Hinter den Kulissen von Acker & Wald: Ein Landwirt packt aus

Ein Drittel unserer Erde wird bewirtschaftet, doch wo bleibt das Interesse? Entdecken Sie, wie die Forst- und Landwirtschaft neue Impulse braucht!

von Anna Müller

Ich steh oft am Feldrand, die Hände in den Hosentaschen, und schaue einfach nur raus. Seit über 30 Jahren ist das mein Leben, meine Welt. Ich bin Meister in beidem, Land- und Forstwirtschaft, habe in der Zeit junge Leute ausgebildet, Höfe aufblühen und leider auch untergehen sehen. Und eines hab ich dabei ganz klar gemerkt: Die wenigsten Menschen haben eine echte Vorstellung davon, was wir hier eigentlich tun. Man sieht den Traktor, klar. Die Kühe auf der Weide, den Holzhaufen am Waldweg. Aber das ist, ehrlich gesagt, nur die absolute Oberfläche.

Dieses Gerede von der „romantischen Landwirtschaft“ kann ich wirklich nicht mehr hören. Unsere Arbeit ist nicht romantisch. Sie ist ein knallhartes Geschäft, unglaublich komplex und oft auch ziemlich undankbar. Du musst dich mit Biologie, Chemie, Mechanik und Betriebswirtschaft auskennen. Du bist Unternehmer, Handwerker und Naturschützer in einer Person. Ich will euch hier mal einen ehrlichen Einblick geben. Nicht, um zu jammern, sondern um zu erklären. Damit ihr versteht, was wirklich hinter einem Liter Milch, einem Laib Brot oder einem Brett aus dem Baumarkt steckt.

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Der Boden: Unser wichtigstes Kapital

Alles, aber auch wirklich alles, fängt mit dem Boden an. Für die meisten ist es einfach nur Dreck unter den Füßen. Für uns ist es die Grundlage unserer Existenz. Ein gesunder, lebendiger Boden ist alles. Wenn ich einen neuen Azubi bekomme, ist das Erste, was ich ihm beibringe, die „Fingerprobe“. Du nimmst eine Handvoll feuchte Erde und reibst sie zwischen Daumen und Zeigefinger. So lernst du mit der Zeit, die feinen Unterschiede zu fühlen.

Wie sich das anfühlt? Sandiger Lehm zum Beispiel fühlt sich ein bisschen an wie feuchter Zucker, der aber trotzdem leicht klebt. Schluffiger Ton hingegen ist ganz schmierig und glänzt fast, wenn du ihn reibst. Das ist eine Fähigkeit, die dir kein Hightech-Sensor der Welt beibringen kann.

Wissenschaft trifft auf Gummistiefel

Natürlich verlassen wir uns nicht nur auf unser Gefühl. Alle paar Jahre lassen wir von unseren Feldern Bodenproben nehmen und ins Labor schicken. Das ist keine Schikane, sondern pure wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Ergebnisse zeigen uns dann schwarz auf weiß, was dem Boden fehlt – also der pH-Wert und die Hauptnährstoffe wie Phosphor, Kalium und Magnesium.

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Kleines Beispiel aus der Praxis: Der Laborbericht zeigt für ein Feld einen pH-Wert von 5,2. Das ist viel zu sauer. Bei diesem Wert kann der Weizen das vorhandene Phosphat im Boden kaum aufnehmen. Ich könnte also teuren Phosphatdünger streuen, so viel ich will – es wäre rausgeschmissenes Geld und schlecht für die Umwelt. Die Lösung ist eine gezielte Kalkung, um den pH-Wert langsam wieder in den optimalen Bereich um 6,5 zu bringen. Das ist eine Investition, die sich über Jahre auszahlt, weil der Boden wieder „aufgeschlossen“ wird und die Pflanzen die Nährstoffe wieder optimal nutzen können.

Übrigens, das gilt nicht nur für uns Profis. Wenn bei dir im Garten die Tomaten oder Zucchini nicht so recht wollen, hol dir mal ein Test-Kit aus dem Baumarkt. Das kostet um die 20 Euro und verrät dir oft schon, wo das Problem wirklich liegt.

Fruchtfolge: Ein uralter, aber genialer Trick

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Wechsel der angebauten Pflanzen auf einem Feld, die sogenannte Fruchtfolge. Das ist kein alter Zopf, sondern heute wichtiger denn je. Immer nur Mais oder Weizen auf derselben Fläche anzubauen, würde den Boden einseitig auslaugen und Schädlinge und Krankheiten fördern, die sich genau auf diese eine Kultur spezialisiert haben. Eine kluge Fruchtfolge durchbricht diese Zyklen. Pflanzen wie Erbsen oder Bohnen binden sogar Stickstoff aus der Luft im Boden – das spart uns im nächsten Jahr eine Menge teuren Dünger. Das ist gelebte Nachhaltigkeit.

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Was der Spaß wirklich kostet: Ein ehrlicher Blick in die Bücher

Viele Leute sehen die riesigen Maschinen und denken, wir Landwirte verdienen uns eine goldene Nase. Die Realität sieht, ganz ehrlich, meistens anders aus. Die Kosten sind gigantisch und die Gewinne oft hauchdünn. Reden wir mal Klartext am Beispiel von einem Hektar Winterweizen:

  • Saatgut: Da reden wir von zertifiziertem Saatgut, das garantiert keimfähig ist. Rechne mal mit 150 bis 250 Euro.
  • Düngung: Je nach Boden und Ertragserwartung können das locker 300 bis 500 Euro sein, bei den aktuellen Preisen manchmal sogar mehr.
  • Pflanzenschutz: Gegen Unkraut und Pilzkrankheiten sind wir schnell bei 150 bis 250 Euro. Und nein, wir spritzen nicht aus Spaß, sondern nur, wenn es wirklich nötig ist, um die Ernte zu sichern.
  • Maschinen & Diesel: Das ist ein Riesenposten. Wartung, Reparaturen und die Abschreibung für die teuren Geräte. Das sind gut und gerne 300 bis 400 Euro pro Hektar.
  • Versicherungen: Eine Hagelversicherung ist Pflicht. Ein Unwetter kurz vor der Ernte kann dir die ganze Jahresarbeit zunichtemachen. Kostet auch nochmal 50 bis 100 Euro.

Wenn du das zusammenrechnest, bist du schnell bei über 1.000 Euro an Kosten. Pro Hektar. Bevor auch nur ein einziges Korn geerntet ist. Und da sind Pacht, Sozialabgaben oder die eigene Altersvorsorge noch nicht mal drin.

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Und was kommt am Ende raus?

Das ist der entscheidende Punkt. In einem guten Jahr ernten wir vielleicht 8 Tonnen Weizen pro Hektar. Bei einem Weizenpreis von, sagen wir mal, 220 Euro pro Tonne macht das 1.760 Euro Umsatz. Wenn du jetzt die über 1.000 Euro Kosten abziehst, siehst du, wie verdammt knapp die Marge ist. Und davon müssen dann noch unvorhergesehene Reparaturen oder ein schlechtes Wetterjahr abgefangen werden. Das ist der Grund, warum die oft kritisierten EU-Agrarzahlungen für viele Betriebe überlebenswichtig sind – sie sind ein Puffer gegen diese extremen Marktschwankungen und Risiken.

Arbeit im Wald: Ein Job für die Ewigkeit

Die Forstwirtschaft tickt nochmal komplett anders. Hier planen wir nicht in Monaten, sondern in Generationen. Wenn ich heute eine Eiche pflanze, werde ich ihre Ernte nicht mehr erleben. Vielleicht meine Enkelkinder. Das lehrt einen eine gewisse Demut.

Nachhaltigkeit? Haben wir erfunden!

Kleiner Fun Fact: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt ursprünglich aus der deutschen Forstwirtschaft. Die Idee ist simpel: Entnimm dem Wald niemals mehr Holz, als im selben Zeitraum wieder nachwachsen kann. Daran halten wir uns. Unser Ziel ist ein gesunder, widerstandsfähiger Mischwald, der mit Stürmen und Schädlingen wie dem Borkenkäfer besser klarkommt als reine Fichtenmonokulturen.

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Achtung: Sicherheit geht immer vor!

Die Waldarbeit gehört zu den gefährlichsten Jobs überhaupt. Da gibt es null Kompromisse. Jeder, der bei uns eine Motorsäge in die Hand nimmt, braucht einen anerkannten Motorsägenschein. So einen Schein kann man bei Forstämtern oder Organisationen wie der DEULA machen, kostet so zwischen 150 und 300 Euro. Ganz ehrlich: die beste Lebensversicherung, wenn du dein eigenes Brennholz machen willst.

Die persönliche Schutzausrüstung ist heilig: Helm mit Visier, Gehörschutz und vor allem eine Schnittschutzhose und -stiefel. Die Hose hat spezielle Fasern, die eine laufende Sägekette sofort blockieren. Ich hab schon gesehen, wie das ein Bein gerettet hat. Ein kleiner Tipp, auch wenn du nur ein kleines privates Wäldchen hast: Spar niemals an der Ausrüstung! Eine gute Schnittschutzhose gibt’s ab etwa 100 Euro und sie kann im Ernstfall dein Leben oder deine Gesundheit retten. Und die wichtigste Regel: Fäll niemals allein einen Baum!

Hightech auf dem Acker: Mehr als nur große Reifen

Das Bild vom alten Bauern auf seinem knatternden Traktor ist längst Geschichte. Moderne Landwirtschaft ist Hightech. Aber wir kaufen uns die Technik nicht, weil sie cool ist, sondern weil sie uns hilft, präziser und ressourcenschonender zu arbeiten.

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Ein Traktor mit GPS-Lenksystem ist heute fast Standard. Das ist kein Luxus. Das System steuert den Traktor auf wenige Zentimeter genau. Dadurch vermeiden wir Überlappungen beim Säen oder Düngen. Das spart 5-10 % Saatgut, Dünger und Diesel. Das rechnet sich bei den hohen Kosten ziemlich schnell. So ein GPS-System nachzurüsten, ist aber auch nicht billig. Da redet man schnell von 5.000 bis 15.000 Euro.

Für solche riesigen Investitionen gibt es oft Lohnunternehmer. Das ist quasi „Maschine mieten mit Fahrer“. Wir zahlen pro Hektar oder Stunde und müssen uns keinen Mähdrescher für 500.000 Euro auf den Hof stellen, der dann 11 Monate im Jahr nur rumsteht und an Wert verliert. Das muss man knallhart durchrechnen.

Ohne die richtigen Leute geht gar nichts

Ein Hof ist immer nur so gut wie die Menschen, die dort arbeiten. Mir persönlich liegt die Ausbildung junger Leute sehr am Herzen. Wir müssen unser Wissen ja weitergeben.

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Was ich von einem Azubi erwarte? Nicht, dass er alles kann. Aber Neugier, Zuverlässigkeit und den Willen, mit anzupacken – auch wenn’s regnet oder am Wochenende Kälber auf die Welt kommen. Das ist kein Nine-to-five-Job. Dafür ist die Ausbildung im dualen System – also Praxis im Betrieb und Theorie in der Berufsschule – wirklich top. Finanziell kann man im ersten Lehrjahr je nach Region mit etwa 700 € rechnen, im dritten sind es dann um die 900 €.

Eines der schwierigsten Themen überhaupt ist die Hofübergabe. Da prallen oft Welten aufeinander. Mein Rat an alle, denen das bevorsteht: Fangt mindestens 10 Jahre vorher an, darüber zu reden. Und holt euch einen neutralen Berater, zum Beispiel von der Landwirtschaftskammer, dazu. Das Geld ist verdammt gut investiert, um den Familienfrieden zu wahren und das Lebenswerk zu sichern.

Der wahre Endgegner: Der Schreibtisch

Was die meisten Leute nicht sehen: Ich verbringe locker einen Tag pro Woche im Büro. Kein Witz. Der Berg an Vorschriften und Dokumentationspflichten ist gigantisch.

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Um euch mal ein schönes, nerviges Beispiel zu geben: Für die sogenannte Stoffstrombilanz muss ich aufs Kilo genau nachweisen, wie viel Stickstoff (also Dünger und Futter) auf den Hof kommt und wie viel ihn in Form von Getreide oder Milch wieder verlässt. Ein kleiner Rechenfehler oder eine vergessene Rechnung kann da schon zu empfindlichen Abzügen bei den Prämien führen. Manchmal fühlt man sich echt wie ein Buchhalter mit Gummistiefeln.

Ein Wort zum Schluss

Ich hoffe, dieser kleine Einblick hat euch gezeigt, dass hinter unserer Arbeit so viel mehr steckt als das, was man vom Straßenrand aus sieht. Es ist ein Beruf, der Leidenschaft, Wissen, kaufmännisches Geschick und eine gehörige Portion Resilienz erfordert. Wir arbeiten mit und in der Natur, sind aber eben auch Unternehmer, die von ihrer Arbeit leben müssen.

Gleichzeitig wächst das Interesse an regionalen Lebensmitteln und nachhaltiger Forstwirtschaft, und das gibt uns Hoffnung. Wenn ihr das nächste Mal durch unsere Landschaft fahrt, seht ihr vielleicht nicht mehr nur Felder und Wälder, sondern auch die Arbeit, das Wissen und die Leidenschaft der Menschen, die sie jeden Tag gestalten.

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Abseits vom Lärm der Maschinen – was verraten die Geräusche von Feld und Wald?

Ein erfahrener Landwirt hört mehr als nur Vogelgezwitscher. Er hört das leise, trockene Rascheln der Maisblätter, das ihm sagt, dass der Boden durstig ist. Er unterscheidet das Summen von Wildbienen vom Brummen der Hummeln und weiß, dass seine Blühstreifen ihre Arbeit tun. Er kennt das Geräusch, wenn Regen auf staubtrockene Krume trifft – ein ganz anderes Zischen als bei bereits feuchtem Boden. Diese akustische Welt ist ein unsichtbares Cockpit voller Daten, das weit über das hinausgeht, was Apps oder Sensoren erfassen können.

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Wussten Sie, dass die Fichte zwar immer noch der häufigste Baum in deutschen Wäldern ist, ihr Anteil aber seit Jahren zugunsten von Laubbäumen wie Buche und Eiche sinkt?

Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis des „Waldumbaus“. Förster und Waldbesitzer pflanzen gezielt Mischwälder, um sie widerstandsfähiger gegen Klimawandel, Stürme und Schädlinge wie den Borkenkäfer zu machen. Ein reiner Fichtenwald ist eine anfällige Monokultur – ein gesunder Mischwald hingegen reguliert seinen Wasserhaushalt besser und bietet eine höhere Artenvielfalt. Ein Generationenprojekt, das heute für den Wald von morgen sorgt.

Klassiker Zunfthose: Jahrzehntelang war der schwere, fast unzerstörbare Moleskin-Stoff das Maß aller Dinge. Extrem robust, aber auch steif und bei Nässe schwer.

Moderne Funktionshose: Heute dominieren Hightech-Mischgewebe. Marken wie Engelbert Strauss oder Fendt setzen auf elastische Cordura®-Verstärkungen an Knien und Gesäß sowie Stretch-Einsätze für maximale Bewegungsfreiheit.

Das ist kein Modetrend, sondern pure Effizienz: Leichtere, flexiblere Kleidung bedeutet weniger Ermüdung und mehr Sicherheit bei der Arbeit.

Anna Müller

Anna Mueller ist das jüngste Multitalent unter den Autoren des Archzine Online Magazins. Das Journal ist dafür bekannt, mit der Mode Schritt zu halten, damit die Leser immer über die tollsten Trends informiert sind. Anna absolvierte ihren Bachelor in Journalistik an der Freien Universität Berlin.