Kernbohrung für Dunstabzug & Co.: Was du wissen musst, bevor du loslegst

Kernbohrung – die stille Revolution im Bauwesen! Entdecke, wie sie präzise Löcher in Beton zaubert, ohne Staub und Lärm.

von Anette Hoffmann

Ganz ehrlich? In über 30 Jahren auf dem Bau hab ich so einiges gesehen. Richtig gute Arbeit, die man bewundert, aber eben auch Murks, den man am liebsten ungeschehen machen würde. Ein Thema, das immer wieder für graue Haare sorgt, ist die Kernbohrung. Viele denken, das ist ja nur ein Loch in der Wand. Aber Pustekuchen! Eine schlecht gemachte Kernbohrung kann dir Risse ins Mauerwerk zaubern, einen fiesen Wasserschaden bescheren oder im schlimmsten Fall sogar die Statik deines Hauses gefährden. Und das ist dann alles andere als eine Kleinigkeit.

Ich denk da an einen Fall in einem Mehrfamilienhaus zurück. Ein Monteur sollte eine neue Dunstabzugshaube einbauen und dachte sich: „Das Loch bohr ich mal schnell selbst.“ Ohne die Wand zu prüfen, legte er los. Mitten im Spannbeton traf er ein tragendes Stahlseil. Die Maschine hat sich verkeilt, der Schaden war riesig. Die Reparatur und das Gutachten vom Statiker haben am Ende ein Vermögen gekostet – ein Vielfaches von dem, was eine saubere, professionelle Bohrung gekostet hätte. Solche Erlebnisse brennen sich ein. Sie zeigen, dass man dieses Handwerk mit Respekt behandeln muss. Deshalb will ich hier mal aus dem Nähkästchen plaudern und dir erklären, worauf es wirklich ankommt.

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Was ist eine Kernbohrung denn nun genau?

Also, eine Kernbohrung ist viel mehr als nur ein „großes Loch“. Stell es dir als ein Präzisionsverfahren vor, mit dem du super saubere, kreisrunde Öffnungen in harte Materialien wie Stahlbeton, Ziegel oder Naturstein schneidest. Der Clou liegt im Unterschied zum normalen Schlagbohren.

Ein Schlagbohrer ist wie ein Vorschlaghammer: Er zertrümmert das Material mit roher Gewalt. Das Ergebnis? Lärm, Staubwolken und oft ausgefranste Kanten. Eine Kernbohrung hingegen ist wie ein feines Kreismesser. Sie schneidet einen sauberen Zylinder – den sogenannten Bohrkern – aus der Wand heraus. Übrig bleibt eine perfekt runde Öffnung mit spiegelglatten Wänden. Ideal für die Durchführung von Lüftungsrohren, Kaminen, Wasserleitungen oder Kabelkanälen. Und das Beste: Es gibt kaum Erschütterungen. Das schont die Bausubstanz und die Nerven der Nachbarn.

Die Technik dahinter – ganz ohne Fachchinesisch

Warum das so gut klappt? Es ist kein Hexenwerk, sondern ein cleveres Zusammenspiel von drei Dingen: Rotation, Druck und Kühlung.

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Das Herzstück: Die Bohrkrone
Das wichtigste Teil ist die Bohrkrone. Das ist ein Stahlzylinder, an dessen Spitze kleine Segmente mit Industriediamanten aufgelötet sind. Diese Diamanten sind extrem hart und schleifen sich durch fast alles. Entscheidend ist aber die „Bindung“, also das Metall, in dem die Diamanten stecken. Kleiner Profi-Tipp, falls du mal eine Krone mieten willst: Für harte Materialien wie Stahlbeton brauchst du eine weiche Bindung. Klingt komisch, ist aber logisch: Die weiche Bindung gibt verbrauchte Diamanten schneller frei und legt neue, scharfe Klingen frei. Für weicheres Material wie Ziegel nimmt man eine harte Bindung, damit die teuren Diamanten nicht so schnell verschleißen. Wenn du im Verleih (z. B. bei Boels oder im OBI Mietgeräte-Service) stehst, frag gezielt: „Ich brauche eine Krone für Stahlbeton, also mit weicher Bindung, richtig?“ Das zeigt, dass du dich auskennst.

Rotation und sanfter Druck
Die Maschine dreht die Krone mit einer bestimmten Geschwindigkeit, die vom Durchmesser abhängt (kleine Kronen drehen schneller, große langsamer). Gleichzeitig übst du gleichmäßigen Druck aus. Die Diamanten schleifen dabei das Material Korn für Korn ab, statt es zu zertrümmern. Deshalb gibt es kaum Vibrationen.

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Ohne Wasser läuft nichts
Fast immer wird nass gebohrt, und das Wasser hat drei super wichtige Aufgaben: Erstens kühlt es die Diamanten, die sonst verglühen würden. Zweitens bindet es den ganzen Staub. Statt einer riesigen Sauerei entsteht nur ein nasser Schlamm. Ein Segen für deine Lunge und die Wohnung! Drittens spült es das abgeschliffene Material aus dem Bohrloch. So kann die Krone frei arbeiten. Ein erfahrener Handwerker hört am Geräusch und sieht am Schlamm, ob alles im grünen Bereich ist.

Die richtige Ausrüstung: Worauf es ankommt

Die beste Technik bringt nix ohne das passende Werkzeug. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Die Kernbohrmaschine: Hand oder Ständer?

  • Handgeführte Maschinen: Die sehen aus wie riesige Bohrmaschinen und sind okay für kleine Löcher (bis ca. 80 mm) in weichen Wänden wie Ziegel. Aber Achtung! Du brauchst richtig Kraft und ein ruhiges Händchen. Verkantet das Ding, reißt es dir fast den Arm aus. Ehrlich gesagt: Für Laien ist das nichts.
  • Ständergeführte Maschinen: Das ist das Werkzeug der Profis und meine klare Empfehlung. Die Maschine wird auf einem stabilen Bohrständer montiert, der fest in der Wand verankert wird. So kannst du präzise und sicher bohren, ohne dich zu verausgaben. Bei Bohrungen in Stahlbeton oder bei großen Durchmessern ist das ein absolutes Muss.
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Kleines Tutorial: Den Bohrständer bombenfest machen

Du fragst dich jetzt sicher, wie man das Teil befestigt? Ist einfacher, als es klingt:
1. Du bohrst ein kleines Loch für einen Schwerlastdübel, meistens Größe M12.
2. Ganz wichtig: Das Bohrloch gründlich aussaugen! Wenn Staub drinbleibt, hält der Dübel nicht richtig.
3. Den Dübel einschlagen und die Mutter mit dem vorgeschriebenen Drehmoment festziehen. Nicht nur „handfest“, sondern richtig!
4. Jetzt den Bohrständer aufsetzen und fixieren. Das Loch vom Dübel wird später einfach wieder zugespachtelt.

Wasser-Management für Anfänger

Profis nutzen einen Wasserauffangring mit einem angeschlossenen Nasssauger. Das ist die sauberste Lösung. Wenn du das nicht hast, hier ein kleiner Trick aus der Praxis: Nimm einen stabilen Müllsack, schneide ein Loch für die Bohrkrone hinein und klebe den Sack mit Panzertape rings um die Bohrstelle an die Wand. Das untere Ende vom Sack lässt du in einen Eimer laufen. Sieht abenteuerlich aus, aber ist tausendmal besser als ein Wasserschaden in der Wand.

Typische Materialien und ihre Eigenheiten

Jede Wand ist anders. Du musst wissen, was dich erwartet. Eine pauschale Herangehensweise gibt es nicht.

Stahlbeton: Die Königsdisziplin
Beton ist hart, aber der Stahl (die Bewehrung) darin ist die wahre Challenge. Trifft die Krone auf Stahl, hörst du das sofort: Das Geräusch wird schriller, der Fortschritt langsamer. Jetzt bloß nicht in Panik verfallen und den Druck erhöhen! Das ruiniert nur die Krone. Stattdessen: Druck etwas reduzieren, Wasserzufuhr konstant halten und der Maschine Zeit geben. Die Diamanten fressen sich langsam aber sicher durch. Für ein 150-mm-Loch durch eine 30 cm dicke Stahlbetonwand kannst du gut und gerne mal 1,5 bis 2 Stunden reine Bohrzeit einplanen.

Achtung Statik: Das Durchtrennen von Bewehrungsstahl ist kein Spaß. Bei größeren Durchbrüchen (so ab 150 mm) oder wenn du mehrere Löcher nebeneinander bohrst, ist die Freigabe durch einen Statiker Pflicht. Das ist keine Empfehlung, sondern eine knallharte Vorschrift. Wer das ignoriert, handelt grob fahrlässig.

Mauerwerk: Nicht alles ist gleich Ziegel
Bei Vollziegel oder Kalksandstein geht die Arbeit meist flott von der Hand. Die sind homogen und gut zu bohren. Anders sieht es bei Hochlochziegeln (kennt man auch als Poroton) aus. Die haben viele Hohlkammern, da bricht die Rückseite der Wand gerne unschön aus. Der Trick hier: Mit ganz wenig Druck bohren und am besten von beiden Seiten anbohren. Also erst komplett durch, und dann von der anderen Seite ein paar Zentimeter entgegenbohren. Das gibt auf beiden Seiten eine saubere Kante.

Bei Porenbeton (Ytong) ist alles anders. Das Material ist sehr weich. Hier kannst du oft trocken bohren und brauchst eine spezielle Krone mit Hartmetallzähnen, keine Diamantkrone – die würde nur verkleben.

Übrigens, wusstest du schon? Der häufigste Grund für eine verklemmte Bohrkrone ist nicht der dicke Stahl, sondern oft ein winziger Kieselstein, der sich zwischen Krone und Bohrlochwand verkeilt hat. So viel zum Thema Tücke im Detail!

Der Ablauf: Schritt für Schritt wie beim Profi

Gute Arbeit folgt immer einem Plan. So gehe ich vor:

1. Vorbereitung ist alles: Zuerst die Wand checken. Wo laufen Strom- oder Wasserleitungen? Verlass dich nie auf alte Pläne! Ein gutes Leitungssuchgerät ist hier Gold wert. Fahr damit langsam und kreuzweise über die geplante Bohrstelle. Bessere Geräte zeigen dir sogar die ungefähre Tiefe der Leitung an. Der Arbeitsbereich wird dann mit Folie und Vlies geschützt. Und denk an deine Schutzausrüstung: Brille, Gehörschutz, feste Schuhe!

2. Anzeichnen und Einrichten: Die Position wird exakt ausgemessen und der Bohrständer mit der Wasserwaage perfekt ausgerichtet. Dann wird er bombenfest verankert, wie oben beschrieben.

3. Das Anbohren: Das braucht Gefühl. Lass die Krone langsam anlaufen und fräs dich mit minimalem Druck ein paar Millimeter ins Material. So entsteht eine Führungsrille und die Krone „wandert“ nicht. Erst dann langsam Drehzahl und Druck erhöhen.

4. Der Bohrvorgang: Jetzt heißt es, auf die Maschine zu „hören“. Ein gleichmäßiger Vorschub ist wichtig. Ändert sich der Ton, passt du den Druck an. Die Wasserzufuhr muss stimmen.

5. Abschluss und Aufräumen: Wenn du durch bist, fährst du die Maschine zurück. Der Bohrkern wird vorsichtig mit einem Keil oder einer Zange gelöst. Achtung, so ein Betonkern kann schwer sein! Und wohin mit dem Bohrschlamm? Auf keinen Fall ins Klo oder den Abfluss kippen, der Beton härtet aus und verstopft die Rohre! Lass den Schlamm einfach im Eimer trocknen. Den festen Brocken kannst du dann als Bauschutt auf dem Wertstoffhof oder in kleinen Mengen im Restmüll entsorgen.

Selber machen oder den Fachmann rufen? Eine ehrliche Antwort

Ich bin ja auch ein Fan vom Selbermachen. Aber hier sollte man realistisch sein.

Ein Fall für den Heimwerker: Eine einzelne Bohrung mit 120 mm für den Dunstabzug in einer simplen Ziegelwand? Kann man wagen. Aber rechne mal nach: Die Miete für eine gute Maschine kostet dich ca. 80 € pro Tag. Oft kommt eine Abnutzungsgebühr für die Diamantkrone dazu, die schnell 50 bis 100 € betragen kann. Plus Dübel und Kleinkram landest du schnell bei 200 € – und das Risiko trägst du komplett allein.

Ein Fall für den Fachmann: Ich würde immer einen Profi rufen bei:

  • Bohrungen in Stahlbeton (ohne Ausnahme!)
  • Durchmessern über 100–120 mm
  • Bohrungen in tragenden Wänden
  • Unsicherheit über Leitungen in der Wand
  • Arbeiten in bewohnten, sauberen Räumen

Ein Fachbetrieb kostet für eine Bohrung je nach Material und Aufwand zwischen 150 und 400 Euro. Das klingt erstmal viel, aber verglichen mit den Kosten für einen Wasserschaden oder ein Statikproblem ist das eine verdammt gute Investition in deine Sicherheit und dein Zuhause.

Mein Fazit aus der Praxis

Eine Kernbohrung ist ein hochspezialisiertes Handwerk. Es ist die sauberste und schonendste Methode für Öffnungen in massiven Wänden, aber nur, wenn sie richtig gemacht wird. Spar hier bitte nicht am falschen Ende. Ein Laie mit einer Leihmaschine kann mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. Hol dir für kritische Arbeiten einen Profi. Der hat die Erfahrung, das richtige Werkzeug und die nötige Versicherung. Bevor du einen Auftrag vergibst, frag ruhig nach der Betriebshaftpflichtversicherung – das zeigt, dass du mitdenkst. So bekommst du am Ende ein perfektes Ergebnis ohne böse Überraschungen.

Anette Hoffmann

Annette Hoffmans erstaunliche Medienkarriere spiegelt ihr pures Engagement für den Journalismus und das Publizieren wider. Ihre Reise begann 2010 als freiberufliche Journalistin bei Vanity Fair, wo sie ihre einzigartige kreative Perspektive einbringt.