US-Rente 2026: Prognose enthüllt, Inflationssorgen bleiben

Für Millionen von Rentnern in den USA sind es die wichtigsten Zahlen des Jahres: die Inflationsdaten des Spätsommers. Sie entscheiden darüber, ob das monatliche Budget im kommenden Jahr etwas mehr Spielraum hat oder enger wird. Nun liegt eine erste, viel beachtete Prognose für 2026 auf dem Tisch: Die Lebenshaltungskostenanpassung (COLA) für die Sozialversicherung könnte 2,7 % betragen, so die Einschätzung der Senior Citizens League, einer einflussreichen Interessenvertretung für ältere Amerikaner.
Diese Zahl liegt leicht über der Anpassung von 2,5 % aus dem Jahr 2025 und soll die Kaufkraft der Empfänger sichern. Doch hinter dieser scheinbar einfachen Prozentzahl verbirgt sich eine komplexe und zunehmend politisierte Debatte darüber, ob das System der Realität der Senioren überhaupt noch gerecht wird. Denn während die offizielle Inflationsrate eine Sache ist, sind die tatsächlichen Kosten für Lebensmittel, Wohnen und vor allem Gesundheit eine ganz andere.
Die Mechanik hinter der Zahl
Jeden Herbst blickt das Land auf die Sozialversicherungsbehörde (SSA), die auf Basis der Inflationsentwicklung im dritten Quartal – also Juli, August und September – die offizielle COLA für das Folgejahr festlegt. Die Bekanntgabe erfolgt traditionell im Oktober, wirksam wird die Erhöhung dann im Januar. Die Prognose der Senior Citizens League stützt sich auf die jüngsten Daten des Verbraucherpreisindex (CPI), der im Juli im Jahresvergleich bei 2,7 % lag und damit eine gewisse Stabilität unter der 3-Prozent-Marke seit Anfang 2025 signalisierte.
Doch genau hier liegt der Kern der Kritik, die von Experten wie Martha Shadden, Präsidentin der National Association of Registered Social Security Analysts, geäußert wird. Die aktuelle Berechnungsmethode stützt sich auf den CPI-W, einen Index, der die Ausgaben von städtischen Arbeitnehmern abbildet. Kritiker argumentieren seit langem, dass dieser Index die Lebenswirklichkeit von Rentnern nur unzureichend widerspiegelt. Senioren geben einen überproportional hohen Anteil ihres Einkommens für Gesundheitsleistungen und Wohnen aus – zwei Bereiche, deren Kosten oft deutlich stärker steigen als die allgemeine Inflation.
Ein Wettlauf gegen die Teuerung

Die Prognose von 2,7 % existiert nicht im luftleeren Raum. Sie steht im direkten Kontrast zu den Warnungen einiger Ökonomen, die für die nahe Zukunft einen erneuten Inflationsschub erwarten. Ein zentraler Faktor hierbei ist die Wirtschaftspolitik. Experten weisen darauf hin, dass die von der Regierung unter Präsident Donald Trump verhängten oder angedrohten Zölle die Preise für importierte Waren und in der Folge auch für heimische Produkte in die Höhe treiben könnten.
Alan Detmeister, Ökonom bei der Schweizer Großbank UBS, zeichnet ein deutlich düstereres Bild. Er prognostiziert für das zweite Quartal 2026 einen Anstieg des Gesamt-Verbraucherpreisindex auf 3,7 % und des Kernindex (ohne Energie und Lebensmittel) sogar auf 3,8 %. Sollte sich dieses Szenario bewahrheiten, würde die COLA-Anpassung um einen ganzen Prozentpunkt hinter der tatsächlichen Teuerung zurückbleiben. Die Folge wäre ein spürbarer Kaufkraftverlust für Millionen Menschen.
Die Ökonomin Teresa Gilarucci von der New School in New York warnt unmissverständlich, dass eine moderate Erhöhung wie die prognostizierte „nicht ausreichen wird”, um die steigenden Kosten aufzufangen. Es ist eine Debatte, die auch in Deutschland bekannt ist, wo die jährliche Rentenanpassung ebenfalls an volkswirtschaftliche Kennzahlen gekoppelt ist und regelmäßig die Frage aufwirft, ob die „Rente mit der Inflation Schritt hält”.
Was bedeutet das konkret im Geldbeutel?

Um die Zahlen greifbarer zu machen, lohnt ein Blick auf das laufende Jahr. Die Erhöhung um 2,5 % im Jahr 2025 führte laut der Senior Citizens League zu einem Anstieg der durchschnittlichen Rentenzahlung um etwa 49 US-Dollar pro Monat. Der durchschnittliche Scheck für alle Sozialversicherungsempfänger lag im Juni bei 1.861 US-Dollar, für berufstätige Rentner bei 2.005 US-Dollar.
Eine Anpassung um 2,7 % würde eine geringfügig höhere Steigerung bedeuten. Doch für viele Rentner ist dies ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn gleichzeitig die Miete, die Zuzahlungen für Medikamente oder die Lebensmittelpreise stärker steigen. Es ist das ewige Duell zwischen statistischen Durchschnittswerten und der individuell gefühlten Inflation.
Inmitten dieser angespannten Lage gibt es eine politisch motivierte Maßnahme, die für eine kurzfristige Entlastung sorgen könnte. Ein von der Trump-Regierung vorangetriebenes Gesetz sieht eine befristete Steuererleichterung von bis zu 6.000 US-Dollar für einige Empfänger ab 65 Jahren vor. Während dies finanzielle Lücken stopfen kann, ändert es nichts am strukturellen Problem der COLA-Berechnung und der langfristigen Finanzierung der Sozialversicherung – einem der größten und heikelsten Themen der US-Innenpolitik.
Nun richtet sich der Blick gespannt auf die Inflationsdaten für August und September. Diese beiden Monate werden das letzte Wort haben und darüber entscheiden, mit welchem finanziellen Polster Amerikas Rentner ins Jahr 2026 starten werden. Die offizielle Bekanntgabe der SSA im Oktober wird dann Klarheit schaffen.