Bronze, Schweiß und eine Botschaft: Was wirklich hinter einer berühmten Statue steckt
Fearless Girl erobert die Welt – eine Statue, die mehr ist als nur Kunst. Entdecke, wie sie Mädchen inspiriert und Gleichheit symbolisiert.
„Ich bin nicht hier, um zu gefallen!“ könnte die Fearless Girl sagen, während sie unerschrocken in die Herzen der Betrachter blickt. In Melbourne steht sie nun, ein starker Reminder für den unaufhörlichen Kampf um Gleichheit. Diese Statue ist nicht nur aus Bronze – sie ist ein Manifest für Frauen, die sich ihren Platz in der Welt erkämpfen.
In meiner Werkstatt habe ich über die Jahre schon so einiges an Metall in Form gebracht. Stahl geschweißt, Edelstahl auf Hochglanz poliert und natürlich Bronze gegossen. Jedes Stück hat seine eigene Geschichte, klar. Aber ganz ehrlich? Manche Objekte erzählen eine Geschichte, die weit über das Material hinausgeht. Die Statue des „furchtlosen Mädchens“ ist genau so ein Fall.
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Du kennst das Bild bestimmt: Ein kleines Mädchen, das total selbstbewusst vor diesem riesigen Börsenbullen in New York steht. Die meisten sehen das Symbol. Ich sehe aber auch die knallharte Arbeit dahinter. Ich sehe die Gluthitze des Gusses, die millimetergenaue Präzision beim Nachbearbeiten und die enorme Verantwortung, die man hat, wenn man so ein Werk in den öffentlichen Raum stellt. Als Metallbaumeister habe ich mein Leben lang mit Kunstguss zu tun. Lass uns doch mal gemeinsam einen Blick darauf werfen, was diese Statue wirklich ausmacht – von der glühenden Bronze bis zur weltweiten Debatte.

Wenn Kunst auf eine Mission trifft
Alles fängt mit einer Idee an. Im Fall dieses berühmten Mädchens kam die aber nicht aus einem stillen Künstlerkämmerlein. Sie entstand im Auftrag eines großen Finanzunternehmens. Die wollten damals eine Kampagne starten, um mehr Frauen in die Führungsetagen zu bringen. Eine Künstlerin bekam also den Auftrag, dieser Forderung ein Gesicht zu geben. Und sie hat eine Figur geschaffen, die sofort eine Verbindung zu den Menschen aufgebaut hat.
Das ist wichtig zu verstehen: Das Projekt hatte von Anfang an zwei Seelen. Einerseits ist es ein starkes, emotionales Kunstwerk. Andererseits war es gezieltes Marketing. In unserer Branche erleben wir das öfter. Ein Unternehmen will ein Statement setzen und beauftragt einen Künstler. Das kann zu genialen Ergebnissen führen, birgt aber auch Zündstoff. Der Auftraggeber hat eine klare Absicht, der Künstler eine eigene Vision. Manchmal reibt sich das gewaltig.
Übrigens führte das hier später sogar zu Rechtsstreitigkeiten um die Nutzungsrechte. Das ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Werk so berühmt wird. Plötzlich geht es um Urheberrecht, um Kopien und darum, wer die Botschaft kontrollieren darf. Als Handwerker, der so eine Vision umsetzt, stehst du oft mittendrin. Du musst dem künstlerischen Anspruch genügen und gleichzeitig die Vorgaben des Kunden erfüllen. Das braucht viel Fingerspitzengefühl.

Kleiner Tipp aus der Praxis: Wenn du jemals eine Skulptur in Auftrag gibst, kläre unbedingt vorher diese drei Punkte schriftlich:
- Rechte und Vervielfältigung: Wer darf was? Wer darf Kopien anfertigen und verkaufen?
- Material und Legierung: Bestehe auf genauen Angaben. „Bronze“ ist nicht gleich „Bronze“.
- Pflegeplan: Lass dir schriftlich geben, wie das Werk instand gehalten werden muss.
Der lange Weg vom Wachs zur Bronze
So eine Statue entsteht nicht einfach über Nacht. Sie wird in einem aufwendigen Prozess geboren, der sich seit Jahrtausenden kaum verändert hat: dem Wachsausschmelzverfahren. Das ist echte Handwerkskunst, die brutale Präzision und einen Haufen Erfahrung verlangt. Wusstest du schon? Diese Technik ist über 6000 Jahre alt – schon im alten Ägypten hat man so gearbeitet!
Der Prozess beginnt mit dem Originalmodell der Künstlerin, meist aus Ton. Davon nehmen wir eine Negativform aus flexiblem Silikon ab, die jedes Detail erfasst. Diese Silikonhaut wird dann mit einer harten Stützform aus Gips stabilisiert.

In diese leere Form pinseln wir dann Schicht für Schicht heißes, flüssiges Wachs, bis eine Wand von etwa 5 bis 8 Millimetern entsteht. Das ist die exakte, aber hohle Kopie des Originals. An dieses Wachsmodell kommen dann Kanäle und Rohre – ebenfalls aus Wachs. Die sorgen später dafür, dass die Bronze überall hinfließt und die Luft entweichen kann. Eine echte Wissenschaft für sich!
Dieses ganze Wachsgebilde wird dann unzählige Male in flüssige Keramik getaucht und mit feuerfestem Sand bestreut, bis eine dicke, stabile Schale entsteht. Das kann schon mal ein paar Wochen dauern. Dann kommt der große Moment: Die Form kommt in den Ofen. Bei rund 800 Grad schmilzt das Wachs raus und hinterlässt einen Hohlraum – die „verlorene Form“.
In einem riesigen Tiegel schmelzen wir die Bronzelegierung bei ca. 1.200 Grad Celsius. Die Hitze in der Gießerei ist intensiv, der Geruch von Metall liegt in der Luft. Dann wird die glühend heiße Flüssigkeit in die Keramikform gegossen. Ein Moment höchster Konzentration. Nach dem Abkühlen schlagen wir die Keramik ab und zum Vorschein kommt der rohe Bronzeguss. Jetzt beginnt die stundenlange Feinarbeit des Ziseleurs, der mit Feilen und Meißeln die Oberfläche perfektioniert und die Details herausarbeitet.

Nur mal zur Vorstellung: Von der ersten Skizze bis zur aufgestellten Statue musst du bei so einem Projekt gut und gerne mit 4 bis 6 Monaten rechnen. Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.
Mal ehrlich: Was kostet so eine Statue eigentlich?
Okay, reden wir mal Tacheles. Jeder fragt sich das, also raus damit: Was kostet so was? Eine genaue Zahl ist schwer zu nennen, weil jedes Projekt anders ist, aber eine lebensgroße Bronzestatue kann schnell die Kosten eines gut ausgestatteten Mittelklassewagens erreichen, manchmal sogar deutlich mehr. Die Kosten setzen sich grob so zusammen:
- Ca. 20-30 % Materialkosten: Bronze ist teuer. Allein für die 250 kg schwere Statue des Mädchens reden wir von Materialkosten im fünfstelligen Bereich, je nach aktuellem Rohstoffpreis. Dazu kommen Silikon, Wachs, Keramik …
- Ca. 50-60 % Arbeitsstunden: Das ist der größte Brocken. Hier stecken die unzähligen Stunden hochqualifizierter Spezialisten drin – vom Formenbauer über den Gießer bis zum Ziseleur. Das ist Handarbeit, die man nicht ersetzen kann.
- Ca. 20 % Rest: Darunter fallen Logistik, Transport, Statik, das Betonfundament und die Genehmigungen. Das läppert sich.

Gibt es günstigere Alternativen?
Ja, die gibt es, aber alles hat seine Vor- und Nachteile. Für den Garten oder den Innenbereich gibt es Optionen:
Eine beliebte Alternative ist der Aluminiumguss. Aluminium ist deutlich leichter und günstiger als Bronze und trotzdem sehr witterungsbeständig. Es hat halt diesen kühleren, silbrigen Look, was aber auch sehr modern aussehen kann. Die Haltbarkeit ist super, nur eben nicht ganz die „ewige“ Anmutung von Bronze.
Für den kleineren Geldbeutel oder für drinnen gibt es den Kaltguss, oft auch als Bronzeharz bezeichnet. Hier wird ein Kunstharz mit echtem Bronzepulver gemischt. Das Ergebnis sieht täuschend echt aus, ist aber viel leichter und günstiger. Der Nachteil: Es ist nicht so robust und die Oberfläche kann über die Jahre unter UV-Licht leiden. Für eine Statue im öffentlichen Raum wäre das aber ein absolutes No-Go.
Die Patina: Die Seele der Bronze
Eine Bronzestatue wird selten goldglänzend belassen. Sie bekommt eine Patina – eine chemisch erzeugte Schutzschicht, die ihr den Charakter gibt. Das ist keine Farbe! Die Statue wird erhitzt und dann mit Chemikalien behandelt. Für dunkle Töne wie beim „furchtlosen Mädchen“ nimmt man oft Schwefelleber. Und ja, das Zeug stinkt bestialisch nach faulen Eiern, aber es macht einfach die schönsten, tiefsten Schwarz- und Brauntöne. Andere Chemikalien erzeugen Grün- oder Rottöne. Das ist eine Kunst für sich, die viel Erfahrung braucht. Zum Schluss wird alles mit einem speziellen Wachs versiegelt, um die Oberfläche zu schützen.

Wo man auf keinen Fall sparen darf: Das Fundament
Eine 250-Kilo-Statue stellt man nicht einfach auf den Gehweg. Die Sicherheit hat oberste Priorität. Ich erinnere mich an einen Kunden vor vielen Jahren, der beim Fundament sparen wollte. „Ein kleiner Betonklotz reicht doch!“, meinte er. Wir haben uns schlicht geweigert, die Skulptur so aufzustellen. Unsere Haftung, unsere Berufsehre – unmöglich.
Ein paar Monate später sahen wir, wie eine schlecht verankerte Skulptur eines anderen Herstellers nach einem Sturm gefährlich schief stand. Stell dir vor, da wäre ein Kind daneben gewesen! Das zeigt: Bei Statik und Fundament gibt es keine Kompromisse. In die Füße der Statue kommen dicke Gewindestangen aus Edelstahl, die tief in einem speziell berechneten Betonfundament verankert werden. Sicher ist sicher.
Pflege und Erhaltung: Die Arbeit nach der Arbeit
Mit der Aufstellung ist es nicht getan. Eine Bronzestatue im Freien braucht Pflege. Der größte Feind sind Luftverschmutzung und saurer Regen. Deshalb braucht sie einen klaren Pflegeplan, so wie ich ihn jedem Kunden mitgebe:
- Jedes Jahr: Sanfte Reinigung nur mit Wasser und pH-neutraler Seife. Niemals einen Hochdruckreiniger benutzen!
- Alle 2-3 Jahre: Nach der Reinigung muss die schützende Wachsschicht erneuert und aufpoliert werden. Das kannst du bei kleineren Objekten sogar selbst machen.
- Alle 5-10 Jahre: Eine professionelle Inspektion durch einen Fachmann, der prüft, ob die Patina noch intakt ist oder ob es erste Korrosionsschäden gibt.
Gut gepflegt, kann so eine Statue Jahrhunderte überdauern. Vernachlässigt, verfällt sie.
Was am Ende bleibt
Wenn ich heute auf dieses Mädchen aus Bronze blicke, sehe ich mehr als das Symbol. Ich sehe die Arbeit vieler Hände: die Vision der Künstlerin, die Präzision der Gießer, die Berechnungen des Statikers und die Sorgfalt des Aufstellteams. Sie ist das perfekte Beispiel, wie Handwerk, Kunst und Gesellschaft zusammenkommen können.
Die Statue ist aus einer Marketingidee entstanden, hat sich aber längst zu einem globalen Symbol emanzipiert. Sie hat Debatten ausgelöst und das ist gut so. Sie bringt uns dazu, über unsere Werte nachzudenken.
Und am Ende zeigt sie: Ob ein Werk aus Metall die Zeit überdauert, hängt nicht nur von der Qualität der Bronze ab. Es hängt davon ab, ob seine Geschichte es wert ist, weitererzählt zu werden. Und das macht mich als Handwerker dann doch ein bisschen stolz. Denn wir geben den Geschichten, die erzählt werden müssen, eine Form, die man anfassen kann.
Inspirationen und Ideen
„Fearless Girl wurde aus traditioneller Siliziumbronze gegossen und wiegt etwa 110 kg.“
Dieses Gewicht ist entscheidend. Es verleiht der Statue die nötige Standfestigkeit, um im öffentlichen Raum Wind und Wetter zu trotzen, bleibt aber symbolisch „leicht“ im Vergleich zum tonnenschweren Bullen. Die Wahl der Siliziumbronze, die für ihre hervorragende Gießbarkeit und Korrosionsbeständigkeit bekannt ist, war eine technische Entscheidung der ausführenden Kunstgießerei UAP Polich Tallix, die auch Werke für Künstler wie Jeff Koons realisiert hat.
Warum wirkt die Statue so lebendig?
Das Geheimnis liegt im traditionellen Wachsausschmelzverfahren, einer jahrtausendealten Technik. Zuerst formt der Künstler ein detailgetreues Modell aus Ton oder Wachs. Davon wird eine Negativform aus Silikon erstellt, die mit heißem Wachs ausgegossen wird. Dieses Wachsmodell wird dann mit einem feuerfesten Keramikmantel überzogen. Beim Brennen schmilzt das Wachs heraus (daher „verlorene Form“) und hinterlässt einen Hohlraum, in den die über 1000 °C heiße, flüssige Bronze gegossen wird. Nach dem Erkalten wird die Keramikschale zerschlagen und die rohe Bronzestatue kommt zum Vorschein, bereit für die filigrane Nachbearbeitung und Patinierung.
- Eine Oberfläche, die mit der Zeit „lebt“ und sich verändert.
- Eine warme, erdige Farbgebung mit hohem Symbolwert.
- Exzellente Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion.
Das Material der Wahl? Bronze. Seit der Antike wird diese Kupfer-Zinn-Legierung für Skulpturen genutzt, weil sie nicht nur extrem langlebig ist, sondern auch eine Patina entwickelt – eine schützende Oxidschicht, die von Künstlern oft gezielt erzeugt wird, um dem Werk Tiefe und Charakter zu verleihen.
Der Streit der Künstler: Die Platzierung der „Fearless Girl“ direkt vor dem „Charging Bull“ sorgte für erheblichen Unmut beim Schöpfer des Bullen, Arturo Di Modica. Er argumentierte, die neue Statue würde den Kontext seines Werkes verändern und seine ursprünglich positive, aggressive Botschaft von der „Stärke des amerikanischen Volkes“ in eine negative verwandeln. Er sah sein Werk instrumentalisiert und seine künstlerische Aussage beeinträchtigt, was eine intensive Debatte über die Interaktion und den „Dialog“ von Kunst im öffentlichen Raum auslöste.
Die „Fearless Girl“ steht nicht allein da. Sie ist Teil einer wachsenden Bewegung, die Frauen im öffentlichen Raum sichtbarer machen will. Einige inspirierende Beispiele:
- Millicent Fawcett in London: Die erste Statue einer Frau am Parliament Square, die an die Anführerin der Suffragetten-Bewegung erinnert.
- „A Surge of Power (Jen Reid)“ in Bristol: Eine temporär aufgestellte Statue, die eine Black-Lives-Matter-Demonstrantin zeigt und die Debatte um Denkmäler anheizte.
- Statuen für „Hidden Figures“: In den USA entstehen zunehmend Denkmäler für wichtige, aber lange übersehene Frauen aus Wissenschaft und Geschichte.
„Sie ist da, um eine Botschaft zu senden: dass es einen Platz für sie am Tisch gibt.“ – Kristen Visbal, Künstlerin der „Fearless Girl“
Bronze: Ein klassisches Material mit warmer Ausstrahlung. Die Oberfläche entwickelt über Jahre eine einzigartige, oft grünliche Patina, die das Werk schützt und ihm Charakter verleiht. Perfekt für organische, zeitlose Kunstwerke.
Cortenstahl: Ein moderner Stahl, der eine stabile, rostfarbene Schutzschicht bildet. Er wirkt industrieller und rauer. Ideal für minimalistische, geometrische Skulpturen, wie die von Richard Serra.
Die Wahl zwischen diesen Materialien ist also nicht nur eine Frage der Haltbarkeit, sondern eine grundlegende ästhetische Entscheidung, die die gesamte Wirkung des Kunstwerks bestimmt.
Wichtiger Punkt: Die Patina ist kein Schmutz. Anders als bei Eisen, wo Rost Zerstörung bedeutet, ist die dunkle oder grünliche Schicht auf einer Bronzestatue eine gewollte und schützende Oxidschicht. Kunstgießer beschleunigen diesen Prozess oft künstlich mit Chemikalien wie Schwefelleber oder Eisennitrat und Hitze, um der Skulptur von Anfang an die gewünschte Farbe und Tiefe zu geben. Die Pflege einer solchen Statue besteht daher nicht im „Putzen“, sondern im sanften Reinigen und dem Auftragen einer speziellen Wachsschicht, um die Patina zu schützen.
Auch wenn die Statue ein starkes Symbol ist, steht ihre Entstehungsgeschichte für eine Marketingkampagne des Finanzgiganten State Street Global Advisors im Mittelpunkt der Kritik. Kritiker bezeichnen dies als „Corporate Feminism“ oder „Woke-Washing“: Ein Unternehmen nutzt eine populäre soziale Botschaft, um sein eigenes Image aufzupolieren, ohne die zugrundeliegenden strukturellen Probleme – wie die geringe Anzahl an Frauen in der eigenen Führungsetage – grundlegend zu lösen. Die Kunst wird so zum Werbeträger, was ihre authentische Kraft untergraben kann.
- Den ursprünglichen Ton des Künstlers respektieren.
- Vorsichtig Schmutz und Ablagerungen mit Wasser und weichen Bürsten entfernen.
- Die Oberfläche mit einem speziellen Mikrokristallinwachs (z. B. von der Marke Renaissance Wax) versiegeln.
- Regelmäßige Inspektionen auf Schäden oder Korrosion durchführen.
Die Instandhaltung einer Bronze-Skulptur im Freien ist eine Wissenschaft für sich. Es geht darum, die vom Künstler geschaffene Patina zu erhalten und das Werk vor Umwelteinflüssen wie saurem Regen und Vandalismus zu schützen.
