Action-Blockbuster: Was im Kino wirklich explodiert (und was es kostet)

Rivalen im Kampf gegen die Zeit: Entdecken Sie, wie Hobbs und Shaw ihre Differenzen überwinden und das Unmögliche schaffen!

von Dagmar Brocken

Wenn ich mir heute einen fetten Actionfilm im Kino anschaue, sehe ich oft ganz andere Dinge als die meisten Leute im Saal. Wo andere eine atemlose Verfolgungsjagd bestaunen, sehe ich im Kopf die Millimeterarbeit von einem Dutzend Stuntfahrern. Wo sie über eine gigantische Explosion staunen, überlege ich, welche Art von Pyrotechnik da wohl zum Einsatz kam und wie groß der Sicherheitsabstand zur teuren Kamera war.

Ganz ehrlich? Mein ganzes Berufsleben dreht sich um die technische Seite des Films. Angefangen habe ich mal als Meister für Veranstaltungstechnik, habe riesige Gerüste für Scheinwerfer gebaut und bin dann irgendwie bei den Spezialeffekten und dem Stunt-Rigging hängen geblieben. Das ist eine Welt für sich. Ich habe mit jungen Leuten gearbeitet, die heute selbst die gefragtesten Koordinatoren der Branche sind. Meine Reise begann auf deutschen Filmsets, wo jeder Cent zweimal umgedreht wird, und führte mich später zu internationalen Großproduktionen, bei denen die Budgets eher wie Telefonnummern klingen.

Fast Furious Hobbs Shaw, Hobbs und Shaw sitzen auf ihren Fahrzeugen, ein Bild woher sie kommen

So ein Film ist nämlich viel mehr als nur ein Film. Es ist eine logistische Meisterleistung, eine Art mobile Großbaustelle, die monatelang um den Globus tourt. Hinter einem Budget von, sagen wir, 200 Millionen Euro stecken nicht nur die Gagen der Stars. Dahinter steckt eine unsichtbare Maschinerie aus purem Handwerk, Physik, Ingenieurskunst und unzähligen, wirklich unzähligen Arbeitsstunden von absoluten Spezialisten. Ich will euch heute mal einen ehrlichen Einblick in diese Welt geben – nicht als Kritiker, sondern als der Typ, der die Schrauben, Seile und Schalter kennt, die diese Bilder überhaupt erst möglich machen.

Die Planung: Wo das meiste Geld versenkt wird, bevor die Kamera läuft

Noch bevor die erste Klappe fällt, sind oft schon Millionen ausgegeben. Die Planung ist das A und O. Jeder Fehler, der hier passiert, kostet später ein Vermögen. Früher haben wir viel mit kleinen Modellen und handgezeichneten Storyboards hantiert. Heute ist die computergestützte Vorvisualisierung, kurz Pre-Viz, der Standard. Aber das Prinzip ist dasselbe: Jede komplizierte Szene wird vorab digital durchgespielt.

Fast Furious Hobbs Shaw, Hobbs und Shaw sind oben auf dem Poster, in der Mitte ist der Bösewicht

Physik am Computer: Kein Platz für Zufall

Stell dir vor, ein Auto soll von einem Hochhaus in ein anderes springen. Früher war das eine wilde Mischung aus Erfahrung, Mut und ganz viel Hoffnung. Heute berechnen wir das. Spezialisierte Teams nutzen komplexe 3D-Software, um die gesamte Szene digital nachzubauen. Wir füttern das System mit allen Daten: das exakte Gewicht des Fahrzeugs, die Motorleistung, der Reibungswert des Asphalts und sogar die erwartete Windgeschwindigkeit. Die Software simuliert den Stunt dann dutzende Male. Wir sehen ganz genau, mit welchem Tempo das Auto die Rampe verlassen muss, wir kennen die Flugkurve und den Einschlagpunkt auf den Zentimeter genau.

Das ist keine Spielerei, sondern knallharte Physik. So erkennen wir Risiken. Was passiert, wenn der Wagen 5 km/h zu langsam ist? Stürzt er ab? Wie groß muss die Landefläche sein, um eine gewisse Toleranz abzudecken? Diese Daten fließen direkt in den Bau der echten Rampe und in die Anweisungen für den Stuntfahrer. So eine Simulation für eine einzelne, komplexe Szene kann übrigens gut und gerne mehrere Tage, manchmal sogar Wochen dauern.

Fast Furious Hobbs Shaw, die beiden Hauptfiguren unter einer Aufschrift mit ihren Namen

Die „Stunt-Bibel“ und der Papierkrieg

Alle Ergebnisse aus der Pre-Viz, zusammen mit technischen Zeichnungen und Risikobewertungen, landen in einem dicken Ordner, den wir intern gerne die „Stunt-Bibel“ nennen. Das ist die Arbeitsgrundlage für alle: Stunt-Team, Spezialeffekte, Kamera, Ausstattung, Sicherheit. Jeder weiß, was zu tun ist.

Gleichzeitig beginnt ein Marathonlauf mit den Behörden. Wenn du für eine Verfolgungsjagd eine Hauptstraße in einer europäischen Metropole sperren willst, brauchst du nicht nur eine Genehmigung. Du brauchst ein komplettes Verkehrs- und Sicherheitskonzept, das von der Stadt, der Polizei und oft auch von Anwohnerverbänden abgesegnet wird. Für Helikopter-Stunts braucht es Genehmigungen der Luftfahrtbehörde, die exakte Flugkorridore und Mindesthöhen festlegt. Das kostet Zeit, Nerven und eine Menge Geld – ein oft übersehener, aber riesiger Kostenfaktor.

Handgemachte Action: Wenn echt einfach besser ist

Trotz all der digitalen Magie gibt es Dinge, die handgemacht einfach wuchtiger und authentischer aussehen. Das Schleudern eines echten Autos, die Druckwelle einer echten Explosion – das hat eine Kraft, die man am Computer nur schwer nachbauen kann. Hier schlägt die Stunde der Handwerker.

vier Poster von Fast Furious Hobbs Shaw, mit vier Helden, die schön posieren

Stunt-Autos: Mehr als nur Blech und Lack

Ein Auto, das du in einem Actionfilm siehst, hat meist nicht mehr viel mit dem Serienmodell zu tun. Wir unterscheiden da grob zwischen drei Typen:

  • Das Hero Car: Das ist das makellose Schmuckstück für Nahaufnahmen mit den Schauspielern. Technisch oft seriennah, aber auf Hochglanz poliert.
  • Das Stunt Car: Dieses Auto ist für die Action gebaut. Innen ist alles rausgerissen, bis auf den Fahrersitz. Ein Überrollkäfig aus hochfestem Stahl schützt den Fahrer, der Tank wird durch eine kleine, explosionssichere Rennsport-Tankzelle ersetzt. Verstärktes Fahrwerk, riesige Bremsen und oft eine zusätzliche hydraulische Handbremse für präzise Drifts sind Standard. So ein Umbau kann übrigens schnell mal zwischen 30.000 und 50.000 Euro verschlingen – pro Auto!
  • Das Kamera-Fahrzeug: Meistens ein bärenstarker SUV, auf dem ein Kamerakran montiert ist. Diese Kisten müssen unfassbar schnell und stabil sein, um bei der Action mithalten zu können.

Für einen kontrollierten Überschlag nehmen wir übrigens selten nur eine simple Rampe. Das wäre viel zu unvorhersehbar. Stattdessen bauen wir einen „Flipper“ unter das Fahrzeug. Das ist ein massiver Kolben, der durch komprimierten Stickstoff aus einer Flasche (mit einem Druck von 150 bis 200 Bar) blitzartig ausgefahren wird. Der Fahrer löst ihn per Knopfdruck aus. Der Knall ist ohrenbetäubend, gefolgt vom Geräusch von berstendem Metall, und das Auto wird förmlich in die Luft katapultiert.

ein Foto von dem Rock und die Hauptdarstellerin auf einem Spieltisch in einem Garage
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Rigging: Die Kunst der unsichtbaren Seile

Rigging ist die hohe Kunst, alles und jeden sicher zu bewegen, zu halten oder zu fliegen. Ob nun ein LKW an einem Helikopter hängt oder ein Stuntman von einem Dach springt – hier geht es um enorme Kräfte. Wir nutzen dafür spezielle Stahlseile oder moderne Kunststoffseile aus Dyneema, die bei gleichem Gewicht reißfester als Stahl sind.

Die wichtigste Regel beim Rigging ist der Sicherheitsfaktor. Jedes Teil – Seil, Karabiner, Rolle – muss mindestens das Fünffache der erwarteten Maximallast aushalten. Wenn es um Menschenleben geht, also bei Personen-Sicherungen, gehen wir sogar auf einen Faktor von 10:1. Das ist eine eiserne Regel, die auch von den Berufsgenossenschaften so vorgeschrieben wird.

Um das mal greifbarer zu machen: Ein 90 kg schwerer Stuntman, der in sein Seil fällt, erzeugt durch den Ruck kurzzeitig Kräfte, die weit über einer Tonne liegen können. Unser System muss also easy 10 Tonnen halten – das ist ungefähr das Gewicht von zwei ausgewachsenen Elefanten! Bei Sicherheit gibt es keine Kompromisse. Punkt.

Die digitale Werkstatt: Wo die Realität erweitert wird

Oft werde ich gefragt, ob computergenerierte Bilder (CGI) uns Handwerker nicht bald arbeitslos machen. Meine Antwort ist ein klares: Nein. Die beiden Welten arbeiten perfekt zusammen. Die besten visuellen Effekte (VFX) sind die, die du gar nicht als solche erkennst.

In vielen Fällen filmen wir einen praktischen, echten Stunt und erweitern ihn digital. Wenn ein Auto explodiert, zünden wir eine echte Ladung für den Feuerball und die spürbare Druckwelle. Am Computer werden dann nachträglich Trümmerteile, Rauch und die Spiegelungen in den Fenstern der umliegenden Häuser hinzugefügt. Das Ergebnis ist realistischer und viel kontrollierbarer.

Eine Hauptaufgabe für VFX ist das digitale „Wegradieren“ von Sicherheitsvorkehrungen. Die Seile am Stuntman, die Rampe für den Autosprung, der Kamerakran – all das verschwindet in der Postproduktion. Das ist eine mühevolle Kleinarbeit, bei der jedes Bild einzeln bearbeitet werden muss.

Kleiner Tipp für deinen nächsten Filmabend: Achte mal bewusst darauf, wo eine Kamera in einer Actionszene eigentlich gestanden haben muss. Fliegt sie durch ein Schlüsselloch oder ganz nah an einer Explosion vorbei? Dann siehst du die Arbeit der VFX-Künstler, die Kräne und Halterungen digital entfernt haben. Du wirst Filme mit ganz anderen Augen sehen!

Der Faktor Mensch: Teams, Kulturen und das Chaos managen

So eine Produktion ist ein soziales Experiment unter Hochdruck. Hunderte Menschen aus verschiedenen Kulturen müssen monatelang perfekt zusammenarbeiten. Das sorgt für eine unglaubliche Energie, aber auch für Reibung.

Kleine Produktion vs. großer Blockbuster

Man muss sich mal den Unterschied klarmachen. Bei einer typischen deutschen Krimiserie reden wir vielleicht von einem Budget von 1,5 Millionen Euro und einer Crew von 50-60 Leuten. Da wird viel improvisiert, und man muss mit dem auskommen, was man hat. Bei einem internationalen Blockbuster sind es schnell 500 Leute und ein Budget von 200 Millionen. Da ist das Hauptproblem nicht das Geld, sondern die schiere Logistik, alle Abteilungen auf der ganzen Welt zu koordinieren.

Wusstest du schon, was ein „Gaffer“ macht?

Am Set fliegen oft englische Begriffe durch die Luft. Der „Gaffer“ ist zum Beispiel der Chef-Beleuchter, also der Herr des Lichts. Sein wichtigster Mitarbeiter ist der „Best Boy“. Diese Begriffe haben sich international durchgesetzt und jeder in der Branche weiß sofort, wer gemeint ist.

Kommunikation ist ALLES

Die größte Fehlerquelle am Set? Mangelnde Kommunikation. Ich habe es selbst erlebt: Die Ausstattungsabteilung hatte ein Auto für eine Szene stundenlang perfekt hergerichtet und lackiert. Dummerweise hatte ihnen niemand gesagt, dass unser SFX-Team genau dieses Auto am nächsten Tag kontrolliert abfackeln sollte. Der Lack war nicht feuerfest und hätte giftige Dämpfe entwickelt. Das Resultat? Eine stressige Nachtschicht, in der das Auto abgeschliffen und mit Speziallack neu lackiert werden musste. Ein Schaden von locker 5.000 Euro – wegen eines einzigen verpassten Gesprächs.

Und wie kommt man in diesen Zirkus rein?

Das ist eine Frage, die mir oft gestellt wird. Einen Königsweg gibt es nicht, aber ein paar Dinge sind entscheidend. Eine solide technische Ausbildung, wie zum Beispiel zum Meister für Veranstaltungstechnik, ist eine super Grundlage. Aber das allein reicht nicht. Du brauchst handfeste, nachweisbare Fähigkeiten.

Praktische Zertifikate sind Gold wert: Kletterscheine, ein Schweißerpass, vielleicht sogar ein Sprengstoffschein. Du musst beweisen, dass du nicht nur reden, sondern auch anpacken kannst. Der Einstieg erfolgt fast immer über kleinere Jobs. Man fängt als Helfer an, schleppt Kisten, lernt die Abläufe und die Leute kennen. Wenn du gut bist und die richtige Einstellung hast, spricht sich das rum. Networking ist in dieser Branche absolut alles.

Sicherheit und die unsichtbaren Kosten

Lassen Sie mich eines ganz klar sagen: Die Stunts, die ihr im Kino seht, sind das Ergebnis monatelanger Planung von absoluten Profis. Versucht NIEMALS, auch nur im Ansatz, irgendetwas davon nachzumachen. Das kann tödlich enden.

An jedem Set mit Stunts oder Effekten ist ein Safety Supervisor, der die Macht hat, den Dreh sofort zu stoppen, wenn er ein Risiko sieht. Ein Rettungsteam ist immer vor Ort, und bei Feuerszenen steht die Set-Feuerwehr bereit. Das ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, die auch die teure Produktionsversicherung verlangt. Diese Versicherung kann übrigens leicht 5-10 % des Gesamtbudgets ausmachen und sichert die Produktion gegen Ausfälle ab – zum Beispiel, wenn der Hauptdarsteller krank wird und die ganze Crew für Hunderttausende Euro pro Tag Däumchen drehen muss.

Mehr als nur ein Film

Wenn ich dann am Ende im Kinosessel sitze, sehe ich nicht nur einen Film. Ich sehe die Szene, für die wir drei Nächte im strömenden Regen gefroren haben. Ich erkenne das leise Zischen des Flippers unter dem Auto, auch wenn es von lauter Musik überdeckt wird. Und vor allem sehe ich die unglaubliche Leistung von hunderten Handwerkern, Technikern und Künstlern, die zusammengekommen sind, um eine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Das ist die unsichtbare Magie, die hinter der Leinwand passiert.

Inspirationen und Ideen

„Für den James-Bond-Film ‚Spectre‘ wurde der Guinness-Weltrekord für die größte Stunt-Explosion der Filmgeschichte aufgestellt. Dabei wurden 8.418 Liter Kerosin und 33 Kilogramm Sprengstoff verwendet.“

Diese gewaltige Detonation in der marokkanischen Wüste war keine Computergrafik, sondern eine präzise geplante, praktische Explosion. Solche realen Effekte verleihen Szenen eine viszerale, greifbare Gefahr, die mit CGI nur schwer zu replizieren ist. Der Aufwand zeigt, wie weit Produktionen gehen, um dem Publikum einen authentischen Schockmoment zu liefern.

Wie erzeugt man eigentlich den perfekten Einschuss?

Das Geheimnis sind sogenannte „Squibs“. Dabei handelt es sich um kleine, ferngesteuerte Sprengsätze, die auf einer Schutzplatte direkt am Körper des Schauspielers oder Stunt-Performers befestigt werden. Unter der Kleidung verborgen, enthalten sie einen Beutel mit Filmblut. Auf das Signal des Effekte-Koordinators hin detoniert die Mini-Ladung, zerreißt die Kleidung und verteilt das Blut exakt so, wie es ein echter Treffer tun würde – eine Kunst für sich, die Millisekunden-genaues Timing erfordert.

  • Sicherheit für das gesamte Team hat oberste Priorität.
  • Die Wirkung muss auf der Kamera maximal eindrucksvoll aussehen.
  • Der Auf- und Abbau muss effizient und spurenlos erfolgen.

Die drei goldenen Regeln jedes Pyrotechnikers am Set. Weit entfernt vom bloßen Zünden einer Lunte, ist ihre Arbeit eine Mischung aus Chemie, Physik und Logistik, bei der es absolut keinen Raum für Fehler gibt.

Praktische Effekte: Eine echte Explosion, die vor der Kamera stattfindet. Sie erzeugt echten Rauch, echtes Licht und echte Trümmer. Der Vorteil ist der unübertroffene Realismus und die physische Reaktion der Schauspieler. Der Nachteil: Sie ist gefährlich, teuer und kann nur einmal gedreht werden.

Digitale Effekte (CGI): Am Computer erstellte Explosionen. Sie sind sicher, unendlich wiederholbar und können in Größe und Form perfekt an die Szene angepasst werden. Oft fehlt ihnen jedoch das chaotische, unvorhersehbare Element, das echte Detonationen so überzeugend macht.

Moderne Blockbuster nutzen meist eine Kombination aus beidem, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.

Eine Explosion ohne den richtigen Sound ist nur ein stilles Feuerwerk. Erst die Tonabteilung erweckt sie zum Leben. Sounddesigner mischen oft Dutzende von Tonspuren, um die perfekte Wirkung zu erzielen:

  • Ein tiefes Grollen (Low-Frequency-Effekt), das man mehr spürt als hört.
  • Der scharfe Knall der eigentlichen Detonation.
  • Das Zischen und Knistern der Flammen.
  • Das Geräusch von umherfliegenden Trümmern und zerbrechendem Glas.

Erst dieses Klangteppichs macht aus einem visuellen Effekt ein echtes Erlebnis.

Wussten Sie schon? Das sogenannte „Breakaway Glass“, also Glas, das in Filmen so dramatisch zerspringt, ist oft gar kein Glas. Für Stunts werden meist Platten aus Zuckerglas (eine spröde Zuckermischung) oder spezielle, leicht zerbrechliche Kunstharze wie Piccotex verwendet. Diese Materialien erlauben es Stunt-Performern, sicher durch Fenster zu springen, ohne sich ernsthaft zu verletzen. Die Herstellung ist eine eigene Kunstform, um die richtige Transparenz und das perfekte Bruchmuster zu erzielen.

Hinter jeder großen Actionszene steht ein Team von unsichtbaren Helden. Der Stunt-Koordinator ist zwar der Kopf, aber die eigentliche Arbeit leisten Spezialisten wie:

  • Precision Drivers: Fahrer, die in der Lage sind, ein Fahrzeug auf den Zentimeter genau zu positionieren, selbst bei Höchstgeschwindigkeit in einer Verfolgungsjagd.
  • Stunt Riggers: Die Experten für Seile, Gurte und Flaschenzüge. Sie sichern Darsteller bei Stürzen aus großer Höhe oder lassen sie wie in „The Matrix“ durch die Luft fliegen.
  • Waffenmeister: Verantwortlich für die sichere Handhabung aller am Set verwendeten Waffen, von Platzpatronen bis zu Requisiten.

Der legendäre Stuntman Vic Armstrong, der als Double für Harrison Ford und Christopher Reeve einsprang, sagte einmal: „Wenn du einen Stunt machst und das Publikum merkt, dass es ein Stunt ist, hast du deinen Job nicht richtig gemacht.“

Dieses Zitat fasst die Philosophie der besten Stunt-Performer zusammen. Ihre Kunst liegt nicht in der rücksichtslosen Draufgängerei, sondern in der Fähigkeit, eine physisch unmögliche oder extrem gefährliche Aktion so nahtlos und glaubwürdig aussehen zu lassen, dass der Zuschauer keine Sekunde an der Echtheit der Szene zweifelt.

Die Ära der rein physischen Stunts neigt sich dem Ende zu. Heute ist fast jede Actionszene eine hybride Kreation. Digitale Künstler entfernen in der Postproduktion meisterhaft die Sicherungsseile der Stuntleute, fügen Trümmerteile zu einer Explosion hinzu oder ersetzen sogar das Gesicht eines Stunt-Doubles durch das des Hauptdarstellers. Diese „unsichtbaren Effekte“ ermöglichen spektakulärere Szenen mit höherer Sicherheit, verwischen aber auch die Grenze zwischen realer Stunt-Arbeit und digitaler Magie.

Mini Cooper in „The Bourne Identity“ (2002): Anstatt auf teure Sportwagen zu setzen, nutzte die Produktion einen gewöhnlichen Mini für eine der packendsten Verfolgungsjagden der Filmgeschichte. Der Fokus lag auf realer Fahrphysik, engen Pariser Gassen und cleverer Kameraarbeit statt auf Explosionen. Ein Beweis, dass Kreativität und fahrerisches Können oft mehr wert sind als ein riesiges Budget für zerstörte Exoten.

Dagmar Brocken

Dagmar Brocken hat Medienwissenschaft in Bonn absolviert und innerhalb fünf Jahren ist Teil von bekannten deutschen Nachrichtenteams.