Schnitzen für Anfänger: Dein ehrlicher Guide für die ersten Schritte mit Holz und Messer

Holz kann Geschichten erzählen. Entdecken Sie die faszinierende Welt der Holzschnitzerei und lassen Sie sich von einzigartigen Kunstwerken inspirieren.

von Dagmar Brocken

Eine ehrliche Einleitung: Was Schnitzen wirklich bedeutet

Kennst du diesen Geruch? Der Duft von frischem Holz, der in der Luft liegt? In meiner Werkstatt ist er allgegenwärtig. Mal ist es die würzige Zirbe, mal die herbe Eiche. Dieser Geruch ist für mich Heimat. Schnitzen ist dabei so viel mehr als nur ein Handwerk – es ist ein echtes Gespräch mit dem Material, das man in den Händen hält.

Viele sehen nur das fertige Stück: eine kleine Figur, eine Schale, eine Verzierung. Aber sie spüren nicht den Widerstand der Holzfaser unter dem Messer oder hören dieses leise, befriedigende Geräusch, wenn ein Schnitt perfekt gelingt. Und genau das möchte ich dir hier näherbringen. Das ist kein hochtrabender Kunstkurs, sondern ein ehrlicher Ratgeber aus der Werkstatt. Wir reden über Holz, das richtige Werkzeug und die Technik, die du wirklich brauchst. Denn mit dem richtigen Wissen und ein bisschen Geduld kann jeder lernen, Holz eine Form zu geben.

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1. Das A und O: Warum die Holzwahl über Erfolg oder Frust entscheidet

Alles beginnt mit dem Holz. Ganz ehrlich, die Auswahl des richtigen Stücks ist schon die halbe Miete. Ein Fehler an dieser Stelle, und die ganze Arbeit wird zur Qual. Ich habe schon so viele Leute gesehen, die frustriert aufgeben wollten – nicht wegen mangelndem Talent, sondern weil sie mit dem falschen, bockigen Holz gekämpft haben. Also, nehmen wir uns hier kurz Zeit.

Warum Holz tut, was es tut (und manchmal Risse bekommt)

Holz ist kein lebloser Werkstoff, es „arbeitet“ ständig. Stell es dir wie ein Bündel aus Millionen winziger Strohhalme vor – das sind die Holzfasern. Diese Struktur gibt dem Holz eine klare Richtung, die Faser oder Maserung. Entlang dieser Fasern zu schneiden, fühlt sich butterweich an. Quer dazu zu schneiden, ist mühsam und das Holz neigt zum Splittern.

Außerdem atmet Holz. Es nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf und gibt sie wieder ab. Trocknet es zu schnell oder ungleichmäßig (wie oft bei kammergetrocknetem Holz aus dem Baumarkt), entstehen Spannungen. Das Ergebnis: fiese Risse. Deshalb schwören Profis auf langsam luftgetrocknetes Holz. Es ist viel entspannter und berechenbarer.

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Perfekte Hölzer für deine ersten Schritte

Für den Anfang empfehle ich dir aus voller Überzeugung zwei Holzarten, die dir das Leben leicht machen:

  • Lindenholz: Das ist der absolute Klassiker unter den Schnitzhölzern, besonders hier in Europa. Es ist wunderbar weich und hat eine ganz feine, gleichmäßige Struktur fast ohne störende Maserung. Das Messer gleitet nur so hindurch, es verzeiht kleine Fehler und splittert kaum. Ideal für Figuren und feine Details. Ein schöner Klotz für den Anfang (z.B. 15x5x5 cm) kostet dich meist nur zwischen 5 und 10 Euro.
  • Zirbenholz: Auch als Arve bekannt, wächst sie vor allem in den Alpen. Die Zirbe ist ebenfalls weich und leicht zu bearbeiten, hat aber einen ganz eigenen Charakter. Der Duft ist einfach fantastisch – würzig, beruhigend und unverwechselbar. Die Maserung ist etwas lebhafter als bei der Linde, was deinen Stücken sofort eine besondere Note gibt. Preislich liegt sie in einer ähnlichen Liga wie die Linde.
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Holz für später: Wenn du die Herausforderung suchst

Wenn du sicherer geworden bist, wartet eine ganze Welt voller spannender Hölzer auf dich. Eiche zum Beispiel ist hart und ausdrucksstark, verlangt aber viel Kraft und extrem scharfe Werkzeuge. Nussbaum ist ein edles, mittelhartes Holz mit einer atemberaubenden Farbe, das aber manchmal eine knifflige, wechselnde Faserrichtung hat. Und Ahorn ist hell, dicht und perfekt für feinste Details – verzeiht aber absolut keinen Fehler.

Woher bekommst du gutes Holz? Ein Tipp aus der Praxis

Vergiss den Baumarkt für den Anfang. Das Holz dort ist meist für Bauprojekte und nicht zum Schnitzen gedacht. Die beste Quelle ist oft ein lokaler Holzhändler oder ein kleines Sägewerk. Noch besser: Frag mal bei einem Tischler oder Schreiner in deiner Nähe. Die haben oft Reststücke, die für ihre Möbel zu klein, aber für deine Schnitzprojekte Gold wert sind. Und wenn du niemanden vor Ort hast? Kein Problem. Es gibt mittlerweile fantastische Online-Shops, die sich auf Schnitzholz spezialisiert haben. Such einfach nach „Lindenholz zum Schnitzen“ oder „Schnitzrohlinge“, und du findest Anbieter, die dir perfekte Stücke direkt nach Hause liefern.

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2. Dein Werkzeug: Warum weniger hier definitiv mehr ist

Du brauchst keine riesige Kiste voller Werkzeuge, um anzufangen. Qualität schlägt hier immer Quantität. Ein gutes Werkzeug liegt satt in der Hand, hält seine Schärfe und wird zu einer Verlängerung deines Arms. Für den Start bist du mit einem Budget von ca. 80 bis 120 Euro schon richtig gut dabei.

Deine ultimative Anfänger-Einkaufsliste:

  1. Ein gutes Schnitzmesser: Das ist dein wichtigstes Werkzeug. Die Klinge sollte nicht zu lang sein (ca. 4-6 cm) und aus hochwertigem Stahl bestehen, der sich gut schärfen lässt. Plane hierfür etwa 30 bis 50 Euro ein. Es gibt hervorragende Werkzeughersteller aus Deutschland oder der Schweiz, die seit Generationen nichts anderes machen.
  2. Ein schnittfester Handschuh: Absolut nicht verhandelbar! Das ist deine Versicherung für die Hand, die das Holz hält. Kostet um die 15 Euro und ist jeden einzelnen Cent wert. Auch die erfahrensten Profis tragen einen.
  3. Optional für später: Wenn du merkst, dass es dir ernst ist, sind die nächsten Anschaffungen ein kleines V-Eisen (auch Geißfuß genannt) zum Ziehen von Linien und ein flaches Hohleisen zum Aushöhlen von Flächen.
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Das Allerwichtigste: Die Kunst des Schärfens

Ich kann es nicht oft genug sagen: Ein stumpfes Messer ist nicht nur frustrierend, sondern auch gefährlich. Man rutscht ab, weil man zu fest drücken muss, und der Schnitt wird unsauber. Das Schärfen ist ein kleines Ritual, das Ruhe und Konzentration braucht.

Du brauchst einen guten Kombi-Wasserstein (z.B. mit 1000er und 6000er Körnung) und ein Abziehleder mit etwas Polierpaste. Ein gut geschärftes Messer gleitet mühelos durch ein Blatt Papier.

Kleiner Profi-Trick für den Anfang: Nimm einen schwarzen Permanentmarker und male die Schneidkante deines Messers (die sogenannte Fase) komplett an. Wenn du jetzt auf dem Stein schleifst, siehst du sofort, wo du Material abträgst. Dein Ziel ist es, die schwarze Farbe vollkommen und gleichmäßig zu entfernen. So weißt du, dass du den Winkel perfekt gehalten hast. Simpel, aber genial!

3. Die ersten Schnitte: Dein Dialog mit dem Holz

Okay, genug Theorie. Lass uns was machen! Ein einfacher Löffel ist das perfekte erste Projekt. Warum? Weil du alle wichtigen Techniken übst, das Ergebnis überschaubar bleibt und du am Ende etwas Nützliches in der Hand hältst. Ganz ehrlich: Den ersten Kaffee mit dem eigenen Löffel umrühren … unbezahlbar! Plane für deinen ersten Versuch mal grob 3 bis 5 Stunden ein, ganz ohne Stress.

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Mini-Tutorial: Dein erster Löffel in 5 Schritten

  1. Aufzeichnen: Male die Form des Löffels (Draufsicht und Seitenansicht) mit einem Bleistift auf deinen Holzklotz.
  2. Grobe Form: Schneide nun mit dem Messer vorsichtig an den Linien entlang und entferne das überschüssige Holz, bis die grobe äußere Form des Löffels entsteht. Arbeite immer vom Körper weg!
  3. Die Mulde: Jetzt kommt das Hohleisen (oder alternativ auch das Messer) zum Einsatz. Höhle damit langsam und Schicht für Schicht die Löffelmulde aus. Beginne in der Mitte und arbeite dich nach außen vor.
  4. Der Feinschliff: Bringe den Griff und den Übergang zur Mulde in die endgültige Form. Arbeite mit langen, ziehenden Schnitten, um eine glatte Oberfläche zu bekommen.
  5. Finish (Optional): Wenn du magst, kannst du den Löffel jetzt noch mit Schleifpapier glätten (von 180er zu 240er Körnung) und anschließend mit einem lebensmittelechten Öl (z.B. Leinöl oder spezielles Arbeitsplattenöl) einreiben. Fertig!

Hilfe, bei mir klappt’s nicht! (Doch, tut es gleich)

Keine Sorge, Probleme gehören dazu. Hier sind die zwei häufigsten Anfänger-Fallen und wie du sie löst:

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  • Problem: „Das Holz splittert und reißt aus!“
    Ganz ruhig, das ist der Klassiker. Du arbeitest sehr wahrscheinlich „gegen die Faser“. Die Lösung ist super simpel: Dreh dein Holzstück einfach um 90 oder 180 Grad und versuch den Schnitt nochmal in eine andere Richtung. Du wirst sofort einen riesigen Unterschied spüren, versprochen!
  • Problem: „Mein teures Messer ist schon nach 20 Minuten stumpf!“
    Willkommen in der Realität des Schnitzens! Das ist völlig normal. Aber du musst nicht sofort wieder den ganzen Schleifstein auspacken. Zieh die Klinge einfach 5-6 Mal pro Seite über dein Abziehleder. Das richtet den feinen Grat an der Schneide wieder auf und das Messer ist wieder bissig. Dauert 30 Sekunden und wirkt Wunder.

4. Die Oberfläche: Schutz und Charakter für dein Werk

Die Form steht, aber die Arbeit ist noch nicht ganz fertig. Eine schöne Oberflächenbehandlung schützt das Holz und kann seine Maserung erst so richtig zum Leuchten bringen.

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In der traditionellen Schnitzkunst wird oft gar nicht geschliffen. Man sagt, die Oberfläche soll die Spuren des Werkzeugs zeigen, denn ein sauberer Messerschnitt erzeugt kleine Facetten, die das Licht wunderbar brechen. Eine glatt geschliffene Fläche kann dagegen schnell leblos wirken. Probiere aus, was dir besser gefällt!

Statt Lack, der das Holz versiegelt, bin ich ein großer Fan von natürlichen Ölen und Wachsen. Sie dringen tief ein, schützen von innen und lassen das Holz atmen. Ein Klassiker ist Leinölfirnis. Es feuert die Maserung an und bildet eine robuste Schicht. Achtung: Mit Leinöl getränkte Lappen können sich selbst entzünden! Lass sie immer ausgebreitet an der Luft trocknen oder bewahre sie in einem verschlossenen Metallbehälter auf. Das ist eine der wichtigsten Sicherheitsregeln überhaupt! Eine Dose gutes Hartwachsöl oder Leinölfirnis kostet dich zwischen 10 und 20 Euro und hält eine halbe Ewigkeit.

Ein Wort zum Schluss: Dein Weg, dein Tempo

Holzschnitzen ist eine Reise, kein Wettrennen. Sei geduldig mit dir und vor allem mit dem Holz. Es wird Tage geben, an denen einfach nichts gelingen will. Das ist völlig normal. Leg das Werkzeug dann einfach mal zur Seite. Vielleicht ist es der perfekte Moment, um dein Messer in Ruhe zu schärfen.

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Der wahre Wert deiner Arbeit liegt nicht in den Stunden, die du gebraucht hast, oder im Preis des Holzes. Er liegt in der Verbindung, die du beim Schaffen eingehst. In diesem magischen Moment, wenn die Form, die du im Kopf hattest, plötzlich im Holz sichtbar wird. Dieses Gefühl kann man für kein Geld der Welt kaufen.

Also, worauf wartest du? Das Holz wartet schon auf dich. Viel Freude und gute Späne!

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Wusstest du schon? Das älteste erhaltene Holzobjekt, der Speer von Schöningen, ist etwa 300.000 Jahre alt. Schnitzen ist keine Modeerscheinung, sondern eine der ursprünglichsten Techniken der Menschheit, um die Welt zu formen.

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Der häufigste Anfängerfehler?

Ein stumpfes Messer. Man glaubt, man müsse kräftiger drücken, aber das ist gefährlich und frustrierend. Ein scharfes Messer gleitet fast von selbst durchs Holz. Investiere in einen Abziehriemen und etwas Polierpaste, zum Beispiel von Flexcut oder Tormek. Regelmäßiges Abziehen während der Arbeit erhält die Schärfe und macht den Unterschied zwischen Kampf und Flow.

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Das Geheimnis des sauberen Schnitts: Der Gegenhalt. Statt das Messer wild durchs Holz zu schieben, nutze den Daumen der haltenden Hand als Hebel und Bremse. So führst du die Klinge kontrolliert und mit minimalem Kraftaufwand. Dieser „Daumenschub“ gibt dir eine Präzision, die mit reiner Armkraft unerreichbar ist.

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Holzschnitzerei-mit-Figuren-aus-der-Letzten-Abendmahl
  • Beginne mit einer einfachen Form wie einem „Comfort Bird“ (Trostvogel).
  • Zeichne die Silhouette grob auf den Holzblock.
  • Arbeite dich langsam von den groben Konturen zu den feinen Details vor.

Das Ziel? Nicht Perfektion, sondern das Gefühl für Holz und Werkzeug zu entwickeln. Es ist eine Übung in Geduld.

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Der Duft von Zirbenholz beruhigt, der von Eiche erdet. Beim Schnitzen geht es nicht nur um das Visuelle. Schließe kurz die Augen und nimm die unterschiedlichen Gerüche der Hölzer wahr. Spüre die Textur unter deinen Fingern, höre das leise „Zisch“ eines perfekten Schnitts. Es ist eine Erfahrung für alle Sinne, die tief in der Konzentration verankert.

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Wichtiger Punkt: Sicherheit geht vor. Eine gute Schnittschutz-Handschuh, oft aus HPPE-Fasern (wie die von NoCry oder Strong-Hand), ist keine Schande, sondern schlau. Trage ihn immer an der Hand, die das Holzstück hält. Ein unachtsamer Moment genügt, und die Freude am neuen Hobby ist schnell getrübt.

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Lindenholz: Weich, fast ohne Maserung, ideal für Figuren und Details. Verzeiht Fehler und schont die Klingen.

Zirbenholz: Etwas härter als Linde, aber leicht zu bearbeiten und verströmt einen wunderbaren, beruhigenden Duft. Perfekt für dekorative Stücke.

Beide sind exzellente Wahlen, die dir den Einstieg versüßen werden.

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  • Halte dein Messer immer trocken und sauber.
  • Ein Tropfen Öl (z.B. Kamelienöl) auf der Klinge nach der Arbeit verhindert Rost.
  • Lagere die Messer sicher, am besten in einer Rolltasche oder einem Messerblock.
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Lass dich von der skandinavischen Tradition des „Flat-Plane-Carving“ inspirieren. Bei diesem Stil werden die Schnittflächen des Messers bewusst als Teil der Ästhetik sichtbar gelassen. Statt alles glatt zu schleifen, erzählt jede Facette von der Bewegung des Werkzeugs. Das Ergebnis sind charakterstarke Figuren mit einer lebendigen, fast kristallinen Oberfläche.

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„Das Holz selbst diktiert oft die Form. Man muss nur lernen, ihm zuzuhören.“ – Ein oft gehörter Satz unter erfahrenen Schnitzern.

Das bedeutet, die Maserung nicht als Hindernis, sondern als Landkarte zu sehen. Ein Astloch oder eine ungewöhnliche Verfärbung kann statt eines Makels zum charakteristischen Merkmal deiner Arbeit werden. Arbeite mit dem Holz, nicht gegen es.

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Woher bekomme ich gutes Schnitzholz?

Vergiss den Baumarkt. Das Holz dort ist oft zu schnell getrocknet und voller Spannungen. Suche nach spezialisierten Online-Händlern wie „feinewerkzeuge.de“ oder „Dictum“, die Schnitzholz-Rohlinge aus Linde oder Zirbe anbieten. Auch lokale Schreinereien oder Sägewerke sind oft eine gute Quelle für Reststücke.

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Öl-Finish: Dringt tief ins Holz ein, „feuert“ die Maserung an (macht sie kontrastreicher) und bietet einen matten, natürlichen Schutz. Leinölfirnis oder Tungöl sind Klassiker.

Wachs-Finish: Bildet eine schützende Schicht auf der Oberfläche, die sich seidenweich anfühlt und polierbar ist. Bienenwachs, oft mit Carnaubawachs gemischt, ist eine tolle Option.

Für den Anfang ist ein einfaches Bienenwachs-Balsam oft am einfachsten in der Anwendung.

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Dein erstes Messer muss kein Vermögen kosten. Das schwedische Morakniv 120 mit seiner Klinge aus laminiertem Stahl ist seit Jahrzehnten der unangefochtene Favorit für Einsteiger und Profis. Es ist robust, unglaublich scharf und liegt perfekt in der Hand – alles, was du für den Start brauchst, für oft unter 25 Euro.

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  • Eine winzige Eule aus einem Aststück.
  • Ein einfacher Löffel (dafür brauchst du zusätzlich ein Hohlmesser).
  • Ein geometrischer Anhänger oder Schlüsselanhänger.
  • Ein stilisierter Fuchs oder eine Katze.

Das Geheimnis? Klein anfangen, um schnelle Erfolgserlebnisse zu haben und die grundlegenden Techniken zu verinnerlichen.

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Die Maserung ist die geheime Zutat. Ein gerader, einfacher Schnitt kann langweilig wirken. Aber wenn dieser Schnitt der natürlichen Krümmung der Holzfasern folgt, entsteht eine dynamische Linie voller Leben. Bevor du beginnst, drehe den Holzblock im Licht und beobachte, wie die Fasern verlaufen. Das ist der erste Schritt zum Design.

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Laut einer Studie der Drexel University kann kreative Betätigung wie Schnitzen das Stresshormon Cortisol signifikant senken.

Der repetitive, fokussierte Rhythmus der Schnitte, das taktile Gefühl des Holzes und die Konzentration auf den Moment wirken wie eine Form der aktiven Meditation. Es ist eine Auszeit für den Kopf in einer digitalen Welt.

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Was tun, wenn ein Stück abbricht?

Keine Panik! Das passiert jedem. Manchmal kannst du das Design anpassen und den „Fehler“ integrieren. Bei einem wichtigen Teil kann ein kleiner Tropfen hochwertiger Holzleim (z.B. Ponal Express) und etwas Druck Wunder wirken. Nach dem Trocknen ist die Klebestelle oft stabiler als das Holz selbst.

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Der Stopp-Schnitt: Bevor du einen langen Span abhebst, setze einen senkrechten Schnitt an der Stelle, wo der Span enden soll. Wenn du dann auf diesen Schnitt zu schnitzt, löst sich der Span sauber ab, ohne das Holz dahinter einzureißen. Diese simple Technik ist fundamental, um scharfe Kanten und definierte Formen zu erzeugen.

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Die kleinen, unglaublich detaillierten japanischen „Netsuke“ waren ursprünglich Knebel, um Beutel am Kimono-Gürtel zu befestigen. Über Jahrhunderte entwickelte sich ihre Herstellung zu einer eigenen Kunstform. Sie sind ein fantastisches Beispiel dafür, wie auf kleinstem Raum aus Holz ganze Welten entstehen können – eine endlose Quelle der Inspiration.

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FSC- oder PEFC-Siegel garantieren, dass dein Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Das bedeutet, es wird auf die Erhaltung der Artenvielfalt und die Rechte der Waldarbeiter geachtet. Viele spezialisierte Holzhändler bieten zertifiziertes Holz an. Eine kleine Entscheidung mit großer Wirkung für unsere Wälder.

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Gerades Messer: Dein Allzweckwerkzeug. Ideal für Konturen, Flächen und die meisten Schnitzarbeiten. Das bereits erwähnte Morakniv 120 ist ein Paradebeispiel.

Hohlmesser (oder Löffelmesser): Mit seiner gebogenen Klinge ist es speziell dafür gemacht, Vertiefungen auszuhöhlen, wie bei Schalen oder Löffeln.

Beginne mit einem geraden Messer. Wenn dich die Lust auf Löffel packt, ist ein Hohlmesser die logische Ergänzung.

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  • Es entsteht eine faszinierende, reliefartige Oberfläche.
  • Es erfordert nur ein einziges, einfaches Messer.
  • Die Technik basiert auf dem sauberen Herausschneiden kleiner, dreieckiger Späne (Chips).

Die Methode dahinter? Die Kerbschnitzerei (Chip Carving). Sie ist perfekt, um dekorative Muster auf flachen Holzstücken wie Kästchendeckeln oder Bilderrahmen zu schaffen.

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Schau dir die Werke von Grinling Gibbons an, dem Meister-Holzbildhauer des Barock. Seine unglaublich filigranen und lebensechten Schnitzereien von Blumen, Früchten und Vögeln aus Lindenholz wirken, als wären sie nicht geschnitzt, sondern gewachsen. Sie zeigen, was mit Geduld und einem scharfen Messer alles möglich ist und setzen einen fast unerreichbaren, aber inspirierenden Maßstab.

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Wirf kleine Holzabschnitte nicht weg! Sie sind perfekt, um neue Schnitttechniken auszuprobieren, die Schärfe deines Messers zu testen oder winzige Projekte wie Perlen, Knöpfe oder Miniaturfiguren zu schnitzen. In der Welt des Schnitzens gibt es keinen Abfall, nur kleinere Gelegenheiten für Kreativität.

„Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt.“ – Ein altes Sprichwort.

Dasselbe gilt für das Schnitzen. Zögere nicht, weil du glaubst, du hättest kein Talent. Talent ist nur ein kleiner Teil. Der weitaus größere ist die Bereitschaft, ein Stück Holz und ein Messer in die Hand zu nehmen und einfach anzufangen. Dein erstes Stück wird nicht perfekt sein, aber es wird deins sein.

Dagmar Brocken

Dagmar Brocken hat Medienwissenschaft in Bonn absolviert und innerhalb fünf Jahren ist Teil von bekannten deutschen Nachrichtenteams.