Animations-Magie: So entstehen Filme wirklich (und wie du selbst loslegen kannst)

Kämpfer, Monster und ein geheimnisvoller Wolf – dieser Animationsfilm bringt das Universum von The Witcher auf ein neues Level!

von Michael von Adelhard

Immer wieder dieselbe Frage, wenn Leute einen aufwendigen Animationsfilm sehen: „Wow, was kostet denn sowas?“ Klar, die Neugier verstehe ich total. Die Zahlen können einem schon mal die Schuhe ausziehen. Aber ganz ehrlich? Als jemand, der sein ganzes Leben in digitalen Werkstätten verbringt, sage ich: Das ist die falsche Frage.

Die wirklich spannende Frage ist doch: „Welche Arbeit steckt da drin?“ Denn das Geld ist nur das Ergebnis von unfassbar viel Handwerk, Tausenden von Stunden und dem Wissen dutzender Spezialisten. Wenn ich mit meinen Leuten ein Projekt starte, geht’s nie zuerst um die Kohle. Es geht um den Prozess. Um die Qualität. Darum, eine Vision zum Leben zu erwecken. Und genau darum geht’s hier.

Vergiss die Excel-Tabellen. Ich nehm dich mit in den Maschinenraum der Animation. Wir schauen uns die Techniken, die fiesen Fallstricke und die entscheidenden Momente an. Das ist das Wissen, das wirklich zählt – auch, wenn du vielleicht nur dein eigenes kleines Projekt starten willst.

The Witcher Nightmare of the Wolf - Ein Monster mit großen Hörnern

Das Fundament: Wo ein Film wirklich entsteht

Ein stabiles Haus braucht ein solides Fundament. Bei einem Animationsfilm ist das nicht anders. Und der teuerste Fehler, den du machen kannst, ist, zu früh mit dem eigentlichen Animieren anzufangen. Klingt komisch, ist aber so. Die entscheidende Arbeit passiert, bevor auch nur ein sauberer Strich auf dem digitalen Papier landet. Man nennt das die Vorproduktion oder Pre-Production.

Konzept und Design: Die Seele des Ganzen

Am Anfang steht natürlich eine Idee. Aber die ist erstmal unsichtbar. Hier kommen die Konzeptkünstler ins Spiel. Das sind keine einfachen Zeichner, sondern visuelle Geschichtenerzähler. Sie entwerfen das komplette Look-and-Feel: Wie sehen die Charaktere aus? Welche Stimmung hat die Landschaft? Ist die Welt düster und dreckig oder hell und stilisiert? Jede dieser Entscheidungen prägt den gesamten Film. Das ist ein monatelanges Pingpong-Spiel zwischen Regie und den Design-Profis.

Das Storyboard: Der Bauplan des Films

Steht das grobe Design, kommt der Bauplan: das Storyboard. Stell es dir wie einen Comic vor, der den kompletten Film in groben Skizzen erzählt. Jede Zeichnung ist eine Kameraeinstellung. Hier wird die Filmsprache festgelegt: Nahaufnahme? Totale? Eine schnelle Kamerafahrt? Ein guter Storyboard-Artist ist quasi ein Regisseur mit einem Stift in der Hand. Hier wird geprüft: Funktioniert der Erzählfluss? Ist die Action klar? Ein Fehler, der hier übersehen wird, kostet später das Hundertfache.

ein monster mit großen hörnern und viele fliegende drachen, ein mann mit roten augen und weißem haar, the witcher nightmare of the wolf

Das Animatic: Der erste Herzschlag

Und dann kommt ein magischer Moment. Die einzelnen Storyboard-Bilder werden in ein Schnittprogramm geladen und im richtigen Timing aneinandergereiht. Dazu kommen schon mal die vorläufigen Sprecheraufnahmen und eine einfache Platzhaltermusik. Das Ergebnis ist das Animatic. Es ist der erste Moment, in dem der Film atmet. Man spürt den Rhythmus, das Timing, die Emotionen – obwohl sich noch nichts flüssig bewegt.

Ich erinnere mich an ein Projekt, bei dem uns erst im Animatic klar wurde, dass eine komplette Actionszene zwar cool aussah, aber die Hauptfigur total passiv und langweilig wirken ließ. Die ganze Sequenz umzuwerfen tat weh, hat aber den Film gerettet. Das zu diesem Zeitpunkt zu ändern, ist Gold wert.

Dein erstes Mini-Projekt: Was du von den Profis lernen kannst

Okay, das klingt jetzt alles nach riesigen Teams und Budgets. Aber die wichtigste Lektion für dich ist: Plane, bevor du animierst! Auch für ein 10-Sekunden-Video für deinen YouTube-Kanal. Du kannst diese Profi-Pipeline ganz einfach runterskalieren.

The Witcher Nightmare of the Wolf - Männliche Figur mit Schwert und zwei Frauen

Kleiner Tipp: Probier mal, dein eigenes Animatic zu erstellen. Das ist einfacher, als du denkst, und ein echter Game-Changer für deine Ideen.

Dein erstes Animatic in 5 Schritten:

  • Schritt 1: Nimm dir ein Blatt Papier und zeichne 5-10 grobe Skizzen, die deine Geschichte erzählen. Strichmännchen reichen völlig!
  • Schritt 2: Fotografiere jede Skizze mit deinem Handy.
  • Schritt 3: Lade die Bilder in eine kostenlose Videoschnitt-App wie CapCut oder DaVinci Resolve (das gibt’s auch gratis für den PC).
  • Schritt 4: Ordne die Bilder an und gib jedem Bild eine Dauer von 2-4 Sekunden. Nimm mit der Sprachmemo-App deines Handys passende Geräusche oder einen Satz auf und leg die Tonspur drunter.
  • Schritt 5: Schau es dir an. Fertig! Du hast den Herzschlag deiner Idee zum ersten Mal gespürt, ohne auch nur eine Sekunde animiert zu haben.

Das Herzstück: Die eigentliche Animations-Kunst

Erst jetzt, nachdem das Fundament steht, geht die eigentliche Animation los. Hier fließt die meiste Arbeit rein und hier entscheidet sich die sichtbare Qualität.

Ein Mann mit einem großen scharfen Schwert in The Witcher Nightmare of the Wolf

Layout & Posing

Basierend auf dem Storyboard wird für jede Szene die finale „Bühne“ gebaut. Die fertigen Hintergründe werden platziert und die Charaktere an ihre wichtigsten Positionen gesetzt. Das sind die sogenannten Key Poses (Schlüsselposen). Ein erfahrener Animator kann mit nur drei Posen eine ganze Geschichte erzählen: Vorbereitung, Aktion, Reaktion.

Die Physik der Bewegung

Gute Animation ist angewandte Physik. Ein Animator muss ein Gefühl für Masse, Trägheit und Schwerkraft haben. Wenn ein Charakter springt, musst du sein Gewicht spüren. Das erreicht man mit Tricks wie „Squash and Stretch“ (Stauchen und Strecken), um Masse und Aufprall zu simulieren. Oder die „Anticipation“ (Ausholbewegung), die das Auge auf eine schnelle Aktion vorbereitet. Das Timing – also die Anzahl der Bilder pro Bewegung – entscheidet, ob sich etwas schwerfällig oder blitzschnell anfühlt. Diese Prinzipien zu meistern, ist die wahre Kunst.

In-Betweening & Cleanup

Nachdem die Schlüsselposen stehen, werden die Lücken gefüllt. Das Zeichnen der Bilder zwischen den Keyframes nennt man In-Betweening. Bei 24 Bildern pro Sekunde können das für wenige Sekunden Film hunderte Zeichnungen sein. Eine echte Fleißarbeit! Danach werden im Cleanup-Prozess alle Skizzen in saubere, finale Linien überführt und koloriert. Hier ist absolute Konsistenz gefragt.

The Witcher Poster - Geralt von Riva mit seiner Waffe
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Die Werkzeugkiste für Einsteiger

Du denkst jetzt sicher an sündhaft teure Software. Aber die gute Nachricht ist: Du kannst heute mit quasi null Budget anfangen!

  • Grafiktablett: Für den Start brauchst du kein Profi-Gerät. Ein gutes Einsteigertablett von Marken wie Huion oder XP-Pen bekommst du schon für 50€ bis 100€. Das reicht völlig.
  • Software: Vergiss teure Lizenzen! Lade dir Krita (zum Zeichnen und für simple Animationen) oder Blender (eine komplette 3D-Suite mit einem unfassbar guten 2D-Animations-Tool namens „Grease Pencil“) herunter. Beide sind komplett kostenlos und extrem mächtig.
  • Geduld: Die wichtigste Zutat. Fang klein an! Dein Ziel sollte nicht ein ganzer Film sein, sondern eine fertige 10-Sekunden-Animation.

Globale Werkstätten: Warum Filme um die Welt reisen

Hochwertige Animationsprojekte sind heute fast immer internationale Kooperationen. Es ist kein Geheimnis, dass viele große Produktionen für Streaming-Plattformen in spezialisierten Studios in Asien, insbesondere in Südkorea, animiert werden. Das ist aber kein simpler „Billiglohn-Trick“, wie viele glauben. Es ist eine Zusammenarbeit mit absoluten Meistern ihres Fachs.

der schauspieler henry cavill, ein mann mit weißem haar und gelben augen und einem schwarzen schwert, the witcher nightmare of the wolf, ein mann mit weißem schwert, zwei frauen

Koreanische Animationsstudios haben sich einen Ruf für unglaublich dynamische und flüssige Action-Szenen erarbeitet. Ihr Stil ist oft von japanischen Animes beeinflusst, hat aber eine ganz eigene, kraftvolle Handschrift. Im Vergleich dazu haben europäische Studios, etwa in Frankreich, oft eine stärkere Tradition in sehr individuellen, künstlerischen Stilen. Und große amerikanische Produktionen legen traditionell einen extremen Fokus auf Charakter-Performance und Storytelling. Es gibt nicht den „besten“ Weg – die Wahl des Studios hängt immer vom gewünschten Stil des Projekts ab.

Die unsichtbare Kunst: Wenn Ton die halbe Miete ist

Ein Film ist nur zur Hälfte Bild. Die andere Hälfte ist Ton – und die wird oft sträflich unterschätzt.

Die Stimmen der Charaktere werden oft schon in der Animatic-Phase aufgenommen. Ein Zögern in der Stimme, ein leises Seufzen – ein guter Animator nimmt diese Nuancen auf und übersetzt sie in Körpersprache. Und dann ist da noch die Welt der Geräusche. Jeder Schritt, jedes Klirren von Metall, das Rascheln von Blättern – all das wird künstlich erzeugt.

Der Schauspieler Henry Cavill als Geralt von Riva in The Witcher
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Ach ja, kleiner Fun Fact: Ich war mal bei einer Aufnahme dabei, wo das Geräusch eines brechenden Knochens mit einem Bund Sellerie erzeugt wurde, der nahe am Mikrofon zerbrochen wird. Es ist ein unglaublich kreativer Prozess, der der Welt erst ihre Textur und Glaubwürdigkeit verleiht.

Die 3 größten Fallen für Solo-Animatoren (und wie du sie umgehst)

  1. Du nimmst dir zu viel vor: Der Klassiker. Dein erstes Projekt soll ein Epos werden. Lösung: Zwing dich, zuerst einen 10-Sekunden-Clip komplett fertigzustellen. Von der Idee bis zum finalen Video. Dieser Erfolg motiviert ungemein!
  2. Du verlierst dich im Perfektionismus: Du polierst eine einzige Zeichnung stundenlang. Lösung: Gerade beim Storyboard und den ersten Entwürfen gilt: „Fertig ist besser als perfekt.“ Es geht um die Idee, nicht um die Schönheit der Skizze.
  3. Du vernachlässigst den Ton: Deine Animation ist super, aber es ist still. Lösung: Selbst simple, kostenlose Soundeffekte aus dem Internet oder selbst aufgenommene Geräusche können die Wirkung deines Clips verzehnfachen.
the witcher nightmare of the wolf, ein mann mit einem großen scharfen schwert und mit weißem haar, viele monster mit hörnern

Sicherheit und Verantwortung: Der uncoole, aber wichtige Teil

Sicherheit im Studio hat nichts mit Helmen zu tun, aber die Gefahren sind real. Stundenlanges, krummes Sitzen vor dem Zeichentablett ist Gift für den Körper. Sehnenscheidenentzündung und Rückenprobleme sind die Berufskrankheiten der Branche. Achtung! Ein guter Stuhl, ein verstellbarer Tisch und regelmäßige Pausen sind keine Luxusartikel, sondern eine Notwendigkeit. Pass auf dich auf!

Und noch was: Wenn du mal einen Auftrag annimmst, arbeite niemals ohne einen schriftlichen Vertrag. Wer hat die Rechte an den Entwürfen? Wie wirst du bezahlt? Was passiert, wenn das Projekt gestoppt wird? Das muss alles klar sein. Das schützt dich und den Auftraggeber.

Ein Fazit aus der Werkstatt

Am Ende ist ein Animationsfilm so viel mehr als die Summe seiner Kosten. Er ist das Ergebnis eines wahnsinnig komplexen, kreativen Handwerks. Ein Zeugnis für die Leidenschaft von Hunderten von Menschen. Wenn du das nächste Mal einen siehst, achte nicht nur auf die Story. Achte auf die Flüssigkeit einer Bewegung, auf das Licht in den Augen einer Figur, auf die Textur einer Mauer im Hintergrund. Denn in jedem dieser Details steckt die Arbeit und das Herzblut eines Meisters seines Fachs. Und vielleicht ja bald auch deine.

poster zu der netflix serie, ein mann mit schwert und mit weißem bart, the witcher, eine frau mit blondem haar
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der schauspieler henry cavill, ein mann mit gelben augen und mit weißem haar und einem schwert, offizieller poster zu der serie the witcher

Welche Software ist die richtige für den Einstieg?

Die Wahl des Werkzeugs kann am Anfang lähmen, aber zwei Optionen stechen für Neulinge besonders hervor:

Blender: Das kostenlose Schweizer Taschenmesser. Ursprünglich eine 3D-Software, hat sich Blender mit seinem „Grease Pencil“-Werkzeug zu einer beeindruckenden 2D-Animations-Suite entwickelt. Ideal für alle, die ohne finanzielle Hürden experimentieren und vielleicht sogar 2D- und 3D-Elemente mischen wollen.

Toon Boom Harmony: Der Industriestandard für professionelle TV-Produktionen. Wenn du von glasklaren Character-Animationen und komplexem Rigging träumst, wie man es etwa in der Serie „Rick and Morty“ sieht, ist das dein Ziel. Die Lernkurve ist steiler und es ist kostenpflichtig, aber es ist das Werkzeug, mit dem Karrieren gemacht werden.

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.