Mehr als nur Kulisse: Ein ehrlicher Blick in die Werkstatt eines Film-Requisitenbauers

Lichtschwerter, Geheimnisse und ein unerwarteter Twist – der neue Trailer von „Star Wars: The Rise of Skywalker“ wird dich fesseln!

von Michael von Adelhard

Neulich lief bei mir mal wieder ein großer Sci-Fi-Blockbuster. Die meisten Leute fiebern mit der Story mit, mit den Helden und den Schurken. Mach ich auch, klar. Aber mein Blick, der bleibt oft ganz woanders hängen. An den Oberflächen, den Texturen, den winzigen Macken, die eine Fantasiewelt erst so richtig echt anfühlen lassen.

Ich bin von Beruf Requisitenbauer. Seit über 20 Jahren baue ich die Dinger, die ihr auf der Leinwand, im Fernsehen oder auf der Bühne seht. Wenn ich also ein Lichtschwert sehe, frage ich mich nicht: „Wird sie jetzt böse?“. Ich frage mich: „Ist der Griff aus Aluminium gefräst oder doch nur ein cleverer Guss aus Polyurethan? Wie haben die Profis das Gewicht so ausbalanciert, dass die Schauspielerin elegant damit kämpfen kann?“ Und vor allem: Wie viele Versionen davon gibt es wohl? Eine perfekte für die Nahaufnahme, eine leichtere für die Stunts und vielleicht zehn billige für die Leute im Hintergrund?

kylo ren und rey, jedi ritter mit blauen und roten lichtschwerten all mit vielen kleinen blauen sternen, poster zu dem film star wars the rise of skywalker

Für die meisten Zuschauer sind das unwichtige Fragen. Für mich und meine Kollegen sind sie das Herz unserer Arbeit. In meiner Werkstatt riecht es nach Silikon, frischem Lack und geschnittenem Holz. Hier verwandeln wir Zeichnungen und 3D-Modelle in Dinge, die man anfassen kann. Jedes Teil, wirklich jedes, hat jemand entworfen, gebaut und bemalt. In diesem Artikel nehme ich euch mal mit in meine Welt. Keine Spoiler zur Handlung, versprochen. Dafür die Geheimnisse des Handwerks.

Die Kunst des Materials: Warum ein Lichtschwert nicht nur ein Rohr ist

Jede gute Requisite beginnt mit der richtigen Materialwahl. Und das ist keine Geschmacksfrage, sondern pure Physik und die knallharten Anforderungen am Set. Ein Gegenstand muss nicht nur gut aussehen. Er muss funktionieren, sicher sein und einen anstrengenden Drehtag überleben.

Ein Lichtschwertgriff ist dafür das perfekte Beispiel. Für die Nahaufnahme, die sogenannte „Hero Prop“, brauchen wir absolute Perfektion. Der Griff muss sich echt anfühlen und Gewicht haben. Oft nutzen wir dafür maschinell bearbeitetes Aluminium. Eine CNC-Fräse schneidet das Teil aus einem massiven Metallblock. Das kann Stunden dauern und ist alles andere als billig. So ein Griff kann in der reinen Fertigung schnell mal 500 bis 800 Euro kosten. Aber das Ergebnis ist ein makelloses Stück, das sich kühl und schwer anfühlt. Das spürt auch der Schauspieler und kann ganz anders damit agieren.

poster zu dem film star wars the rise of skywalker, rey und kylo ren, mann un frau mit blauen und roten lichtschwerten

Aber was passiert in einer Kampfszene? Zwei schwere Metallgriffe aufeinander zu schlagen, wäre brandgefährlich und würde schnell zu Verletzungen führen. Deshalb gibt es die „Stunt Props“. Dafür machen wir vom teuren Original eine hochpräzise Silikonform. In diese Form gießen wir dann ein spezielles Polyurethan-Gießharz, oft ein schlagzähes Material wie das Biresin G27 von Sika oder ähnliche Produkte von Fachhändlern wie Trollfactory oder KauPo. Das Resultat ist ein Griff, der aussieht wie Metall, aber viel leichter ist und bei einem Schlag etwas nachgibt. Sicherheit geht am Set einfach immer vor, das schreiben uns auch die strengen Vorschriften der Berufsgenossenschaften vor. Die gegossene Stunt-Version kostet in der Herstellung dann vielleicht nur noch 50 Euro.

Ähnlich ist es bei Rüstungen, wie man sie von den klassischen Sturmtruppen kennt. Die sollen schwer und undurchdringlich wirken. Würden wir sie aus dickem Kunststoff bauen, könnte sich der Darsteller kaum bewegen. Die Kunst besteht darin, leichte Materialien schwer aussehen zu lassen. Wir arbeiten heute viel mit Glasfaser (GFK) oder flexiblen Harzen, die den Trägern viel mehr Bewegungsfreiheit geben. Der wahre Trick liegt aber in der Lackierung: Erst Kratzer, Beulen und gezielter Schmutz erzeugen die Illusion von massivem, abgenutztem Metall.

poster zu dem film star wars the rise of skywalker, rey und kylo ren, mann un frau mit blauen und roten lichtschwerten

Der Profi-Trick: Wie man Neues alt aussehen lässt (Weathering)

Nichts auf der Welt ist makellos sauber. Eine Requisite, die frisch aus der Werkstatt kommt, sieht falsch aus, weil sie keine Geschichte erzählt. Das Altern, oder „Weathering“, ist vielleicht die wichtigste Technik, die wir beherrschen müssen. Und das ist viel mehr, als nur ein bisschen Dreck draufzuschmieren.

Lust, das mal selbst auszuprobieren? Das geht einfacher, als du denkst! Schnapp dir eine billige Spielzeugpistole für 10 Euro und ein paar Sachen aus dem Baumarkt oder Bastelladen. Du brauchst:

  • Schwarze und braune Acrylfarbe
  • Silberne Acrylfarbe (oder einen silbernen Lackstift)
  • Ein paar Pinsel
  • Küchenpapier
  • Matten Klarlack aus der Sprühdose

Dein erstes Weathering in 4 Schritten: 1. Grundierung: Wenn die Pistole knallbunt ist, sprüh sie zuerst komplett schwarz oder dunkelgrau an. Gut trocknen lassen! 2. Der „Wash“ für die Tiefe: Mische etwas schwarze und braune Farbe mit viel Wasser zu einer dünnen, dreckigen Brühe. Pinsle die ganze Pistole damit ein. Bevor es trocknet, wischst du mit Küchenpapier über die großen, glatten Flächen. Die dunkle Farbe bleibt in allen Ritzen und Vertiefungen hängen und sorgt sofort für mehr Tiefe. 3. Kanten abnutzen (Drybrushing): Nimm einen alten Pinsel und tauche ihn in die silberne Farbe. Wische den Pinsel auf einem Stück Papier fast komplett trocken, bis kaum noch Farbe kommt. Jetzt streichst du ganz leicht über alle Kanten und erhabenen Stellen der Waffe. So simulierst du abgeriebene Farbe und freigelegtes Metall. Weniger ist hier mehr! 4. Versiegeln: Wenn alles trocken ist, sprühst du eine dünne Schicht matten Klarlack drüber. Das schützt deine Arbeit und nimmt dem Plastik den billigen Glanz.

jedi ritter, die sich kämpfen, eine frau mit einem langen blauen lichtschwert, der jedi kylo ren mit einem roten lichtschwert, the rise of skywalker

Ganz ehrlich? Es gibt ein paar klassische Anfängerfehler, die fast jeder macht. Achtung, die Top 3 Fehler beim Altern:Gleichmäßiges Einsauen: Schmutz sammelt sich in Ecken und Vertiefungen, nicht gleichmäßig auf der ganzen Fläche. Falsche Abnutzung: Metall blättert an Kanten und Ecken ab, wo es aneckt – nicht mitten auf einer glatten Fläche. * Zu viel von allem: Ein bisschen Rost ist cool, aber zu viel davon lässt die Requisite schnell wie einen Haufen Schrott aussehen. Man muss wissen, wann man aufhören muss.

Vom digitalen Modell zum greifbaren Gegenstand

Früher begann alles mit einer Zeichnung und einem Klotz Holz oder Ton. Das machen wir zwar immer noch, aber der Prozess hat sich massiv gewandelt. Heute bekommen wir oft ein 3D-Modell vom Computer. Mit einer riesigen CNC-Fräse können wir daraus dann ein perfektes Urmodell aus Hartschaum oder speziellem Modellbaukunststoff fräsen. Von diesem Urmodell nehmen wir dann, wie schon beschrieben, eine Silikonform ab.

trailer zu dem film the mandalorian, szene aus der ersten satr wars serie von dem streaming dienst diesney plus
What's Hot
babypullover weihnachtsmotiv tannenbäumchen schnee in blau

Baby-Pullover stricken: Dein kompletter Guide für ein perfektes Ergebnis (auch für Anfänger!)

Für ganz kleine, filigrane Teile nutzen wir auch den 3D-Druck. Die Teile aus diesen Druckern sind aber oft zu zerbrechlich für den Einsatz am Set. Also drucken wir nur ein einziges „Master-Modell“, von dem wir wieder eine Form abnehmen und dann robuste Kopien aus Harz gießen. Diese Mischung aus digitaler Präzision und altem Handwerk ist einfach unschlagbar.

Wenn am Set alles schiefgeht: Improvisation ist alles

Die Produktion eines Films findet ja nicht nur im gemütlichen Studio statt. Mal dreht man in einer glühend heißen Wüste, mal an einer stürmischen, feuchten Küste. Das ist eine riesige Herausforderung. Ein Harz, das bei mir in der Werkstatt bei 20 Grad perfekt aushärtet, kann in der Wüstenhitze schon in der Mischschüssel fest werden. Und an der Küste trocknet der Lack einfach nicht. Man muss immer einen Plan B haben.

Und manchmal geht trotzdem was schief. Ich werde nie vergessen, wie mir mal eine Silikonform für ein kritisches Bauteil gerissen ist. Mitten im Nirgendwo, zwei Tage vor Abgabe. Der Grund? Der klassische Fehler: An einer winzigen Stelle das Trennmittel vergessen. Stundenlange Arbeit einfach für die Tonne. Da stehst du dann, der Produktionsleiter ruft schon an, und du musst eine Lösung finden. Das sind die Momente, die dich Demut lehren.

Noch schlimmer ist es, wenn etwas direkt am Set passiert. Stell dir vor: 500 Statisten, die teuersten Schauspieler der Welt und ein riesiges Team warten. Und dein Droide bewegt sich nicht. Der Druck ist kaum vorstellbar. Ich hatte mal die Situation, dass eine wichtige Requisite kurz vor der Aufnahme auf den Boden fiel und ein Stück abbrach. Der Regieassistent kam zu mir und meinte nur: „Du hast zehn Minuten.“

In so einem Moment zählt nur Erfahrung und der richtige Notfallkoffer. Was da bei mir immer drin ist? Nichts Magisches, sondern bewährte Helfer: Guter Sekundenkleber mit Aktivatorspray (damit er wirklich SOFORT hält), 5-Minuten-Epoxidkleber von UHU, eine kleine Auswahl an hochdeckenden Acrylfarben – oft die kleinen Töpfchen von Revell oder Citadel – und feine Pinsel. Wir konnten das Teil ankleben, die Bruchstelle füllen und farblich so ausbessern, dass es niemandem auffiel. Auf der Leinwand hat man es nie gesehen. Das ist es, was einen Profi ausmacht: Nicht, dass nie etwas schiefgeht. Sondern wie man reagiert, wenn es passiert.

Sicherheit zuerst: Warum wir mit Gasmasken arbeiten

Als Meister trage ich die Verantwortung für mein Team. Und viele Materialien, die wir nutzen, sind nicht ohne. Polyurethanharze setzen Dämpfe frei, die die Atemwege dauerhaft schädigen können. Deshalb gilt bei uns eine eiserne Regel: Bei der Arbeit mit diesen Stoffen herrscht strikte Maskenpflicht. Wir tragen Atemschutzmasken mit speziellen A2P3-Filtern, dazu Schutzbrillen und Handschuhe. Die Gesundheit ist wichtiger als jede Deadline.

Auch der Brandschutz ist ein riesiges Thema. Ein Filmset ist voller heißer Scheinwerfer. Deshalb müssen viele Kulissenteile und Requisiten nachweislich schwer entflammbar sein. Das bedeutet, wir behandeln sie mit speziellen Brandschutzlacken oder kaufen von vornherein teurere, flammhemmend eingestellte Materialien. Das wird geprüft und muss dokumentiert werden.

Abschließende Gedanken aus der Werkstatt

Wenn ihr das nächste Mal einen großen Fantasy- oder Sci-Fi-Film schaut, achtet vielleicht auf andere Dinge. Auf die feinen Kratzer am Helm eines Piloten. Die realistische Textur einer Steinmauer, die in Wahrheit nur bemalter Schaumstoff ist. Oder das subtile Wackeln eines kleinen Droiden, das ihm erst Leben einhaucht.

Hinter jedem dieser Details steckt pures Handwerk. Es stecken Stunden, Tage und Wochen der Arbeit von Menschen wie mir drin. Wir sind die unsichtbaren Geschichtenerzähler, die die Welten bauen, in denen eure Helden ihre Abenteuer erleben. Und ehrlich gesagt? Auch nach über 20 Jahren finde ich es immer noch absolut magisch, wie aus einer Idee und ein paar Eimern Chemie etwas entstehen kann, das Millionen Menschen begeistert.

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.