Porzellanfiguren: So erkennst du echten Wert (und vermeidest teure Fehler)
Kunstwerke aus Porzellan, die Geschichten erzählen – entdecke die faszinierende Welt nostalgischer Figuren!
Wie wäre es, durch die Augen einer Porzellanfigur zu sehen, die seit Jahrzehnten in einem staubigen Regal steht? Sie hat die Geheimnisse unzähliger Lebensgeschichten gesammelt und blickt auf die Veränderungen der Zeit zurück. In einer Welt, die ständig nach dem Neuen strebt, erinnern diese Vintage-Schätze daran, dass wahre Schönheit oft in der Vergangenheit verwurzelt ist. Tauche ein in die zauberhafte Welt der Porzellanfiguren und lasse dich von ihrer Eleganz und Einzigartigkeit inspirieren.
Neulich stand eine Kundin bei mir in der Werkstatt, den Tränen nahe. In der Hand hielt sie eine kleine Tänzerin aus Porzellan, ein Erbstück. Der Kopf war schief angeklebt, ein Finger fehlte. Sie hatte online gelesen, dass solche Figuren von berühmten sächsischen Manufakturen ein kleines Vermögen wert sein können. Ihre war in diesem Zustand aber, ehrlich gesagt, kaum noch etwas wert. Solche Momente erlebe ich ständig.
Inhaltsverzeichnis
Ich stehe seit Jahrzehnten in meiner Restauratorenwerkstatt und habe wohl schon alles gesehen – von einfachen Stücken bis hin zu unglaublich seltenen Modellen alter Meister. Es geht nicht nur darum, Preisschilder zu kennen. Es geht darum, das Handwerk und die Kunst dahinter zu verstehen. In diesem Guide teile ich mein Wissen mit dir. Ich zeige dir, worauf es wirklich ankommt, damit du mit klarem Blick echte Qualität von Ramsch unterscheiden kannst.
Das Material: Warum man Porzellan „Weißes Gold“ nennt
Alles fängt beim Material an. Porzellan ist eben nicht nur gebrannter Ton. Wer die Grundlagen versteht, hat schon den halben Weg zum Kenner geschafft.

Stell es dir wie ein Backrezept vor. Gutes Hartporzellan, wie es die klassischen deutschen Manufakturen verwenden, hat drei Hauptzutaten:
- Kaolin (Porzellanerde): Das ist das Herzstück. Ein superreiner, weiß brennender Ton, der für die Form und die strahlende Farbe verantwortlich ist. Ohne hochwertiges Kaolin wirkt Porzellan schnell gräulich oder fleckig.
- Feldspat: Das ist sozusagen der Klebstoff. Beim Brennen schmilzt er und verbindet alles zu einer dichten, glasartigen Masse. Er sorgt für die berühmte Transluzenz, also das leichte Durchscheinen.
- Quarz: Das stabile Gerüst. Quarz verhindert, dass die Figur im heißen Ofen in sich zusammenfällt und gibt dem fertigen Stück seine Härte.
Die genaue Mischung war lange ein streng gehütetes Geheimnis. Und das aus gutem Grund! Nur eine winzige Änderung kann alles ruinieren. Billigproduktionen sparen oft am reinen Kaolin, und das sieht man sofort.
Die Feuerprobe: Was im Ofen passiert
Der Brennprozess ist pure Magie und hat zwei entscheidende Phasen. Zuerst kommt der Schrühbrand bei etwa 900 °C. Die Figur wird hart, bleibt aber noch porös – perfekt, um die erste Schicht Farbe und die Glasur aufzunehmen. Danach folgt der Glattbrand bei brutalen 1450 °C. Jetzt verschmilzt alles, verdichtet sich und die Figur schrumpft um fast ein Sechstel! Das müssen die Modelleure von Anfang an mit einplanen. Erst durch diese extreme Hitze wird Hartporzellan so unglaublich widerstandsfähig und kratzfest.

Weichporzellan, das man oft bei französischen Stücken findet, wird bei niedrigeren Temperaturen gebrannt. Es ist, wie der Name schon sagt, weicher und man kann es oft mit einer Feile ritzen. Ein wichtiger Unterschied für Kenner!
Zwei schnelle Tests, die fast alles verraten
Wenn ich eine Figur prüfe, mache ich immer zwei Dinge, die du sofort nachmachen kannst:
- Die Klangprobe: Schnippe vorsichtig mit dem Fingernagel gegen die Figur. Echtes, unbeschädigtes Hartporzellan hat einen hohen, klaren, fast singenden Ton. Ein dumpfer oder rasselnder Klang ist ein Alarmzeichen für einen Haarriss oder eine alte Reparatur. Probier’s doch gleich mal aus! Schnipp gegen eine Kaffeetasse aus Porzellan und dann gegen einen dicken Steingutbecher. Hörst du den Unterschied? Das ist dein erstes Training für’s Ohr!
- Die Lichtprobe: Halte die Figur gegen eine starke Lampe. Gutes Porzellan ist transluzent. An dünnen Stellen wie Fingern oder Stofffalten solltest du den Schatten deiner Hand auf der Rückseite durchscheinen sehen. Steingut oder billige Keramik ist komplett blickdicht.
Stimmt hier etwas nicht, ist immer Vorsicht geboten.

Die Herstellung: Mehr als nur Gießen
Eine Figur ist das Ergebnis unzähliger Arbeitsschritte. Jeder einzelne erfordert enormes Fingerspitzengefühl und hinterlässt Spuren für das geschulte Auge.
Am Anfang steht die Vision des Künstlers, der das Urmodell formt. Daraus entstehen Gipsformen für den Guss. Der Haken an der Sache: So eine Form kann nur für etwa 20 bis 30 Abgüsse verwendet werden. Danach wird sie ungenau. Figuren aus alten, ausgelutschten Formen wirken unscharf, verwaschen und detailarm. Das ist ein ganz klares Qualitätsmerkmal!
Komplexe Figuren, wie ein Reiter auf einem Pferd, bestehen oft aus Dutzenden Einzelteilen. Ein Spezialist, der Bossierer, fügt diese Teile dann mit flüssigem Porzellanschlicker zusammen. Seine Kunst ist es, die Nähte unsichtbar zu machen. Bei billiger Ware siehst du oft unsaubere Übergänge an Hals, Armen oder Beinen.
Ach ja, und dann gibt es da noch die Malerei. Man unterscheidet zwischen:
- Unterglasurmalerei: Die Farbe kommt vor der Glasur auf die Figur und wird bei der höchsten Temperatur mit eingebrannt. Das halten nur wenige Farben aus, am bekanntesten ist das Kobaltblau. Dafür ist die Farbe für die Ewigkeit unter der Glasur geschützt.
- Aufglasurmalerei: Die meisten bunten Farben, besonders Rot- und Goldtöne, werden auf die fertige Glasur gemalt und in einem kühleren Ofen (ca. 800 °C) eingebrannt. Diese Malerei liegt auf der Glasur – man kann sie oft als leichte Erhebung fühlen. Sie ist empfindlicher und bei alten Stücken oft an den Kanten etwas abgerieben, was aber ein normales Alterszeichen ist.

Die Herkunft: Marken, Geheimtipps und Fälschungen
Der Stempel unter einer Figur ist wie eine Unterschrift, aber man muss sie lesen können. Und Vorsicht, es wird viel gefälscht!
Die ganz großen Namen wie die sächsische Manufaktur mit den gekreuzten Schwertern oder die königliche Werkstatt aus Berlin mit dem Zepter kennt jeder. Ihre Marken wurden über die Zeit leicht verändert, woran Experten die Produktionszeit erkennen können. Wichtig sind hier auch die sogenannten Schleifstriche durch die Marke: Ein oder zwei Striche bedeuten „zweite Wahl“ – also eine Figur mit kleinen Fehlern. Die sind natürlich weniger wertvoll.
Der Reiz der „zweiten Reihe“: Ein Geheimtipp für Sammler
Ganz ehrlich: Die Jagd nach den Top-Marken kann frustrierend und teuer sein. Viel spannender finde ich die Stücke aus den vielen kleineren, aber exzellenten Manufakturen, die es zum Beispiel in Thüringen gab. Deren Figuren sind oft handwerklich top, voller Charme und erreichen trotzdem nicht die schwindelerregenden Preise der A-Liga. Hier kann man für 100 bis 300 Euro oft wunderschöne, handbemalte Figuren aus der Zeit um die Jahrhundertwende finden. Man bekommt ehrliches Handwerk für sein Geld und hat die Chance, echte Perlen zu entdecken.

Gut zu wissen: Um die Marken zuzuordnen, ist ein gutes Verzeichnis unerlässlich. Du musst aber kein Vermögen für alte Bücher ausgeben. Es gibt inzwischen hervorragende Online-Datenbanken, in denen man Marken schnell nachschlagen und vergleichen kann.
Deine Checkliste für den Kauf: So gehst du vor
Okay, jetzt wird’s praktisch. Du stehst auf dem Flohmarkt vor einer Figur. Was tust du? Arbeite einfach diese Liste ab.
Deine Ausrüstung für die Jagd: Was in die Tasche muss
Für den Anfang brauchst du nicht viel, aber das Richtige: Eine gute Juwelierlupe (bekommst du für ca. 15 €), ein kleines Notizbuch und dein wichtigstes Werkzeug: eine UV-Taschenlampe. Eine einfache LED-UV-Lampe mit einer Wellenlänge um die 395nm reicht völlig. Die kostet online einen Zehner und ist der beste Lügen-Detektor für versteckte Reparaturen.
- Der erste Eindruck: Nimm die Figur in die Hand. Fühlt sie sich gut an? Ist die Glasur glatt? Stimmen die Proportionen? Vertrau deinem Bauchgefühl.
- Die Markenprüfung: Dreh die Figur um. Schau dir die Marke mit der Lupe an. Ist sie klar und unter der Glasur? Siehst du Schleifstriche oder eingepresste Nummern?
- Die Jagd nach Beschädigungen (Der wichtigste Schritt!): Suche die Figur Zentimeter für Zentimeter ab. Besonders gefährdet sind Finger, Spitzen, Blätter und Kanten. Fahre vorsichtig mit der Fingerspitze drüber – eine geklebte Stelle fühlt sich oft minimal rau an.
- Der UV-Licht-Test: Jetzt kommt deine Wunderwaffe. Leuchte die Figur in einer etwas dunkleren Ecke mit deiner UV-Lampe an. Alte Klebstoffe, moderne Kitte und Retuschen leuchten fast immer in einem anderen Farbton (oft gelblich oder violett) als das originale Porzellan. So entlarvst du jede heimliche Reparatur!
Kleiner Profi-Tipp: Wenn du unsicher bist, sei selbstbewusst. Frage den Verkäufer, ob er die Figur für dich einen Tag zurücklegt. Mach ein paar gute Fotos von der Figur und der Marke. Zu Hause in Ruhe zu recherchieren, hat mich schon vor manchem teuren Fehlkauf bewahrt.

Die 3 häufigsten Anfängerfehler
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Fast jeder macht am Anfang dieselben Fehler. Wenn du sie kennst, bist du schon einen großen Schritt weiter.
- Sich von einer schönen Geschichte blenden lassen: „Die ist schon ewig in Familienbesitz…“ Hör dir die Geschichte an, aber verlass dich nur auf die Fakten, die du selbst an der Figur überprüfst.
- Kleine Schäden ignorieren: Ein „winziger“ Chip am Sockel oder ein Haarriss können den Wert halbieren. Sei da gnadenlos bei der Inspektion.
- Den Wert überschätzen: Eine beschädigte Figur einer Top-Marke ist oft weniger wert als eine makellose Figur eines kleineren Herstellers. Kaufe immer den besten Zustand, den du dir leisten kannst, nicht den größten Namen.
Restaurierung: Wann sie sich lohnt (und was sie kostet)
Als Restaurator ist es mein Job, Dinge zu retten. Aber nicht jede Reparatur ist sinnvoll. Der wichtigste Grundsatz lautet: Alles, was wir tun, muss reversibel sein. Wir verwenden spezielle Harze, die sich wieder lösen lassen. Deshalb ist Sekundenkleber aus dem Baumarkt die größte Sünde! Er vergilbt, wird spröde und lässt sich fast nicht mehr entfernen.

Lass mich dir ein Beispiel aus meiner Werkstatt geben: Neulich hatte ich eine Figur einer Berliner Manufaktur hier, der ein ganzer Arm fehlte. In diesem Zustand war sie vielleicht 50 Euro wert. Die professionelle Restaurierung, also das Modellieren und Bemalen des Arms, hat rund 300 Euro gekostet. Danach war die Figur aber wieder um die 500 Euro wert. Du siehst, es kann sich lohnen, aber nur, wenn die Basis stimmt und der Schaden den Wert nicht komplett aufgefressen hat.
Ach ja, und die Reinigung! Wie kriegst du den Staub der Jahrzehnte runter? Ganz vorsichtig! Für losen Staub ist ein weicher Kosmetikpinsel perfekt. Bei festsitzendem Schmutz hilft ein leicht feuchtes Mikrofasertuch mit einem Hauch pH-neutralem Spüli. Aber Achtung: Niemals bei Vergoldungen oder bunter Aufglasurmalerei fest reiben!
Ein letzter Gedanke aus der Werkstatt
Der wahre Wert einer Porzellanfigur ist eine Summe aus vielen Teilen: Material, Können, Herkunft und vor allem Zustand. Lass dich nicht von großen Namen verrückt machen. Nimm dir Zeit, lerne hinzusehen und zu fühlen. Beginne vielleicht mit einem schönen, bezahlbaren Stück einer kleineren Manufaktur, an dem du dein Auge schulen kannst. Die Freude an einer Figur, deren Qualität du selbst erkannt hast, ist unbezahlbar. Und das ist doch das, worum es beim Sammeln wirklich geht, oder?

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Die Signatur des Meisters: Die Bodenmarke ist der Personalausweis Ihrer Figur. Die gekreuzten Schwerter von Meissen, das Zepter der KPM Berlin oder der Rautenschild der Porzellanmanufaktur Nymphenburg sind weltberühmt. Aber Vorsicht: Es gibt unzählige Fälschungen und Variationen. Ein kleiner Strich unter oder über einer Marke kann das Herstellungsjahr um Jahrzehnte verschieben und den Wert dramatisch verändern.


- Staub vorsichtig mit einem weichen, trockenen Pinsel (z. B. einem Make-up-Pinsel) entfernen.
- Bei stärkerer Verschmutzung ein weiches Tuch mit lauwarmem Wasser und einem Tropfen mildem Spülmittel verwenden.
- Niemals in die Spülmaschine geben! Die aggressiven Reiniger und hohen Temperaturen zerstören Farben und Glasur.
- Besonders filigrane Teile, wie bei Dresdner Spitzenfiguren, sollten nur von Profis gereinigt werden.


Wussten Sie schon? Die berühmten gekreuzten Schwerter der Meissener Manufaktur sind eine der ältesten kontinuierlich verwendeten Marken der Welt. Sie wurden bereits 1722 eingeführt, um die begehrten Stücke vor Nachahmern zu schützen.


Was genau ist eigentlich Biskuitporzellan?
Wenn Sie eine Figur mit einer matten, samtigen Oberfläche sehen, die an Marmor erinnert, handelt es sich wahrscheinlich um Biskuitporzellan. Im Gegensatz zum glasierten Porzellan wird es nach dem Glattbrand nicht noch einmal mit einer schützenden Glasurschicht überzogen. Diese Technik wurde im 18. Jahrhundert populär, um antike Marmorskulpturen zu imitieren. Die fehlende Glasur macht die Stücke jedoch anfälliger für Schmutz und Flecken.



Eine winzige Beschädigung, eine sogenannte „Bestoßung“, kann den Marktwert einer Figur um 50 bis 70 Prozent reduzieren. Doch für den Besitzer hat das Erbstück von der Großmutter oft einen unschätzbaren emotionalen Wert. Bevor Sie eine Figur wegen eines kleinen Makels weggeben, halten Sie inne. Manchmal sind es gerade die Geschichten und die Verbindung zu geliebten Menschen, die den wahren Reichtum eines Objekts ausmachen.


Die verspielte Eleganz des Rokoko, der Blütezeit der Porzellanfiguren im 18. Jahrhundert, ist unverwechselbar. Achten Sie auf diese typischen Merkmale:
- Bewegte Posen: Tänzer, Musiker und Liebespaare in galanten, oft theatralischen Gesten.
- Asymmetrie: Die Figurensockel sind oft unregelmäßig und mit Rocaillen (muschelartigen Ornamenten) verziert.
- Helle Pastellfarben: Zarte Rosa-, Hellblau- und Grüntöne dominieren die Bemalung.


Hartporzellan: Der Klassiker aus deutschen Manufakturen wie Meissen. Es wird bei extrem hohen Temperaturen (bis 1450 °C) gebrannt, ist sehr widerstandsfähig, schlagfest und hat einen kalten, leicht bläulichen Weißton.
Weichporzellan: Beliebt in Frankreich (Sèvres) und England. Es wird bei niedrigeren Temperaturen gebrannt, wirkt cremiger und wärmer im Farbton. Es ist weniger widerstandsfähig, lässt sich aber farblich brillanter dekorieren.
Der Unterschied ist oft mit bloßem Auge am Farbton des „Scherbens“ an einer unglasierten Stelle am Boden erkennbar.


Im Jahr 2012 wurde eine einzelne Meissener Figur aus dem berühmten „Schwanenservice“ für über 500.000 Euro versteigert.
Diese astronomischen Preise sind selten, zeigen aber das Potenzial, das in erstklassigen Stücken steckt. Der Wert wird durch die Seltenheit, den Modelleur (hier: Johann Joachim Kändler), die historische Bedeutung des Services und natürlich den perfekten Erhaltungszustand bestimmt. Solche Verkäufe befeuern den gesamten Sammlermarkt.


- Der Wert Ihrer Figur bleibt erhalten oder wird sogar gesteigert.
- Die Reparatur ist nahezu unsichtbar und alterungsbeständig.
- Originalgetreue Materialien werden verwendet.
Das Geheimnis? Eine professionelle Restaurierung. Anders als Heimwerker-Lösungen mit Sekundenkleber, die das Porzellan verfärben und den Wert endgültig zerstören, arbeitet ein Fachmann mit reversiblen Klebstoffen und modelliert fehlende Teile präzise nach.



Stellen Sie Ihre wertvollen Porzellanfiguren niemals in direktes Sonnenlicht. Die UV-Strahlung kann über Jahre hinweg die leuchtenden Aufglasurfarben, besonders Rot- und Violetttöne, unwiederbringlich ausbleichen. Ein schattiger Platz in einer Vitrine ist der beste Schutz.


Ist meine Figur wertlos, wenn sie keine Marke hat?
Nicht unbedingt! Besonders im 18. Jahrhundert oder bei kleineren Manufakturen war das Anbringen von Marken nicht immer üblich. Manchmal können Experten eine Figur anhand des Stils, der Art der Bemalung, der Porzellanmasse oder winziger „Modellnummern“ einem bestimmten Künstler oder einer Manufaktur zuordnen. Solche Stücke können trotzdem sehr wertvoll sein. Eine fehlende Marke ist also ein Rätsel, aber kein Todesurteil.


Der Teufel steckt im Detail: Schauen Sie sich die Hände und Gesichter genau an. Bei hochwertigen Figuren sind selbst die winzigsten Finger einzeln und filigran ausgearbeitet. Die Gesichtszüge haben einen klaren, lebendigen Ausdruck. Bei billigen Kopien wirken die Gesichter oft ausdruckslos und „verwaschen“, die Hände sind plump und die Finger miteinander verschmolzen.


Die verspielten und oft herzerwärmenden Hummelfiguren, produziert von Goebel, haben ihre ganz eigene Sammlergemeinde. Ihr Wert hängt stark von der Modellnummer, dem Alter (erkennbar am Bodenstempel) und vor allem vom Zustand ab. Während häufige Modelle oft nur einen Liebhaberwert haben, können seltene, frühe oder limitierte Editionen auf Auktionen durchaus mehrere hundert Euro erzielen.


„Alles, was ich auf der Bühne sehe, muss ich in Porzellan machen.“ – Franz Anton Bustelli, einer der genialsten Modelleure der Manufaktur Nymphenburg (1754-1763).
Dieses Zitat fasst die Essenz der Rokoko-Figur perfekt zusammen. Bustelli schuf keine steifen Abbilder, sondern fing die Bewegung und die Emotionen der italienischen Stegreifkomödie (Commedia dell’arte) und des höfischen Lebens in Porzellan ein. Seine Figuren scheinen mitten in einer Geste erstarrt zu sein.


- Verhindern Sie weitere Schäden.
- Sammeln Sie jedes noch so kleine Bruchstück sorgfältig ein.
- Versuchen Sie niemals, die Teile probeweise zusammenzusetzen, da dies die Bruchkanten abnutzt.
Der schlimmste Fehler? Der Griff zur Tube mit Sekunden- oder Alleskleber. Eine solche „Reparatur“ macht eine professionelle, wertsteigernde Restaurierung fast unmöglich und mindert den Wert Ihrer Figur dauerhaft.



Original-Marke: Die Meissener Schwerter sind unter der Glasur in leuchtendem Kobaltblau aufgetragen. Sie sind scharf, präzise und elegant geschwungen.
Gefälschte Marke: Oft ist die Farbe blasser oder schwärzlich, die Linien sind dick, zittrig oder unscharf. Manchmal wird die Marke auch auf die Glasur gemalt, was man bei seitlicher Betrachtung erkennen kann.
Diese feinen Unterschiede zu erkennen, erfordert ein geschultes Auge.


Mit den 1920er und 30er Jahren veränderte sich die Formensprache radikal. Die Porzellanfiguren des Art déco sind das exakte Gegenteil des Rokoko-Spiels:
- Strenge, geometrische Formen: Gesten sind reduziert, die Linien klar und stilisiert.
- Dynamik und Sport: Tänzerinnen in exotischen Posen, elegante Windhunde oder Tennisspielerinnen waren beliebte Motive.
- Kräftige Farben und Kontraste: Oft mit Gold- oder Platin-Akzenten auf weißem Grund. Berühmte Vertreter sind z.B. Entwürfe von Rosenthal oder Goldscheider.


Die berühmten Spitzenkleider der „Dresdner Spitze“ sind ein Wunder der Porzellankunst. Dafür wurden echte Stoffspitzen in Porzellanschlicker getaucht und dann gebrannt. Der Stoff verbrennt im Ofen, zurück bleibt nur das hauchdünne, zerbrechliche Porzellan-Abbild. Diese extreme Fragilität ist der Grund, warum Figuren in perfektem Zustand heute so selten und begehrt sind. Schon die kleinste Berührung kann ein Stück der Spitze abbrechen lassen.


Sind moderne Figuren von Marken wie Lladró aus Spanien auch sammelwürdig?
Absolut. Lladró hat seit den 1950er Jahren einen eigenen, unverwechselbaren Stil mit sanften Pastellfarben und weichen, idealisierten Formen geschaffen. Wie bei historischen Stücken hängt der Wert von der Seltenheit, dem Alter und dem Zustand ab. Limitierte Auflagen oder große, komplexe Figurengruppen können auf dem Sammlermarkt beachtliche Preise erzielen. Lladró hat eine treue, weltweite Fangemeinde und ist ein gutes Beispiel für die Fortführung der Porzellankunst im 20. und 21. Jahrhundert.



Eine Porzellanfigur schrumpft während der beiden Brände um etwa 1/6 ihrer ursprünglichen Größe.
Das bedeutet, der Modelleur muss beim Schaffen des Urmodells aus Ton nicht nur ein Künstler, sondern auch ein Mathematiker sein. Er muss diese Schrumpfung exakt einkalkulieren, damit Proportionen und Details am Ende perfekt sind. Ein winziger Rechenfehler kann die gesamte Statik und Ästhetik der Figur ruinieren. Dies zeigt die immense technische Finesse, die in jedem hochwertigen Stück steckt.


Vorsicht bei Online-Käufen: Seien Sie misstrauisch, wenn eine seltene Figur zu einem Schnäppchenpreis als „perfekt“ oder „restauriert“ angeboten wird. Eine unsachgemäße Reparatur kann den Wert vernichten. Fordern Sie immer hochauflösende Fotos von allen Seiten, insbesondere vom Boden und von typischen Bruchstellen wie Hälsen, Fingern und filigranen Accessoires. Eine Schwarzlichtlampe kann alte Brüche und Klebestellen schonungslos sichtbar machen.


Manufakturmalerei: Die Bemalung erfolgt direkt in der Manufaktur durch fest angestellte Porzellanmaler. Dies garantiert einen gleichbleibend hohen Standard und einen einheitlichen Stil, der für die Marke typisch ist.
Hausmalerei: Unbemalte Weißware wurde an selbstständige Künstler außerhalb der Manufaktur verkauft, die diese nach eigenem Geschmack dekorierten. Diese Stücke sind oft individueller und seltener. Je nach Qualität des Künstlers können sie wertvoller sein als die Standardware.


Sichere Präsentation ist alles. Um Ihre Figuren vor versehentlichem Herunterfallen zu schützen, schwören Museen und Sammler auf ein einfaches Hilfsmittel: Museumswachs oder Quake-Hold. Eine kleine, erbsengroße Menge dieses klebrigen, aber rückstandslos entfernbaren Wachses unter dem Sockel fixiert die Figur sicher auf dem Regal, ohne sie zu beschädigen. So übersteht sie auch leichte Erschütterungen oder das Staubwischen unbeschadet.


- Ein winziger, dunkler Punkt in der Glasur.
- Eine leicht schiefe Bemalung an einer unauffälligen Stelle.
- Eine minimal verzogene Standfläche.
Überraschenderweise können solche kleinen „Schönheitsfehler“ bei sehr alten Stücken aus dem 18. Jahrhundert den Wert sogar bestätigen! Sie sind oft Zeugen der frühen, experimentellen Produktionsphase und beweisen, dass es sich nicht um eine perfekte, moderne Kopie handelt. Experten sprechen hier von charmanten „Brandflecken“ oder „Fehlern erster Wahl“.

Im 18. Jahrhundert war die Faszination für China, die „Chinoiserie“, in Europa allgegenwärtig. August der Starke, Gründer der Meissener Manufaktur, war so besessen, dass er 600 sächsische Soldaten gegen 151 chinesische Porzellanvasen eintauschte.
Diese Leidenschaft spiegelt sich in unzähligen Porzellanfiguren wider, die chinesische Würdenträger, Teetrinker oder Musiker darstellen – oft mit einem fantasievollen, europäischen Blick auf das „Reich der Mitte“. Diese Chinoiserien gehören zu den begehrtesten Sammlerstücken ihrer Epoche.




