Statt Cossi: Leipzigs See mit Flugzeugwrack & schwimmender Bar

Wer in Leipzig nach Abkühlung sucht, denkt meist sofort an den Cospudener See – den „Cossi“, wie wir ihn nennen. Er ist groß, bekannt und an sonnigen Wochenenden entsprechend voll. Doch nur eine kurze Fahrt westlich der Stadt versteckt sich mein persönlicher Favorit, der Kulkwitzer See. Er ist vielleicht nicht ganz so schick wie der Cossi, aber dafür um Längen authentischer und für mich als Entdecker viel spannender. Der „Kulki“, wie er liebevoll genannt wird, ist ein Juwel, das aus einer ehemaligen Braunkohlegrube entstanden ist und heute mit einer Klarheit überrascht, die man so nah an einer Großstadt nicht erwartet.
Schon bei der Ankunft merkt man den Unterschied: Statt breiter Promenaden gibt es hier dichte Wälder, die bis ans Ufer reichen und dem ganzen Ort eine ruhigere, naturnahe Atmosphäre verleihen. Es ist dieser Mix aus wilder Natur und den Spuren der Industriegeschichte, der den Kulkwitzer See so einzigartig macht.
Ein Paradies unter der Wasseroberfläche
Das eigentliche Highlight des „Kulki“ liegt verborgen unter der glitzernden Oberfläche. Mit Sichtweiten von bis zu 20 Metern an guten Tagen ist er einer der klarsten Tauchseen Deutschlands. Ich bin kein Profi-Taucher, habe hier aber meinen ersten Schnupper-Tauchgang gemacht und war absolut begeistert. Der Grund für das klare Wasser ist übrigens die geringe Zufuhr von Nährstoffen aus der Landwirtschaft – ein Glücksfall für die Unterwasserwelt.
Was man dort unten findet, ist wie eine Reise in eine andere Welt. Das berühmteste Objekt ist ein versenktes Kleinflugzeug vom Typ Piper PA-28 Seneca. Es ist surreal, an diesem Wrack vorbeizuschweben, das heute von Barschen bewohnt wird und als künstliches Riff dient. Aber das ist nicht alles: Taucher können auch versenkte Boote, einen alten Bauwagen und sogar eine kleine Kirche entdecken. Mein Tipp: Wenn Sie neugierig sind, buchen Sie einen Schnupper-Tauchgang bei einer der örtlichen Tauchschulen wie dem Tauchcenter Delphin. Rechnen Sie mit Kosten um die 70-80 Euro – ein unvergessliches Erlebnis, das jeden Cent wert ist. Melden Sie sich aber unbedingt vorher an, denn die Plätze sind begehrt.
Die schwimmende Gaststätte „Frieda“ – Das Herz des Sees

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das man gesehen haben muss, ist die „MS Frieda“. Diese schwimmende Gaststätte ist ein umgebauter, 53 Meter langer Saale-Lastkahn, der fest am Ufer vertäut ist. Ich liebe es, hier an einem späten Nachmittag einen Platz auf dem Deck zu ergattern. Das sanfte Schaukeln des Kahns, das Kreischen der Möwen und der Blick auf die Segelboote vermitteln ein Gefühl, als wäre man an der Küste.
Erwarten Sie hier keine Sterneküche, sondern ehrliche, einfache Gerichte. Ein kühles Bier (ca. 4,50 €), eine Bratwurst oder ein Stück Kuchen schmecken hier aber einfach besser als anderswo. Achtung: An sonnigen Wochenenden kann es hier sehr voll werden. Kommen Sie am besten unter der Woche oder planen Sie etwas Wartezeit ein. Die Atmosphäre ist es aber wert.
Aktiv auf und um das Wasser

Der Kulkwitzer See ist weit mehr als nur ein Tauchspot. Die Wasserski- und Wakeboardanlage am Westufer ist ein Magnet für Adrenalinjunkies. Mit ihrem umweltfreundlichen Elektroseilzug saust man hier übers Wasser. Ich habe es selbst probiert und kann sagen: Es ist anstrengender, als es aussieht, macht aber riesigen Spaß. Eine Zwei-Stunden-Karte kostet um die 35 Euro, und es ist ratsam, online vorab zu buchen, um sich einen Platz zu sichern.
Wer es ruhiger mag, kann sich an mehreren Stationen ein Stand-Up-Paddle (ca. 15 €/Stunde) oder ein Kajak mieten und den See auf eigene Faust erkunden. Besonders schön sind die kleinen, versteckten Buchten, die man nur vom Wasser aus erreicht. Und für die, die lieber an Land bleiben: Der 8 Kilometer lange Rundweg ist perfekt für einen Spaziergang, eine Joggingrunde oder eine Radtour. Er führt durch schattige Wälder und bietet immer wieder fantastische Ausblicke. Es gibt übrigens auch ausgewiesene FKK-Bereiche, was für die deutsche Badekultur typisch ist.
Praktische Tipps für Ihren Besuch
So schön der See auch ist, ein paar Dinge wünschte ich, ich hätte sie bei meinem ersten Besuch gewusst. Das Parken kann an heißen Tagen zur Herausforderung werden. Der Hauptparkplatz am Strandbad Markranstädt ist kostenpflichtig (ca. 5-7 € pro Tag) und schnell voll. Mein Rat: Reisen Sie früh an (vor 10 Uhr) oder nutzen Sie die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Straßenbahnlinie 1 fährt bis zur Haltestelle Lausen, von dort sind es nur wenige Gehminuten zum Ostufer.
Die beste Reisezeit ist für mich der Spätsommer und der frühe Herbst. Das Wasser ist noch vom Sommer aufgewärmt, die Laubwälder färben sich bunt, und die großen Menschenmassen des Hochsommers sind verschwunden. Für Taucher ist dies ohnehin die beste Zeit mit optimalen Sichtverhältnissen.
Während der Cospudener See mit seinen modernen Marinas und Beach-Clubs auf „Sehen und gesehen werden“ ausgelegt ist, bietet der Kulkwitzer See ein ehrlicheres, aktiveres Naturerlebnis. Er ist ein Beweis dafür, dass man für ein kleines Abenteuer nicht weit reisen muss. Wenn Sie in Leipzig sind und dem Trubel entfliehen wollen, ist der „Kulki“ mein absoluter Geheimtipp. Er ist vielleicht die etwas wildere, ungeschliffenere Alternative – aber genau das macht seinen Charme aus.