Ein Buch ist mehr als nur die Geschichte: Was hinter einer Bestseller-Fortsetzung wirklich steckt
Die Tränen des Abschieds können auch die Freude am Neuanfang bergen. Entdecken Sie, warum „Postscript“ von Cecelia Ahern Ihr Herz berühren wird.
„Ich werde dir immer schreiben, selbst wenn ich nicht mehr da bin.“ Ein fiktives Zitat aus dem Schatten der Vergangenheit, das durch die Seiten von Cecelia Aherns neuem Roman schwebt. „Postscript“ entfaltet sich wie ein zartes Netz aus Erinnerungen und Hoffnungen, das uns in die Gedankenwelt von Holly entführt. Inmitten von Verlust und Neuanfängen wird die Frage laut: Wie viel Kraft steckt im Vermächtnis der Liebe?
In meiner kleinen Werkstatt hier riecht es eigentlich immer gleich: nach Leim, altem Papier und, ganz wichtig, frischem Kaffee. Seit über vierzig Jahren binde ich Bücher von Hand und führe meinen Laden. Ich habe schon so viele Bestseller kommen und gehen sehen. Manche sind wie ein kurzes, helles Aufflackern – und dann schnell wieder vergessen. Aber andere, die haben eine Seele. Sie bleiben bei den Leuten, manchmal ein ganzes Leben lang.
Inhaltsverzeichnis
Eines dieser Bücher war damals „P.S. Ich liebe dich“. Ich weiß noch genau, wie die Leute das verschlungen haben. Es hat eine ganze Generation von Leserinnen mitten ins Herz getroffen. Und jetzt, fast zwei Jahrzehnte später, liegt die Fortsetzung auf meinem Tisch. Ganz ehrlich? Bei so was bin ich immer skeptisch.
Eine Fortsetzung nach so langer Zeit ist ein echtes Wagnis. Die Erwartungen sind gigantisch. Kann das dem Original gerecht werden? Oder macht es die schöne Erinnerung kaputt? Das ist nicht nur eine Frage für Literaturkritiker. Das ist eine Frage des Handwerks, des Marktes und dieser besonderen Magie zwischen einem Buch und seinen Lesern. Ich will euch heute mal mit hinter die Kulissen nehmen – nicht als Kritiker, sondern als Handwerker, der Bücher liebt.

Das Wagnis einer späten Fortsetzung – ein Drahtseilakt
Stell dir vor, du musst die alten Fans von damals abholen, ohne einfach nur in Nostalgie zu baden. Gleichzeitig sollen aber auch neue Leser eine Chance haben, in die Geschichte einzusteigen. Puh, keine leichte Aufgabe! Die Welt hat sich seit dem ersten Buch ja auch komplett verändert. Die Art, wie wir kommunizieren, wie wir trauern, wie wir lieben – alles ist anders.
Wir im Buchhandel beobachten das oft. Manchmal versuchen Verlage, einen alten Erfolg mit aller Macht wiederzubeleben. Das geht meistens schief, weil die Leser es spüren, wenn eine Geschichte nicht aus einem echten Bedürfnis heraus weitergeht, sondern aus reiner Berechnung. Der Zauber des ersten Buches war ja gerade seine Abgeschlossenheit. Die Briefe gaben der Hauptfigur Holly einen Weg durch die Trauer, aber am Ende musste sie ihren eigenen Weg finden. Das machte es so stark.
Die Fortsetzung öffnet diese Welt nun wieder. Holly wird von Menschen kontaktiert, die selbst unheilbar krank sind und – inspiriert von den Briefen – auch Nachrichten für ihre Liebsten hinterlassen wollen. Sie soll ihnen dabei helfen. Ein ziemlich kluger Schachzug, wie ich finde. Die Geschichte wiederholt sich nicht, sondern wird aus einem neuen Blickwinkel erzählt. Es geht nicht mehr nur um Hollys persönliche Trauer, sondern um das universelle Bedürfnis, etwas von sich dazulassen. Das gibt dem Ganzen eine Daseinsberechtigung, die über reines Fan-Service hinausgeht.

Für wen ist diese Fortsetzung? Eine ehrliche Einschätzung
Jetzt fragst du dich sicher: Lohnt sich das Buch für mich? Hier meine ganz persönliche Meinung aus dem Ladenalltag:
- Für die Fans von damals: Absolut! Wenn du mit Holly mitgefiebert hast und heute selbst an einem anderen Punkt im Leben stehst, ist es wie ein Wiedersehen mit einer alten Freundin. Das Buch ist nachdenklicher, erwachsener.
- Für neue Leser: Es funktioniert, aber ich würde trotzdem empfehlen, den ersten Teil zu kennen, um die ganze Tiefe zu spüren. Man kann die Geschichte aber auch für sich allein lesen.
- Wer sollte vorsichtig sein? Wenn du eine 1:1-Kopie des ersten Teils erwartest – dieselbe Leichtigkeit, denselben Aufbau –, könntest du vielleicht enttäuscht werden. Es ist weniger eine romantische Komödie und mehr eine Reflexion über das Leben und das, was bleibt.
Ach ja, und du musst den ersten Teil nicht frisch gelesen haben. Die wichtigen Dinge werden ganz natürlich in die neue Handlung eingeflochten.

Vom Manuskript zum Ladenregal: Der lange Weg eines Buches
So ein Buch fällt nicht einfach vom Himmel. Es ist das Ergebnis eines langen, komplizierten Prozesses. Ein echtes Zusammenspiel aus Kunst, Handwerk und knallharter Logistik. Wenn ich das meinen Lehrlingen erkläre, staunen die immer wieder.
Alles beginnt mit der Entscheidung im Verlag. Der Lektor prüft nicht nur die Sprache, sondern fragt sich: Trifft das den Nerv der Zeit? Wie hoch ist das Verkaufspotenzial? Daraus wird eine Erstauflage kalkuliert. Druckt man zu viel, hat man volle Lager und teure Rücksendungen von uns Händlern (die „Remittenden“). Druckt man zu wenig, gibt es Lieferengpässe. Bei einem so bekannten Titel wird die Erstauflage wohl im hohen sechsstelligen Bereich liegen. Eine riesige Investition!
Die oft übersehene Kunst der Übersetzung
Gerade bei Romanen aus dem englischsprachigen Raum, die von ihrem besonderen Charme und Humor leben, ist die Übersetzung entscheidend. Es geht ja nicht darum, Worte eins zu eins zu übertragen. Die Übersetzerin muss den Ton treffen, die Melodie der Sprache, die kulturellen Anspielungen. Ein falsches Wort kann die Stimmung einer ganzen Szene zerstören. Das ist eine Verantwortung, die leider viel zu oft übersehen wird.


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Das Buch als Objekt: Mein Spezialgebiet
Und jetzt kommen wir zu meinem Lieblingsthema. Ein Buch ist mehr als nur Text. Es ist ein Erlebnis für die Sinne. Wie es in der Hand liegt, wie die Seiten riechen, das Rascheln des Papiers. Diese materiellen Aspekte sind keine Nebensache, sie vermitteln Wertigkeit.
Kleiner Tipp: Dein 30-Sekunden-Qualitätscheck im Buchladen
Willst du wissen, ob du ein gut gemachtes Buch in den Händen hältst? Das geht ganz schnell, direkt am Regal:
- Der Biege-Test: Schlag das Buch in der Mitte vorsichtig auf und schau auf den Buchrücken von oben. Siehst du kleine, vernähte Lagen (die Druckbögen)? Das ist eine Fadenheftung – super! Das Buch bleibt flach liegen und hält ewig. Wenn die Seiten nur am Rücken zusammengeklebt sind (Klebebindung), bricht es leichter und Seiten können sich lösen. Typisch für günstige Taschenbücher.
- Der Fühl-Test: Streiche über das Papier. Fühlt es sich angenehm und griffig an (meist 80-90 g/m² bei Romanen) oder ist es dünn und durchsichtig wie bei einer Zeitung? Ein gebrochener Weißton ist übrigens augenfreundlicher als strahlendes Weiß.
- Der Siegel-Check: Wirf einen Blick ins Impressum (meist auf einer der ersten Seiten). Findest du ein FSC- oder PEFC-Siegel? Perfekt, dann stammt das Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Ein kleines, aber wichtiges Zeichen.
Als Buchbinder-Meister tut es mir in der Seele weh, wenn ich sehe, wie bei manchen Büchern aus reiner Profitgier an der Qualität gespart wird. Eine gute Geschichte verdient einen guten Körper.

Das Rückgrat unserer Buchkultur: Die Preisbindung
Ein Punkt, den viele nicht kennen, ist das Buchpreisbindungsgesetz. Es besagt, dass ein Buch überall in Deutschland denselben Preis haben muss. Egal ob du es in meinem kleinen Laden, bei einer großen Kette oder online kaufst. Das soll die kulturelle Vielfalt schützen, denn es verhindert einen ruinösen Preiskampf.
Genau deswegen lohnt es sich, bei mir oder meinen Kollegen im Viertel vorbeizuschauen. Wir können uns nicht über den Preis, sondern nur über Service, Beratung und Atmosphäre unterscheiden. Ihr bekommt bei uns nicht nur ein Buch, sondern auch ein Gespräch und eine ehrliche Empfehlung. Ohne dieses Gesetz gäbe es viele kleine Läden wie meinen heute nicht mehr.
Mal ehrlich: Wer verdient was an einem Buch?
Oft werde ich gefragt, wie sich der Preis eines Buches zusammensetzt. Nehmen wir mal ein gebundenes Buch, das im Laden 24,00 € kostet. So teilt sich der Kuchen ungefähr auf:
Zuerst schnappt sich der Staat seinen Anteil, die Mehrwertsteuer von 7 %. Das sind 1,59 €. Bleiben noch 22,41 € netto. Von diesem Nettopreis bekommen wir Buchhändler unseren Rabatt, meist so zwischen 30 und 40 %. Rechnen wir mal mit 35 %, das sind dann 7,84 €. Davon zahlen wir Miete, Gehälter, Strom und alles andere. Viel bleibt da am Ende nicht als Gewinn hängen, glaubt mir.

Ein großer Teil geht dann an die Logistik, also an die Großhändler, die uns über Nacht mit Büchern aus tausenden Verlagen beliefern. Das können gut und gerne 10-15 % sein. Dem Verlag bleiben am Ende vielleicht noch um die 12 Euro. Klingt viel, aber davon muss er alles bezahlen: das Autorenhonorar (meist 8-10 % vom Netto-Ladenpreis, also ca. 2,24 €), die Herstellungskosten wie Druck und Papier (locker 3-4 € pro Buch), die Gehälter für Lektoren und Marketingleute und natürlich die Werbung selbst.
Gut zu wissen: Das Taschenbuch, das meist ein Jahr später für ca. 12-15 € erscheint, spart dann vor allem bei genau diesen Herstellungskosten – also günstigeres Papier, einfache Klebebindung statt Fadenheftung. Daher kommt der große Preisunterschied.
Siehst du? Der große Reibach ist das nicht. Nur wenn ein Buch ein echter Bestseller wird, wird es für den Verlag richtig profitabel. Und diese Gewinne finanzieren dann all die anderen tollen Bücher im Programm, die vielleicht Nischenthemen bedienen, aber für die literarische Vielfalt unheimlich wichtig sind.


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Das Echo der Geschichte: Nostalgie, Leser und der Film
Warum berühren uns solche Geschichten so sehr? Ich glaube, es liegt daran, dass sie unsere tiefsten Ängste und Hoffnungen ansprechen: Liebe, Verlust und die Idee, dass eine Verbindung über den Tod hinaus bestehen kann. Die berühmte Verfilmung hat die Story natürlich einem riesigen Publikum bekannt gemacht. Film und Buch beflügeln sich da gegenseitig. Aber Vorsicht: Der Film hat die Geschichte amerikanisiert und einige der leisen, irischen Töne geglättet. Das Buch ist oft nachdenklicher und hat einen feineren Humor.
Das wirklich Besondere an dieser Fortsetzung ist aber die Nostalgie. Viele Frauen, die das erste Buch in ihren Zwanzigern gelesen haben, sind heute in den Vierzigern. Sie lesen die Geschichte mit einer ganz anderen Lebenserfahrung. Das Buch wird zum Spiegel ihrer eigenen Biografie. Und diese emotionale Verbindung ist unbezahlbar.
Mein Fazit aus der Werkstatt
Also, ist diese Fortsetzung notwendig? Aus Sicht des Marktes ist sie clever. Aus der Sicht der Autorin scheint sie ein echtes Anliegen zu sein. Und für uns Buchhändler? Eine willkommene Gelegenheit, mit unseren Kunden über eine Geschichte ins Gespräch zu kommen, die sie schon so lange begleitet.

Mein Rat als alter Buchhändler-Meister ist einfach: Geh ohne Vorurteile an das Buch heran. Erwarte kein Déjà-vu. Du hast dich verändert, und die Geschichte hat sich auch verändert. Sieh es als ein Wiedersehen. Vielleicht entdeckst du neue Seiten, die dich überraschen. Vielleicht findest du Trost, vielleicht auch nur ein paar Stunden wunderbare Unterhaltung.
Am Ende zählt nur, was ein Buch mit dir macht. Und solange es Bücher gibt, die das können, mache ich mir um die Zukunft meines Berufs keine Sorgen.
Und jetzt ihr: Was war euer liebster Moment im ersten Buch? Und traut ihr euch an die Fortsetzung ran? Schreibt es mir in die Kommentare, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen!
Bildergalerie

„Ich hatte 15 Jahre lang gesagt, dass ich niemals eine Fortsetzung schreiben würde“, verriet Cecelia Ahern. Der Sinneswandel kam nicht vom Verlag, sondern von den Lesern selbst.
Die Autorin erhielt unzählige Nachrichten von Menschen, die durch die Geschichte inspiriert wurden, ihre eigenen Abschiedsbriefe zu planen. Diese reale Bewegung – der „P.S. Ich liebe Dich Club“ – wurde zum Herzstück der neuen Geschichte. Es ist der seltene Fall, in dem nicht der Markt, sondern das Echo des Publikums eine Fortsetzung geradezu herausfordert.

