Gebrauchtes Mofa kaufen: Dein ehrlicher Werkstatt-Guide, um Schrott von Gold zu unterscheiden
Mofas sind die neuen Stars der urbanen Mobilität! Entdecken Sie, worauf es beim Kauf Ihres ersten Mofas wirklich ankommt.
„Ein Mofa ist mehr als nur ein Fortbewegungsmittel; es ist das Tor zu unvergesslichen Sommerabenteuern.“ So könnte ein fiktiver Zeitreisender aus den 60ern über die Retro-Roller schwärmen. In einer Welt, in der jeder Zentimeter zählt, bietet das Mofa nicht nur Freiheit, sondern auch eine umweltfreundliche Lösung für die städtische Hektik. Doch wie wählt man das richtige Gefährt aus?
Ich steh seit unzähligen Jahren in der Werkstatt, meine Hände kennen mehr Öl als Handcreme. In der Zeit hab ich alles gesehen: vom verrosteten Scheunenfund, der seit Jahrzehnten kein Tageslicht mehr erblickt hat, bis zum aufpolierten Liebhaberstück. Und ich hab jungen Leuten beigebracht, wie man den Unterschied zwischen einem gesunden Motor und einer tickenden Zeitbombe hört. Dieses Wissen will ich heute mal mit dir teilen.
Inhaltsverzeichnis
Ganz ehrlich? Der Kauf eines gebrauchten Mofas ist oft pure Nostalgie. Du siehst so ein klassisches altes Schätzchen und denkst an deine Jugend zurück. Aber Gefühle sind ein verdammt schlechter Mechaniker. Vergiss die Anzeigen, die dir ein fahrbereites Mofa für 300 Euro versprechen. Das ist fast immer ein Köder, der dich am Ende nur Zeit, Geld und Nerven kostet.
Mein Ziel ist es nicht, dir den Traum vom eigenen Mofa auszureden – ganz im Gegenteil! Ich will dir das richtige Werkzeug in die Hand geben, damit du eine kluge Entscheidung triffst. Auf dass du am Ende ein treues Zweirad hast, das dir Freude macht. Also, schauen wir uns mal an, wie ein Profi die Sache angeht.

Das Fundament: Bevor du auch nur einen Cent ausgibst
Bevor du überhaupt ins Auto steigst, um dir ein Mofa anzusehen, gibt es zwei knallharte K.o.-Kriterien. Wenn hier was nicht stimmt, spar dir den Weg. Das ist die ungeschminkte Wahrheit, die viele Anfänger leider ignorieren.
Die Papiere: Ohne die ABE ist das Mofa nur Deko
Das Allerwichtigste ist nicht der Lack, sondern ein unscheinbares Stück Papier: die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE). Meinem Nachwuchs predige ich immer: „Keine Papiere, kein Kauf. Ende der Diskussion.“ Die ABE ist quasi die Geburtsurkunde und beweist, dass das Mofa auf die Straße darf.
Fahren ohne ABE ist übrigens eine Straftat. Bei einem Unfall zahlt keine Versicherung auch nur einen Cent. Du bleibst auf den Kosten sitzen und hast ein Strafverfahren am Hals. Ein Verkäufer, der abwinkt und sagt „Papiere sind weg, aber kein Problem“, verkauft dir genau das: ein Problem.
Klar, man kann eine neue ABE beantragen, aber das ist ein teurer und nerviger Prozess. Du brauchst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Polizei (damit klar ist, dass es nicht geklaut ist) und musst dann zum Hersteller oder TÜV. Rechne mal mit 150 bis 250 Euro und wochenlanger Wartezeit. Manchmal geht es auch gar nicht mehr.

Achtung: Vergleiche die Fahrgestellnummer am Rahmen (meist am Lenkkopf eingeschlagen) mit der Nummer in der ABE. Stimmen die nicht überein? Finger weg! Das stinkt gewaltig nach Betrug.
Deine ehrliche Antwort: Bist du Schrauber oder nur Fahrer?
Sei ehrlich zu dir selbst. Hast du eine Garage oder einen trockenen Kellerplatz? Hast du Lust, dir die Hände schmutzig zu machen? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, ist ein billiges Projekt-Mofa dein direkter Weg ins Verderben. Jedes alte Mofa braucht früher oder später Liebe. Ein gerissener Gaszug, ein verstopfter Vergaser – das passiert.
Wenn du nur fahren willst, musst du tiefer in die Tasche greifen und nach einem Mofa suchen, das von einem Profi oder Liebhaber nachweislich überholt wurde. Das kostet dann vielleicht 1.500 Euro oder mehr. Diese Summe spiegelt aber die Arbeitsstunden und Neuteile wider, die du dir sparst.
Ein 400-Euro-Mofa ist für den Bastler. Ein 1.500-Euro-Mofa ist für den Fahrer. Und vergiss die laufenden Kosten nicht: Das Versicherungskennzeichen kostet dich jedes Jahr nochmal zwischen 40 und 70 Euro.

Die Inspektion wie vom Profi: Ein systematischer Check
Okay, Papiere sind da und du weißt, was du willst. Jetzt geht’s ans Eingemachte. Nimm dir Zeit, mindestens 30-45 Minuten. Lass dich nicht hetzen! Ich gehe immer nach dem gleichen Schema vor.
1. Rahmen & Fahrwerk: Das Skelett
Ein kaputter Rahmen bedeutet Totalschaden. Punkt.
- Rost: Leuchte mit einer Taschenlampe unter den Tank, an die Schwingenaufnahme und an alle Schweißnähte. Drück ruhig mal mit einem Schraubendreher auf verdächtige Blasen im Lack. Gibt das nach, ist es durch. Oberflächlicher Flugrost ist okay, aber tiefer Gammel ist das Aus.
- Unfallschäden: Ein super Trick: Geh in die Hocke und peile von vorne über das Vorderrad zum Hinterrad. Steht alles in einer Linie? Ein krummer Hund ist oft ein Unfallopfer. Schau dir auch die Lenkanschläge am Rahmen an. Das sind kleine Metallnasen, die verhindern, dass der Lenker zu weit einschlägt. Sind die eingedrückt oder abgeschliffen, hatte das Ding einen Frontalaufprall.
- Lager: Stell das Mofa auf den Hauptständer. Wackel am Vorder- und Hinterrad. Spürst du seitliches Spiel oder ein Klackern? Das sind die Radlager. Dann pack die Gabel und versuch sie vor- und zurückzuziehen. Spiel hier deutet auf ein fertiges Lenkkopflager hin.

2. Räder, Reifen & Bremsen: Deine Lebensversicherung
Hier gibt es keine Kompromisse. Schau nicht nur aufs Profil der Reifen. Such die DOT-Nummer an der Seite. Die letzten Ziffern verraten Herstellungs-Woche und -Jahr. Ein Reifen, der älter als sechs, sieben Jahre ist, gehört in den Müll, egal wie gut er aussieht. Der Gummi ist hart und hat null Grip mehr, besonders bei Nässe. Das ist übrigens ein super Argument für die Preisverhandlung! Ein Satz neuer Reifen mit Schläuchen kostet dich schnell 80 bis 120 Euro. Die findest du easy in Online-Shops wie Moped-Garage oder Mop-Shop.
Zieh auch mal am Bremshebel. Fühlt er sich schwammig an oder lässt er sich bis zum Griff durchziehen? Dann sind Beläge oder Zug hinüber. Das sind zwar nur Kleinteile für 20-30 Euro, aber die Arbeit musst du trotzdem machen.
3. Der Antrieb: Kette & Ritzel
Eine verschlissene Kette ist gefährlich. Wenn die reißt, kann sie das Motorgehäuse zerschlagen oder das Hinterrad blockieren. Willst du nicht erleben!

Fass die Kette hinten am Kettenrad an und zieh sie nach hinten. Lässt sie sich so weit abheben, dass du fast einen ganzen Zahn siehst? Dann ist der Kettensatz fertig. Schau dir auch die Zähne an: Sind sie spitz wie bei einem Hai? Ein gutes Ritzel hat runde, symmetrische Zähne. Ein kompletter neuer Kettensatz kostet dich etwa 40 bis 60 Euro.
Das Herzstück: Der Motor-Check für Anfänger
Jetzt wird’s spannend. Aber keine Sorge, du musst kein Mechaniker sein, um die schlimmsten Warnsignale zu erkennen.
Die Kaltstart-Prüfung
Ein ehrlicher Verkäufer lässt dich den Motor kalt prüfen. Ein warmer Motor kaschiert viele Probleme.
- Dichtheit: Leuchte den Motorblock ab. Siehst du irgendwo frisches, feuchtes Öl? Besonders an den Dichtungen am Zylinder oder da, wo die Kurbelwelle aus dem Gehäuse kommt. Undichte Simmerringe bedeuten, dass der Motor Falschluft zieht – ein sicherer Weg zum Motorschaden.
- Tank-Check: Schraub den Deckel auf und rieche. Riecht es nach ranzigem Sprit? Dann stand das Mofa ewig und der Vergaser ist garantiert verharzt. Leuchte mal rein: Viel Rost ist eine endlose Plage, die dir ständig alles verstopft.
- Kompression: Der wichtigste Test! Tritt langsam die Pedale durch. Spürst du einen deutlichen, federnden Widerstand? Gut! Fühlt es sich an, als würdest du ins Leere treten? Schlecht! Dann hat der Motor keine Kompression mehr – eine teure Reparatur (neuer Zylinder/Kolben) steht an.
Kleiner Tipp vom Profi: Kauf dir für 30 Euro einen Kompressionstester. Das ist die beste Investition deines Lebens. Frag den Verkäufer, ob du den kurz benutzen darfst. Ein seriöser Anbieter hat da nichts dagegen. Die Anwendung ist kinderleicht:

- Zündkerze rausdrehen.
- Tester fest ins Kerzenloch schrauben.
- Vollgas geben und 5-6 Mal kräftig in die Pedale treten.
- Wert ablesen. Ein gesunder Motor sollte zwischen 6 und 9 Bar haben. Alles unter 6 Bar? Finger weg!
Die Probefahrt: Die Stunde der Wahrheit
Besteh auf eine Probefahrt von mindestens 10 Minuten. Nur so wird der Motor richtig warm.
Hör genau hin. Ein gesundes Rasseln ist normal. Ein hohes, singendes Geräusch, das mit der Drehzahl lauter wird, deutet auf einen Kurbelwellenlagerschaden hin – das ist der GAU, der wirtschaftliche Totalschaden. Zieht das Mofa sauber durch oder stottert es? Funktioniert die Schaltung (falls vorhanden) sauber?
Ach ja, und noch was: Nimm einen Vordruck für einen Kaufvertrag aus dem Internet mit und deinen Ausweis. Das wirkt professionell und zeigt, dass du es ernst meinst.
Übrigens, ein kleiner Insider-Tipp: Bei manchen sehr verbreiteten, klassischen Modellen ist der Krümmeranschluss direkt am Zylinder eine bekannte Schwachstelle. Fass da mal vorsichtig hin (natürlich nur bei kaltem Motor!) und rüttle leicht. Wenn das wackelt, hast du ein weiteres gutes Argument für die Preisverhandlung.

Die ehrliche Rechnung: Was ein „günstiges“ Mofa WIRKLICH kostet
Lass uns mal Tacheles reden. Stell dir das typische 400-Euro-Angebot vor. Es „läuft“, aber hier und da gibt’s „Kleinigkeiten“.
Du zahlst also 400 Euro. Aber für die Sicherheit sind sofort neue Teile fällig: Reifen und Schläuche (ca. 90€), ein Kettensatz (50€), neue Bremsbeläge (25€) und alle Züge (30€). Damit der Motor zuverlässig läuft, kommen noch ein Vergaser-Dichtungsset (20€), Luftfilter (10€), Zündkerze (15€) und Getriebeöl (10€) dazu. Schwupps, bist du bei über 650 Euro. Und da hast du noch keine Minute gearbeitet und hoffst, dass keine bösen Überraschungen lauern.
Was aber, wenn doch? Eine neue ABE kostet 150 Euro extra. Ein verschlissener Zylinder mit Kolben 100 Euro. Und wenn die Kurbelwellenlager hin sind, reden wir von Teilen für 80 Euro plus 4-6 Stunden Werkstattarbeit, was schnell 400 Euro oder mehr sein können. Plötzlich wird aus dem 400-Euro-Schnäppchen ein 1.000-Euro-Projekt, das dir unzählige Wochenenden raubt.

Da erscheint ein fertig gemachtes Mofa für 1.500 Euro doch in einem ganz anderen Licht, oder? Da kaufst du nicht nur das Fahrzeug, sondern hunderte Euro an Neuteilen und die Arbeitszeit eines erfahrenen Schraubers gleich mit. Das ist der Unterschied zwischen einem Projekt und einem Fahrzeug.
Ein letztes Wort aus der Werkstatt
So, jetzt hast du einen ehrlichen Einblick bekommen. Du weißt, wie du die Spreu vom Weizen trennst. Der Kauf eines alten Mofas kann eine unglaublich tolle Sache sein. Das Gefühl, auf einer Maschine zu sitzen, die man versteht und selbst am Laufen hält, ist einfach unbezahlbar.
Nimm diese Liste mit, sei kritisch und hab keine Angst davor, „Nein, danke“ zu sagen und zu gehen. Das richtige Mofa wartet auf dich.
Und wenn du es gefunden hast, vergiss bitte eins nie: Trag immer einen Helm. Eine gute Jacke und Handschuhe sind deine einzige Knautschzone. Ein Mofa ist kein Spielzeug. Behandle es mit Respekt.
Ich wünsch dir viel Erfolg bei der Suche und allzeit gute Fahrt!