Fischer findet Vase am Strand: 3000 Jahre altes Gold darin

von Katrin Schubert
fischer findet vase am strand 3000 jahre altes gold darin

Es ist eine jener Geschichten, die beweisen, dass die größten Schätze oft nicht gesucht, sondern zufällig gefunden werden. An einem unscheinbaren Apriltag im Jahr 1976 grub ein galicischer Fischer am Strand von Leiro in Rianxo, La Coruña, nichts ahnend ein Loch. Plötzlich stieß seine Schaufel auf Widerstand. Ein grobes Tongefäß zerbarst unter dem Druck und enthüllte etwas, das im Sonnenlicht glänzte: ein goldenes Artefakt, das die Geschichtsschreibung über die Bronzezeit auf der Iberischen Halbinsel für immer verändern sollte.

Der Fischer, José Vicente Somoza, hielt den heute als „Helm von Leiro“ bekannten Gegenstand in den Händen. Was er damals noch nicht wissen konnte: Dieses Fundstück war nicht nur alt, es war ein Fenster in eine überraschend vernetzte und hochentwickelte Welt, die vor rund 3000 Jahren entlang der europäischen Atlantikküste florierte.

Ein Helm, der keiner war

Nachdem der Fund den Behörden übergeben und untersucht wurde, offenbarten sich seine beeindruckenden Eigenschaften. Es handelt sich um eine halbkugelförmige Schale, gefertigt aus einem einzigen, kunstvoll getriebenen Goldblech. Mit einem Gewicht von 270 Gramm, einem Durchmesser von 19,5 Zentimetern und einer Höhe von 15 Zentimetern ist das Objekt ein Meisterwerk prähistorischer Goldschmiedekunst. Seine Oberfläche ist mit einem präzisen Relief aus konzentrischen Kreisen und kleinen Buckeln verziert, eine Symbolik, die Archäologen bis heute fasziniert.

Obwohl er landläufig als „Helm“ bezeichnet wird, sind sich Experten einig: Für einen Kampf war dieses Stück nie gedacht. Das dünne Goldblech bietet keinerlei Schutz, und seine Form passt kaum auf einen menschlichen Kopf. Wozu also der immense Aufwand? Die wahrscheinlichste Theorie verweist in den rituellen Bereich. Möglicherweise war es eine umgedrehte Schale für zeremonielle Trankopfer oder ein machtvolles Insigne, eine Art Krone, die von einem Priesterkönig oder einer Priesterkönigin getragen wurde. Der flache, kegelstumpfartige Abschluss an der Spitze könnte zur Befestigung von weiteren Zierelementen gedient haben.

Teil eines gesamteuropäischen Phänomens

fischer findet vase am strand 3000 jahre altes gold darin 2

Die wahre Bedeutung des Helms von Leiro erschließt sich erst im internationalen Kontext. Er ist kein isoliertes Kuriosum, sondern Teil einer ganzen Familie von Goldartefakten, die eine gemeinsame kulturelle und religiöse Vorstellungswelt in der europäischen Bronzezeit belegen. Die Parallelen sind verblüffend: Die Dekoration erinnert stark an die berühmten Goldhüte aus Deutschland, etwa vom Typ Schifferstadt, oder an die goldene Krone von Comerford aus Irland. Auch die Goldschalen von Axtroki im Baskenland und der berühmte Schatz von Villena in Alicante weisen ähnliche Muster auf.

Was all diese Funde verbindet, ist nicht nur das kostbare Material, sondern auch die wiederkehrende Sonnensymbolik. Die konzentrischen Kreise und strahlenförmigen Muster werden als Darstellungen der Sonne, des Mondes und der Gestirne interpretiert. Diese Eliten der Atlantischen Bronzezeit, von Deutschland über die Britischen Inseln bis nach Galicien, teilten offenbar einen Sonnenkult. Sie besaßen das astronomische Wissen und die technologischen Fähigkeiten, um komplexe kosmologische Ideen in purem Gold zu verewigen – eine Art gemeinsame Sprache der Macht und Spiritualität, die über Tausende von Kilometern verstanden wurde.

Galicien war demnach kein abgelegener Winkel Europas, sondern ein entscheidender Knotenpunkt. Die Region war reich an Zinn, einem unverzichtbaren Bestandteil für die Herstellung von Bronze. Der Helm von Leiro ist der materielle Beweis dafür, dass die hiesigen Herrscher tief in die transeuropäischen Handels- und Kulturnetzwerke integriert waren.

Ein absichtliches Opfer, kein verlorener Schatz

fischer findet vase am strand 3000 jahre altes gold darin 3

Ein weiteres entscheidendes Detail ist der Fundort selbst. Der Helm lag nicht einfach im Sand, er war sorgfältig in einem Keramikgefäß platziert und vergraben worden. Archäologen nennen dies eine rituelle Deponierung. Der Gegenstand wurde nicht versteckt, um ihn später wiederzuholen, sondern er wurde den Göttern, der Erde oder den Ahnen geopfert. Nach Erfüllung seiner zeremoniellen Funktion wurde er bewusst aus dem Kreislauf der Lebenden entfernt – ein letzter, bedeutungsvoller Akt.

Diese Praxis war in der Region weit verbreitet. Spätere Funde im Fluss Ulla, wie Dolche, Hellebarden und Schwerter aus Bronze, bestätigen, dass das bewusste Versenken wertvoller Objekte in Gewässern und an besonderen Orten eine gängige rituelle Handlung war. Der Curruncho dos Porcos, der „Schweine-Winkel“, wo der Helm gefunden wurde, war offenbar ein heiliger Ort mit einer langen Tradition.

Heute ruht der Helm von Leiro im Archäologischen und Historischen Museum der Burg San Antón in A Coruña. Er ist vielleicht nicht das größte Exponat, aber eines der tiefgründigsten. In seiner goldenen Oberfläche spiegeln sich nicht nur die Gesichter der Betrachter, sondern auch die ungelösten Rätsel einer untergegangenen Welt. Er erzählt von Macht, von Glauben und von einer Zeit, in der ein Fischer am Strand von Galicien auf ein Symbol stoßen konnte, dessen kulturelle Echos bis in das Herz Europas reichten.

Katrin Schubert

Mit rund 80.000 Followern begeistert Katrin Schubert ihre Community mit ehrlichen, praxisnahen Tipps und einem humorvollen Blick aufs Gärtnern. Als Gewinnerin des Goldenen Spaten für Garten-Influencer ist sie eine authentische Stimme, die echtes Gartengefühl vermittelt. Ihr Herz schlägt besonders für die Vielfalt von Tomaten. In ihrem Garten in der Nähe von Potsdam kultiviert sie mit großer Hingabe über 40 verschiedene Sorten und probiert gerne neue und seltene Züchtungen aus. Ihr Wissen über Anbau, Pflege und die faszinierende Welt alter und seltener Gemüsesorten teilt sie begeistert mit anderen Gartenfreunden.