Immobilie ohne Eigenkapital: Voraussetzungen für eine Vollfinanzierung

von Holda Freud
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Der Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung ist ein Traum, den viele Menschen in Deutschland haben. Laut einer aktuellen Umfrage der Interhyp AG aus dem Jahr 2021 wünschen sich rund 72 Prozent der Menschen, die aktuell zur Miete wohnen, eine. Die Umsetzung dieses Traum geht jedoch ganz schön ins Geld. Eine eigene Immobilie kostet je nach Art und Lage mehrere zehn- oder sogar hunderttausend Euro. Die beste Möglichkeit, um so viel Geld zusammen zu bekommen ist das Aufnehmen eines Kredits. Voraussetzung ist oft ein gewisses Eigenkapital. Doch was können künftige Hausbesitzer*innen tun, wenn kein Erspartes oder Ähnliches vorhanden ist? Dann kann eine sogenannte Vollfinanzierung die Lösung sein.

So läuft eine Baufinanzierung üblicherweise ab

Personen, die eine Immobilie bauen, kaufen, renovieren oder sanieren möchten, benötigen häufig dazu ein gewisses Budget. Einen Teil dieses Budget, das sogenannte Eigenkapital, haben sie bereits angespart.

Den anderen, weitaus größeren Teil leihen sie im Rahmen eines Immobilienkredits von einer Bank. Das ist entweder die eigene Hausbank, für die man schon seit Jahren zur Kundschaft zählt, oder eben eines der vielen Angebote von Direktbanken im Internet.

Je mehr Eigenkapital beim Antrag des Darlehens vorhanden ist, desto günstiger fällt der Kredit am Ende aus. Es müssen also weniger Zinsen an die Bank gezahlt werden. Üblicherweise liegt die Höhe des Eigenkapitals etwa bei 20 Prozent der veranschlagten Kosten für die Immobilie.

Infografik: Immobilie ohne Eigenkapital

voraussetzungen für eine vollfinanzierung infografik

Zum Eigenkapital zählt beispielsweise Bargeld, Erspartes auf dem Konto, Bausparverträge oder eine bereits vorhandene Immobilie. Eigenleistungen, also wenn selbst auf dem Bau angepackt wird, können ebenfalls mit in das Kapital einberechnet werden.

Mehr ist natürlich immer besser, da nicht nur der Kredit günstiger ausfällt, sondern auch weniger Geld innerhalb einer kürzeren Laufzeit zurückbezahlt werden muss. Das verschafft sowohl der Bank als auch den potenziellen Hausbesitzer*innen ein Sicherheit.

Was ist eine Vollfinanzierung?

Aktuell befinden wir uns in einer Niedrigzinsphase. Außerdem können nicht alle potenziellen Hausbesitzer*innen das nötige Startkapital vorweisen, um den üblichen Weg über eine Baufinanzierung zu gehen. Dann kann eine sogenannte Vollfinanzierung hilfreich sein. Dabei wird die Immobilie komplett ohne das Einbringen von Eigenkapital finanziert.

Dabei gilt es zwischen zwei verschiedenen Varianten der Vollfinanzierung zu unterscheiden.

  • 100-Prozent-Finanzierung: Bei dieser Finanzierung entspricht die abgerufene Kreditsumme dem Kauf- beziehungsweise dem Baupreis der Immobilie. Allerdings fallen bei jeder Immobilientransaktion noch zusätzliche Nebenkosten an, die von dieser Summe nicht gedeckt und somit aus eigener Tasche zu zahlen sind.
  • 110-Prozent-Finanzierung: Anders sieht es bei dieser Art der Finanzierung aus. Sie deckt im Prinzip die gleichen Kosten wie die 100-Prozent-Finanzierung ab und kommt zusätzlich für die Nebenkosten des Kaufs auf. Dazu gehören beispielsweise die Kosten für den Notar, den Makler, die Eintragung ins Grundbuch oder die Grunderwerbssteuer. Anders als der Name dieser Finanzierung vermuten lässt, müssen diese Kosten jedoch nicht genau 10 Prozent mehr als der eigentliche Kaufpreis sein.

Eine dritte Möglichkeit, kann das sogenannte Nachrangdarlehen sein, bei der ein zweiter Kredit zusätzlich zur 100-Prozent-Finanzierung aufgenommen wird, um die anfallenden Nebenkosten zu begleichen.

Grundsätzliche Voraussetzungen, die bei jedem Kredit gelten

Wie bei allen möglichen Kreditformen in Deutschland gibt es bei der Vollfinanzierung gewisse Grundvoraussetzungen, die für die Vergabe erfüllt sein sollten.

  • Kreditnehmer*innen sollten volljährig und somit voll geschäftsfähig sein. Das ist dann der Fall, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben.
  • Es musst ein fester Wohnsitz in Deutschland vorhanden sein.
  • Zudem ist eine deutsche Bankverbindung nötig.
  • Ein geregeltes Einkommen ist ebenfalls notwendig. Wer noch in der Ausbildung oder in der Probezeit bei einem neuen Job steckt, wird für gewöhnlich von den Banken bei der Kreditvergabe nicht bedacht. Ebenfalls schwierig sieht es bei Selbstständigen und Freiberufler*innen aus. Sie haben es in der Regel eher schwer einen Kredit zu bekommen.
  • Kreditsicherheiten, wie Versicherungen, Immobilien, Vermögen oder Bürgen, können die Chancen auf einen Kredit erhöhen.
  • Banken überprüfen potenzielle Kreditnehmer*innen auf ihre Kreditwürdigkeit oder Bonität hin. Oft wird hierfür seitens der Bank Auskunft bei der Schufa eingeholt.

All diese Voraussetzungen sind für den Antrag einer Vollfinanzierung erforderlich. Allerdings wird eine Auskunft bei der Schufa nicht immer eingeholt. Dabei kommt es ganz auf das Kreditinstitut an.

Für wen sind solche Finanzierungen geeignet?

Wer die genannten Voraussetzungen erfüllt hat schon einmal grundsätzlich die Möglichkeit eine Vollfinanzierung für die eigene Immobilie zu bekommen. Allerdings muss das fehlende Eigenkapital anders ausgeglichen werden.

Die potenziellen Kreditnehmer*innen, die für eine Vollfinanzierung in Frage kommen, sollten eine überdurchschnittliche Liquidität aufweisen können. Ein hohes Einkommen sowie eine gewisse berufliche Stabilität sind dabei sehr wichtig.

Daneben sollten ausreichende Sicherheiten vorhanden sein. Das können unter anderem Lebensversicherungen, Bürgschaften oder bereits vorhandene Immobilien sein. Vermögen, das zwar langfristig angelegt, jedoch nicht schnell abrufbar ist, kann ebenfalls eine wichtige Sicherheit für eine Bank darstellen. Ein positiver Eintrag bei der Schufa ist dadurch automatisch gegeben.

Dieses Jahr wünschen sich rund 72 Prozent der Menschen eine eigene Wohnung oder ein eigenes Haus

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Diese Argumente überzeugen die Bank

Die Immobilie, die zur Debatte steht, bildet am Ende die größte Sicherheit für die Bank. Sie ist demnach ausschlaggebend dafür, ob das Darlehen genehmigt wird oder eben nicht. Ist die Immobilie in einem einwandfreien Zustand und stimmt die Lage des Hauses oder der Wohnung, stehen die Chancen nicht schlecht eine Vollfinanzierung hierfür zu bekommen. Es gilt also: Je höher der Wert der Immobilie ist, desto wahrscheinlicher lässt sich ein Darlehen ohne Eigenkapital aufnehmen.

Ist eine 100-Prozent-Finanzierung möglich, sollte sie immer der 110-Prozent-Finanzierung vorgezogen werden. Es beweist der Bank, dass Kreditnehmer*innen Verantwortung übernehmen können.

Schon vor dem Antrag des Darlehens, sollte ein vorzeigbarer Finanzplan für die Immobilie stehen. Denn die monatlichen Ausgaben für die Vollfinanzierung werden mit aller Wahrscheinlichkeit höher ausfallen als bei einer Baufinanzierung mit Eigenkapital.

Das muss für eine Vollfinanzierung getan werden

Damit der Antrag für eine Vollfinanzierung gelingt, sollten sich die potenziellen Kreditnehmer*innen nach den folgenden Tipps richten:

  • Vor der Beantragung des Immobilienkredits sollte eine solide Haushaltsrechnung aufgestellt werden, um herauszufinden, wie hoch die monatliche Belastung bei der Rückzahlung maximal sein darf.
  • Um die Belastung kalkulierbarer zu machen, sollte bei der Darlehensform ein sogenanntes Annuitätendarlehen gewählt werden. Der Vorteil dabei ist, dass die monatlichen Raten über die Gesamte Laufzeit des Kredits gleich bleiben.
  • Anschließend können die Tilgungsrate und die Kreditlaufzeit wirtschaftlich sinnvoll gewählt werden.
  • Bei so hohen Summen, wie sie bei Immobilienfinanzierungen vorkommen, sollte das Darlehen auf jeden Fall abgesichert werden. Das funktioniert oft über die Bank mit sogenannten Restschuldversicherungen. Sollte die Kreditnehmerin oder Kreditnehmer versterben, kann eine Risikolebensversicherung als Absicherung dienen.
  • Ein Bausparvertrag nebenbei kann zusätzliche Rücklagen schaffen, falls etwas unvorhersehbares mit der Immobilie passieren sollte und plötzlich finanzielle Mittel nötig werden.
  • Werden die Nebenkosten des Immobilienkaufs selbst getragen, wird die Finanzierung wahrscheinlicher und selbstverständlich günstiger.
  • Die Aufnahme anderer Kredite sollte vermieden werden, um die finanzielle Belastung möglichst gering zu halten. Außerdem können weitere Darlehen dafür sorgen, dass die Vollfinanzierung möglicherweise nicht genehmigt wird, eben weil die Belastung so hoch ist.

Risiko kalkulieren

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Vor- und Nachteile einer solchen Baufinanzierung

Wer die Traumimmobilie gefunden hat, für den bietet eine Vollfinanzierung durchaus Vorteile. Der wichtigste Punkt dabei ist wohl, dass kein Eigenkapital eingesetzt werden muss. Die Träume vom Eigenheim lassen sich quasi direkt realisieren.

Gerade jüngere Menschen, die zwar ein hohes Einkommen aufweisen, allerdings bislang noch keine Rücklagen ansparen konnten, können von der Vollfinanzierung profitieren.

Wer sein Kapital lieber als Polster für Notfälle nutzen möchte und ansonsten finanziell gut dasteht, kann die Vollfinanzierung ebenfalls nutzen. In diesem Zusammenhang bietet die aktuelle Niedrigzinsphase weitere Vorteile, denn Vollfinanzierungen für Immobilien sind ebenfalls hiervon betroffen.

Allerdings hat eine Vollfinanzierung ein paar Nachteile und Kreditnehmer*innen gehen unter Umständen sogar Risiken ein. Im Vergleich zu Immobilienkrediten, bei denen Eigenkapital mit eingebracht wird, fallen deutlich höhere Zinsen für die Kredite an. Die Laufzeiten solcher Darlehen sind für gewöhnlich ebenfalls länger.

Eine Vollfinanzierung kann schwierig sein bei Bestandsimmobilien, die eigentlich modernisiert werden müssten. Hier müssen die anstehenden Arbeiten komplett im Vorfeld dargelegt werden. Ohne einen detaillierten Plan gibt es keine Finanzierung.

Am Ende ist das Risiko größer auf Schulden, die durch den Kredit entstehen, sitzen zu bleiben.

Zeit nehmen und Angebote vergleichen

Natürlich ist es bei jeglicher Art von Kredit wichtig, sich Zeit zu nehmen, um genau darüber nachzudenken. Bei einer Vollfinanzierung ist das sogar noch wichtiger. Denn hier wird ein großes finanzielles Risiko eingegangen, das nicht nur von den Kreditnehmer*innen getragen werden muss, sondern auch von den Banken, die das Geld verleihen.

Sie sollten jede Lösung vorsichtig in Erwägung ziehen

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Gerade bei einer so risikoreichen Finanzierung, ist es wichtig, verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen. Dabei werden die möglichen Zinssätze, Laufzeiten und sonstige Faktoren, die eine Rolle spielen könnten, einander gegenübergestellt. Wer sich damit nicht auskennt, kann sich an spezielle Vergleichsportale im Netz wenden, um passende Angebote für die Vollfinanzierung der Immobilie zu finden.

Diese Option zum Vergleich verschiedener Kreditarten entgeht jedoch den meisten Personen, die sich mit ihrem Anliegen nur an die eigene Hausbank wenden.

Fazit

Gerade in der aktuellen Zeit der Niedrigzinsphase kann eine Vollfinanzierung für potenzielle Immobilienbesitzer*innen sinnvoll sein. Der größte Vorteil hierbei ist wohl, dass kein oder nur sehr wenig Eigenkapital eingebracht werden muss, beispielsweise um die Kaufnebenkosten zu begleichen.

Allerdings sollten sich Interessierte der Nachteile und Risiken bewusst sein. Deshalb ist es wichtig, sich bei der Wahl der Kreditanbieter genügend Zeit zu nehmen und verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen, um am Ende das günstigste Darlehen für das anstehende Immobilienprojekt zu finden und schließlich entspannt darin zu wohnen.

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Holda Freud

Holda Freud ist Werbetexterin aus dem Herzen, mit vielseitigen Interessen und umfassender Erfahrung im Publishing-Bereich. Als erfahrene Texterin verbindet sie ihre Freude am geschriebenen Wort mit einem präzisen Fokus auf aktuellen Reportagen.