Dieser Turm ist mit 10° doppelt so schief wie Pisa

Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem Turm, der so schief ist, dass der berühmte Turm von Pisa daneben fast gerade wirkt. Ich gebe zu, als ich das erste Mal davon hörte, war ich skeptisch. Ein Turm in Brandenburg, der Pisa in den Schatten stellt? Das klang wie eine dieser typischen Touristen-Übertreibungen. Doch als ich dann am idyllischen Senftenberger See stand und nach oben blickte, musste ich lachen: Die Realität ist noch beeindruckender als die Beschreibung. Hier ragt seit 2001 ein architektonisches Wunder in den Himmel, das selbst mich als erfahrenen Reisenden staunen ließ: Der schiefe Aussichtsturm von Senftenberg mit einer unglaublichen Neigung von 10 Grad!
Ein deutscher Rekordhalter, der Pisa alt aussehen lässt
Während der Turm von Pisa mit seiner Neigung von knapp 4 Grad weltberühmt ist, stellt der Senftenberger Turm diesen Wert mühelos in den Schatten. Mit seinen exakt 10 Grad Neigung ist er mehr als doppelt so schief wie sein italienischer Konkurrent. Das macht ihn nicht nur zu einem kuriosen Fotomotiv, sondern zum schiefsten absichtlich so gebauten Turm Deutschlands. Es ist kein Baufehler, sondern pure Absicht – ein Kunstwerk aus Stahl, das die Grenzen der Statik auslotet und Besucher magisch anzieht.
Die Geschichte dahinter ist eng mit der Transformation der ganzen Region verbunden. Wo man heute auf eine riesige, glitzernde Wasserfläche blickt, wurde früher Braunkohle abgebaut. Der Senftenberger See ist das Herzstück des Lausitzer Seenlandes, einer Landschaft, die sich von einer Industrieregion in ein Natur- und Urlaubsparadies verwandelt hat. Der Turm steht genau an dieser Nahtstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft. Errichtet aus 105 Tonnen feuerverzinktem Stahl, erinnert seine rostige Optik an die industrielle Vergangenheit und weist gleichzeitig schräg in eine neue, nachhaltige Zukunft.
Der Aufstieg: Ein Abenteuer für die Sinne

Der Weg nach oben ist schon ein Erlebnis für sich. Man erklimmt die 176 Stufen einer offenen Stahltreppe, die sich um den Turm windet. Bei jedem Schritt spürt man die Neigung subtil im eigenen Körper – ein leicht surreales Gefühl, als würde die Schwerkraft ein kleines Spiel mit einem spielen. Oben angekommen, in 31,5 Metern Höhe, wird man mit einem spektakulären 360-Grad-Panorama belohnt, das einem die Sprache verschlägt.
Der Blick schweift über den riesigen Senftenberger See, die bewaldete Insel in seiner Mitte und die unzähligen kleinen Segelboote, die wie weiße Tupfer auf dem Wasser tanzen. An klaren Tagen kann man bis zum Horizont blicken und die Weite dieser einzigartigen Wasserlandschaft erfassen. Mein persönlicher Tipp: Kommen Sie zum späten Nachmittag. Das goldene Licht der untergehenden Sonne taucht den See und die umliegenden Wälder in eine magische Atmosphäre – perfekt für atemberaubende Fotos.
Was ich besonders bemerkenswert finde: Trotz der vielen Stufen ist der Turm barrierefrei zugänglich. Ein gläserner Aufzug fährt Besucher bequem zur Aussichtsplattform. Das ist wirklich vorbildlich und ermöglicht wirklich jedem dieses Erlebnis.
Praktische Tipps für Ihren Besuch

Ein Ausflug zum schiefen Turm ist unkompliziert, aber ein paar Dinge sollte man wissen, um den Tag perfekt zu machen.
Anfahrt und Parken: Von Berlin aus erreicht man Senftenberg über die A13 in etwa 90 Minuten, von Dresden aus dauert es knapp eine Stunde. Geben Sie ins Navi am besten „Parkplatz Aussichtsturm Senftenberg“ ein. Direkt am Turm gibt es einen großen Parkplatz, der gebührenpflichtig ist. Rechnen Sie mit etwa 3-5 Euro für ein paar Stunden, was ich absolut fair finde.
Kosten und Öffnungszeiten: Das Beste kommt zum Schluss: Der Zugang zum Turm ist komplett kostenlos! Es gibt keine Kasse und keine festen Öffnungszeiten, der Turm ist im Grunde rund um die Uhr zugänglich. Am Eingang steht eine Spendenbox für den Erhalt. Ich habe gerne 5 Euro eingeworfen – ein kleiner Beitrag für ein so großartiges und gut gepflegtes Ausflugsziel.
Beste Reisezeit: Die Hauptsaison von Juni bis August ist ideal zum Baden, aber dann ist es am Turm auch am vollsten. Ich bevorzuge den Mai, Juni und den September. Dann ist das Wetter oft angenehm, das Licht fantastisch und man teilt sich die Plattform mit deutlich weniger Menschen, besonders unter der Woche.
Mehr als nur ein Turm: Das Lausitzer Seenland erleben
Der schiefe Turm ist das Highlight, aber planen Sie unbedingt mehr Zeit für die Umgebung ein. Die Region hat sich zu einem echten Paradies für Aktivurlauber entwickelt.
- Radtour um den See: Direkt am Fuße des Turms beginnt der asphaltierte Seerundweg. Die Runde ist ca. 18 Kilometer lang, fast komplett flach und perfekt für eine entspannte Radtour mit der ganzen Familie. Fahrräder kann man sich im nahen Stadthafen Senftenberg leihen (ab ca. 12 Euro pro Tag).
- Essen wie die Einheimischen: Vermeiden Sie die typischen Imbissbuden. Fahren Sie die paar Minuten zum Stadthafen. Dort liegt die „Pier 19“, ein Restaurant auf dem Wasser mit tollem Blick. Mein Geheimtipp für den kleinen Hunger: Holen Sie sich dort ein frisches Fischbrötchen auf die Hand (ca. 5-6 Euro) und genießen Sie es direkt am Wasser. Das schmeckt nach Urlaub!
- Strandtag einlegen: Nur wenige Gehminuten vom Turm entfernt befindet sich ein schöner Sandstrand mit klarem Wasser. Im Sommer ist das der perfekte Ort, um sich nach der Turmbesteigung abzukühlen.
Der schiefe Turm von Senftenberg ist für mich mehr als nur eine Sehenswürdigkeit. Er ist ein starkes Symbol für Wandel, für die Kraft der Natur und den Mut einer Region, sich neu zu erfinden. Es ist einer dieser Orte in Deutschland, die einen überraschen und begeistern. Ein perfekter Beweis dafür, dass man die größten Abenteuer manchmal direkt vor der eigenen Haustür findet.