Paprikakerne: Warum du sie nie wegwerfen solltest

Ein häufiges Missverständnis in der Küche
Es ist ein fast automatischer Handgriff für die meisten Hobbyköche: Die Paprika wird halbiert, und der erste Weg führt zum Mülleimer, um das Kerngehäuse mitsamt der weißen Samen zu entsorgen. Viele stören sich am angeblich bitteren Geschmack oder der harten Konsistenz. Doch was, wenn ich Ihnen als Koch verrate, dass Sie damit einen kleinen Schatz wegwerfen? Eine Ernährungsexpertin bestätigt, was in Profiküchen längst bekannt ist: Die Kerne sind nicht nur essbar, sondern auch richtig wertvoll.
Wir räumen mit dem Mythos auf und zeigen Ihnen, wie Sie aus den vermeintlichen Abfällen eine köstliche und gesunde Zutat zaubern können. Nur bei den scharfen Verwandten der Gemüsepaprika ist tatsächlich Vorsicht geboten.
Mehr als nur Deko: Die Nährstoffe in Paprikakernen

Die kleinen, blassen Kerne sehen unscheinbar aus, haben es aber in sich. Wie Hannah Zeyßig, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erklärt, sind sie eine hervorragende Quelle für Nährstoffe, die wir oft zu wenig zu uns nehmen.
- Ballaststoffe: Die Kerne sind reich an Ballaststoffen, die für eine gesunde Verdauung unerlässlich sind. Sie fördern die Darmtätigkeit und sorgen für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl.
- Sekundäre Pflanzenstoffe: In den Kernen stecken wertvolle Verbindungen wie Carotinoide und Polyphenole. Diesen Stoffen werden zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben, darunter antioxidative und entzündungshemmende Wirkungen.
- Ungesättigte Fettsäuren: Ähnlich wie Nüsse oder Leinsamen enthalten Paprikakerne gesunde Fette, die den Fettstoffwechsel positiv beeinflussen können. Besonders wenn sie mitverarbeitet oder gemahlen werden, kann der Körper sie gut aufnehmen.
Anstatt diesen nährstoffreichen Teil der Paprika zu entsorgen, können wir ihn also clever nutzen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern reduziert auch Küchenabfälle – ein kleiner, aber feiner Beitrag zur Nachhaltigkeit im Alltag.
Der Profi-Trick: So werden Paprikakerne zum Genuss

Das Argument des bitteren Geschmacks und der harten Konsistenz lässt sich mit einem einfachen Küchentrick vollständig entkräften. Roh gegessen können die Kerne tatsächlich etwas herb sein. Doch durch Rösten verwandeln sie sich komplett. Dieser Schritt ist das Geheimnis, um ihr volles Potenzial zu entfalten.
Anleitung: Paprikakerne richtig rösten
Zubereitungszeit: ca. 5 Minuten
- Vorbereitung: Befreien Sie die Kerne vom Fruchtfleisch und den weißen Scheidewänden. Ein paar verbliebene Fruchtfleischreste sind kein Problem. Tupfen Sie die Kerne bei Bedarf mit einem Küchentuch leicht trocken.
- Rösten ohne Fett: Erhitzen Sie eine kleine, beschichtete Pfanne auf mittlere Stufe. Geben Sie die Kerne ohne Öl oder Butter hinein.
- Geduld und Aufmerksamkeit: Rösten Sie die Kerne unter gelegentlichem Schwenken der Pfanne für etwa 3-4 Minuten. Sie sind fertig, wenn sie anfangen, dezent nussig zu duften und eine leicht goldbraune Farbe annehmen. Einige könnten sogar leise knistern oder leicht aufspringen – ähnlich wie Popcorn im Miniaturformat.
- Abkühlen lassen: Geben Sie die gerösteten Kerne sofort aus der heißen Pfanne auf einen Teller, damit sie nicht nachgaren und verbrennen. Lassen Sie sie vollständig abkühlen.
Das Ergebnis: Die Kerne sind jetzt nicht mehr hart, sondern wunderbar knusprig. Der bittere Geschmack ist einem warmen, nussigen Aroma gewichen, das an geröstete Sonnenblumenkerne erinnert. Diese Verwandlung macht sie zu einer vielseitigen Zutat.
Kreative Ideen für die Küche: So verwenden Sie die Kerne
Die gerösteten Kerne sind zu schade, um nur nebenbei gegessen zu werden. Integrieren Sie sie gezielt in Ihre Gerichte, um für Textur und ein besonderes Aroma zu sorgen.
- Knusper-Topping für Salate und Suppen: Streuen Sie eine Handvoll gerösteter Kerne über einen frischen Blattsalat, eine cremige Kürbissuppe oder eine Tomatensuppe. Der knusprige Biss ist ein fantastischer Kontrast zur weichen Konsistenz.
- Hausgemachtes Paprika-Salz: Geben Sie 1 EL geröstete Paprikakerne mit 3 EL grobem Meersalz und 1 TL edelsüßem oder geräuchertem Paprikapulver (Pimentón de la Vera ist hierfür ideal) in einen Mörser oder eine kleine Gewürzmühle. Mahlen Sie alles kurz durch. Dieses aromatische Salz passt perfekt zu Eierspeisen, Avocado-Toast oder Grillgemüse.
- In Pestos und Dips: Ersetzen Sie einen Teil der Pinienkerne in Ihrem nächsten Pesto durch geröstete Paprikakerne oder mischen Sie sie für mehr Biss unter einen Frischkäse- oder Quark-Dip.
- Für selbstgebackenes Brot: Fügen Sie die ganzen oder grob gehackten Kerne dem Teig für ein rustikales Bauernbrot oder herzhafte Brötchen hinzu.
Achtung: Der wichtige Unterschied bei Chili und Peperoni
Die Empfehlung, die Kerne mitzuessen, gilt ausdrücklich nur für die milde Gemüsepaprika. Bei ihren scharfen Verwandten wie Chili, Peperoni oder Habaneros sieht die Sache anders aus. Hier ist der Rat, die Kerne zu entfernen, absolut berechtigt.
Der Grund dafür ist der Stoff Capsaicin, der für die Schärfe verantwortlich ist. Entgegen der landläufigen Meinung sitzt die meiste Schärfe nicht in den Kernen selbst, sondern in der weißen Plazenta (den Scheidewänden), an denen die Kerne hängen. Da die Kerne in direktem Kontakt damit stehen, nehmen sie viel von der Schärfe auf.
Chef-Tipp zur Schärfe-Regulierung:
- Mild: Entfernen Sie Kerne und die gesamten weißen Innenwände.
- Mittel-scharf: Entfernen Sie nur die Kerne und lassen Sie Teile der Innenwände dran.
- Scharf: Verwenden Sie die ganze Schote samt Kernen und Wänden.
Tragen Sie beim Verarbeiten von sehr scharfen Chilisorten wie Habaneros am besten Einweghandschuhe, um Hautreizungen zu vermeiden und fassen Sie sich nicht ins Gesicht.
Profi-Tipps zu Einkauf, Lagerung und Sorte
Um das beste Ergebnis zu erzielen, beginnt alles beim Einkauf. Nicht jede Paprika ist gleich.
- Die richtige Sorte wählen: Rote, spitze Paprikasorten sind oft am süßesten und ihre Kerne daher am mildesten. Gelbe und orangefarbene Paprika sind ebenfalls gut geeignet. Grüne, unreife Paprika sind herber im Geschmack, was sich auch auf die Kerne überträgt.
- Regional und Saisonal: Wie Utopia.de empfiehlt, greifen Sie am besten zu regionaler Bio-Ware. Deutsche Paprika hat von Juli bis Oktober Saison. In dieser Zeit ist sie am frischesten, aromatischsten und günstigsten, oft schon für unter 3 €/kg auf dem Wochenmarkt zu finden.
- Lagerung der Kerne: Sie müssen die Kerne nicht sofort verwenden. Breiten Sie sie auf einem Stück Küchenpapier aus und lassen Sie sie 1-2 Tage an der Luft trocknen. Danach können Sie sie in einem kleinen, luftdichten Behälter (z.B. ein leeres Gewürzglas) monatelang aufbewahren. So haben Sie immer einen kleinen Vorrat zum Rösten parat.
Probieren Sie es beim nächsten Mal aus! Dieser kleine, einfache Schritt wertet nicht nur Ihre Gerichte auf, sondern hilft auch, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Ein Gewinn für Ihren Gaumen und die Umwelt.