Galapagos: Wo eine Vulkaninsel nur für Tiere entsteht

Stellen Sie sich eine Welt vor, die gerade erst aus Feuer und Stein geboren wird. Eine Welt ohne Straßen, ohne Häuser, ohne Menschen. Das ist keine ferne Fantasie, sondern die Realität auf Fernandina, einer 642 km² großen Insel im Westen des Galápagos-Archipels. Als ich das erste Mal mit unserem kleinen Expeditionsschiff auf diese Insel zufuhr, war mein erster Gedanke: So muss die Erde vor Millionen von Jahren ausgesehen haben. Die Landschaft ist eine dramatische Symphonie aus pechschwarzen, erstarrten Lavaströmen, die bis zum tiefblauen Pazifik reichen – ein Anblick, der selbst erfahrene Naturliebhaber demütig macht.
Was Experten über diese jüngste und aktivste Vulkaninsel enthüllen, bestätigt dieses Gefühl. Seit ihrem letzten großen Ausbruch im März 2024 formt sich hier eine einzigartige Wildnis, die Wissenschaftler und wenige glückliche Abenteurer gleichermaßen fasziniert. Laut dem renommierten Instituto Geofísico-Escuela Politécnica Nacional (IG-EPN) war dies die größte Eruption der letzten 15 Jahre, die die Landschaft erneut dramatisch veränderte. Man spürt förmlich, dass dieser Ort lebendig ist.
Ein Labor unter freiem Himmel
Geologen bezeichnen Fernandina als „lebendiges Labor“, und das ist keine Übertreibung. Dr. Maria Sanchez, Vulkanologin, erklärt: „Fernandina bietet uns einen einzigartigen Einblick in die Entstehung und Evolution vulkanischer Inseln.“ Bei meinem Besuch konnte ich das mit eigenen Augen sehen. Unser Guide zeigte uns die verschiedenen Arten von Lava: die glatte, seilartige Pāhoehoe-Lava und die scharfkantige, bröckelige ʻAʻā-Lava. Man geht hier nicht einfach spazieren; man läuft vorsichtig über die jüngste Haut unseres Planeten. An manchen Stellen spürte ich sogar noch eine leichte Wärme, die vom Boden aufstieg – eine unheimliche und zugleich faszinierende Erinnerung an die gewaltigen Kräfte unter meinen Füßen.
Die Lavaströme der letzten Eruptionen, die sich bis zu 7,9 Kilometer weit erstreckten, haben eine völlig neue Topographie geschaffen. Diese geologische Aktivität macht Fernandina zu einem Hotspot für Forscher, die die Auswirkungen von Vulkanismus auf Ökosysteme in Echtzeit studieren können. Es ist ein Ort, an dem die Lehrbücher über Geologie und Biologie jeden Tag neu geschrieben werden.
Das Wunder des Lebens auf schwarzer Lava

Trotz der scheinbar lebensfeindlichen Umgebung explodiert das Leben auf Fernandina an den Küsten. Die einzigartige Fauna zeigt eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. Die größte Kolonie von Meeresleguanen der Welt ist hier zu Hause. Ich werde nie den Anblick am einzigen Besucherpunkt, Punta Espinoza, vergessen: Tausende dieser prähistorisch anmutenden Kreaturen lagen übereinandergetürmt auf den schwarzen Felsen, um sich zu wärmen. Ab und zu „niest“ einer von ihnen eine Wolke aus Salzwasser in die Luft, um überschüssiges Salz auszuscheiden – ein bizarres und unvergessliches Schauspiel.
Dr. Carlos Mena von der Charles Darwin Stiftung berichtet, wie gut sich die Tiere anpassen. Das gilt auch für die endemischen flugunfähigen Kormorane. Ihre Flügel sind zu kleinen Stummeln verkümmert, da sie an Land keine Feinde haben. Ihre Augen leuchten in einem unglaublichen Türkis. Ihnen beim Jagen im klaren Wasser zuzusehen, ist ein perfektes Beispiel für Evolution in Aktion. Daneben tummeln sich Seelöwen in den Gezeitentümpeln, und leuchtend rote Sally-Lightfoot-Krabben krabbeln wie Farbtupfer über das dunkle Gestein.
Wie Sie dieses unberührte Paradies erleben können

Fernandina zu besuchen ist ein Privileg und mit einigem Aufwand verbunden. Die Insel unterliegt strengsten Naturschutzprotokollen. Elena Rodriguez, eine Rangerin des Galápagos-Nationalparks, betont: „Der Zugang ist auf einen einzigen Besucherpunkt, Punta Espinoza, beschränkt.“ Und das ist auch gut so.
Mein wichtigster Tipp: Fernandina ist fast ausschließlich über mehrtägige Kreuzfahrten (Liveaboards) erreichbar, die die westliche Route des Archipels befahren. Das sind in der Regel die längeren Touren von 8 Tagen oder mehr. Eine solche Reise ist eine Investition. Rechnen Sie mit Kosten zwischen 4.500 € und über 9.000 € pro Person, je nach Schiffskategorie und Saison – die Flüge von Deutschland nach Ecuador (ca. 1.200 – 1.800 €) und die Inlandsflüge zu den Inseln (ca. 450 €) kommen noch hinzu.
Zusätzlich fällt die Nationalparkgebühr an (aktuell 100 US-Dollar, ab August 2024 200 US-Dollar pro Person) sowie die TCT-Transitkarte (20 US-Dollar). Buchen Sie unbedingt frühzeitig, mindestens 9-12 Monate im Voraus, da die Schiffe klein sind und die Plätze für die Westroute schnell ausgebucht sind.
Die beste Reisezeit, wie im Original erwähnt, ist von August bis November. Das ist die kühle Trockenzeit („Garúa“). Das Meer ist dann kälter, aber extrem nährstoffreich, was bedeutet, dass die marine Tierwelt besonders aktiv ist. Perfekt für Schnorchler, die Pinguine und jagende Meeresleguane sehen wollen!
Mein Fazit: Eine Reise zum Anfang der Zeit
Ist Fernandina die schönste Insel der Galápagos? Wahrscheinlich nicht im klassischen Sinne. Es gibt keine Palmen oder weißen Sandstrände. Aber es ist zweifellos die ursprünglichste, die wildeste und beeindruckendste. Während andere Vulkaninseln wie die Azoren oder Réunion stark von Menschen geprägt sind, zeigt Fernandina die ungebändigte Kraft der Natur in ihrer reinsten Form. Hier steht nicht die menschliche Geschichte, sondern die Erdgeschichte im Vordergrund.
Für mich war der Besuch auf Fernandina der Höhepunkt meiner Galápagos-Reise. Es ist eine Erfahrung, die einen verändert. Man fühlt sich unbedeutend klein angesichts dieser gewaltigen Schöpfungskraft und ist gleichzeitig unendlich dankbar, ein stiller Zeuge an einem Ort zu sein, an dem die Welt noch im Entstehen ist. Wenn Sie die Chance haben, diese Reise zu machen – ergreifen Sie sie. Es ist eine Reise nicht nur zu einer Insel, sondern zum Anfang der Zeit selbst.