Alter Schrott oder heiliger Gral? Ein ehrlicher Blick aus der Werkstatt auf Vintage-Gitarren
Vintage Gitarren sind mehr als nur Instrumente – sie sind Kunstwerke! Entdecken Sie 46 Designs, die Rockgeschichte atmen.
Stellen Sie sich vor, eine Gitarre könnte sprechen. Sie würde Geschichten von schweißgetränkten Bühnen und berauschenden Nächten erzählen. Jedes Design dieser Vintage-Modelle ist ein Fenster in die Vergangenheit, ein Echo von Melodien, die die Welt verändert haben. Lassen Sie sich von der Vielfalt der Formen und Farben überraschen und tauchen Sie ein in die aufregende Welt der klassischen Klänge!
Seit Ewigkeiten stehe ich nun in meiner Werkstatt, umgeben von Holzstaub und dem Geruch von Öl und alten Lacken. In der Zeit habe ich wirklich alles in den Händen gehalten: brandneue Instrumente, frisch aus dem Karton, aber eben auch diese alten Schätzchen, die schon mehr erlebt haben als so mancher Musiker. Als Zupfinstrumentenmacher-Meister werde ich ständig gefragt: „Hey, warum zur Hölle ist diese alte Klampfe so teuer?“
Inhaltsverzeichnis
- Was macht eine Gitarre „Vintage“? Mehr als nur ein altes Baujahr
- Die Physik des Klangs: Warum altes Holz einfach besser klingt
- Originalität ist alles: Worauf es bei den Bauteilen ankommt
- Zustand und Bewertung: Die Checkliste für den Kauf
- Do-it-yourself? Wann du Hand anlegen darfst (und wann nicht)
- Die „günstige“ Vintage-Gitarre: Echte Schätze abseits des Hypes
- Ein letztes Wort aus der Werkstatt…
- Bildergalerie
Und ich versteh das. Du siehst ein Preisschild mit einer vier- oder fünfstelligen Zahl und denkst dir, das kann doch nicht sein. Aber ganz ehrlich? Der Preis ist nur das Endergebnis einer langen Geschichte. Es geht um Handwerk, Physik und ja, auch ein bisschen um die Seele, die so ein Instrument über die Jahrzehnte entwickelt. Komm mal mit, ich zeig dir, worauf es wirklich ankommt.
Was macht eine Gitarre „Vintage“? Mehr als nur ein altes Baujahr
Der Begriff „Vintage“ wird heute für alles Mögliche verwendet. Für mich als Handwerker ist die Sache aber klar: Alter allein macht noch keine gute Gitarre. Ein schlecht gebautes Instrument von damals ist auch heute noch ein schlecht gebautes Instrument. Punkt.

Der wahre Wert entsteht, wenn mehrere Dinge zusammenkommen. Wir Profis sprechen oft von den „goldenen Ären“ bestimmter Hersteller. Da gab es zum Beispiel die Zeit, als die großen Pioniere der E-Gitarre in Kalifornien ihre Firmen noch selbst führten. Damals wurde mit einer unglaublichen Sorgfalt und aus erstklassigen Hölzern gefertigt, die es im Überfluss gab. Nachdem die Firma an einen riesigen Konzern verkauft wurde, schaltete man auf Massenproduktion um. Das spürt und hört man einfach.
Ähnlich war es bei dem anderen großen Traditionshersteller, der für seine legendären Modelle mit den gewölbten Decken bekannt ist. Besonders in einer kurzen Phase wurden dort Instrumente gebaut, deren Klang bis heute als eine Art heiliger Gral gilt. Die Kombination aus bestimmten Hölzern, handgewickelten Tonabnehmern und der damaligen Bauweise war einfach magisch. Ich hatte mal so ein Exemplar zur Reparatur hier – allein der Geruch des alten Holzes, als ich den Koffer öffnete, war unbezahlbar.
Aber Achtung! Nur weil eine Gitarre alt ist, ist sie kein Schatz. Besonders in den Siebzigern gab es bei vielen Herstellern eine Phase, in der die Qualität nachließ. Ein altes Baujahr ist also nur ein Hinweis, dem man nachgehen muss, kein Garant für Qualität.

Die Physik des Klangs: Warum altes Holz einfach besser klingt
Der Klang einer Gitarre ist reine Physik, aber die Zeit ist eine verdammt gute Zutat. Über die Jahre passieren Dinge im Inneren des Instruments, die man nicht nachbauen, aber definitiv hören kann.
Das Holz: Es lernt zu singen
Stell dir vor, frisches Holz ist voller Harze, Zucker und Wasser. Über Jahrzehnte trocknet dieser ganze Kram langsam aus. Die Zellstruktur des Holzes wird dadurch steifer und kristalliner. Das Ergebnis? Das Holz wird leichter und kann viel freier schwingen. Wir nennen das Resonanz. Mach mal den Test: Klopf auf den Korpus einer nagelneuen Gitarre. Klingt oft etwas bedeckt. Mach dasselbe bei einer guten, 60 Jahre alten Gitarre – der Ton ist offen, laut und hat eine unglaubliche Klarheit. Das Holz hat quasi „singen“ gelernt.
Dazu kommt, dass damals oft Hölzer von sehr langsam gewachsenen, alten Bäumen verwendet wurden. Dieses „Old-Growth-Holz“ hat engere Jahresringe, ist stabiler und klingt einfach besser. Heute ist so ein Material kaum noch zu bekommen oder schlicht unbezahlbar.

Der Lack: Die atmende Haut
Früher wurde fast nur Nitrozelluloselack verwendet. Das Zeug ist genial! Der Lack ist hauchdünn, wird mit der Zeit sogar noch dünner und lässt das Holz atmen und schwingen. Moderne Polyesterlacke sind dagegen wie eine dicke Plastikschicht, die die Schwingungen regelrecht abwürgt. Diese feinen Haarrisse, die du auf alten Gitarren siehst, sind übrigens ein typisches Merkmal von altem Nitrolack. Für Sammler ein Echtheitszertifikat, für den Klang ein Segen.
Kleiner Tipp für Hobby-Detektive: Der UV-Lampen-Trick. Besorg dir eine billige UV-Taschenlampe für 10 € im Baumarkt oder online. Geh in einen dunklen Raum und leuchte die Gitarre an. Alter Nitrolack leuchtet unter Schwarzlicht typischerweise grünlich-gelb. Wo es nicht leuchtet oder anders aussieht, wurde wahrscheinlich mal ausgebessert oder nachlackiert. Ein einfacher Trick, der dich vor teuren Fehlkäufen bewahren kann!
Die Magnete: Sanfter und wärmer mit der Zeit
In den alten Tonabnehmern wurden meist Alnico-Magnete verbaut. Über Jahrzehnte verlieren diese Magnete ganz sachte ein wenig an Kraft. Das schwächere Magnetfeld zieht nicht mehr so stark an den Saiten, wodurch diese freier schwingen können. Das Resultat ist ein wärmerer, weicherer Ton mit mehr Sustain – der Sound, den so viele suchen. Moderne Pickups sind oft aggressiver und lauter, was auch cool sein kann, aber es ist eben ein fundamental anderer Charakter.

Originalität ist alles: Worauf es bei den Bauteilen ankommt
Der Wert einer Vintage-Gitarre hängt extrem davon ab, ob noch alles original ist. Jede Schraube, jedes Poti, ja sogar die Lötstellen erzählen eine Geschichte. Eine nachgelötete Stelle könnte bedeuten, dass die Tonabnehmer mal getauscht wurden. Das ist für einen Musiker vielleicht egal, aber für einen Sammler ein riesiger Unterschied.
Das Allerwichtigste ist und bleibt der Lack. Eine neu lackierte Vintage-Gitarre verliert oft 50 % oder mehr ihres Wertes. Um das mal greifbar zu machen: Stell dir eine Gitarre vor, die im Originalzustand 25.000 € wert wäre. Wurde sie neu lackiert, ist sie oft nur noch 12.000 € oder weniger wert. Das ist ein Lackierfehler, der dich mal eben über 10.000 € kosten kann! Man löscht damit die Geschichte des Instruments aus.
Der Hals und die Bünde sind die Seele des Spielgefühls. Abgespielte Bünde sind normal. Eine professionelle Neubundierung ist eine aufwendige Arbeit, die den Wert erhält, wenn sie perfekt gemacht ist. Rechnen musst du da mit Kosten zwischen 300 € und 500 €, je nach Instrument. Eine schlechte Neubundierung kann eine Gitarre aber ruinieren. Das ist ein Job, den man nur einem erfahrenen Meister anvertrauen sollte.

Zustand und Bewertung: Die Checkliste für den Kauf
Wie bewertet man so ein altes Schätzchen also fair? Ich gehe immer nach einer klaren Reihenfolge vor. Das kannst du dir als kleine Checkliste merken:
- Strukturelle Gesundheit: Das ist das A und O. Ist der Hals gerade? Funktioniert der Einstellstab? Gibt es Risse? Ein reparierter Kopfplattenbruch ist ein häufiges Problem. Wenn die Reparatur sauber von einem Profi gemacht wurde, ist die Gitarre voll spielbar, verliert aber massiv an Sammlerwert.
- Originalität des Lacks: Wie gesagt, benutz den UV-Lampen-Trick. Jede Ausbesserung wird sichtbar.
- Originalität der Teile: Sind Pickups, Potis und Mechaniken original? Ein seriöser Verkäufer wird dir immer erlauben, einen Blick ins Innere zu werfen. Rote Flagge: Weigert sich jemand, dir detaillierte Fotos vom Innenleben (Elektronikfach) zu schicken, lass die Finger davon!
- Spielspuren („Player’s Grade“): Eine makellose Gitarre, die 60 Jahre im Koffer lag, ist eine „Case Queen“ und sündhaft teuer. Viel geiler für Musiker sind „Player’s Grade“-Instrumente. Die haben Kratzer, Dellen und ehrliche Patina. Solange strukturell alles top ist, sind das die besten Deals. Eine „Case Queen“ kann 20.000 € kosten. Dasselbe Modell als „Player“ mit ehrlichen Spielspuren und einer sauberen Neubundierung kriegst du vielleicht schon für 12.000 € – bei gleichem Sound!

Do-it-yourself? Wann du Hand anlegen darfst (und wann nicht)
Eine alte Gitarre braucht Pflege, aber Vorsicht! Ein falscher Handgriff kann ein finanzielles Desaster sein.
- Sicher für dich: Saiten wechseln, das Griffbrett (bei Palisander oder Ebenholz) einmal im Jahr mit speziellem Öl pflegen und den Korpus mit einem weichen, leicht feuchten Tuch reinigen. Niemals Möbelpolitur auf alten Nitrolack!
- Die Grauzone (nur für Erfahrene): Die Saitenlage an der Brücke einstellen. Hier gilt: immer nur in kleinen Schritten. Die Halskrümmung einstellen ist heikel. Drehe die Schraube immer nur in Viertelumdrehungen. Ich hatte mal einen Kunden, der den Halsstab seiner alten Gitarre abgerissen hat. Die Reparatur war ein Albtraum und hat ihn ein Vermögen gekostet. Im Zweifel: Finger weg!
- Absolut nur für den Profi: Alles, was mit Bünden zu tun hat (abrichten, neubundieren), Arbeiten am Sattel, Lötarbeiten an der Elektronik und natürlich alle Leim- und Lackarbeiten.
Die „günstige“ Vintage-Gitarre: Echte Schätze abseits des Hypes
Du musst keine 20.000 € ausgeben. Der Trick ist, abseits der berühmten Modelle zu suchen. Eine Strat aus den frühen Sechzigern wird nie billig sein. Aber es gibt fantastische Alternativen, die echtes Vintage-Feeling für kleineres Geld bieten:

- Unterschätzte Marken: Deutsche Marken wie Höfner oder Framus aus den 60ern sind oft exzellent gebaut. Hier findest du tolle Instrumente im Bereich von 400 € bis 1.200 €. Auch japanische Gitarren aus den 70ern (z.B. Ibanez, Greco) sind oft fantastische Kopien, die du für 800 € bis 1.800 € bekommen kannst.
- Günstigere Modelle der großen Marken: Eine Les Paul Junior oder eine Fender Mustang aus den 60ern oder 70ern sind professionelle Instrumente mit Charakter. Plane hier mal mit 1.500 € bis 3.500 €.
- Suche nach „Player’s Grade“: Wie gesagt, eine Gitarre mit Macken ist dein Freund. Sie klingt genauso gut und kostet oft nur die Hälfte.
Wenn du so ein Instrument ins Auge fasst, schau auf die Basics: Ist der Hals gerade? Sind die Bünde noch spielbar? Funktioniert die Elektronik? Optische Mängel sind Charakter, strukturelle Probleme ein K.O.-Kriterium. Schau bei spezialisierten Händlern, auf Gitarren-Flohmärkten oder in seriösen Musiker-Foren. Da wird oft fair gehandelt.

Ein letztes Wort aus der Werkstatt…
Eine Vintage-Gitarre ist mehr als nur Holz und Draht. Sie ist ein Stück Geschichte, ein Werkzeug und für viele ein echter Partner. Der Wert liegt nicht nur in Euro, sondern in der Inspiration, die sie dir gibt. Mein Rat: Sei geduldig, lerne, worauf es ankommt und höre vor allem auf deine Ohren und dein Bauchgefühl. Die Suche nach der richtigen Gitarre ist eine Reise. Und ganz ehrlich, die ist oft genauso schön wie das Ankommen.
Bildergalerie


Manchmal ist das erste Indiz nicht der Klang, sondern der Geruch. Wenn du einen alten Gitarrenkoffer öffnest und dir dieser einzigartige Duft von gealtertem Nitrolack, leicht modrigem Holz und dem Staub von Jahrzehnten entgegenströmt – das ist ein Moment, den keine neue Gitarre bieten kann. Es ist die olfaktorische Signatur einer gelebten Geschichte.

- Klangliche Resonanz: Spiel die Gitarre unverstärkt. Vibriert der Korpus spürbar gegen deinen Bauch? Ein gutes Zeichen!
- Halsverbindung: Prüfe den Sitz des Halses in der Halstasche. Je enger und stabiler, desto besser die Schwingungsübertragung.
- Originalteile: Sind Tonabnehmer, Potentiometer und Mechaniken original? Ein Blick ins Innere mit einer kleinen Lampe kann viel verraten.

Der „Pre-CBS“-Mythos: Bis 1965 führte Leo Fender seine Firma mit einer Vision für Qualität. Als CBS übernahm, wurden Prozesse zur Massenproduktion optimiert, was oft zu Lasten der Detailverliebtheit ging. Eine „Pre-CBS“ Fender ist daher nicht nur ein Sammlerstück, sondern oft auch ein Garant für die ursprüngliche Handwerksphilosophie der Marke.

Wussten Sie schon? Brasilianisches Palisander, das für die Griffbretter vieler legendärer Gitarren bis ca. 1969 verwendet wurde, steht seit 1992 unter dem strengsten Schutz des CITES-Abkommens. Der Handel damit ist heute extrem reglementiert, was alte Instrumente noch begehrter macht.

Die Seele einer Vintage-Gitarre steckt oft in ihrer „Haut“, dem Lack. Doch nicht jeder Lack ist gleich:
- Nitrolack: Der Klassiker bis in die späten 60er. Er ist hauchdünn, lässt das Holz „atmen“ und entwickelt über die Jahre eine wunderschöne Patina mit feinen Rissen (Checking).
- Polyester/Polyurethan: Ab den 70ern populär. Viel dicker und robuster, fast wie eine Plastikschicht. Er schützt besser, dämpft aber nach Meinung vieler Puristen die Schwingungen des Holzes.

Was genau ist dieses „Checking“, von dem alle reden?
„Checking“ bezeichnet das feine Netzwerk aus Rissen, das sich im Laufe der Zeit in altem Nitrolack bildet. Es entsteht durch die unterschiedliche Ausdehnung von Holz und Lack bei Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen. Weit davon entfernt, ein Makel zu sein, ist es für Sammler ein Echtheitszertifikat und ein Zeichen für ein langes, bewegtes Leben – quasi die Falten im Gesicht einer Gitarre.

Gibson P-90: Der fette, raue Single-Coil-Sound der 50er. Er ist aggressiver und mittiger als ein Fender-Pickup, hat aber mehr Klarheit und Biss als ein Humbucker. Perfekt für Rock ’n‘ Roll und Blues.
Gibson P.A.F. Humbucker: Der „Heilige Gral“ ab 1957. Entwickelt, um das 60-Zyklen-Brummen zu eliminieren („buck the hum“). Klingt warm, voll und singend, mit einem komplexen Obertonspektrum, das in den frühen, handgewickelten Exemplaren unerreicht ist.

Lange galten Fender-Gitarren aus den 70er Jahren (die „CBS-Ära“) als qualitativ minderwertig und waren relativ günstig.
In den letzten Jahren hat sich das Blatt gewendet. Da die Preise für Instrumente aus den 50ern und 60ern explodiert sind, entdecken Musiker und Sammler die 70er-Jahre-Modelle neu. Instrumente wie eine Telecaster Custom von ’74 oder eine Stratocaster von ’79 sind heute gesuchte „Player“-Gitarren mit eigenem Charakter und steigendem Wert.

- Einzigartige Obertöne
- Dynamische Ansprache auf den Anschlag
- Ein „süßer“, fast dreidimensionaler Klang
Das Geheimnis? Liegt oft in den Magneten. Die alten Alnico-Magnete in den Tonabnehmern der 50er und 60er Jahre haben über die Jahrzehnte leicht an Magnetkraft verloren. Dieser natürliche Alterungsprozess führt zu einem weicheren Attack und einer Komplexität im Klang, die neue Pickups nur schwer nachbilden können.

Der Begriff „Player-Grade“ bezeichnet eine Vintage-Gitarre, die nicht mehr im Originalzustand ist. Vielleicht wurden die Tonabnehmer getauscht, der Korpus neu lackiert oder die Bünde erneuert. Für Hardcore-Sammler ist sie weniger wertvoll, aber für Musiker ist sie eine fantastische Gelegenheit: Man erhält das gealterte Holz und das Spielgefühl eines alten Instruments zu einem Bruchteil des Preises eines makellosen Sammlerstücks.

„Eine neue Gitarre ist wie ein unbeschriebenes Blatt. Eine alte Gitarre ist ein Buch voller Geschichten, und manchmal, wenn du spielst, flüstert sie dir eine davon zu.“ – Joe Bonamassa (sinngemäß)

Wie pflegt man eine alte Nitrolack-Gitarre?
Weniger ist mehr! Vermeiden Sie aggressive Polituren mit Silikon. Ein weiches, trockenes Mikrofasertuch genügt meist. Bei stärkerer Verschmutzung ein leicht mit Wasser angefeuchtetes Tuch verwenden. Wichtig: Niemals abrupte Temperaturwechsel – das kann das feine „Checking“ schlagartig verschlimmern.

Vorsicht vor dem „Refinish“: Der Versuch, eine zerkratzte Vintage-Gitarre durch eine Neulackierung „schön“ zu machen, ist der Todesstoß für ihren Wert. Eine originale, abgenutzte Lackierung („Original Finish“) ist für Sammler und Kenner unendlich viel mehr wert als eine makellose, aber nicht originale Oberfläche. Jeder Kratzer erzählt eine Geschichte und beweist die Authentizität.

Ist eine japanische Kopie aus den 70ern eine gute Alternative?
Absolut! In der sogenannten „Lawsuit-Ära“ (ca. 1970-1980) bauten Marken wie Ibanez, Greco und Tokai verblüffend exakte Kopien von Gibson- und Fender-Modellen. Die Qualität dieser Instrumente war oft so hoch, dass sie den amerikanischen Originalen aus derselben Zeit überlegen waren. Heute sind sie selbst begehrte Sammlerstücke und eine erschwingliche Möglichkeit, an einen Vintage-Vibe zu kommen.

Der Rekord für die teuerste jemals versteigerte Gitarre liegt bei über 6 Millionen US-Dollar.
Es handelt sich um die 1959er Martin D-18E, die Kurt Cobain bei seinem legendären „MTV Unplugged“-Auftritt 1993 spielte. Dieser Preis zeigt, dass der Wert nicht nur vom Instrument selbst, sondern maßgeblich von seiner Geschichte und dem Künstler, der es gespielt hat, bestimmt wird.

Der originale Koffer ist weit mehr als nur eine Transportbox. Er ist ein entscheidender Teil des Gesamtpakets. Ein „Case Candy“ – also originale Hangtags, Garantiekarten, Kabel oder sogar das alte Poliertuch – kann den Wert einer Vintage-Gitarre um Tausende von Euro steigern. Er beweist, dass das Instrument über die Jahrzehnte pfleglich und vollständig erhalten wurde.

Das Holz einer E-Gitarre trocknet nicht einfach aus wie oft behauptet. Vielmehr verändert sich die Zellstruktur des Holzes über Jahrzehnte. Die Harze kristallisieren, die Zellwände werden starrer. Das Resultat ist ein Holz, das leichter schwingt und Frequenzen anders überträgt als frisches Holz. Gitarrenbauer sprechen von einem „offeneren“, resonanteren und komplexeren Grundklang.

Was ist ein „Parts-Caster“ und warum sollte ich aufpassen?
Ein „Parts-Caster“ ist eine Gitarre, die aus Teilen verschiedener Herkunft und Baujahre zusammengesetzt wurde – zum Beispiel ein Fender-Hals von 1965 auf einem Body von 1978 mit modernen Tonabnehmern. Oft werden diese Instrumente als komplett originales Vintage-Modell angeboten. Ohne Expertise ist es schwer, den Schwindel zu erkennen. Hier ist ein Profi-Check vor dem Kauf Gold wert!

Erle (Alder): Der Standard für Fender-Korpusse ab Mitte 1956. Leicht, resonant und mit einem ausgewogenen Klangbild mit starken Mitten. Perfekt für den klassischen Strat-Sound.
Esche (Ash): Wurde vor allem in den frühen 50ern verwendet. Oft schwerer als Erle, liefert es einen brillanteren, höhenreicheren Klang mit straffen Bässen. Ideal für den bissigen Telecaster-Twang.

Die „Relic“-Bewegung, bei der neue Gitarren künstlich gealtert werden, spaltet die Szene. Für die einen ist es eine legitime Kunstform, um den Look und das Gefühl einer unerschwinglichen Vintage-Gitarre zu erlangen – man denke an die aufwendigen Modelle aus dem Fender Custom Shop. Für die anderen ist es eine Art Betrug, eine gekaufte Geschichte ohne echte Seele. Wo stehen Sie in dieser Debatte?

- Authentizität und Werterhalt: Originale Mechaniken, Brücken und sogar Schrauben sind entscheidend für den Sammlerwert.
- Einzigartiger Klangcharakter: Alte Metalllegierungen und Fertigungstoleranzen bei Brückenreitern oder Pickup-Kappen tragen zum Gesamtklang bei.
Das Geheimnis? Der Teufel steckt im Detail. Selbst die Art, wie ein alter Stahl-Tremoloblock von Fender schwingt, ist anders als bei einem modernen Block aus Zinkdruckguss. Puristen schwören darauf.

Der Mythos der Unspielbarkeit: Viele glauben, alte Gitarren seien aufgrund von dünnen Bünden oder krummen Hälsen schwer zu spielen. Oft ist das Gegenteil der Fall. Ein gut eingespielter Hals mit abgerundeten Griffbrettkanten fühlt sich an wie ein perfekt eingelaufener Schuh. Viele moderne Gitarrenbauer versuchen, dieses „rolled edge“-Gefühl künstlich nachzubilden.

Sind alle „Siebzigerjahre-Klampfen“ schlecht?
Nein, das ist eine zu grobe Verallgemeinerung. Zwar gab es in der CBS-Ära bei Fender und der Norlin-Ära bei Gibson Qualitätsschwankungen (z.B. schwere Hölzer, unpräzise Halspassungen). Aber es gibt auch fantastische Instrumente aus dieser Zeit. Eine leichte Telecaster von ’72 oder eine Les Paul Deluxe aus der ersten Hälfte der 70er kann ein Traum-Instrument mit eigenständigem Charakter sein. Man muss nur wissen, worauf man achten muss.

- Stevie Ray Vaughan: Seine abgerockte ’63 „Number One“ Stratocaster definierte den modernen Blues-Sound.
- Eric Clapton: „Blackie“, zusammengesetzt aus drei 50er-Jahre-Strats, und seine ’64 Gibson ES-335 sind Ikonen.
- Jimmy Page: Seine ’59 Gibson Les Paul Standard, „Number One“, ist der Sound von Led Zeppelin.
Früher bestimmten Fachmagazine und Händler die Trends. Heute hat sich das Machtgefüge verschoben.
Plattformen wie Instagram und YouTube haben einen enormen Einfluss. Wenn ein einflussreicher Gitarren-Influencer ein obskures japanisches Modell aus den 80ern oder eine Silvertone-Kaufhausgitarre in den Himmel lobt, steigen die Preise auf dem Gebrauchtmarkt oft über Nacht. Der Vintage-Markt ist schneller und unberechenbarer geworden.




