Hinter den Kulissen: Was ein Musikvideo WIRKLICH kostet und wie du deins planst

Retro-Style trifft auf moderne Vibes! Entdecke, wie die Jonas Brothers mit „Cool“ die 80er zurückbringen – und du wirst mitfeiern wollen!

von Dagmar Brocken

Man sieht das fertige Video. Drei, vielleicht vier Minuten. Coole Bilder, schnelle Schnitte, der Künstler im besten Licht. Und man denkt sich: „Schick gemacht.“ Aber ehrlich gesagt, ahnt kaum jemand, was für eine riesige Maschinerie hinter diesen paar Minuten steckt. In meiner langen Laufbahn als Produktionsleiter im Musikgeschäft habe ich so ziemlich alles erlebt – von kleinen, intimen Drehs im Proberaum bis hin zu Produktionen, die das Budget eines Kleinwagens verschlingen. Heute ziehe ich mal den Vorhang zur Seite.

Ich zeige dir, was wirklich passiert, vom ersten Anruf des Labels bis zum fertigen Clip auf YouTube. Das hier ist keine trockene Theorie, sondern die knallharte Praxis mit all ihren Tücken, Kosten und, ja, auch den Momenten purer Magie, wenn am Ende alles passt.

Das Fundament: Idee, Konzept und die erste, ehrliche Kalkulation

Alles fängt mit dem Song an. Die Musik gibt den Puls vor, nicht nur rhythmisch, sondern vor allem emotional. Wenn ein Label oder ein Künstler auf mich zukommt, ist die allererste Frage immer: „Was wollen wir erzählen?“ Ein Video sollte die Geschichte des Songs visuell erweitern, nicht einfach nur bebildern.

Jonas Brothers mit coolen Klamotten, Lederjacken und bunten T-shirts, sie sind wieder zusammen

Stell dir ein Video vor, das voll auf Retro-Nostalgie setzt – die Ästhetik einer vergangenen, bunten Ära, ein Gefühl von sorglosem Spaß. Das ist ein cleverer Schachzug, denn Nostalgie ist ein starker emotionaler Anker, der alte und neue Fans verbindet.

In dieser ersten Phase arbeiten wir mit einem sogenannten „Treatment“. Das ist im Grunde der Schlachtplan des Regisseurs. Es ist ein Dokument, das seine Vision beschreibt, oft mit Stimmungsbildern, Referenzfotos und einer groben Handlung. Das ist die Grundlage für alles Weitere. Und hier entscheidet sich auch die grobe Kostenschätzung. Ein Dreh am Strand mit ein paar Freunden ist logischerweise etwas ganz anderes als eine komplexe Choreografie mit 50 Tänzern in maßgeschneiderten Anzügen.

Schon hier muss ich als Produktionsleiter oft der Spielverderber sein und sagen: „Tolle Idee, sprengt aber leider das Budget. Wie können wir das cleverer lösen?“ Oder: „Das ist machbar, aber wir brauchen dafür drei Drehtage, nicht nur einen.“ Diese Phase ist ein ständiges Ringen zwischen kreativem Traum und finanzieller Realität. Falsche Versprechungen hier führen später nur zu riesigem Frust am Set.

Jonas Brothers mit coolen Klamotten, Lederjacken und bunten T-shirts, sie sind wieder zusammen

Die Vorproduktion: Wo 90 Prozent der eigentlichen Arbeit stattfinden

Steht das Konzept und das Budget ist freigegeben, beginnt die eigentliche Knochenarbeit: die Vorproduktion, oder Pre-Production. Sie ist das absolute Herzstück. Fehler, die du hier machst, kannst du am Drehtag kaum noch fixen – oder nur mit sehr, sehr viel Geld. Ein typischer Vorlauf für ein mittelgroßes Video? Rechne mal mit zwei bis vier Wochen, in denen unglaublich viel parallel passiert.

Location Scouting: Mehr als nur ein „schöner Ort“

Ein Drehort ist niemals nur eine hübsche Kulisse. Nehmen wir einen Strand. Du kannst da nicht einfach mit der Kamera aufkreuzen. Du brauchst eine Drehgenehmigung, die Geld kostet und Zeit braucht. Und dann die praktischen Fragen: Woher kommt der Strom für die Scheinwerfer? Wo parkt die Crew ihre Autos? Wo sind die Toiletten? Gibt es Lärmschutzauflagen? Ein guter Location Scout liefert nicht nur Fotos, sondern Lösungen. Die Kosten können hier von ein paar hundert Euro für eine private Wohnung bis zu zehntausenden Euro pro Tag für exklusive Villen oder abgesperrte Plätze reichen.

Jonas Brothers zeigen das neue Musikvideo von dem Lied Cool, Foto auf blauem Hintergrund

Casting: Die richtigen Gesichter finden

Die Leute vor der Kamera sind alles. Wir brauchen Hauptdarsteller, Nebenrollen und Komparsen. Für jede Rolle gibt es ein Casting. Es geht nicht nur ums Aussehen, sondern um Ausstrahlung. Ein Komparse, der nur im Hintergrund steht, bekommt in Deutschland etwa 100 bis 150 Euro für einen 10-Stunden-Tag. Sobald jemand eine kleine, sichtbare Aktion ausführt, wird’s teurer. Profi-Tänzer oder Schauspieler kosten natürlich deutlich mehr.

Kleiner Tipp: Macht Verträge! Auch mit Freunden, die aushelfen. Ein simpler „Model Release“-Vertrag sichert euch die Rechte, ihr Bild zu verwenden, und rettet Freundschaften, wenn das Video plötzlich durch die Decke geht.

Art Department & Styling: Die Welt erschaffen

Das Art Department, also die Szenenbildner, bauen die Welt aus dem Treatment nach. Sie organisieren Requisiten, Möbel und gestalten das Set. Parallel dazu kümmert sich das Styling-Team um die Kleidung. Sind die Outfits von der Stange, geliehen oder maßgefertigt? Maßanfertigungen sind extrem teuer und dauern. Meistens ist es eine Mischung aus allem. Eine gute Stylistin hat ein riesiges Netzwerk und weiß genau, wo man was herbekommt.

Jonas Brothers als sie jung waren, drei Jungen mit Anzügen, zwei mit Krawatten und einer mit Fliege

Technik und Crew: Das Handwerkszeug

Gleichzeitig stelle ich die Crew zusammen und plane die Technik. Der Kameramann (Director of Photography, kurz DoP) ist nach dem Regisseur die wichtigste Person. Er bestimmt den Look. Welche Kamera? Eine Arri Alexa für den filmischen Kino-Look? Eine RED für gestochen scharfe Zeitlupen? Welche Objektive? Das sind alles kreative Entscheidungen.

Dazu kommt ein LKW voller Lichttechnik. Ein ganzes Team sorgt für die perfekte Ausleuchtung. Eine kleine Crew hat vielleicht 5 Leute, eine große Produktion schnell 30 oder mehr. Hungrige, junge Talente für Kamera oder Schnitt findet man übrigens oft auf Plattformen wie Crew United, während man professionelles Equipment bei Verleihern wie 711rent oder Delight mieten kann.

Achtung, Sicherheit! Mein Lieblingsthema.

Das ist mein wichtigstes Thema in der Vorproduktion. Wir erstellen einen detaillierten Zeitplan, das „Call Sheet“, damit jeder weiß, wann er wo sein muss. Und ganz wichtig: Wir schließen eine Produktionshaftpflichtversicherung ab. Das ist nicht verhandelbar! Für ein kleines Projekt musst du hier mit etwa 200 bis 500 Euro rechnen, aber das Geld kann dir den Hintern retten.

die drei Brüder machen einen Ausflug im Gebirge, die Jonas Brothers sind echt cool
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Ich hab mal erlebt, wie ein Scheinwerfer von der Decke fiel, weil er nicht richtig gesichert war. Zum Glück wurde niemand verletzt. Aber seit diesem Tag kontrolliere ich jede Sicherung doppelt. Sicherheit geht IMMER vor Zeitplan.

Der Drehtag: Ein Uhrwerk unter Hochdruck

Ein Drehtag ist wie ein Schweizer Uhrwerk. Es geht oft vor Sonnenaufgang los, die Stimmung ist mega konzentriert. Der General am Set ist der 1. Regieassistent (1st AD). Er peitscht alle durch den Zeitplan. Seine Kommandos wie „Ruhe bitte, wir drehen!“ hallen über das Set.

Ein Tag dauert meist 10 bis 12 Stunden. Jede Überstunde kostet ein Vermögen, weil die ganze Crew bezahlt werden muss. Deshalb ist die penible Planung so entscheidend. Als Produktionsleiter laufe ich herum und lösche kleine Feuer, bevor sie zu einem Flächenbrand werden. Der Generator braucht Diesel? Organisiere ich. Ein Komparse ist krank? Ich telefoniere. Das Catering kommt zu spät? Ich mache Druck. Mein Job ist es, den Kreativen den Rücken freizuhalten.

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Die Postproduktion: Wo die Magie passiert

Nach dem letzten „Danke, das war’s!“ ist die Arbeit noch lange nicht vorbei. Jetzt geht das gedrehte Material, oft mehrere Terabyte an Daten, an den Cutter. Zusammen mit dem Regisseur entsteht hier der Rhythmus des Videos.

Danach geht’s ins „Color Grading“. Hier bearbeitet ein Spezialist die Farben und Kontraste. Das ist der Schritt, der aus einem flachen Bild einen echten Kino-Look zaubert oder eben diesen coolen Retro-Stil erzeugt. Gleichzeitig werden oft noch visuelle Effekte (VFX) hinzugefügt – manchmal nur kleine Retuschen, wie ein störendes Logo an einer Wand zu entfernen. Zum Schluss kommt das Sounddesign dazu, und alles wird final abgemischt. Der ganze Prozess kann nochmal zwei bis sechs Wochen dauern.

Die brennende Frage: Was kostet der Spaß denn nun wirklich?

So, Butter bei die Fische. Ein professionelles Musikvideo kann alles zwischen 10.000 und über 500.000 Euro kosten. Ja, richtig gelesen. Aber was macht den Unterschied?

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Stellen wir uns doch mal zwei Budgets gegenüber:

  • Das 5.000-Euro-Video: Hier ist Kreativität dein Kapital. Die Crew? Deine drei talentiertesten Freunde. Die Kamera? Eine gute Spiegelreflex, die ihr euch leiht. Die Location? Die coole Wohnung eines Bekannten oder ein verlassener Ort (Achtung, Genehmigung!). Das Licht? Die Sonne. Das Catering? Pizza für alle. Das Ergebnis kann trotzdem der Hammer sein, wenn die Idee stark ist!
  • Das 50.000-Euro-Video: Hier spielst du schon in einer anderen Liga. Du hast eine professionelle Crew von 20 Leuten, mietest eine RED-Kamera mit teuren Kino-Objektiven, buchst eine exklusive Location für einen Tag, hast einen Catering-Wagen am Set und bezahlst eine professionelle Postproduktions-Firma für den perfekten Look.

Gut zu wissen: Das Plattenlabel bezahlt das Video zwar oft vor, aber in den meisten Verträgen steht, dass diese Kosten „recoupable“ sind. Das bedeutet, das Geld wird mit den zukünftigen Einnahmen des Künstlers verrechnet. Im Endeffekt bezahlt der Künstler sein Video also oft selbst von seinen Tantiemen. Das ist eine knallharte Info, die viele am Anfang nicht auf dem Schirm haben!

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Top 3 Anfängerfehler & wie du sie vermeidest

Aus meiner Erfahrung gibt es drei Fehler, die immer wieder passieren. Hier sind sie, damit du sie nicht machst:

  1. Keine Verträge mit Freunden abschließen. Klingt spießig, ist aber überlebenswichtig. Ein einfacher Einzeiler (Model Release), der euch die Bildrechte zusichert, verhindert später massiven Ärger und schützt eure Freundschaft.
  2. Das Essen vergessen. Ernsthaft. Eine hungrige, unterzuckerte Crew ist eine unkreative und schlecht gelaunte Crew. Plant die Verpflegung fest ein, auch wenn es nur belegte Brötchen und genug Wasser sind. Das ist die beste Investition in die Moral am Set.
  3. „Guerilla-Dreh“ ohne Plan B. Einfach mal die Kamera aufbauen und loslegen klingt cool, kann aber schnell nach hinten losgehen. Wenn das Ordnungsamt kommt und den Dreh abbricht, war alles umsonst. Holt euch für öffentliche Plätze lieber eine Genehmigung oder dreht an Orten, wo es niemanden stört.

Fazit: Dein erster Schritt ist wichtiger als das perfekte Video

Ein Musikvideo ist so viel mehr als nur Marketing. Es ist ein Kunstwerk und ehrliches Handwerk, das die präzise Arbeit von Dutzenden Spezialisten erfordert. Hinter den drei fertigen Minuten stecken Wochen voller Planung, Stress und Leidenschaft.

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Für alle jungen Musiker und Filmemacher habe ich einen Rat: Fangt klein an! Euer erstes Video muss kein Blockbuster sein. Eine starke, ehrliche Idee, mit einfachen Mitteln gut umgesetzt, ist tausendmal mehr wert als eine teure Produktion ohne Seele.

Und jetzt eine kleine Challenge für dich: Nimm dein Handy. Geh an einen Ort, der dich inspiriert. Und dreh HEUTE eine 30-Sekunden-Szene für deinen Song. Nur eine Einstellung. Lerne, mit dem zu arbeiten, was du hast. Das ist der erste und wichtigste Schritt.

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Muss es immer die teure ARRI Alexa sein?

Nicht unbedingt. Während High-End-Produktionen oft auf Kinokameras wie die ARRI Alexa oder die RED Komodo setzen, hat sich die Lücke zur „Prosumer“-Klasse massiv verkleinert. Kameras wie die Blackmagic Pocket Cinema Camera 6K Pro oder die Sony FX3 bieten für einen Bruchteil des Preises eine erstaunliche Bildqualität, die für YouTube und soziale Medien mehr als ausreicht. Der wahre Unterschied liegt oft nicht mehr in der Kamera selbst, sondern in der Optik. Ein gutes Set an Cinema-Objektiven (z.B. von Zeiss oder Cooke) kostet oft ein Vielfaches des Kameragehäuses und ist entscheidend für den filmischen Look, die Schärfentiefe und das „Bokeh“, das alles so professionell aussehen lässt.

Dagmar Brocken

Dagmar Brocken hat Medienwissenschaft in Bonn absolviert und innerhalb fünf Jahren ist Teil von bekannten deutschen Nachrichtenteams.