Dein Lebenswerk, deine Regeln: So schützt du deinen Handwerksbetrieb bei einer Trennung

Nach 42 Jahren der Zweisamkeit ist der Vorhang gefallen: Entdecke die bewegende Geschichte von Thea und Thomas Gottschalk und ihrer unerwarteten Trennung.

von Michael von Adelhard

Manchmal liest man von den Reichen und Schönen in der Zeitung, deren Ehen nach Jahrzehnten in die Brüche gehen. Da wird dann über Villen und Millionen spekuliert. Ehrlich gesagt, das ist eine andere Welt. Wenn ich so etwas höre, denke ich an uns – an die Meister im Handwerk. An den Tischler, den Bäcker, den Kfz-Profi. Für uns ist eine Scheidung nicht nur ein privates Drama. Sie ist eine existenzielle Bedrohung für unser Lebenswerk, für den Betrieb, den wir oft mit Blut, Schweiß und unzähligen Überstunden aufgebaut haben.

Ich bin selbst seit über 30 Jahren selbstständiger Meister und habe alles gesehen. Ich habe miterlebt, wie gute Kollegen durch eine Trennung nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Firma verloren haben. Und mit der Firma auch die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter. Das muss aber nicht sein. Man kann vorsorgen. Dafür muss man aber verstehen, was im Ernstfall wirklich passiert. Das hat nichts mit fehlender Romantik zu tun, sondern mit Verantwortung.

alter mann mit weißem haar und einer schwarzen westen und weißem hemd und langer grauen halskette aus metall, thea und thomas gottschalk

Die kalte Dusche: Warum die „Zugewinngemeinschaft“ für Betriebe gefährlich ist

Wenn du heiratest und nichts anderes regelst, lebst du automatisch in der sogenannten Zugewinngemeinschaft. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Das Gesetz sagt: Alles, was ihr während der Ehe an Wert aufbaut, ist „Zugewinn“ und wird bei einer Scheidung fair geteilt. Klingt erstmal gut, oder? Beide leisten ja ihren Teil, ob im Betrieb oder zu Hause.

Die Gefahr liegt im Detail. Stell dir vor, du gründest deinen Betrieb kurz nach der Hochzeit. Dein Anfangsvermögen bezüglich der Firma ist also praktisch null. Nach 20 Jahren harter Arbeit ist der Betrieb vielleicht 400.000 € wert. Dieser Wert ist dein Zugewinn. Im Fall einer Scheidung müsstest du deinem Partner davon die Hälfte ausgleichen – also 200.000 €. Mal ehrlich, welcher Handwerksbetrieb hat mal eben 200.000 € flüssig auf dem Konto? Das Geld steckt doch in der neuen CNC-Fräse, im Transporter oder im Materiallager.

thea und thomas gottschalk, ein wald mit böume, junger mann mit blondem haar und braunen schuhen und hose, junge frau mit buntem kleid und roten schuhen

Genau das ist der Punkt, an dem Betriebe „ausbluten“ und verkauft werden müssen, nur um den Ausgleich zu zahlen.

Was ist die Bude überhaupt wert? Der Streit um den Firmenwert

Die größte Zerreißprobe ist oft die Frage: Was ist der Betrieb wert? Das ist ja kein Sparkonto mit einer klaren Zahl drauf. Der Wert steckt im guten Namen, in den Stammkunden, im Know-how.

Gutachter nutzen hauptsächlich zwei Methoden, und die solltest du kennen:

  • Die Substanzwertmethode: Das ist die einfache Tour. Man listet alles auf, was man anfassen kann – Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeug, Material – und zieht die Schulden ab. Das ist greifbar, ignoriert aber das Wichtigste: die Fähigkeit der Firma, Geld zu verdienen.
  • Die Ertragswertmethode: Hier wird’s knifflig, aber das ist die Methode, die vor Gericht oft zählt. Ein Gutachter schaut sich die Gewinne der letzten Jahre an und rechnet hoch, was die Firma in Zukunft erwirtschaften wird. Daraus wird der heutige Wert abgeleitet.

Achtung, Falle! Ein riesiger Teil des Ertrags hängt an dir, am Meister. An deiner Arbeitskraft, deinen Kontakten. Ein fairer Gutachter muss einen fiktiven „Unternehmerlohn“ vom Gewinn abziehen. Stell dir vor, der Betrieb macht 100.000 € Gewinn. Ein angestellter Meister für diesen Job würde aber vielleicht 60.000 € Gehalt kosten. Der „echte“ Ertrag des Betriebs ist also nur 40.000 € – und nur dieser Betrag sollte für die Berechnung herangezogen werden! Wenn das nicht passiert, bewertet man quasi deine zukünftige Arbeitskraft und teilt sie auf. Ein fataler Fehler.

ein paar mit einem grünen regenschirm, thomas und thea gottschalk, eine alte frau mit grünem kleid mit vielen großen violetten, weißen und orangen blumen und grünen blättern

Kleiner Tipp aus der Praxis: Allein der Streit um das Gutachten kann sich ewig hinziehen und locker 5.000 € bis 10.000 € kosten. Geld, das verbrannt wird, bevor überhaupt über eine Lösung gesprochen wurde.

Die Lösung: Der Ehevertrag als Friedensstifter

Es gibt ein mächtiges Werkzeug, um dein Lebenswerk zu schützen: den Ehevertrag. Viele denken dabei an Misstrauen. Blödsinn! Ich sehe es als Plan für den Ernstfall, als Zeichen von Weitsicht. Er schafft in guten Zeiten klare Regeln, damit in schlechten Zeiten kein Krieg ausbricht.

Übrigens: Einen Ehevertrag kann man nicht nur vor der Hochzeit, sondern auch jederzeit während der Ehe schließen. Es ist selten zu spät, um für klare Verhältnisse zu sorgen!

Aber wie spreche ich das bloß an?

Das ist der schwierigste Teil, ich weiß. Niemand will derjenige sein, der die Stimmung killt. Versuch es nicht als „Plan für die Trennung“, sondern als „Plan für unsere gemeinsame Zukunft“ zu verkaufen. Etwa so:

alter mann mit einem weißen hemd und einer schwarzen fliege und schwarzem anzung, thea und thomas gottschalk

„Schatz, ich mache mir Gedanken über den Betrieb. Er ist unsere finanzielle Grundlage, auch für die Angestellten. Ich möchte sicherstellen, dass er uns erhalten bleibt, egal was passiert – ob durch einen Unfall oder eben auch, falls wir uns mal trennen sollten. Lass uns mal unverbindlich darüber reden, wie wir das absichern können, damit wir beide fair dastehen.“

Es geht darum, Verantwortung zu zeigen, nicht darum, dem anderen etwas wegnehmen zu wollen.

Die zwei wichtigsten Optionen im Vertrag

Ein Notar wird euch verschiedene Wege aufzeigen. Die gängigsten sind:

1. Die modifizierte Zugewinngemeinschaft (der faire Weg):
Das ist die eleganteste Lösung. Man vereinbart, dass der Betrieb und seine Wertsteigerung im Falle einer Scheidung einfach nicht zum Zugewinn gezählt werden. Alles andere – das gemeinsam gebaute Haus, die Ersparnisse, die Aktien – wird aber ganz normal geteilt wie bisher. Das schützt die Firma vor dem Ausverkauf und sichert die Arbeitsplätze, während der Partner trotzdem fair am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen beteiligt wird. Das ist mein persönlicher Favorit.

2. Die Gütertrennung (der harte Schnitt):
Hier behält jeder strikt sein eigenes Vermögen. Was du verdienst, ist deins, was dein Partner verdient, ist seins. Das klingt einfach, kann aber extrem unfair sein, besonders wenn dein Partner für die Familie beruflich zurückgesteckt oder sogar unentgeltlich im Büro mitgearbeitet hat. Solche Verträge werden von Gerichten später oft als „sittenwidrig“ gekippt, wenn sie einen Partner über den Tisch ziehen. Also Vorsicht!

Dein Fahrplan zum sicheren Betrieb: Schritt für Schritt

Okay, genug geredet, wie packst du es an? Hier ist ein einfacher Fahrplan:

Schritt 1: Das Gespräch zu Hause. (Siehe oben) Such einen ruhigen Moment und sprich offen und ehrlich über deine Sorgen und den Wunsch nach Absicherung für euch beide.

Schritt 2: Profis finden. Du brauchst einen Fachanwalt für Familienrecht, der Ahnung von Unternehmerscheidungen hat. Frag bei deiner Handwerkskammer (HWK) oder IHK nach Empfehlungen. Wenn du einen Anwalt anrufst, frag direkt: „Haben Sie Erfahrung mit der Bewertung von Handwerksbetrieben im Scheidungsfall?“ Ein normaler Scheidungsanwalt ist hier oft überfordert.

Schritt 3: Die Erstberatung. Nimm zum ersten Gespräch schon ein paar Unterlagen mit, damit der Anwalt sich ein Bild machen kann. Das spart Zeit und Geld. Gut sind:

  • Die Bilanzen oder Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der letzten 3 Jahre
  • Eine grobe Liste deines privaten Vermögens (Haus, Konten)
  • Der aktuelle Grundbuchauszug vom Haus, falls vorhanden

Gut zu wissen: So eine Erstberatung kostet je nach Kanzlei zwischen 190 € und 250 €. Das ist gut investiertes Geld.

Schritt 4: Der Notartermin. Wenn die Eckpunkte mit dem Anwalt geklärt sind, geht’s zum Notar. Er ist neutral und beurkundet den Vertrag. Er klärt euch beide über die Folgen auf. Die Kosten für den Notar hängen vom Wert eures Vermögens ab, aber rechne mal mit einer Spanne zwischen 1.500 € und 3.000 €. Deutlich billiger als ein Gutachterstreit!

Die menschliche Seite nicht vergessen

Jetzt mal ganz ehrlich: Oft ist es doch die Partnerin oder der Partner, der im Büro sitzt, die Buchhaltung macht, ans Telefon geht und sich den Frust der Kunden anhört. Dieser Beitrag ist unbezahlbar, auch wenn er nicht auf der Baustelle stattfindet.

Ein fairer Ehevertrag würdigt genau das. Er schützt nicht nur den Betrieb, sondern sorgt auch dafür, dass der Mensch, der dir den Rücken freigehalten hat, bei einer Trennung nicht im Regen steht. Das ist keine Frage des Gesetzes, sondern des Anstands.

Und zum Schluss der wichtigste Satz: Ich bin Handwerksmeister, kein Jurist. Das hier sind Tipps aus der Praxis, gedacht als Weckruf und Leitplanke. Geh dieses Thema NIEMALS ohne professionelle Hilfe von einem spezialisierten Anwalt und einem Notar an. Dein Lebenswerk sollte dir das wert sein.

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.