Kanaren-Urlaub? Dieses Wetter-Detail kann ihn verderben

von Brittany Alaine Koehler
kanaren urlaub dieses wetter detail kann ihn verderben

Die Kanarischen Inseln sind für uns Deutsche ein Sehnsuchtsort, gerade wenn es hierzulande grau und kalt wird. Ein Flug von wenigen Stunden, und man tauscht Nieselregen gegen Sonnenschein. Ich selbst liebe es, im November oder Februar nach Fuerteventura oder Gran Canaria zu flüchten, wenn die großen Touristenströme des Sommers verebbt sind. Die Strände sind leerer, die Preise für Mietwagen und Unterkünfte oft spürbar günstiger, und die Temperaturen sind mit 22 Grad immer noch perfekt für T-Shirts. Doch es gibt ein Detail, das viele bei der Planung ihres Herbst- oder Winterurlaubs übersehen – ein Naturphänomen, das den Traumurlaub für ein paar Tage auf den Kopf stellen kann.

Ich spreche von der Kalima. Wer es noch nie erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, wie sehr sich die Atmosphäre innerhalb von Stunden ändern kann. Ich erinnere mich an einen Morgen auf Teneriffa: Ich wachte auf, freute mich auf eine Wanderung im Teide-Nationalpark mit kristallklarer Sicht, doch als ich auf den Balkon trat, war die Welt in einen seltsamen, gelb-grauen Schleier getaucht. Der Himmel war nicht blau, sondern ockerfarben, und die Luft fühlte sich warm und trocken an, als hätte jemand einen riesigen Föhn auf die Insel gerichtet. Das war meine erste richtige Begegnung mit der Kalima.

Was genau ist die Kalima?

Die Einheimischen kennen es nur zu gut, aber für Urlauber ist es oft eine Überraschung. Kalima ist ein Wetterphänomen, bei dem heißer Ostwind feinen Sandstaub direkt aus der Sahara über den Atlantik auf die Kanarischen Inseln trägt. Man kann es sich wie eine riesige Staubwolke vorstellen, die sich über die Inseln legt. Dieser Wind, der mit dem Scirocco in Italien vergleichbar ist, bringt nicht nur den Staub, sondern auch einen abrupten Temperaturanstieg. Es kann passieren, dass die Temperaturen im Winter plötzlich auf fast 30 Grad klettern.

Das Auffälligste ist aber der Staub. Es ist ein extrem feiner Sand, der sich überall absetzt. Auf dem Mietwagen bildet sich über Nacht eine feine Schicht, die Balkonmöbel sind staubig, und man spürt ihn sogar in der Luft. Die Sichtweite sinkt dramatisch – manchmal so sehr, dass man die Nachbarinsel, die gestern noch zum Greifen nah schien, gar nicht mehr sehen kann.

Wie fühlt sich die Kalima wirklich an?

kanaren urlaub dieses wetter detail kann ihn verderben 2

Die Beschreibungen in Reiseführern sind oft sehr sachlich, aber die Realität ist intensiver. Für die meisten gesunden Menschen ist die Kalima vor allem lästig. Die Urlaubsfotos werden nicht so strahlend, weil das Licht diffus und der Himmel milchig ist. Geplante Wanderungen in den Bergen machen wenig Sinn, da die Aussicht gleich null ist. Ein Tag am Strand kann auch unangenehm sein, wenn der Wind den feinen Staub auf die Haut weht.

Besonders vorsichtig sollten jedoch Menschen mit Atemwegserkrankungen sein. Asthmatiker oder Personen mit chronischer Bronchitis spüren die feinen Partikel in der Luft sofort. Es kann zu Atemnot, Hustenreiz und einem allgemeinen Gefühl der Abgeschlagenheit führen. Ich selbst habe keine Lungenprobleme, aber selbst ich merke bei starker Kalima ein Kratzen im Hals und fühle mich weniger energiegeladen. In solchen Fällen ist der Rat der Einheimischen goldwert: Fenster und Türen geschlossen halten und körperliche Anstrengungen im Freien meiden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den viele nicht auf dem Schirm haben: An Tagen mit sehr starker Kalima kann der Flugverkehr beeinträchtigt sein. Wenn die Sicht am Flughafen zu schlecht ist, kann es zu Verspätungen oder sogar zu Annullierungen kommen. Ich habe selbst schon am Flughafen von Fuerteventura stundenlang gewartet, weil die startenden Maschinen eine Mindestsichtweite benötigen. Es ist also ratsam, einen kleinen Puffer einzuplanen, wenn in der Wettervorhersage eine starke Kalima angekündigt ist.

So machen Sie das Beste aus der Situation

kanaren urlaub dieses wetter detail kann ihn verderben 3

Eine Kalima bedeutet nicht das Ende Ihres Urlaubs. Sie dauert in der Regel nur wenige Tage, meistens zwischen drei und fünf, wobei die ersten beiden Tage oft die intensivsten sind. Anstatt sich zu ärgern, sehe ich es mittlerweile als eine erzwungene Pause, um die Kanaren von einer anderen Seite kennenzulernen.

  • Plan B für Aktivitäten: Statt der Wanderung oder dem Strandtag ist jetzt die perfekte Zeit für Indoor-Aktivitäten. Besuchen Sie ein Museum, wie das faszinierende César-Manrique-Stiftung auf Lanzarote, oder gönnen Sie sich eine ausgiebige Shopping-Tour in Las Palmas.
  • Wellness statt Sport: Viele Hotels haben ausgezeichnete Spa-Bereiche. Eine Kalima ist die perfekte Ausrede für einen Saunabesuch oder eine Massage.
  • Kulinarik genießen: Suchen Sie sich ein schönes Restaurant mit einem geschützten Innenhof oder gemütlichem Innenbereich. Ein langes, kanarisches Mittagessen bei einem Glas Wein kann einen staubigen Tag retten.
  • Praktische Helfer: In jeder ‚Farmacia‘ bekommen Sie für ein oder zwei Euro einfache Atemschutzmasken. Wenn Sie empfindlich sind oder trotzdem raus müssen, macht das einen riesigen Unterschied. Trinken Sie außerdem viel Wasser, da die Luft extrem trocken ist.

Wann müssen Sie mit Kalima rechnen?

Das Phänomen kann theoretisch das ganze Jahr über auftreten, aber die Hauptsaison für die Kalima ist ganz klar der Zeitraum von November bis April. Gerade in den Wintermonaten, wenn viele Deutsche dem kalten Wetter entfliehen wollen, ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten. Die östlichen Inseln wie Lanzarote und Fuerteventura sind aufgrund ihrer Nähe zu Afrika oft stärker und häufiger betroffen als die westlicheren Inseln wie La Palma oder La Gomera.

Mein Tipp: Behalten Sie vor und während Ihrer Reise die spanische Wetter-App ‚AEMET‘ im Auge. Dort wird vor ‚Calima‘ oder ‚Polvo en suspensión‘ (Staub in der Schwebe) sehr zuverlässig gewarnt.

Mein Fazit: Ein Grund zur Sorge?

Auf keinen Fall! Lassen Sie sich von der Möglichkeit einer Kalima nicht davon abhalten, die Kanaren im Herbst oder Winter zu besuchen. Es ist und bleibt eine fantastische Reisezeit. Die Kalima ist ein Teil des lokalen Klimas und eine beeindruckende Naturerscheinung. Wenn man weiß, was es ist und wie man damit umgeht, verliert es seinen Schrecken. Und das Beste kommt oft danach: Wenn der Staub sich gelegt hat und der Wind dreht, ist die Luft so unglaublich klar und sauber wie zu keiner anderen Zeit. Der Himmel leuchtet in einem tiefen Blau, und die Sicht ist phänomenal. Diese Tage nach der Kalima sind oft die allerschönsten des ganzen Urlaubs.

Brittany Alaine Koehler

Brittany Koehler ist eine amerikanische Autorin und Bloggerin, die in Norddeutschland lebt. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Themen „Slow Living“, kulturelle Eingewöhnung und die persönlichen Veränderungen, die das Leben im Ausland mit sich bringt.