Dein Handgemachtes verkaufen? So wird aus Hobby ein Business (ohne Pleite zu gehen)

Selbstgemachtes verkaufen? Entdecken Sie kreative Ideen, die Ihre Hände zum Leben erwecken und Ihre Leidenschaft zum Geschäft machen!

von Verena Lange

Immer wieder kommen Leute in meine Werkstatt, die Augen voller Leuchten. Sie gießen Kerzen, rühren Seifen an, biegen Schmuck zurecht und ihre Leidenschaft für das Handgemachte ist förmlich greifbar. Und dann, fast immer, kommt diese eine Frage: „Meister, kann ich damit auch Geld verdienen?“ Meine Antwort ist jedes Mal dieselbe: Ja, klar! Aber sei dir bewusst: Der Weg vom Basteltisch zum echten Geschäft ist ein komplett anderes Spiel.

Ganz ehrlich? Es braucht mehr als nur geschickte Hände. Es braucht Köpfchen, Disziplin und einen knallhart ehrlichen Blick auf die Zahlen. Ich habe in meiner Laufbahn so viele begleitet – manche haben aus einer kleinen Idee ein blühendes Geschäft gemacht. Andere sind leider an der Realität zerschellt. Und das lag selten am fehlenden Talent, sondern meist an übersehenen Kosten, ignorierten Vorschriften oder einer falschen Vorstellung vom Wert der eigenen Arbeit. Also, betrachte das hier nicht als Versprechen auf den schnellen Euro, sondern als ehrliche Landkarte von einem, der den Weg schon oft gegangen ist.

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Die nackte Wahrheit: Was dein Produkt WIRKLICH kostet

Die größte Falle, in die fast jeder am Anfang tappt, ist die Preisberechnung. Man schaut auf die Materialkosten, schlägt ein bisschen was drauf und denkt, der Rest sei Gewinn. Ein fataler Fehler, der schon so manches Projekt beerdigt hat, bevor es überhaupt gestartet ist. Eine saubere Kalkulation ist dein Fundament. Lass uns das mal auseinandernehmen.

1. Die reinen Materialkosten (und was du vergisst)

Das ist der einfache Teil, denkst du. Nehmen wir mal eine hochwertige Naturseife. Du brauchst Öle – Olivenöl, Kokosöl, Sheabutter –, Natriumhydroxid (NaOH) für die Verseifung und vielleicht noch ätherische Öle für den Duft und etwas Tonerde für die Farbe. Das rechnest du zusammen.

Aber Moment! Wo kaufst du ein? Die kleinen Fläschchen aus dem Bioladen sind pro Liter viel teurer als die 5-Liter-Kanister vom Kosmetik-Großhändler. Profis kaufen größer ein und senken so den Preis pro Stück. Gute Quellen für hochwertige Rohstoffe sind zum Beispiel Online-Shops wie Dragonspice oder Manske Kosmetik. Achte da immer auf „kosmetische Qualität“.

Selbstgemachtes verkaufen - zwei junge Frauen mit T-Shirts mit Print umarmen sich vor einem weißen Zaun

Und dann sind da die „versteckten“ Kosten, die gerne vergessen werden:

  • Verpackung: Die hübsche Banderole, die kleine Schachtel, das Seidenpapier … das läppert sich.
  • Etiketten: Professionell gedruckte Aufkleber mit allen Pflichtangaben sind nicht gratis.
  • Versandmaterial: Kartons, Füllmaterial, Klebeband.
  • Verbrauchsmaterial: Einweghandschuhe, Schutzbrillen, pH-Teststreifen – das alles nutzt sich ab.

Allein diese Posten können die reinen Materialkosten pro Stück locker verdoppeln. Ehrlich!

2. Deine Zeit ist nicht umsonst!

Das ist der Punkt, den Hobbyisten am liebsten ignorieren. Deine Arbeitszeit hat einen Wert. Punkt. Du musst dir einen Stundensatz geben, auch wenn er anfangs bescheiden ist. Stopp mal die Zeit für den GESAMTEN Prozess:

  • Recherche und Rezeptentwicklung
  • Einkauf und Vorbereitung
  • Der eigentliche Herstellungsprozess
  • Die wochenlange Reifezeit (in der die Seife Platz wegnimmt!)
  • Zuschneiden, Stempeln und Verpacken
  • Produktfotos machen (ein riesiger Zeitfresser!)
  • Angebote schreiben, mit Kunden quatschen
  • Pakete packen und zur Post schleppen

Wenn du für eine Charge mit 10 Seifenstücken insgesamt 5 Stunden aktive Arbeit investierst, dann müssen diese 5 Stunden bezahlt werden. Bei einem wirklich niedrigen Satz von nur 15 Euro pro Stunde sind das schon 75 Euro, die auf die 10 Seifen umgelegt werden müssen. Macht 7,50 Euro pro Stück – NUR für deine Zeit.

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3. Laufende Kosten, die keiner sieht

Deine Werkstatt, auch wenn es nur die Küchenecke ist, kostet Geld. Strom für den Pürierstab, Wasser zum Spülen, die anteilige Miete. Auch die Abnutzung deines Equipments musst du einrechnen. Ein guter Stabmixer hält nicht ewig. Um das zu decken, schlagen Profis auf die Material- und Arbeitskosten einen prozentualen Satz für Gemeinkosten drauf. Mit 5-10 % liegst du für den Anfang ganz gut.

Bürokratie? Ja, leider. Aber kein Hexenwerk!

Bevor du überhaupt ans Verkaufen denkst, kommt der ungeliebte Papierkram. Aber keine Panik, das ist machbar.

Du musst ein Gewerbe anmelden. Das machst du bei deinem lokalen Gewerbeamt und kostet meist eine kleine Gebühr, so zwischen 20 und 60 Euro. Für den Anfang reicht oft die „Kleingewerberegelung“. Das bedeutet, solange dein Umsatz im ersten Jahr eine bestimmte Grenze (informiere dich über die aktuellen Sätze!) nicht überschreitet, musst du keine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen. Das macht den Start viel einfacher!

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Und wenn du Kosmetik wie Seifen oder Cremes verkaufst, ist die EU-Kosmetikverordnung dein neuer, strenger Freund. Sie schützt die Verbraucher und am Ende auch dich. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Die Sicherheitsbewertung: Jedes einzelne Rezept muss von einem qualifizierten Gutachter (einem Chemiker oder Toxikologen) geprüft werden. Das ist die größte Investition am Anfang und kostet pro Rezeptur zwischen 200 und 500 Euro. Einen passenden Experten findest du zum Beispiel, wenn du bei Verbänden wie dem IKW oder der DGK anfragst.
  • Die Produktinformationsdatei (PIF): Das ist die Akte deines Produkts, die alles enthält – vom Rezept bis zum Gutachten.
  • Korrekte Etikettierung: Alle Inhaltsstoffe müssen draufstehen (in der sogenannten INCI-Nomenklatur), dazu deine Adresse, eine Chargennummer und die Haltbarkeit.
  • Anmeldung im CPNP-Portal: Jedes Produkt muss vor dem Verkauf online in einer EU-Datenbank registriert werden.

Klingt nach viel? Ist es auch. Aber es zeigt, dass du es ernst meinst. Und diese Kosten musst du natürlich auf deine Produkte umlegen.

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Kleine Beispielrechnung gefällig?

Plötzlich sieht die Welt anders aus. Wenn wir mal ganz grob rechnen, könnten die Selbstkosten für ein Stück handgemachte Seife bei 11 Euro liegen (2,50€ Material, 4,00€ Arbeit, 3,00€ anteilige Gutachterkosten, 1,50€ Verpackung & Co.). Um davon leben zu können, Rücklagen zu bilden und Gewinn zu machen, musst du diesen Preis mindestens verdoppeln. Ein Verkaufspreis von 22 Euro ist also keine Gier, sondern kaufmännische Notwendigkeit.

Dein Starter-Kit: Was du wirklich für den Anfang brauchst

Bevor du jetzt den Kopf in den Sand steckst: Du musst nicht sofort Tausende von Euros ausgeben. Aber eine gewisse Grundausstattung ist Pflicht. Rechne mal mit ca. 150 bis 250 Euro, um professionell und sicher starten zu können.

Was du wirklich brauchst:

  • Eine Präzisionswaage: Eine, die auf 0,1 Gramm genau wiegt. Absolutes Muss! Kostet um die 25 Euro.
  • Ein Pürierstab aus Edelstahl: Kein Plastik! Ca. 40 Euro.
  • Vernünftige Schutzausrüstung: Eine gut sitzende Schutzbrille und chemikalienbeständige Handschuhe. Nicht verhandelbar! (ca. 20 Euro)
  • Erste Rohstoffe: Ein paar Basis-Öle, Fette und natürlich das Natriumhydroxid. Plane hier mal rund 100 Euro ein.
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Die Kunst des Handwerks: Am Beispiel der Seifensiederei

Ein hoher Preis ist nur gerechtfertigt, wenn die Qualität stimmt. Und Qualität ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis von Wissen, Übung und Respekt vor dem Material.

Die Chemie im Griff haben

Seife entsteht durch die Reaktion von Lauge und Fett. Klingt simpel, ist aber eine Wissenschaft. Die exakte Menge der Lauge ist entscheidend. Zu viel, und die Seife wird ätzend. Zu wenig, und sie wird ranzig. Verlass dich da niemals auf dein Gefühl! Nutze einen Online-Laugenrechner (einfach mal „Laugenrechner Seife“ googeln), der dir für deine Fettkombination die exakte Menge ausrechnet. Ein zentraler Begriff ist die „Überfettung“ – der absichtliche Überschuss an pflegenden Ölen, der am Ende in der Seife verbleibt und sie mild macht.

Auch die Temperatur ist eine Kunst. Beim Kaltsiedeverfahren muss alles die richtige Temperatur haben. Ist es zu warm, kann die Masse blitzschnell zu Beton werden. Ist es zu kalt, können sich die Komponenten wieder trennen. Ein Digitalthermometer ist hier kein Luxus, sondern dein wichtigstes Kontrollinstrument.

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Kleiner Tipp für Anfänger: Ein häufiger Fehler ist die Verwendung von falschen Duftölen. Nicht jedes Parfümöl ist für den hohen pH-Wert von frischem Seifenleim geeignet. Manche lassen die Masse sofort andicken oder ausflocken. Achte immer auf den Vermerk „seifengeeignet“ beim Kauf!

Sicherheit zuerst – eine Lektion, die du nicht lernen willst

Ich kann es nicht genug sagen: Natriumhydroxid ist stark ätzend. Ich hatte in meiner Anfangszeit einen unachtsamen Moment, ein winziger Spritzer Lauge auf dem Unterarm. Trotz sofortigem Spülen hatte ich eine kleine, fiese Verätzung. Seitdem gilt: IMMER Schutzbrille, Handschuhe und lange Ärmel! Arbeite in einem gut gelüfteten Raum und habe immer eine Flasche Essig griffbereit, um Spritzer auf Arbeitsflächen zu neutralisieren (Achtung: niemals auf die Haut!). Das sind Regeln, keine Empfehlungen.

Gute Herstellungspraxis (GMP) für deine Küche

GMP klingt nach riesiger Fabrik, meint aber im Grunde nur: Arbeite sauber und nachvollziehbar. Das ist gar nicht so schwer. Besorg dir ein einfaches Notizbuch. Für jede Charge, die du produzierst, schreibst du auf:

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  • Das Datum
  • Eine eigene Chargennummer (z.B. LAV-001 für deine erste Lavendelseife)
  • Das verwendete Rezept
  • Die Chargennummern deiner Rohstoffe (die stehen auf der Verpackung!)
  • Eine kurze Notiz, ob alles glattgelaufen ist

Das ist schon die halbe Miete! Was nicht aufgeschrieben ist, hat quasi nicht stattgefunden. Diese Disziplin schützt dich und deine Kunden.

Finde deine Nische: Verkaufe ein Stück Heimat

Wenn du all das gemeistert hast, wie hebst du dich dann vom Rest ab? Eine riesige Chance liegt in der Regionalität. Anstatt einfach nur „Lavendelseife“ zu verkaufen, kannst du eine Geschichte erzählen.

Ich kenne eine Imkerin, die wunderbare Salben mit ihrem eigenen Honig und Bienenwachs macht. Ihre Story ist authentisch. Ein Kollege von der Küste packt Meersalz und Algen in seine Seifen. Das ist nicht nur Marketing, diese Zutaten haben ja tatsächlich tolle Eigenschaften. Überleg mal: Was ist typisch für deine Region? Vielleicht Bier für eine Bierseife, Wein für eine Weintreberseife oder Kräuter aus dem eigenen Garten (deren Verwendung natürlich geprüft sein muss!). Damit verkaufst du nicht nur ein Produkt, sondern ein Gefühl, ein Stück Heimat. Das schafft eine viel stärkere Bindung als jeder Rabattcode.

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Ein Wort zum Schluss

Der Weg vom Hobby zum Business ist anspruchsvoll. Er fordert die Präzision eines Chemikers, die Sorgfalt eines Buchhalters und die Seele eines Künstlers. Die Kosten sind höher und die Regeln strenger, als die meisten denken. Aber genau das ist deine Chance.

Wer diesen Weg ernsthaft geht, in Qualität und Sicherheit investiert, der schafft Produkte mit echtem Wert. Produkte, die eine Geschichte erzählen. Und das ist ein Lohn, der weit über das Geld hinausgeht. Es ist der Stolz, etwas mit den eigenen Händen geschaffen zu haben, das Bestand hat.

So, und jetzt bist du dran! Nimm dir EINES deiner Produkte und rechne die Kosten mit dieser Methode mal knallhart durch. Was war dein größter „Aha-Moment“? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar!

Verena Lange

Verena Lange, eine geschätzte Autorin bei Archzine Online Magazine, hat ihr Studium in Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin absolviert. Sie hat zahlreiche Artikel in renommierten Medien wie BILD, WELT.de und Berliner Zeitung veröffentlicht.