Deine erste japanische Teekanne: Der ehrliche Guide vom Profi – Worauf es wirklich ankommt
Entdecke die Kunst der japanischen Teekanne – ein faszinierendes Stück Kultur, das sowohl praktisch als auch ästhetisch begeistert!
„Die Teekanne ist der stille Held jeder Teezeremonie.“ So könnte ein weiser Samurai es formuliert haben, während er über die zeremonielle Bedeutung dieses scheinbar einfachen Objekts nachdachte. Wie ein gut gehütetes Geheimnis verbindet sie Tradition mit Stil und spiegelt das Wesen der japanischen Kultur wider – elegant, durchdacht und tief verwurzelt im Alltag.
Ich werde nie vergessen, wie ich zum ersten Mal eine wirklich gute japanische Teekanne in den Händen hielt. Das war kein Museumsstück, sondern eine schlichte, unglasierte Kanne aus Ton, die mir ein alter Teemeister in einer berühmten Teeanbauregion reichte. Als junger Keramiker war ich damals total fasziniert von den fernöstlichen Techniken. Und das Erste, was mir auffiel, war nicht das Aussehen, sondern das Gefühl. Das Gewicht war perfekt ausbalanciert. Der Griff passte sich meiner Hand an, als wäre er für sie gemacht. Ehrlich gesagt, fühlte sich die raue, warme Oberfläche fast lebendig an. In diesem Moment habe ich kapiert: Hier geht es um so viel mehr als nur Tee aufgießen. Es geht um pure Funktion, Tradition und eine tiefe Verbindung zum Material.
Inhaltsverzeichnis
- Das Herzstück: Warum Ton und Form deinen Tee verändern
- Form folgt Funktion: Die geniale Anatomie einer Kyūsu
- Die 3 häufigsten Fehler, die deinen Tee ruinieren (und wie du sie vermeidest)
- Welcher Ton für welchen Tee? Ein kleiner Wegweiser
- Dein erster Aufguss – So klappt’s garantiert (Anleitung für Sencha)
- Praktischer Kaufratgeber: Die richtige Kanne für dich finden
- Pflege und Umgang: Damit deine Kanne ewig hält
- Ganz wichtig: Deine Gesundheit und Sicherheit
- Ein letzter Gedanke…
- Bildergalerie
In all den Jahren in meiner Werkstatt habe ich unzählige Gefäße geformt und gebrannt. Viele Leute fragen mich, warum so eine kleine japanische Kanne, eine sogenannte Kyūsu, manchmal so viel kostet wie ein Küchengerät. Die Antwort liegt nicht im Preis, sondern im Wert. Eine gute Kyūsu ist ein Präzisionswerkzeug, das Ergebnis von Jahrhunderten der Optimierung. Und sie kann die Art, wie du Tee erlebst, für immer verändern. Lass uns mal zusammen anschauen, worauf es wirklich ankommt – vom Material über die Form bis hin zur Handwerkskunst. So findest du die Kanne, die zu dir passt, egal ob für 60 oder 600 Euro.

Das Herzstück: Warum Ton und Form deinen Tee verändern
Jede Entscheidung, die ein Töpfer trifft, beeinflusst am Ende den Geschmack deines Tees. Das fängt schon bei der grundlegendsten Wahl an: Ton oder Porzellan? Beide haben absolut ihre Berechtigung, aber sie dienen unterschiedlichen Zwecken.
Die Seele der Kanne: Der Ton
Unglasiertes Steingut, also reiner Ton, ist von Natur aus porös. Das klingt vielleicht erstmal nach einem Nachteil, ist aber seine allergrößte Stärke. Die winzigen Poren nehmen mit der Zeit die feinen Öle und Aromen des Tees auf. So bildet sich über Dutzende von Aufgüssen eine natürliche Patina, die den Geschmack des Tees abrundet und ihm mehr Tiefe gibt. Man sagt auch, die Kanne „reift“ mit dir und deinem Tee.
Entscheidend ist aber vor allem die mineralische Zusammensetzung. Besonders der berühmte, eisenreiche rote Ton aus einer traditionsreichen Küstenregion ist hier ein gutes Beispiel. Wenn heißes Wasser auf diesen Ton trifft, reagiert das Eisen mit den Gerbstoffen (Tanninen) im grünen Tee und bindet sie. Das Ergebnis? Ein spürbar weicherer, runderer Geschmack mit weniger Bitterkeit. Deswegen schwören Teekenner gerade bei hochwertigem japanischen Grüntee wie Sencha oder Gyokuro auf diese Kannen.

Kleiner Tipp aus der Werkstatt: Genau wegen dieser porösen Eigenschaft solltest du eine unglasierte Tonkanne immer nur für eine einzige Teesorte (oder zumindest eine sehr ähnliche Teefamilie) verwenden. Eine Kanne für feinen Sencha sollte niemals einen rauchigen Hojicha sehen. Die Aromen würden sich vermischen und das Ergebnis wäre, naja, ziemlich enttäuschend.
Die Neutralität des Porzellans
Porzellan ist quasi das genaue Gegenteil. Es wird bei extrem hohen Temperaturen gebrannt, bis die Oberfläche komplett glasartig und porenfrei ist. Sie ist hart, glatt und absolut geschmacksneutral. Hier findet keinerlei Interaktion mit dem Tee statt. Das ist perfekt, wenn du den reinen, unverfälschten Charakter einer Sorte schmecken willst. Ich persönlich nutze Porzellankannen, wenn ich neue Tees verkoste oder sehr feine, blumige Sorten zubereite, deren zarte Noten ich nicht durch den Ton verändern möchte.
Form folgt Funktion: Die geniale Anatomie einer Kyūsu
Eine gute Kyūsu ist ein kleines ergonomisches Wunderwerk. Jedes Detail hat einen Zweck, der über Generationen hinweg perfektioniert wurde.

- Der Seitengriff (Yokode): Der ist nicht nur ein cooles Designmerkmal. Er erlaubt es dir, die Kanne mit einer Hand zu halten und gleichzeitig mit dem Daumen den Deckel zu sichern. Durch die Hebelwirkung hast du eine unfassbar präzise Kontrolle beim Gießen. Du kannst den Wasserstrahl sanft starten und ganz abrupt stoppen – super wichtig, damit der Tee keine Sekunde zu lang zieht.
- Der Ausguss: Ein guter Ausguss tropft nicht. Punkt. Das klingt einfach, ist aber hohe Kunst. Der Winkel muss exakt stimmen und die „Lippe“ braucht eine scharfe Kante, damit sich der Wasserstrahl sauber löst. Wenn nach dem Gießen ein Tropfen hängen bleibt, ist das oft ein Zeichen für mangelnde Sorgfalt.
- Das Sieb: Im Inneren der Kanne ist ein fest eingebautes Sieb. Welches das richtige ist, hängt von deinem Lieblingstee ab.
- Keramiksieb (Sasame/Ceramesh): Ein feines Sieb, das direkt aus dem Ton der Kanne geformt wird. Es ist ideal für die meisten japanischen Grüntees. Weil es Teil der Kannenwand ist, hat es eine große Oberfläche und verstopft nicht so schnell. Der Allrounder schlechthin.
- Rundum-Metallsieb (Obi-Ami): Ein feines Edelstahlnetz, das einmal komplett an der Innenwand entlangläuft. Das ist die beste Wahl für sehr feinblättrige oder tiefgedämpfte Tees (Fukamushi Sencha), die ein Keramiksieb sofort verstopfen würden.
- Der Deckel: Der Deckel muss perfekt passen, ohne zu klappern. Ein gut eingeschliffener Deckel schließt Wärme und Aroma sicher ein. Ein einfacher Test: Setz den Deckel auf die leere Kanne und neige sie. Er sollte sich nicht bewegen. Ach ja, das kleine Loch im Deckel ist auch wichtig: Es lässt Luft nachströmen, damit der Wasserstrahl nicht stottert.
- Zu heißes Wasser verwenden: Das ist der häufigste Fehler. Hochwertiger japanischer Grüntee verbrennt bei zu hohen Temperaturen. Er wird sofort bitter und die feinen Aromen sind dahin. Faustregel: Für Sencha ca. 70°C, für edlen Gyokuro sogar nur 50-60°C. Für robustere Sorten wie Bancha oder Hojicha kannst du ruhig 90°C nehmen.
- Die Kanne mit Spülmittel waschen: Bitte, tu das NIEMALS bei einer unglasierten Tonkanne! Das Spüli zieht in die Poren ein und du wirst es nie wieder los. Dein Tee wird für immer nach Seife schmecken. Nur klares, heißes Wasser, mehr braucht es nicht.
- Eine unglasierte Kanne für alle Teesorten nutzen: Wie schon erwähnt, der Ton „merkt“ sich die Aromen. Wenn du in deiner Sencha-Kanne plötzlich einen aromatisierten Tee aufgießt, ruinierst du die mühsam aufgebaute Patina.
- Der Klassiker für Grüntee: Oft wirst du auf einen rötlichen, eisenreichen Ton stoßen. Er kommt aus einer alten Töpferregion am Meer und ist berühmt dafür, die Bitterkeit im grünen Tee zu mildern. Er ist der perfekte Partner für Sencha oder Gyokuro und eine super Wahl für deine erste Kanne.
- Der Robuste für Röst-Tees: Dann gibt es da diesen markanten, violett-grauen Ton, der als extrem hitzebeständig gilt. Kannen aus diesem Material sind ideal für Bancha oder den gerösteten Hojicha, die du ja heißer aufgießt. Die gelten als echte, unverwüstliche Arbeitstiere.
- Der Lebendige mit Charakter: Vielleicht siehst du mal eine Kanne mit einer milchigen, leicht rissigen Glasur. Keine Sorge, die feinen Risse sind Absicht! Mit der Zeit zieht der Tee in diese Äderchen ein und die Kanne verändert ihre Farbe. Das ist kein Mangel, sondern ein Zeichen von Charakter und Reife – gelebte Schönheit.
- Vorbereiten: Nimm ca. 5 Gramm Teeblätter (das sind etwa 2 gut gehäufte Teelöffel) für eine Kanne mit ca. 200-250 ml. Die ideale Wassertemperatur liegt bei 70°C. Kleiner Trick, wenn du kein Thermometer hast: Wasser kochen und dann ca. 10 Minuten im offenen Kessel stehen lassen. Schneller geht’s, wenn du das kochende Wasser einmal in eine Tasse und wieder zurück gießt, das kühlt es auch auf die richtige Temperatur ab.
- Erster Aufguss: Gieß das 70°C heiße Wasser über die Blätter und lass es genau 60 Sekunden ziehen. Gieße den Tee dann bis zum letzten Tropfen in die Tassen.
- Zweiter Aufguss: Sofort im Anschluss kannst du die Blätter erneut mit 70°C heißem Wasser aufgießen. Aber Achtung, jetzt reichen schon 15-20 Sekunden! Du wirst staunen, wie anders er schmeckt.
- Dritter Aufguss: Für den dritten Aufguss erhöhst du die Temperatur auf ca. 80°C und lässt ihn für 40-50 Sekunden ziehen, um noch die letzten Aromen herauszukitzeln.
- Vor dem ersten Gebrauch: Spül die Kanne mehrmals gründlich mit heißem Wasser aus, um Tonstaub zu entfernen. Mach dann einen ersten Tee-Aufguss, den du aber wegschüttest. So „stimmst“ du die Kanne auf den Tee ein.
- Nach dem Gebrauch: Teeblätter raus, kurz mit heißem Wasser ausspülen. Wie gesagt: KEIN SPÜLMITTEL!
- Trocknen: Lass die Kanne immer an der Luft trocknen, am besten mit abgenommenem Deckel, damit die Restfeuchtigkeit komplett entweichen kann.
- Nur mit heißem Wasser ausspülen, niemals mit Spülmittel.
- Nach Gebrauch den Deckel abnehmen und die Kanne kopfüber an einem luftigen Ort trocknen lassen, um Schimmel zu vermeiden.
- Die feuchten Teeblätter sofort entfernen.
- 100-150 ml: Perfekt für den Solo-Genuss von sehr hochwertigem Tee wie Gyokuro, der in kleinen, konzentrierten Aufgüssen zubereitet wird.
- 200-300 ml: Der Allrounder. Ideal für ein bis zwei Personen und den täglichen Genuss von Sencha. Dies ist die gängigste Größe.
- 400 ml und mehr: Eher für den unkomplizierten Genuss mit Familie und Freunden, oft für Bancha oder Genmaicha verwendet.
- Besserer Geschmack durch Konzentration.
- Mehr Kontrolle über die Ziehzeit.
- Ermöglicht mehrere kurze Aufgüsse aus denselben Blättern.
- Spülen Sie sie mehrmals gründlich mit heißem, aber nicht kochendem Wasser aus, um Töpferstaub zu entfernen.
- Machen Sie einen „Probeaufguss“ mit Teeblättern, den Sie anschließend wegschütten. Einige Puristen wiederholen dies zwei- bis dreimal.
- Yokode (Seitengriff): Der Klassiker für japanischen Grüntee. Ergonomisch und präzise.
- Ushirode (Hintergriff): Ähnelt westlichen Kannen. Häufig bei größeren Modellen oder für andere Teesorten zu finden.
- Uwade (Henkel oben): Typisch für gusseiserne Kannen (Tetsubin) oder größere Kannen zum Erhitzen von Wasser (Dobin).
Die 3 häufigsten Fehler, die deinen Tee ruinieren (und wie du sie vermeidest)
Bevor wir tiefer einsteigen, lass uns kurz über die typischen Fallstricke sprechen. Diese drei Fehler sehe ich immer wieder, und sie sind so einfach zu vermeiden!

Welcher Ton für welchen Tee? Ein kleiner Wegweiser
Okay, du weißt jetzt, worauf du achten musst. Aber welcher Stil passt zu dir? Hier eine kleine Orientierungshilfe, ganz ohne Fachchinesisch:

Dein erster Aufguss – So klappt’s garantiert (Anleitung für Sencha)
Du hast deine Kanne? Super! Lass uns deinen ersten Tee brühen. Das ist einfacher, als du denkst.

Profi-Tipp vorab: Wärm die Kanne UND deine Tassen immer mit heißem Wasser vor. Einfach kurz ausspülen und das Wasser wegschütten. Das verhindert, dass der Tee sofort abkühlt und der erste Aufguss viel besser gelingt.
Hier eine kinderleichte Anleitung für einen typischen Sencha:


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Praktischer Kaufratgeber: Die richtige Kanne für dich finden
Du musst keine 500 Euro ausgeben, um fantastischen Tee zu trinken. Eine hervorragende, funktionale Kanne ist oft schon für deutlich weniger zu haben.
Für den Einsteiger (ca. 60–120 Euro)
In diesem Preisbereich findest du sehr gute Kannen, oft aus den klassischen Töpferzentren. Konzentrier dich voll auf die Funktion. Eine typische japanische Teetasse (Yunomi) fasst ca. 80-120 ml. Wenn du also meist für dich allein oder zu zweit Tee trinkst, ist eine Kanne mit 200-250 ml perfekt. Mein Rat: Such nach einer schlichten Kyūsu aus dem klassischen roten Ton, mit Seitengriff und eingebautem Keramiksieb. Das ist der ideale Allrounder für den Start und kostet meist zwischen 60 und 120 Euro.
Für den Enthusiasten (ab 150 Euro)
Wenn du tiefer einsteigen willst, investierst du hier in reine Handarbeit und den Ausdruck eines Künstlers. Du spürst den Unterschied sofort: Die Kanne ist federleicht, der Deckel sitzt wie angegossen und der Wasserstrahl ist unglaublich präzise. In diesem Bereich findest du Stücke von renommierten Meisterwerkstätten, die nicht nur Werkzeuge, sondern auch Sammlerstücke sind.

Pflege und Umgang: Damit deine Kanne ewig hält
Eine gute Kyūsu ist eine Anschaffung fürs Leben. Mit der richtigen Pflege wird sie mit den Jahren nur noch besser.
Und falls doch mal ein Stück vom Deckel abbricht: Kein Grund zur Panik. In Japan gibt es die Kunst des Kintsugi, bei der man Bruchstellen mit einem speziellen Lack und Goldpuder repariert. Die Reparatur wird nicht versteckt, sondern als Teil der Geschichte des Objekts stolz gezeigt.
Ganz wichtig: Deine Gesundheit und Sicherheit
Gerade bei sehr günstigen Kannen aus unbekannter Herkunft oder bei alten Flohmarkt-Funden ist Vorsicht geboten. Ältere Glasuren könnten Schwermetalle wie Blei oder Cadmium enthalten. Die EU hat hier zum Glück sehr strenge Vorschriften (LFGB).

Mein dringender Rat: Kauf nur bei seriösen Händlern, die die Lebensmittelechtheit ihrer Produkte garantieren. Gute Anlaufstellen online sind zum Beispiel Fachgeschäfte wie Sunday Natural oder Teeladen-Kyoto.de. Diese Händler können dir auf Nachfrage eine Konformitätserklärung vorlegen. Bei Auktionskäufen oder auf dem Flohmarkt hast du diese Sicherheit nicht. Deine Gesundheit ist wichtiger als jedes Schnäppchen.
Ein letzter Gedanke…
Eine japanische Teekanne ist einfach ein faszinierendes Ding. Sie verbindet Physik, Kunst und puren Genuss. Der Preis spiegelt die Zeit und das Können wider, die in ihr stecken. Aber ihr wahrer Wert zeigt sich erst im täglichen Gebrauch. Eine gut gewählte Kyūsu wird zu einem treuen Begleiter. Sie lehrt dich Achtsamkeit und belohnt dich mit einem Tee, der besser schmeckt als je zuvor. Nimm dir Zeit für die Suche, und wenn du die Chance hast, nimm verschiedene Kannen in die Hand. Finde die, die sich für dich richtig anfühlt. Ob sie am Ende 80 oder 800 Euro kostet, ist dann fast schon egal. Die beste Kanne ist immer die, die du mit Freude benutzt.

Bildergalerie


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Der Seitengriff, Yokode genannt, ist kein Design-Gag, sondern pure Ergonomie. Er entstand, um Tee schnell und elegant aus einer sitzenden Position am Boden eingießen zu können. Der Daumen ruht auf dem Deckel, während die Handgelenksbewegung das Ausschenken steuert. Diese intuitive Haltung gibt eine unglaubliche Kontrolle über den Wasserstrahl und verhindert, dass Dampf die Hand verbrüht – ein Detail, das über Jahrhunderte perfektioniert wurde.

„Eine Tokoname-Kanne wird nicht hergestellt, sie wird geboren und wächst mit jedem Aufguss.“ – Altes Töpfer-Sprichwort aus der Chita-Halbinsel.

Warum fühlt sich eine handgemachte Kyūsu so perfekt ausbalanciert an?
Das Geheimnis liegt im Detail, das man nicht sieht: der Wandstärke. Ein Meistertöpfer variiert die Dicke des Tons millimetergenau. Der Boden ist oft etwas schwerer für die Stabilität, die Wände werden nach oben hin feiner, und der Griff dient als präzises Gegengewicht zum Ausguss. Das Ergebnis ist ein Gefäß, das im leeren wie im vollen Zustand „im Lot“ ist und sich in der Hand fast schwerelos anfühlt.

Der Deckel-Check: Ein Zeichen höchster Handwerkskunst ist die Passgenauigkeit des Deckels (Futa). Setzen Sie ihn auf die Kanne und drehen Sie ihn sanft. Bei einer hochwertigen Kyūsu, wie denen von Meister Konishi aus Tokoname, spüren Sie ein sanftes, schleifendes Geräusch – Ton auf Ton. Der Deckel wackelt nicht, schließt aber auch nicht hermetisch ab. Diese präzise Abstimmung, Futa-awase genannt, erfordert immense Erfahrung.

Das Ziel? Die wertvolle Patina zu schützen, die den Charakter Ihrer Kanne ausmacht.


Porzellan: Ideal für blumige, hocharomatische oder sehr zarte Tees. Das Material ist neutral und gibt den reinen, unverfälschten Geschmack des Tees wieder. Perfekt für einige Gyokuros oder chinesische Grün- und Weißtees.
Unglasiertes Steingut: Die erste Wahl für japanische Grüntees wie Sencha, Bancha oder Genmaicha. Der eisenreiche Ton mildert die Adstringenz und schafft ein runderes, weicheres Mundgefühl.
Für den Anfang ist eine gute Tonkanne universeller für den japanischen Teegenuss.

Das Herzstück im Inneren ist das Sieb. Achten Sie auf einen integrierten Keramikfilter, genannt Sasame oder Ceramesh. Anders als Metallsiebe reagiert er nicht mit dem Tee und verfälscht den Geschmack nicht. Ein fein gearbeitetes Sasame mit vielen kleinen Löchern lässt die feinsten Partikel passieren, die für das reiche Mundgefühl (Umami) von hochwertigem Sencha entscheidend sind, hält aber die Blätter zuverlässig zurück.

Der Eisengehalt im berühmten roten Shudei-Ton aus Tokoname kann bis zu 7 % betragen.
Diese hohe Konzentration ist der Grund für seine fast magische Wirkung auf grünen Tee. Das Eisen reagiert chemisch mit den Tanninen, bindet sie und reduziert so die wahrgenommene Bitterkeit und Adstringenz. Deshalb schmeckt derselbe Sencha aus einer Tokoname-Kanne oft süßer und milder.

Kann ich verschiedene Teesorten in meiner unglasierten Tonkanne verwenden?
Experten raten davon ab. Da der poröse Ton Aromen aufnimmt, sollten Sie eine Kanne idealerweise nur für eine Teefamilie verwenden, z.B. japanische Grüntees. Die über Zeit aufgebaute Patina würde sonst durch die Aromen eines schwarzen oder gerösteten Tees „verunreinigt“ werden. Für unterschiedliche Teesorten sind glasierte oder Porzellankannen die bessere, neutrale Wahl.

Die japanische Ästhetik des Wabi-Sabi findet in Teekeramik ihren perfekten Ausdruck. Suchen Sie nicht nach makelloser Symmetrie. Eine leichte Unebenheit, eine zufällig wirkende Spur vom Brand im Ofen oder die raue Textur des Tons sind keine Fehler. Sie sind Zeichen der Handarbeit und der natürlichen Prozesse – eine Schönheit, die in der Unvollkommenheit und Vergänglichkeit liegt.


Die Größe Ihrer ersten Kanne sollte zu Ihren Trinkgewohnheiten passen.

Achtung, Anfängerfehler: Der häufigste Fehler ist die Verwendung von kochendem Wasser. Japanischer Grüntee, insbesondere Sencha und Gyokuro, ist empfindlich. Zu heißes Wasser verbrennt die Blätter und setzt übermäßig viele Bitterstoffe frei. Eine Wassertemperatur zwischen 60°C und 80°C ist, je nach Sorte, ideal, um die Süße und das Umami zu extrahieren.

Warum sind japanische Teekannen oft so klein? Weil sie für eine Zubereitungsart konzipiert sind, die auf Qualität statt Quantität setzt.

Tokoname-yaki (常滑焼): Berühmt für seinen eisenreichen roten Ton (Shudei), der den Tee weicher macht. Der klassische, funktionale Stil für Sencha.
Banko-yaki (萬古焼): Stammt aus Yokkaichi und ist bekannt für seinen violett-grauen, sehr hitzebeständigen Ton (Shidei). Man sagt, er bewahre das natürliche Aroma des Tees besonders gut. Eine exzellente, etwas seltenere Alternative.

Bevor Sie Ihre neue Tonkanne zum ersten Mal benutzen:
Damit ist Ihre Kanne bereit, ihre lebenslange Beziehung zu Ihrem Tee aufzubauen.


„Der Weg des Tees beginnt lange vor der Tasse. Er beginnt bei der Wahl des richtigen Gefäßes.“ – Sen no Rikyū (adaptiert)
Diese Weisheit des berühmten Teemeisters aus dem 16. Jahrhundert unterstreicht die japanische Philosophie, dass das Werkzeug untrennbar mit dem Erlebnis verbunden ist. Eine Kyūsu ist nicht nur ein Behälter, sondern der erste Partner im Dialog mit dem Tee.

Achten Sie auf das kleine Loch im Deckel. Es ist kein Zufall. Richten Sie es beim Ausgießen auf den Ausguss aus, damit Luft in die Kanne strömen kann. Das sorgt für einen gleichmäßigen, gluckerfreien Wasserstrahl und verhindert, dass der Deckel durch den entstehenden Unterdruck klappert oder abfällt. Ein winziges Detail mit großer Wirkung für einen perfekten Aufguss.

Was ist der Unterschied zwischen einer Kyūsu und einem Hohin?
Ein Hohin (宝瓶) ist eine grifflose Teekanne, die speziell für hochwertige, niedrig temperierte Tees wie Gyokuro entwickelt wurde. Da das Wasser nur etwa 50-60°C heiß ist, kann man das Gefäß ohne Griff halten. Seine Form ist oft breiter und flacher, um den Teeblättern viel Raum zur Entfaltung zu geben. Für den Alltags-Sencha ist die Kyūsu mit ihrem Griff praktischer.

Auch bei einem kleineren Budget müssen Sie nicht auf Qualität verzichten. Suchen Sie nach maschinell unterstützten, aber in einer Traditionsregion wie Tokoname hergestellten Kannen. Achten Sie weniger auf die Dekoration und mehr auf die Grundlagen: einen gut sitzenden Deckel, einen sauberen, tropffreien Ausguss und einen integrierten Keramikfilter. Eine schlichte, funktionale Kanne für 50 Euro kann oft einen besseren Tee zubereiten als eine schlecht gemachte, aber reich verzierte für 100 Euro.

Keramiksieb (Sasame): Direkt in den Ton gearbeitete Löcher. Traditionell, geschmacksneutral, aber kann bei sehr feinen Teeblättern (Fukamushi Sencha) verstopfen.
Edelstahl-Netzsieb (Obi-ami): Ein feines, umlaufendes Netz aus Edelstahl. Filtert auch kleinste Partikel, ideal für tief gedämpfte Tees. Hochwertiger Edelstahl ist geschmacksneutral, Puristen bevorzugen aber dennoch Keramik.
Für den Anfang ist ein gutes Sasame oder ein breites Obi-ami eine sichere Wahl.


Halten Sie Ausschau nach Werken moderner Meister wie Gyokko (玉光) oder Jinsui (甚水). Ihre Stücke sind oft etwas teurer, aber sie repräsentieren die Perfektion des Handwerks. Jeder Aspekt, von der Balance über die Textur des Tons bis hin zur Fließgeschwindigkeit des Wassers, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung. Eine solche Kanne ist nicht nur ein Werkzeug, sondern eine Investition in unzählige perfekte Teemomente.

Der Klang der Stille: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und lauschen Sie. Das leise Schaben des Deckels beim Aufsetzen. Das sanfte Rauschen, wenn das heiße Wasser auf die trockenen Blätter trifft. Das fast lautlose Fließen des Tees in die Schale. Eine gute Kyūsu ist Teil einer meditativen Erfahrung, die alle Sinne anspricht, nicht nur den Geschmack.

Ein Wort zur Glasur: Während unglasierte Kannen für ihre geschmacksverändernden Eigenschaften geschätzt werden, haben innen glasierte Kyūsu ebenfalls ihre Berechtigung. Die Glasur schafft eine neutrale Oberfläche wie bei Porzellan, bewahrt aber die wärmespeichernden Eigenschaften und die Haptik des Tons. Sie sind eine exzellente Wahl, wenn Sie eine einzige Kanne für verschiedene Teesorten nutzen möchten, von grün über weiß bis zu Oolong.

Für die authentische Zubereitung von Sencha ist die Yokode-Form unübertroffen.
Eine gut gepflegte Tonkanne ist ein Begleiter fürs Leben. Anders als viele moderne Küchengeräte, die auf Obsoleszenz ausgelegt sind, gewinnt eine Kyūsu mit der Zeit an Wert und Charakter. Die natürliche Patina, die sich im Inneren bildet, ist einzigartig und zeugt von unzähligen gemeinsamen Teestunden. Es ist ein nachhaltiges Objekt, das nicht nur den Tee, sondern auch die Wertschätzung für beständiges Handwerk fördert.


