder mehr? Das ist eine absolute Seltenheit in Museumsqualität, komplett original von Kopf bis Fuß. Solche Stücke landen meist bei spezialisierten Auktionen.
Wann du Hilfe brauchst (und was sie kostet)
Meine Faustregel: Wenn du unsicher bist, mach lieber nichts. Bevor du selbst reinigst oder reparierst, frag einen Experten. Für eine Werteinschätzung kannst du dich an einen Sachverständigen oder einen erfahrenen Restaurator wenden. Online findest du sie über die Webseiten von Restauratorenverbänden. Eine erste Einschätzung anhand von Fotos kostet oft zwischen 50 € und 80 €. Eine kleine Reparatur, wie das Neueinziehen der Gummis in den Gelenken, kann schnell bei 100 € bis 200 € liegen.

Das Sammeln und Bewahren alter Puppen ist ein fantastisches Hobby. Es verbindet dich direkt mit der Handwerkskunst und dem Leben von früher. Und egal, ob deine Puppe nun 100 oder 5.000 Euro wert ist – ihre Geschichte hat es verdient, gehört zu werden. Hab einfach Freude an diesen kleinen Zeitzeugen. Der größte Schatz ist sowieso das Wissen, das du dir dabei aneignest.
Bildergalerie


Wussten Sie schon? Um 1900 war Deutschland der weltweit größte Puppenhersteller. Allein in der Region um Sonneberg und Waltershausen in Thüringen produzierten Hunderte von Manufakturen für einen globalen Markt.
Diese enorme Produktionsmenge ist der Grund, warum auch heute noch so viele deutsche Puppen auf Dachböden und in Kellern zu finden sind. Die Herausforderung besteht darin, die seltenen Perlen von den damaligen Massenprodukten von Herstellern wie Armand Marseille zu unterscheiden.

Der Nackencheck: Das wichtigste Geheimnis Ihrer Puppe ist oft im Nacken oder auf der Schulterplatte eingeprägt. Suchen Sie nach:
- Initialen oder Namen: K&R für Kämmer & Reinhardt, S&H für Simon & Halbig.
- Nummern: Diese sind oft Modell- oder Formnummern, die bei der Datierung helfen.
- Herkunftsland: „Germany“ oder „France“ sind häufig zu finden.
Tipp: Schieben Sie vorsichtig die Perücke oder die Kleidung zur Seite. Manchmal sind die Markierungen sehr schwach oder klein.

Die goldenen Regeln der Kleidung: Originale Kleidung kann den Wert einer Puppe verdoppeln oder sogar verdreifachen. Waschen Sie sie niemals leichtfertig! Der vergilbte Stoff und die zarte Spitze sind Zeitkapseln. Eine unsachgemäße Reinigung kann Fasern zerstören und den historischen Charakter unwiederbringlich auslöschen. Im Zweifel ist eine authentische Patina wertvoller als strahlende Sauberkeit.

Meine Puppe hat Schlafaugen, die nicht mehr funktionieren. Ist das schlimm?
Nicht unbedingt! Schlafaugen, die sich beim Hinlegen der Puppe schließen, waren eine beliebte Innovation des späten 19. Jahrhunderts. Der Mechanismus besteht oft aus einem einfachen Bleigewicht im Kopf. Manchmal ist dieses Gewicht nur verrutscht oder durch Staub blockiert. Ein erfahrener Puppendoktor kann dies oft beheben, ohne den Wert zu mindern. Ein intakter, aber nicht funktionierender Mechanismus ist immer noch besser als ein fehlender oder laienhaft reparierter.

Biskuitporzellan: Fühlt sich kühl, hart und glatt an. Es ist zerbrechlich und hat bei Durchleuchtung (wie im Artikel beschrieben) einen zarten, durchscheinenden Schimmer.
Kompositionsmasse: Fühlt sich wärmer und leichter an. Es ist eine Mischung aus Sägemehl und Leim. Achten Sie auf feine Risse (Krakelee), die bei diesem Material durch Alterung und Feuchtigkeitsschwankungen typisch sind.
Während Porzellan als edler gilt, sind gut erhaltene Kompositionspuppen von Marken wie Effanbee oder Ideal aus den 1930er Jahren ebenfalls begehrte Sammlerstücke.

- Authentischer Geruch nach altem Stoff und leichtem Staub.
- Intakte, wenn auch ausgeblichene Originalkleidung.
- Funktionierende Gelenke mit intakten Gummibändern.
Was diese Merkmale gemeinsam haben? Sie deuten auf eine sorgfältige und trockene Lagerung über Jahrzehnte hin – die beste Voraussetzung für einen guten Erhaltungszustand.

Die berühmte Schildkröte im Nacken: Das Markenzeichen der Firma Schildkröt aus Mannheim ist ein untrügliches Zeichen für eine Puppe aus Celluloid, dem ersten thermoplastischen Kunststoff. Diese Puppen waren ab 1896 als „unzerbrechlich“ beworben und eine Revolution gegenüber dem zerbrechlichen Porzellan. Modelle wie „Inge“, „Bärbel“ oder „Christel“ sind heute deutsche Kult-Klassiker.

„Die Seele einer Puppe liegt in ihren Augen“, besagt ein altes Sammlersprichwort.
Und es stimmt. Mundgeblasene Glasaugen aus Lauscha, oft mit feiner Tiefenwirkung („Paperweight-Augen“), waren ein teures Qualitätsmerkmal französischer und deutscher Puppen. Einfachere gemalte Augen oder später eingesetzte Kunststoffaugen können Hinweise auf eine günstigere Produktion oder eine spätere Epoche geben.

Ein häufiger Fehler: Die Perücke abreißen. Viele antike Perücken aus Mohair oder Echthaar sind direkt auf einen Gips- oder Pappdeckel geklebt, der den Kopf verschließt. Gewaltsames Entfernen kann diesen Deckel (Pate genannt) und den Kopf selbst beschädigen. Wenn Sie Markierungen suchen, versuchen Sie, die Perücke an den Rändern vorsichtig anzuheben, anstatt sie komplett abzunehmen.

Was ist der Unterschied zwischen „antik“ und „vintage“?
Diese Begriffe werden oft verwechselt, haben aber klare Definitionen in der Sammlerwelt. Als „antik“ gilt in der Regel ein Objekt, das 100 Jahre oder älter ist. Ihre Porzellanpuppe von 1910 ist also antik. „Vintage“ bezieht sich auf Objekte, die typisch für eine bestimmte, jüngere Ära sind, meist zwischen 20 und 99 Jahre alt. Eine Schildkröt-Puppe aus den 1950ern oder eine frühe Barbie wäre demnach vintage.

Französischer Chic vs. Deutsches Kindchenschema: Französische Manufakturen wie Jumeau, Bru oder Steiner setzten auf elegante „Bébés“ mit modischer Kleidung und einem ernsten, fast erwachsenen Ausdruck. Deutsche Hersteller wie Heubach oder Kestner wurden berühmt für ihre „Charakterpuppen“, die echte Kinder mit lachenden, weinenden oder schmollenden Gesichtszügen darstellten. Diese unterschiedlichen Ästhetiken sind ein Schlüssel zur Bestimmung der Herkunft.

Bewahren Sie den Karton auf! Eine Puppe in ihrer Originalverpackung, selbst wenn diese beschädigt ist, ist für Sammler ein wahrer Jackpot. Der Karton bestätigt nicht nur die Authentizität und den Hersteller, sondern zeigt auch, dass die Puppe wahrscheinlich wenig bespielt wurde. Der Wert kann dadurch um 50 % oder mehr steigen.


- Niemals mit Haushaltsreinigern säubern. Die Chemie kann Farben und Materialien angreifen.
- Kein Wasser für Kompositionskörper! Das Material quillt auf und löst sich auf.
- Vorsicht bei Kleidung: Ein Bad in Omas Seifenlauge kann alte Seide oder Baumwolle zerfallen lassen.
Für eine sanfte Reinigung des Porzellankopfes genügt oft ein weiches, trockenes Tuch oder ein Wattestäbchen, das nur minimal mit destilliertem Wasser angefeuchtet ist.

Laut einer Schätzung des Auktionshauses Theriault’s, spezialisiert auf Puppen, kann eine professionelle Restaurierung den Wert einer beschädigten, seltenen Puppe um das Zehnfache steigern, während eine laienhafte Reparatur ihn fast auf Null reduzieren kann.

Der Geruch von Geschichte: Riechen Sie mal an Ihrer Puppe. Ein leicht muffiger, trockener Geruch nach altem Papier und Stoff ist normal. Ein scharfer, essigartiger Geruch kann jedoch ein Warnsignal sein. Er deutet auf das sogenannte „Essig-Syndrom“ bei älteren Celluloid-Puppen hin, ein Zersetzungsprozess des Kunststoffs, der leider unumkehrbar ist.

Aufbewahrungstipp: Die Todfeinde alter Puppen sind direktes Sonnenlicht, extreme Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit.
- Lagern Sie sie nicht auf dem Dachboden (zu heiß im Sommer, zu kalt im Winter) oder im Keller (zu feucht).
- Ein Schrank in einem normal beheizten Wohnraum ist ideal.
- Wickeln Sie sie in säurefreies Seidenpapier, niemals in Plastikfolie, da diese die „Atmung“ der Materialien verhindert.

Meine Puppe hat keine Markierung. Ist sie wertlos?
Nicht unbedingt! Einige frühe Puppen aus dem 19. Jahrhundert oder Puppen kleinerer Manufakturen wurden nicht immer gemarkt. Manchmal war die Markierung auch nur auf einem Papieretikett an der Kleidung oder am Körper angebracht, das längst verloren ist. In diesem Fall wird die Expertise noch wichtiger: Ein Fachmann kann die Puppe anhand von Malstil, Augen, Körpertyp und Materialien oft trotzdem einem Hersteller oder einer Region zuordnen.

Inspiration für Kenner: Wenn Sie Ihre Leidenschaft vertiefen möchten, ist ein Besuch im Deutschen Spielzeugmuseum in Sonneberg ein Muss. Es beherbergt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen und zeigt die faszinierende Entwicklung der deutschen Puppenindustrie von ihren Anfängen bis heute. Hier sehen Sie die im Artikel erwähnten Puppenarten im perfekten Kontext.

Der Körper verrät viel: Heben Sie vorsichtig das Kleid an.
Gliederkörper aus Holz & Komposition: Typisch für deutsche Puppen um 1900. Achten Sie auf den Zustand der Gelenke und ob die originale Bemalung noch vorhanden ist.
Lederkörper (Glacéleder): Oft bei französischen Puppen zu finden. Das Leder kann mit der Zeit brüchig werden oder undicht sein (die Füllung besteht oft aus Sägespänen).
Ein originaler, gut erhaltener Körper ist fast so wichtig wie der Kopf.

„Eine Puppe ist das einzige Spielzeug, das zum Baby wird.“ – Victor Hugo
Diese emotionale Verbindung ist der Grund, warum so viele Puppen die Jahrzehnte überdauert haben. Sie wurden nicht als Wegwerfartikel gesehen, sondern als Begleiter, die sorgsam behandelt und aufbewahrt wurden. Dieser ideelle Wert ist oft der größte Schatz von allen.

Die „Patsy“-Familie von Effanbee war in den 1930er Jahren in den USA ein riesiger Erfolg. Diese Kompositionspuppen, entworfen von Bernard Lipfert, hatten einen kindlich-frechen Ausdruck und eine ganze Garderobe an modischer Kleidung, die man separat kaufen konnte. Eine gut erhaltene Patsy Ann oder ihre kleinen Schwestern sind heute ein wunderbares Beispiel für das Spielzeug der Art-déco-Ära.

Haar-Sache: Echthaar oder Mohair?
Antike Puppenperücken waren fast nie synthetisch. Die beiden häufigsten Materialien waren Mohair (das feine, seidige Haar der Angoraziege), das sich leicht locken und stylen ließ, und menschliches Echthaar, das oft für teurere Modelle verwendet wurde. Eine originale, volle Perücke in gutem Zustand ist ein enormes Plus bei der Bewertung.

- Hat einen unbeschädigten Kopf ohne Haarrisse.
- Besitzt die originalen Glasaugen.
- Trägt ihre vollständige Originalkleidung.
- Befindet sich in ihrer Originalbox.
Das Geheimnis? Dies beschreibt eine Puppe in „mint condition“ (fabrikneuem Zustand). Solche Exemplare sind extrem selten und erzielen bei Auktionen die höchsten Preise. Jeder kleine Makel mindert den Wert schrittweise.

Wenn der Kopf aus Porzellan, der Körper aber aus Stoff oder Leder ist, spricht man von einer „Kurbelkopfpuppe“. Diese Bauweise war günstiger in der Herstellung als ein voll beweglicher Gliederkörper und bei vielen deutschen und französischen Herstellern bis weit ins 20. Jahrhundert hinein verbreitet.
Die Größe zählt: Bei sonst identischen Puppen ist eine ungewöhnlich große (über 70 cm) oder eine sehr kleine (unter 25 cm) oft seltener und damit wertvoller als die gängigen Standardgrößen. Besonders große „Bébé“-Puppen von Jumeau oder Steiner waren repräsentative Luxusobjekte und sind heute auf dem Sammlermarkt heiß begehrt.




