Dieses Vogesen-Dorf wird auf 780m zum Alpin-Panorama

Von der friedlichen Dorfidylle bis zu atemberaubenden Gipfelpanoramen – La Bresse in den Vogesen bietet eine spektakuläre Verwandlung auf nur 780 Höhenmetern. Ich erinnere mich noch genau an meine erste Fahrt dorthin von Freiburg aus: Man erwartet sanfte, grüne Hügel und findet sich plötzlich in einer Landschaft wieder, die sich fast alpin anfühlt. In weniger als zwei Stunden Autofahrt taucht man ein in eine Welt voller Kontraste, die perfekt für eine kurze Auszeit vom Alltag ist.
Ein Dorf mit zwei Gesichtern: Vom Tal zum Gipfel
La Bresse, ein charmantes Dorf mit knapp 4.000 Einwohnern, erstreckt sich vom Moselotte-Talboden auf 580 Metern bis zum majestätischen Hohneck-Gipfel auf 1.363 Metern. Diese einzigartige Topographie ist keine leere Werbebotschaft, sie ist das Herzstück des Erlebnisses. Stellen Sie sich vor, wie Sie morgens durch blühende Wiesen spazieren und am Nachmittag die klare, kühle Gipfelluft atmen – all das, ohne die Gemeinde zu verlassen. Die Fahrt über die berühmte Route des Crêtes (Vogesenkammstraße), die sich zum Gipfel schlängelt, ist allein schon die Reise wert und offenbart nach jeder Kurve ein neues, beeindruckendes Panorama.
Eine sensorische Reise durch die Jahreszeiten

Der dramatische Höhenunterschied sorgt für ein faszinierendes Schauspiel der Natur. Ich war einmal Ende Mai dort: Unten im Tal in La Bresse saßen wir im T-Shirt beim Café au Lait, während oben am Hohneck noch Schneereste in den Felsmulden glitzerten und eine steife Brise eine Windjacke absolut notwendig machte. Im Sommer lockt das Tal mit angenehmen Temperaturen an den Seen, während man auf dem Gipfel der Schwüle entfliehen kann. Im Herbst verwandelt sich La Bresse dann in ein Farbenmeer – unten die goldenen Wälder, oben oft schon der erste Raureif. Mein Tipp: Das Wetter kann sich hier oben blitzschnell ändern. Auch im Sommer gehört eine Jacke immer in den Rucksack!
Vom Dorfleben zur alpinen Herausforderung

Ein perfekter Tag in La Bresse beginnt für mich im Tal. Man startet mit einem Besuch in einer der lokalen Bäckereien, zum Beispiel der „Boulangerie Pâtisserie Le Fournil Bressaud“, für ein frisches Croissant (ca. 1,20 €) und einen starken Kaffee. Die Atmosphäre ist entspannt, ländlich-französisch. Nur eine halbe Stunde später kann man sich auf dem Hohneck-Gipfel wiederfinden, umgeben von einer kargen Berglandschaft, weidenden Kühen und einem Panoramablick, der an klaren Tagen bis zu den Alpen reicht. Diese extreme Kontrasterfahrung macht La Bresse so einzigartig. Halten Sie Ausschau nach den Gämsen (Chamois), die oft an den steilen Hängen unterhalb des Gipfels grasen – am besten frühmorgens oder in der Abenddämmerung.
Praktische Tipps für Ihre Reise
Um das Beste aus Ihrem Aufenthalt herauszuholen, habe ich ein paar persönliche Empfehlungen gesammelt:
Anreise & Unterkunft
Von Süddeutschland (z.B. Freiburg) ist man in etwa 1,5 Stunden mit dem Auto in La Bresse. Die Anreise ist unkompliziert. Bei der Unterkunft gibt es für jeden Geldbeutel etwas:
- Für Familien & Selbstversorger: Eine der vielen Gîtes (Ferienwohnungen). Man findet gute Angebote oft schon für 80-120 € pro Nacht.
- Für Authentizität-Suchende: Ich liebe die Ferme Auberges (Bauernhof-Gasthöfe) entlang der Route des Crêtes. Hier schläft man einfach, aber isst fantastisch. Unbedingt reservieren!
- Für Komfort: Hotels wie das „Les Vallées Hôtel & Résidence“ im Ort bieten mehr Annehmlichkeiten und oft auch einen Wellnessbereich.
Essen & Trinken: Wo die Einheimischen hingehen
Vergessen Sie die typischen Touristenfallen. Für ein unvergessliches kulinarisches Erlebnis empfehle ich eine Einkehr in einer Ferme Auberge. Mein absoluter Favorit ist die Ferme Auberge du Schiessroth, die man über eine kleine Wanderung vom Hohneck aus erreicht. Bestellen Sie dort das „Repas Marcaire“, das traditionelle Melker-Menü. Es besteht meist aus einer Pastete, geräuchertem Schweinefleisch mit „Roïgabrageldi“ (eine Art Bratkartoffeln mit Zwiebeln) und zum Abschluss dem lokalen Münsterkäse oder einer Heidelbeertorte (Tarte aux Myrtilles). Rechnen Sie mit ca. 25-30 € pro Person für ein Menü, das jeden Cent wert ist.
Ein Paradies für Naturliebhaber und Abenteurer
La Bresse bietet für jeden Geschmack das passende Erlebnis. Ein gemütlicher Spaziergang um den Lac de Blanchemer ist ein Muss. Der Rundweg dauert keine Stunde und ist auch für Kinder ideal. Mein Tipp: Kaufen Sie im Dorf Baguette, Käse und Wein und machen Sie hier ein Picknick am Ufer – unbezahlbar! Für ambitioniertere Wanderer ist der „Sentier des Roches“ oder der Weg vom Hohneck zum Kastelberg eine fantastische, aber anspruchsvolle Tour. Gute Wanderschuhe und Trittsicherheit sind hier absolut erforderlich! Im Winter verwandelt sich La Bresse-Hohneck in das größte Skigebiet der Vogesen. Es ist kleiner als die Alpen-Resorts, aber deutlich günstiger und perfekt für ein Wochenende.
Eine Zeitreise durch die Geschichte
Was viele nicht wissen: Der Gipfelkamm der Vogesen war von 1871 bis 1918 die Grenze zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich. Bei Wanderungen stößt man immer wieder auf alte Grenzsteine mit einem „F“ auf der einen und einem „D“ auf der anderen Seite. Diese Spuren der Geschichte, kombiniert mit der traditionellen Holzfäller-Kultur im Tal, verleihen der Region eine unerwartete Tiefe. Man wandert nicht nur durch die Natur, sondern auch durch ein Stück europäische Geschichte.
La Bresse ist für mich mehr als nur ein Ort – es ist diese seltene Erfahrung, am selben Tag den Duft von frischem Gebäck im Tal und die raue, klare Luft eines 1300-Meter-Gipfels zu atmen. Es ist ein unkomplizierter, aber intensiver Kurzurlaub, der beweist, dass man für alpine Gefühle nicht immer bis in die Hochalpen fahren muss.