Frankreichs Liebling: Weniger überlaufen als Riquewihr

von Brittany Alaine Koehler
frankreichs liebling weniger yberlaufen als riquewihr

Das Elsass hat viele Perlen, aber ich gebe zu, bei meinem ersten Besuch war ich skeptisch. Orte wie Riquewihr oder Colmar sind wunderschön, aber zur Hauptsaison oft so überlaufen, dass man kaum noch die Fachwerkhäuser vor lauter Menschen sieht. Dann entdeckte ich Kaysersberg. Dieser Ort mit nur rund 2.700 Einwohnern, der 2017 zum „beliebtesten Dorf Frankreichs“ gekürt wurde, ist eine Offenbarung. Es hat denselben Charme, dieselbe Geschichte, aber eine spürbar entspanntere Seele.

Schon bei der Ankunft merkt man den Unterschied. Statt einer nervenaufreibenden Parkplatzsuche gibt es gut ausgeschilderte Parkplätze (z.B. P1 und P2) direkt am Rande der Altstadt. Mein Tipp: Investieren Sie die 3-4 Euro für ein paar Stunden Parken. Der kurze Spaziergang von dort ins Zentrum ist der perfekte Einstieg, um die Atmosphäre aufzusaugen, bevor man in die Hauptgasse eintaucht.

Ein Postkartenmotiv, das Ihnen gehört

Während sich in anderen Orten die Massen drängen, wartet Kaysersberg darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Natürlich ist man auch hier nicht allein, aber es fühlt sich anders an. Die zentrale Achse, die Rue du Général de Gaulle, ist gesäumt von prächtigen, bunten Fachwerkhäusern. Aber der wahre Magie-Moment wartet an der befestigten Brücke, dem Pont Fortifié aus dem 16. Jahrhundert, die sich malerisch über den Fluss Weiss spannt. Ich stand hier an einem Maimorgen gegen 8:30 Uhr, die Bäckereien dufteten schon, aber die Tagestouristen waren noch nicht da. Das war mein perfektes Foto, nur ich, das Plätschern des Flusses und die aufwachende Stadt. Diesen Moment bekommt man in Riquewihr nur mit viel Glück.

Über allem thront die Ruine der Kaiserburg (Château de Kaysersberg) aus dem 13. Jahrhundert. Der Aufstieg ist kurz, aber steil – rechnen Sie mit etwa 15 Minuten über einen gepflasterten Weg. Tragen Sie festes Schuhwerk! Oben angekommen ist der Eintritt in den Turm kostenlos und der Panoramablick über die Dächer von Kaysersberg und die umliegenden Weinberge ist jeden Schweißtropfen wert. Von hier oben versteht man erst richtig, wie eingebettet das Dorf in die Landschaft der Vogesen ist.

Mehr als nur Wein: Ein Paradies für Genießer

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Kaysersberg liegt direkt an der berühmten Elsässischen Weinstraße, und das schmeckt man. Die Lagen hier, allen voran der Grand Cru Schlossberg, bringen fantastische Rieslinge hervor. Doch statt nur in einem der vielen Läden eine Flasche zu kaufen, empfehle ich den Besuch bei einem echten Winzer. Ich habe bei der Domaine Paul Blanck eine wunderbare Verkostung erlebt. Für etwa 15 € pro Person konnten wir mehrere Weine probieren und bekamen Geschichten zur Familie und zum Terroir erzählt. Kauft man ein paar Flaschen, wird die Gebühr oft erlassen.

Aber das Elsass wäre nichts ohne seine Küche. Meiden Sie die offensichtlichen Touristenfallen direkt an der Hauptstraße. Ein paar Schritte in eine Seitengasse führen oft zu den besten Entdeckungen. Ich habe im Winstub Le Moreote einen der besten Flammkuchen meines Lebens gegessen – hauchdünner Teig, reichlich belegt und für rund 12 € absolut fair. Dazu ein Glas Gewürztraminer für 5 € – perfekt. Und für den süßen Zahn: Holen Sie sich ein Stück Kougelhopf bei der Pâtisserie Loewert. Das ist authentischer Genuss.

Echtes Leben zwischen den Gassen

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Anders als in manchen Dörfern, die sich wie Freilichtmuseen anfühlen, spürt man in Kaysersberg das echte Leben. Montagmorgens findet der Wochenmarkt statt. Hier kaufen die Einheimischen ihren Käse – probieren Sie unbedingt den kräftigen Munsterkäse –, Wurst und frisches Gemüse. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, das elsässische Lebensgefühl aufzusaugen. Ich habe hier einfach eine halbe Stunde auf einer Bank gesessen und dem Treiben zugesehen – unbezahlbar und viel authentischer als jedes Souvenir.

Die beste Reisezeit für Kaysersberg

Kaysersberg hat zu jeder Jahreszeit seinen Reiz, aber zwei Perioden sind für mich besonders magisch. Der späte Frühling (Mai/Juni), wenn die Geranien an den Fassaden in voller Blüte stehen und die Weinberge saftig grün sind. Die Temperaturen sind angenehm und die Menschenmassen halten sich noch in Grenzen.

Die andere Zeit ist natürlich der Advent. Der Weihnachtsmarkt in Kaysersberg ist kleiner und intimer als der in Colmar oder Straßburg. Wichtiger Hinweis: Der Markt ist in der Regel nur an den vier Adventswochenenden von Freitag bis Sonntag geöffnet! Viele Reisende wissen das nicht und stehen unter der Woche vor verschlossenen Buden. Die Atmosphäre am Wochenende mit dem Duft von Glühwein (Vin Chaud) und Lebkuchen ist dafür aber unvergleichlich heimelig.

Ihr idealer Ausgangspunkt im Elsass

Kaysersberg ist nicht nur ein Ziel für sich, sondern auch die perfekte Basis. In nur 15 Minuten sind Sie mit dem Auto in Colmar. Alternativ fährt auch ein Bus (Linie 145), was Ihnen die stressige Parkplatzsuche in Colmar erspart. Von hier aus können Sie auch wunderbar die Weinstraße weiter erkunden oder Wanderungen in die Vogesen starten. Für mich ist die Kombination aus der Lebendigkeit von Kaysersberg und der Ruhe der umliegenden Natur unschlagbar.

Meine persönlichen Tipps für Ihren Besuch:

  • Früh aufstehen: Seien Sie vor 9:00 Uhr am Pont Fortifié, um die besten Fotos ohne Menschenmassen zu machen.
  • Der Burgaufstieg: Planen Sie 45 Minuten für den Auf- und Abstieg zur Kaiserburg ein. Die Aussicht ist kostenlos und die beste der Stadt.
  • Essen abseits der Hauptroute: Suchen Sie eine kleine Winstub in einer Seitengasse für den authentischsten und preiswertesten Flammkuchen.
  • Weinprobe beim Winzer: Statt im Laden zu kaufen, besuchen Sie eine Domaine. Es ist ein Erlebnis und oft kaum teurer.
  • Weihnachtsmarkt-Planung: Prüfen Sie unbedingt die genauen Öffnungstage online – er findet meist nur am Wochenende statt!

Kaysersberg hat seinen Titel als „beliebtestes Dorf Frankreichs“ wirklich verdient. Es ist ein Ort, der es geschafft hat, seine Schönheit und seinen Charme zu bewahren, ohne seine Seele an den Massentourismus zu verkaufen. Es ist die perfekte Mischung aus Postkartenidylle, kulinarischem Genuss und echter, elsässischer Lebensfreude.

Brittany Alaine Koehler

Brittany Koehler ist eine amerikanische Autorin und Bloggerin, die in Norddeutschland lebt. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Themen „Slow Living“, kulturelle Eingewöhnung und die persönlichen Veränderungen, die das Leben im Ausland mit sich bringt.