Auto-Innenraum: Leder, Stoff oder Alcantara? Der ehrliche Werkstatt-Guide

Ein Auto ist mehr als nur ein Fortbewegungsmittel – es ist ein persönlicher Rückzugsort. Entdecken Sie, wie Sie Ihr Fahrzeug stilvoll gestalten können!

von Michael von Adelhard

In all den Jahren in der Werkstatt habe ich, ehrlich gesagt, schon fast alles gesehen. Da waren die Ledersitze eines klassischen Flügeltürers, dessen Geruch eine ganze Geschichte erzählte. Aber ich habe auch die andere Seite erlebt: die Folgen von schnellen, billigen Lösungen. Ich werde nie den jungen Kerl vergessen, der zu mir kam, weil sich seine online gekauften „Ledersitze“ nach einem Sommer in der prallen Sonne quasi aufgelöst haben. Es war kein echtes Leder, nur irgendein billig verklebtes Zeug. Der Schaden war riesig und seine Enttäuschung noch größer.

Solche Erlebnisse brennen sich ein. Sie zeigen einem, dass der Fahrzeuginnenraum so viel mehr ist als nur eine schicke Hülle. Er ist der Ort, an dem wir unzählige Stunden verbringen. Er muss bequem sein, gut aussehen und vor allem langlebig und sicher sein. Es geht nicht nur um die Optik. Es geht um gutes Handwerk, das richtige Material und das Wissen, warum man etwas genau so und nicht anders macht. In diesem Guide teile ich mein Wissen mit dir. Ganz ohne Verkaufs-Blabla. Das ist ehrliches Werkstatt-Wissen von jemandem, der seine Arbeit liebt.

immer mehr menschen verbringen immer mehr zeit hinter dem steuer

Das Herzstück: Welches Material passt zu dir?

Die Wahl des Materials ist die wichtigste Entscheidung überhaupt. Sie bestimmt nicht nur den Look, sondern auch Haltbarkeit, Komfort und sogar die Sicherheit. Viele entscheiden nur nach dem ersten Eindruck. Ein Profi schaut tiefer. Er fühlt das Material, kennt seine Eigenschaften und weiß, wie es sich über die Jahre verhalten wird.

Echtes Leder: Der Klassiker mit Tücken

Leder – für viele der Inbegriff von Luxus im Auto. Und ja, der Geruch von echtem, neuem Leder ist einfach einmalig. Aber Achtung: Leder ist nicht gleich Leder. Die Qualitätsunterschiede sind gewaltig und für einen Laien oft kaum zu erkennen.

Warum ist Autoleder so besonders?

Leder fürs Auto ist ein echtes Hightech-Produkt. Es muss viel mehr aushalten als das Leder deiner Couch zu Hause. Stell dir vor: Es ist ständig UV-Strahlung, krassen Temperaturschwankungen und mechanischer Belastung ausgesetzt. Deshalb wird Automobilleder speziell gegerbt und die Oberfläche mit einer schützenden Pigmentschicht versiegelt. Diese Schicht macht es robust gegen Abrieb und Ausbleichen. Und sie sorgt auch dafür, dass ein verschütteter Kaffee nicht sofort eine Katastrophe auslöst.

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Diese Schutzschicht hat aber auch einen kleinen Nachteil: Sie verschließt die Poren des Leders. Dadurch ist es weniger atmungsaktiv. Das ist der Grund, warum man im Sommer auf Ledersitzen leichter ins Schwitzen kommt. Eine Perforation, also winzige Löcher im Leder, kann hier aber Wunder wirken. Sie verbessert die Luftzirkulation spürbar und ist bei Autos mit Sitzklimatisierung ein absolutes Muss.

Übrigens, hättest du’s gewusst? Der berühmte „Neuwagenduft“ ist oft eine künstlich erzeugte Parfümkomposition. Echtes, hochwertiges Leder riecht viel dezenter und erdiger, fast schon ein wenig herb.

Die gängigsten Lederarten im Überblick:

  • Nappaleder: Das ist die superweiche, glatte Variante, oft vom Kalb. Fühlt sich fantastisch an, ist aber auch etwas empfindlicher. Findet man oft in der Oberklasse. Hier ist sorgfältige Pflege Pflicht!
  • Pigmentiertes Glattleder: Das ist der Allrounder und Standard bei den meisten Herstellern. Es ist robust, pflegeleicht und in unzähligen Farben zu haben. Die natürliche Struktur ist durch die Farbschicht zwar weniger sichtbar, aber für den Alltag ist die Haltbarkeit einfach ideal.
  • Anilinleder: Das ist die Königsklasse – das natürlichste und teuerste Leder. Es ist durchgefärbt, hat aber kaum eine Schutzschicht. Man sieht jede Pore, jede Falte der ursprünglichen Haut. Es ist extrem atmungsaktiv und fühlt sich unglaublich warm an. Aber: Es ist extrem empfindlich. Jeder Wassertropfen hinterlässt einen Fleck. Für ein Alltagsauto absolut ungeeignet, für ein selten bewegtes Sammlerstück aber vielleicht genau die richtige, exklusive Wahl.

Ein Wort aus der Werkstatt: Gutes Leder erkenne ich sofort am Griff und am Geruch. Billigware riecht oft chemisch und fühlt sich steif und plastikartig an. Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch. Ein seriöser Sattler kann dir immer technische Datenblätter zum Leder zeigen und erklären, woher es kommt.

tolle idee zum thema inneneinrichtung eines wagens mit ledersitzen

Stoffe und Mikrofaser: Die modernen Alleskönner

Stoffsitze hatten lange einen schlechten Ruf. Sie galten als die „Billig-Version“. Doch diese Zeiten sind längst vorbei! Moderne Textilien sind hoch entwickelte Materialien, die Leder in manchen Punkten sogar überlegen sind.

Die Wissenschaft im Gewebe

Bei Autostoffen zählen vor allem zwei Werte. Der eine ist die Scheuerfestigkeit, gemessen in Martindale-Touren. Ein guter Möbelstoff für zu Hause hat vielleicht 20.000 Touren. Ein hochwertiger Autostoff sollte mindestens 80.000, besser 100.000 Touren aushalten. Das ist so, als würdest du 100.000 Mal mit einer rauen Jeans drüberrutschen. Der zweite Wert ist die Lichtechtheit. Sie sagt aus, wie gut der Stoff gegen Ausbleichen durch die Sonne geschützt ist. Hier sind hohe Werte Pflicht.

Und natürlich geht Sicherheit vor: Alle Stoffe im Auto müssen die Brandschutznormen erfüllen. Das Material darf bei einem Brand nicht lichterloh brennen, sondern muss von selbst verlöschen. Ein entscheidender Sicherheitsaspekt!

Alcantara: Kein Leder, aber oft die bessere Wahl

Viele denken, Alcantara sei eine Art Wildleder. Falsch! Alcantara ist ein Markenname für einen extrem hochwertigen Mikrofaser-Vliesstoff. Das Material ist super robust, unheimlich griffig und sehr atmungsaktiv. Im Sommer wird es nicht glühend heiß, im Winter nicht eiskalt. Deshalb lieben es Sportwagenfahrer auf Lenkrädern und den Mittelbahnen von Sitzen. Es bietet einfach einen fantastischen Halt.

schöne ledersitzen - noch eine tolle idee zum thema inneneinrichtung des autos

Die Pflege ist aber etwas anspruchsvoller als bei Glattleder. Staub setzt sich leichter fest. Ein Nachteil kann Pilling sein, also die Bildung kleiner Knötchen an stark beanspruchten Stellen. Hochwertiges Alcantara ist dagegen aber gut geschützt. Kleiner Tipp: Um Pilling zu vermeiden, bürste die Oberfläche einfach regelmäßig mit einer weichen Polsterbürste ab. Das richtet die Fasern wieder auf und hält es lange schön.

Der clevere Materialmix: Ich habe schon viele Kunden beraten, die eigentlich Leder wollten und sich dann umentschieden haben. Eine geniale Lösung ist oft die Kombination: Die Seitenwangen der Sitze, die beim Ein- und Aussteigen stark belastet werden, bekommen robustes Leder. Die Sitz- und Rückenflächen, auf denen du sitzt, werden mit Alcantara bezogen. So hast du die edle Optik von Leder, aber den Komfort, den Halt und die Atmungsaktivität von Alcantara. Das Beste aus beiden Welten!

Kunstleder: Besser als sein Ruf

Vergiss das brüchige, schwitzige Vinyl von früher. Modernes Kunstleder ist ein Top-Material: langlebig, absolut wasserdicht und extrem pflegeleicht. Einfach feucht abwischen, fertig. Es ist die erste Wahl für Fahrzeuge, die richtig was aushalten müssen – Taxis, Transporter oder die Sitze in einem Geländewagen sind perfekte Kandidaten. Auch bei manchen Oldtimer-Restaurationen ist es die richtige Wahl, weil es dem zeitgenössischen Original entspricht.

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Ganz ehrlich: Kunstleder wird niemals die Haptik oder den Geruch von echtem Leder erreichen. Es atmet nicht. Aber in Sachen Haltbarkeit und Pflegeleichtigkeit ist es unschlagbar. Eine funktionale und oft auch finanziell sehr vernünftige Entscheidung.

Das Handwerk dahinter: Ein Blick in die Werkstatt

Das beste Material ist nur die halbe Miete. Die Verarbeitung entscheidet, ob das Ergebnis am Ende perfekt aussieht und ewig hält. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

  • Die Schablonen: Zuerst wird der alte Bezug vorsichtig an den Nähten aufgetrennt. Jedes Teil wird gebügelt und auf Karton übertragen. Das ist Millimeterarbeit. Ein kleiner Fehler hier, und der Bezug wirft später Falten.
  • Die Naht: Wir nutzen nur spezielle Synthetik-Garne (z.B. von Serafil), die extrem reißfest und UV-stabil sind. Ein normaler Baumwollfaden würde in der Sonne nach wenigen Jahren zerfallen. Eine doppelte Naht, oft in einer Kontrastfarbe, sieht nicht nur super aus, sie ist auch viel stabiler. Dafür braucht man schwere Industriemaschinen mit Dreifachtransport, damit sich nichts verschiebt.
  • Das Polstern: Der schönste Bezug bringt nichts, wenn der Schaumstoff darunter durch ist. Ein guter Sattler prüft den Kern immer und baut ihn bei Bedarf mit neuen Schaumstoffen wieder auf, damit der Komfort und Seitenhalt wieder stimmen. Manchmal bauen wir auf Kundenwunsch auch eine Lordosenstütze ein.
  • Das Beziehen: Das ist der finale, spannendste Schritt. Der neue Bezug wird über den Kern gezogen. Das erfordert Kraft, Geduld und viel Erfahrung. Mit einem Heißluftföhn machen wir das Material geschmeidig, mit speziellen Zangen wird alles gleichmäßig gespannt. Am Ende muss der Sitz aussehen wie aus einem Guss.
schöne ledersitzen - noch eine tolle idee zum thema inneneinrichtung des autos

Sicherheit geht vor! Was du unbedingt wissen musst

Ein Auto-Innenraum ist kein Design-Spielplatz. Er ist ein sicherheitsrelevanter Teil des Fahrzeugs. Wer hier ohne Fachwissen arbeitet, handelt grob fahrlässig.

Die Sollreißnaht am Seitenairbag: Eine lebenswichtige Naht

Ganz ehrlich: Das ist der wichtigste Punkt im ganzen Artikel. Moderne Autositze haben fast immer einen Seitenairbag in der Lehne. Wenn der auslöst, muss er den Bezug an einer ganz bestimmten Stelle aufreißen können. Dafür gibt es eine spezielle Naht, die Sollreißnaht.

ACHTUNG! Diese Naht darf nur von zertifizierten Betrieben mit speziell zugelassenen Maschinen und Garnen hergestellt werden. Jeder Nähprozess wird genau dokumentiert. Lass NIEMALS einen Hobbyschrauber oder eine nicht qualifizierte Werkstatt an einem Sitz mit Airbag arbeiten. Wenn dort eine normale, feste Naht genäht wird, kann der Airbag im Notfall nicht richtig auslösen. Die Folgen können tödlich sein. Ein TÜV-Prüfer wird ein Auto mit einer unsachgemäßen Airbagnaht sofort stilllegen. Frag den Betrieb immer gezielt nach der Zertifizierung für Airbagarbeiten. Bekommst du keine klare Antwort, such dir eine andere Werkstatt.

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TÜV und H-Kennzeichen: Ärger vermeiden

Eine neue Ausstattung ist meist nicht eintragungspflichtig, solange die Sicherheit (Airbag!) beachtet wird. Anders sieht es bei Oldtimern mit H-Kennzeichen aus. Hier wird ein originalgetreuer oder zumindest zeitgenössischer Zustand verlangt. Wenn du einen Klassiker mit modernem Alcantara beziehst, kann der Prüfer das H-Kennzeichen verweigern. Das bedeutet höhere Steuern und Versicherungskosten. Ein guter Berater bewahrt dich vor solchen Fehlern.

Kosten, Zeit und die richtige Pflege

Am Ende bleiben natürlich die drei großen Fragen: Was kostet das? Wie lange dauert’s? Und wie halte ich es schön?

Realistische Kosten und Zeit

Pauschale Preise sind unseriös, denn es hängt alles vom Auto, Material und deinen Wünschen ab. Aber um dir eine Hausnummer zu geben:

  • Das Beziehen der beiden Vordersitze mit einem hochwertigen Autostoff startet bei etwa 1.200 bis 1.800 Euro.
  • Für eine komplette Ausstattung (Vordersitze, Rückbank, Türverkleidungen) in gutem Automobilleder musst du je nach Fahrzeug mit 4.000 bis 7.000 Euro rechnen. Nach oben gibt es kaum Grenzen.
  • Ein Lenkrad neu mit Leder beziehen zu lassen, liegt meist zwischen 300 und 500 Euro.

Eine komplette Neuausstattung ist keine Sache von heute auf morgen. Rechne mal mit einer guten Woche, die dein Auto in der Werkstatt bleibt. Allein das Nähen der Bezüge kann schon 2-3 Tage dauern, da steckt die meiste Handarbeit drin.

Und was ist mit dem Wiederverkaufswert? Eine gute Frage! Eine hochwertige, professionell gemachte Lederausstattung kann bei einem Premium-Fahrzeug den Wert durchaus erhalten oder sogar steigern. Bei einem 15 Jahre alten Kleinwagen ist die Investition aber eher Liebhaberei und wird sich beim Verkauf kaum auszahlen. Sei da realistisch.

Die richtige Pflege für ein langes Leben

Deine 15-Minuten-Lederpflege für Faule:

  1. Saugen: Mit dem weichen Bürstenaufsatz absaugen, um losen Schmutz zu entfernen.
  2. Reinigen: Etwas milden Reiniger (nicht zu viel!) auf ein Mikrofasertuch geben, niemals direkt auf das Leder sprühen!
  3. Wischen: Mit dem Tuch in geraden, sanften Linien über das Leder wischen, nicht wild kreisen.
  4. Nachwischen: Mit einem zweiten, leicht mit Wasser angefeuchteten Tuch nachwischen, um Reinigerreste zu entfernen.
  5. Pflegen: Eine dünne Schicht Lederpflege mit UV-Schutz auftragen. Das hält das Leder geschmeidig. Fertig!

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Spar nicht bei den Pflegeprodukten. Ich habe persönlich gute Erfahrungen mit den kompletten Sets von Anbietern wie Colourlock gemacht. Die kosten vielleicht 30-40 Euro, aber da ist alles drin, was du brauchst, und die Qualität stimmt. Das ist gut investiertes Geld.

Checkliste: Woran erkenne ich eine gute Sattlerei?

Bevor du einen Auftrag vergibst, frag nach! Ein guter Profi wird dir alles gerne zeigen und erklären.

  • Airbag-Zertifikat: Die wichtigste Frage! „Haben Sie die Zertifizierung für Arbeiten an Airbag-Nähten?“ Wenn nicht: Finger weg!
  • Referenzen zeigen: „Kann ich mir aktuelle Arbeiten oder Fotos von ähnlichen Projekten ansehen?“
  • Materialmuster: „Können Sie mir die verschiedenen Materialien zeigen und die Unterschiede erklären?“
  • Transparenz: Ein guter Betrieb erklärt dir den Ablauf und warum er bestimmte Techniken oder Materialien verwendet.
  • Bauchgefühl: Wirkt die Werkstatt sauber und professionell? Nimmt man sich Zeit für deine Fragen? Das ist oft ein gutes Zeichen.

Mein Fazit aus der Werkstatt

Die Entscheidung für eine neue Innenausstattung ist eine Investition. In deinen täglichen Komfort, in deine Sicherheit und in den Wert deines Autos. Mein Rat: Spar nicht am falschen Ende. Ein billiges Material oder eine unsaubere Arbeit ärgert dich auf lange Sicht viel mehr als eine einmalige, hochwertige Lösung vom Fachmann.

Ein guter Sattler ist mehr als nur ein Handwerker, er ist auch dein Berater. Er hört dir zu und findet mit dir zusammen die beste Lösung für dein Auto und deine Bedürfnisse. Schau dir die Werkstatt an, lass dir alles zeigen. Denn am Ende wollen wir doch alle das Gleiche: die pure Freude an einem schönen, langlebigen und sicheren Fahrzeug.

Inspirationen und Ideen

Wussten Sie, dass Alcantara® kein Wildleder ist, sondern ein hochtechnologischer Mikrofaserstoff, der in den 1970er Jahren in Japan von Toray Industries entwickelt wurde?

Dieser Irrtum hält sich hartnäckig. Doch das Material besteht aus einer ultrafeinen Mischung aus Polyester und Polyurethan. Diese Zusammensetzung verleiht ihm seine veloursartige Haptik, seine Strapazierfähigkeit und die charakteristische Griffigkeit, die besonders in sportlichen Fahrzeugen von Marken wie Porsche oder Lamborghini geschätzt wird, um den Fahrer fest im Sitz zu halten.

Die Gretchenfrage: Lohnt sich der Aufpreis für Nappaleder wirklich?

Nappaleder ist vollnarbiges, besonders weiches und offenporigeres Leder. Der Unterschied ist sofort spürbar: Es fühlt sich wärmer und geschmeidiger an als das stärker versiegelte Standard-Automobilleder. Der Luxus hat aber seinen Preis – nicht nur in der Anschaffung. Durch die dünnere Schutzschicht ist Nappa anfälliger für Abnutzung und Flecken. Es ist die richtige Wahl für echte Enthusiasten, die den ultimativen Luxus suchen und bereit sind, die nötige Pflege zu investieren. Für den robusten Familienalltag ist pigmentiertes Leder oft die pragmatischere Lösung.

Der Teufel im Detail: Die Naht

Eine hochwertige Naht ist mehr als nur Zierde – sie ist ein Qualitätsmerkmal. Achten Sie auf gleichmäßige Stichlängen und einen geraden Verlauf, besonders in den Kurven. Eine sogenannte „Kappnaht“ oder „Doppelnaht“ ist nicht nur optisch ansprechend, sondern auch deutlich haltbarer als eine einfache Steppnaht. Premium-Hersteller wie Bentley oder Rolls-Royce bieten sogar handgenähte Ziernähte an, deren Perfektion ein zentrales Element des Innenraum-Designs darstellt.

Moderne Stoffbezüge haben ihr biederes Image längst abgelegt. Dank innovativer Webtechniken und Materialien bieten sie heute eine erstaunliche Vielfalt und Funktionalität.

  • Haltbarkeit: Materialien wie Cordura®, bekannt aus Motorradbekleidung, sind extrem abriebfest.
  • Komfort: Wollmischungen, wie sie Volvo teilweise einsetzt, regulieren die Temperatur hervorragend.
  • Design: 3D-Stricktechniken und Jacquard-Muster erlauben komplexe und moderne Designs, die mit Leder so nicht möglich wären.

Alcantara reinigen, aber richtig:

  • Niemals mit harten Bürsten arbeiten! Ein weiches Mikrofasertuch oder eine spezielle Alcantara-Bürste sind Pflicht.
  • Bei Flecken zu speziellen Reinigern greifen, z. B. von Sonax oder Colourlock. Haushaltsmittel können die Fasern verkleben.
  • Nach der feuchten Reinigung das Material mit einem sauberen, trockenen Tuch in eine Richtung „bürsten“, um die Optik wiederherzustellen.
  • Regelmäßiges Absaugen mit einem weichen Bürstenaufsatz verhindert, dass sich Schmutz tief in den Fasern festsetzt.

Perforiertes Leder: Hierbei wird das Leder lediglich mit kleinen Löchern versehen. Das verbessert die passive Atmungsaktivität, da Luft und Feuchtigkeit besser zirkulieren können. Ein echter Segen an warmen Tagen.

Sitzbelüftung: Das ist die aktive Stufe. Hier saugen oder blasen kleine Ventilatoren im Sitzinneren Luft durch die Perforation. Das sorgt für einen spürbaren Kühleffekt und verhindert effektiv einen verschwitzten Rücken auf langen Sommerfahrten.

Ein perforierter Sitz ohne aktive Belüftung ist gut, aber erst die Kombination aus beidem bietet den maximalen Komfort.

Laut einer Studie der UN-Ernährungsorganisation (FAO) ist die Viehzucht für rund 14,5 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Dieser Fakt rückt auch die Lederproduktion in ein neues Licht. Während Automobilleder oft als Nebenprodukt der Fleischindustrie gilt, ist sein ökologischer Fußabdruck durch Gerbung und Veredelung erheblich. Dies beflügelt die Entwicklung von „veganem Leder“. Materialien wie „Tesla Premium Interior“ (Polyurethan) oder Polestars „WeaveTech“ (Vinyl) bieten eine tierfreie Alternative, deren Langzeithaltbarkeit und Ökobilanz im Vergleich zu Kunststoffen ebenfalls intensiv diskutiert werden.

  • Der kühl-glatte Touch an einem Sommerabend.
  • Der unverkennbare, wohlige Geruch, der ein Gefühl von Wertigkeit vermittelt.
  • Das leise Knarzen, wenn man sich in den Sitz schmiegt.

Das Geheimnis? Die Patina von echtem Leder.

Anders als Stoff oder Alcantara, die mit der Zeit verschleißen, entwickelt gut gepflegtes Leder eine individuelle Patina. Kleine Fältchen und ein leichter Glanz erzählen die Geschichte gemeinsamer Fahrten und machen den Innenraum zu einem Unikat mit Charakter.

Ein häufiger Fehler bei der Lederpflege ist die Verwendung von Produkten, die für Möbel gedacht sind. Couchleder ist in der Regel weicher und offenporiger. Autoleder hingegen hat eine spezielle, robuste Polyurethan-Schutzschicht gegen UV-Strahlung und Abrieb. Aggressive Haushaltsreiniger oder falsche Pflegelotionen können diese unsichtbare Barriere angreifen, das Leder austrocknen und langfristig zu Rissen führen. Greifen Sie immer zu pH-neutralen, für pigmentiertes Automobilleder entwickelten Produkten, zum Beispiel von Lexol oder Swissvax.

„Der Trend geht zur Individualität und Nachhaltigkeit. Kunden wollen nicht mehr nur von der Stange, sondern einen Innenraum, der ihre Persönlichkeit widerspiegelt und gleichzeitig umweltbewusst ist.“ – Zitat eines Interieur-Designers von BMW i

Das zeigt sich in neuen Materialkombinationen: Recycelte Stoffe treffen auf offenporiges Holz, vegane Lederalternativen auf Akzente aus Bronze oder Keramik. Die reine Materialschlacht weicht einem ganzheitlichen Konzept, bei dem Haptik, Optik und ökologisches Gewissen eine harmonische Einheit bilden.

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.