Mehr als nur Musik: Das Geheimnis hinter dem Klang, der unter die Haut geht
Entdecke die magische Verbindung zwischen Wolf und Mensch in Wardrunas neuestem Musikvideo „Grá“ – eine Ode an die Natur!
„Die Nacht ist dunkel, und der Wolf heult. In dieser schaurigen Stille offenbart sich das uralte Band zwischen Mensch und Tier. Einar Selvik von Wardruna nimmt uns mit auf eine Reise, die in die Tiefen der Natur führt und uns lehrt, dass wir nicht über, sondern ein Teil von ihr sind. „Grá“ ist mehr als nur ein Lied – es ist ein emotionaler Aufruf zur Verantwortung.
Eine ganz persönliche Einleitung: Warum dieser Sound so anders ist
Ich verbringe mein halbes Leben in Tonstudios. Ganz ehrlich? Nach all den Jahren habe ich gelernt, einen ehrlichen Ton von einem seelenlosen Effekt zu unterscheiden. Und als ich das erste Mal diese Art von archaischer Musik hörte, war sofort klar: Das hier ist anders. Es war kein polierter Studiosound, sondern roh, lebendig und irgendwie… echt. Es klang, als käme es direkt aus dem Holz und dem Fell, aus dem es gemacht wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Eine ganz persönliche Einleitung: Warum dieser Sound so anders ist
- Das Herz des Projekts: Die Philosophie der Echtheit
- Das Herzstück: Die Instrumente und ihre kleinen Geheimnisse
- Die Stimme und der Raum als Instrument
- Zwischen kontrolliertem Studio und wilder Natur
- Die Grenzen der Authentizität – eine ehrliche Einordnung
- Schlusswort: Was am Ende wirklich bleibt
Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los, aber nicht nur als Hörer. Ich sehe es mit den Augen eines Handwerkers. Ich habe selbst alte Instrumente gebaut und weiß, wie viel Arbeit, Wissen und Respekt darin stecken. Nehmen wir als Beispiel mal ein Musikvideo wie „Grá“, wo viele über die Symbolik des Wolfs reden. Ich will über etwas anderes sprechen: das Fundament. Es geht um das Holz, die Tierhäute und die Luft, die durch ein altes Horn strömt. Es geht um die Entscheidungen, die getroffen werden, lange bevor überhaupt eine Note erklingt.

Und genau diese Entscheidungen machen den Unterschied zwischen einer guten Aufnahme und einem akustischen Erlebnis aus, das einem eine Gänsehaut verpasst. Authentizität ist eben kein Zufall. Sie ist das Ergebnis von Wissen, Respekt und verdammt harter Arbeit.
Das Herz des Projekts: Die Philosophie der Echtheit
Im besagten Video sieht man einen echten Wolf. Aus reiner Produktionssicht wäre ein computergenerierter Wolf einfacher, billiger und zu 100 % kontrollierbar gewesen. Aber die Entscheidung für ein echtes Tier ist ein zentraler Pfeiler der ganzen Philosophie dahinter. Es geht um Echtheit, nicht um Perfektion.
Ein echtes Tier bringt eine unvorhersehbare Energie ans Set. Man kann seine Bewegungen nicht exakt planen, man muss reagieren, mit ihm arbeiten. Das erfordert eine unglaubliche Geduld und natürlich ein spezialisiertes Team. Bei solchen Drehs ist immer ein erfahrener Tiertrainer dabei, dessen einzige Aufgabe es ist, das Wohl des Tieres sicherzustellen. Er sagt, wann eine Pause nötig ist oder eine Szene so nicht geht. Das verlangsamt alles und treibt die Kosten in die Höhe, aber es ist der einzig respektvolle Weg. Ich habe leider schon Produktionen erlebt, wo Tiere für den „perfekten Schuss“ unter Druck gesetzt wurden. Das Ergebnis? Ein lebloses Bild. Bei diesem Wolf spürt man seine Präsenz. Man sieht ein Lebewesen, keine Requisite.

Diese Haltung zieht sich durch die gesamte Arbeit des kreativen Kopfes hinter dem Projekt. Er ist nicht nur Musiker, sondern auch Forscher und Handwerker. Seine Arbeit ist eine Art experimentelle Archäologie. Es geht nicht darum, die Vergangenheit krampfhaft zu kopieren – das wäre auch anmaßend. Stattdessen nähert er sich ihr mit den Werkzeugen und dem Wissen von damals an und fragt: Wie könnte es geklungen haben? Diese Herangehensweise schafft eine tiefe Verbindung zum Material und ist die Grundlage für diesen einzigartigen Klang.
Das Herzstück: Die Instrumente und ihre kleinen Geheimnisse
Der Klang wird natürlich von den historischen Instrumenten geprägt. Und das sind keine einfachen Requisiten, sondern komplexe physikalische Systeme. Sie zu spielen und gut aufzunehmen, erfordert tiefes Verständnis. Als jemand, der solche Instrumente selbst in Händen hält, kenne ich ihre Tücken und ihre Schönheit nur zu gut.
Die Leier: Ein Dialog mit dem Holz
Ein sehr bekanntes Instrument in diesem Genre ist die sogenannte Kravik-Leier, deren Design auf einem alten Fund aus Norwegen basiert. Ihr Klang ist offen, schwebend und wunderschön. Aber eben auch extrem empfindlich. Das liegt am Material. Traditionell aus massivem Holz gebaut, mit Saiten, die früher aus Darm bestanden. Heute nutzt man oft synthetische Nachbildungen, die aber ähnlich reagieren.

Der entscheidende Faktor? Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Holz arbeitet. Bei Kälte zieht es sich zusammen, bei Wärme dehnt es sich aus. Das verstimmt das ganze Instrument. Bei den Dreharbeiten in der finnischen Kälte ist das eine riesige Herausforderung. Ich habe selbst erlebt, wie eine Darmsaite bei einem Temperatursturz von nur 10 Grad ihre Stimmung um fast einen halben Ton verliert. Man ist also ständig am Nachstimmen, was den kreativen Fluss total unterbricht. Manchmal muss man das Instrument zwischen den Takes in eine Decke wickeln, nur um es warm zu halten.
Im Studio ist das natürlich einfacher. Dort halten wir die Temperatur konstant bei etwa 21 °C und die Luftfeuchtigkeit bei 45-50 %. Das sind Idealbedingungen. Für die Aufnahme einer Leier nehme ich oft zwei kleine Mikrofone: eines nah am Steg für den klaren Ton und eines mit etwas Abstand, um die wunderbare Resonanz des Holzes einzufangen.
Die Taglharpa: Die raue Stimme des Nordens
Die Taglharpa ist eine gestrichene Leier, ihr Name bedeutet so viel wie „Rosshaar-Harfe“. Und ihr Klang ist das komplette Gegenteil der sanften Leier: Er ist rau, kratzig, voller Obertöne und erinnert an eine klagende menschliche Stimme. Und genau diese Rauheit ist gewollt, sie ist der Charakter des Instruments.

Die Aufnahme ist aber knifflig. Die hohen Frequenzen können im Mikrofon schnell unangenehm scharf klingen. Hier greife ich statt zu einem Standard-Mikrofon lieber zu einem Bändchenmikrofon. Das zähmt die Schärfe, ohne den Charakter zu zerstören. Übrigens, falls du dich jetzt fragst, was der Hauptunterschied zwischen den beiden ist: Stell dir vor, die Leier ist die Poesie, die Taglharpa das Drama. Die Leier klingt schwebend und sanft, man findet relativ schnell einen schönen Ton. Die Taglharpa hingegen ist kratzig und fordernd – auf ihr saubere, wohlklingende Töne zu spielen, ist eine echte Herausforderung für Fortgeschrittene.
Kleiner Tipp, um das zu hören: Hör dir mal den Anfang von „Grá“ ganz genau an und achte nur auf das Instrument im rechten Kanal. Dieses fast schreiende Kratzen? Das ist die Taglharpa in Reinform.
Du willst selbst loslegen? Ein kleiner Reality-Check
Falls du jetzt denkst: „So ein Instrument will ich auch!“, sei gewarnt, es ist ein tiefes Kaninchenloch, das süchtig machen kann! Eine spielbare Einsteiger-Taglharpa von einem Hobby-Bauer findet man auf Plattformen wie Etsy oft schon für 200 bis 400 Euro. Für ein Meisterstück von einer spezialisierten Werkstatt legt man aber auch schnell mal über 1.500 Euro hin. Qualität hat hier wirklich ihren Preis. Ein häufiger Fehler ist, ein superbilliges Instrument zu kaufen, das sich dann kaum stimmen lässt – da ist der Frust vorprogrammiert.

Bukkehorn, Lur und der Herzschlag der Trommeln
Dann gibt es da noch das Bukkehorn, ein Horn vom Ziegenbock mit Grifflöchern, dessen Klang erdig und kraftvoll ist. Ein Wort der Warnung von Handwerker zu Handwerker: Da es ein organisches Material ist, muss man es extrem gut pflegen. Sonst bildet sich im Inneren Schimmel, was nicht nur eklig, sondern auch gesundheitsschädlich für den Spieler ist.
Kurz-Anleitung: So bleibt dein Horn gesund 1. Nach dem Spielen: Immer vorsichtig austrocknen lassen, am besten mit einem Tuch. 2. Ab und zu: Mit ein paar Tropfen lebensmittelechtem Öl, z. B. Mandelöl, von innen pflegen. 3. Absolutes No-Go: Niemals feucht in der Tasche liegen lassen!
Noch älter ist die Bronzelur, die ohne Grifflöcher nur mit den Lippen gespielt wird. Die Originale sind unbezahlbare Museumsstücke; die gespielten Instrumente sind präzise Nachbauten von spezialisierten Metallgießern. Und die Trommeln? Oft große Rahmentrommeln, mit Hirsch- oder Rentierhaut bespannt. Und die reagieren, genau wie die Leier, extrem auf Luftfeuchtigkeit. An einem feuchten Tag klingen sie tief und dumpf, an einem trockenen Tag hoch und klar. Um den Ton zu halten, wärmt man das Fell manchmal vorsichtig, z.B. mit einem Föhn. Aber Achtung! Das bringt mich zu einem Fehler, den fast jeder mal macht…

Mir ist bei einer Aufnahme mal eine Trommel gerissen, weil ich sie zu nah an einer Wärmequelle gespannt habe. Der Knall war ohrenbetäubend und die Session für den Tag gelaufen. Eine teure Lektion! Zu viel Hitze, und die Haut reißt. Das sind Dinge, die man auf die harte Tour lernt.
Die Stimme und der Raum als Instrument
Auch die menschliche Stimme wird hier wie ein historisches Instrument behandelt. Es geht nicht um modernen, perfekten Gesang, sondern um alte Techniken wie das „Galdr“, eine Art beschwörender Sprechgesang. Die Kraft liegt hier nicht in der Lautstärke, sondern in der Intensität.
Besonders spannend ist die Aufnahme der Chöre. Statt jede Stimme einzeln aufzunehmen und digital übereinanderzulegen, was oft steril klingt, wird hier eine alte Technik genutzt: Die Sänger stehen gemeinsam im Halbkreis in einem großen Raum. In der Mitte fängt ein Stereomikrofon nicht nur die Stimmen ein, sondern auch die natürliche Akustik und das Zusammenspiel der Sänger. Man hört, wie sich der Klang im Raum mischt. Das Ergebnis ist eine Lebendigkeit, die man digital kaum nachbilden kann.

Zwischen kontrolliertem Studio und wilder Natur
Ein Album wird im Studio aufgenommen, ein Video entsteht aber oft draußen. Das sind zwei komplett verschiedene Welten. Das Wetter ist dabei dein größter Feind. Wind ist Gift für Tonaufnahmen, Regen zerstört teures Equipment, und die Kälte… tja, die Kälte killt die Akkus. Mach es dir mal konkret: Bei -5 Grad hält ein normaler Kamera-Akku statt 90 Minuten oft nur noch 20. Wir mussten die Ersatz-Akkus am Körper in den Jackentaschen tragen, nur um sie warmzuhalten.
Die Kosten für so eine Produktion sind immens. Ein Studiotag kann, wie erwähnt, schon mal 1.500 € kosten, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Für einen Außendreh kommen Drehgenehmigungen, Transport, Versicherungen und eben der Tiertrainer dazu, der allein mehrere Tausend Euro pro Tag kosten kann. Hier zu sparen, wäre nicht nur unseriös, sondern auch gefährlich.
Die Grenzen der Authentizität – eine ehrliche Einordnung
Bei aller Liebe zum Detail muss man ehrlich sein: Wir wissen nicht, wie Musik vor 1000 Jahren exakt klang. Es gibt keine Aufnahmen, nur Fragmente. Die Arbeit dieser Musiker ist eine Interpretation – eine brillante, fundierte und handwerklich meisterhafte Annäherung, aber eben eine Annäherung. Die Künstler betonen das selbst immer wieder, was ihre Arbeit in meinen Augen noch glaubwürdiger macht.
Es geht darum, die Quellen zu respektieren und die Lücken mit künstlerischer Vision zu füllen. Natürlich werden moderne Mikrofone benutzt und die Stücke für heutige Ohren arrangiert. Aber der Geist, der Kern der alten Klänge, der bleibt erhalten. Und das ist die wahre Kunst.
Schlusswort: Was am Ende wirklich bleibt
Diese Musik ist so viel mehr als nur ein paar Songs. Sie ist ein Fenster in eine Arbeitsweise, die heute selten geworden ist. Sie zeigt, dass der tiefste Eindruck nicht durch digitale Perfektion entsteht, sondern durch Echtheit. Und diese Echtheit beginnt bei der Wahl des Holzes, zeigt sich im Respekt vor einem Tier und mündet in einem Klang, der einfach nur ehrlich ist.
Ich habe in meiner Laufbahn viele Trends kommen und gehen sehen. Was bleibt, ist das Handwerk. Die Fähigkeit, mit den eigenen Händen und Wissen etwas von bleibendem Wert zu schaffen. Und diese Musik ist der beste Beweis dafür, dass diese alte Tugend auch heute noch einen Platz hat. Es ist eine Ode an das Handwerk selbst – und diese Botschaft geht weit über die Musik hinaus.

