Eisspinnen? Fehlanzeige! Ein ehrlicher Blick aus der Werkstatt, warum TV-Magie oft Verzicht bedeutet

Eisspinnen, die in Albträumen hausen – bereit, die Fantasie der Game of Thrones-Fans zu entführen. Entdecke den neuen Kalender!

von Michael von Adelhard

Ich steh oft in meiner Werkstatt, umgeben von halbfertigen Kreaturen, dem Geruch von Silikon und dem Surren von 3D-Druckern. Wir haben hier schon alles Mögliche zum Leben erweckt. Und jedes Mal, wirklich jedes Mal, läuft es auf die gleichen, harten Fragen hinaus: Wie groß? Wie bewegt es sich? Und die wichtigste Frage von allen: Was kostet der Spaß am Ende wirklich?

Deshalb ist die Diskussion um die fehlenden Eisspinnen in dieser einen großen Fantasy-Serie für mich mehr als nur Fan-Talk. Es ist ein perfektes Lehrstück. Es zeigt die nackte, ungeschminkte Realität hinter den Kulissen, die man als Zuschauer nie zu sehen bekommt. Viele waren damals echt enttäuscht und fragten sich, warum diese coolen, furchteinflößenden Viecher aus den Büchern es nie auf den Bildschirm geschafft haben. Die Antwort ist, ehrlich gesagt, verdammt kompliziert. Es geht nicht nur ums Geld. Es ist ein Mix aus Technik, cleverem Storytelling und eiskalter Logistik. Also, komm mal mit in die Werkstatt. Ich zeig dir, warum eine geniale Idee es manchmal nicht ins Fernsehen schafft – und warum das oft die beste Entscheidung ist.

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1. Vom Kopf aufs Papier: Wenn eine Kreatur geboren wird

Alles fängt mit der Beschreibung in der Buchvorlage an. Bei den Eisspinnen ist die Rede von „riesigen, weißen Spinnen“, auf denen die Eiskrieger reiten. Das ist eine super Grundlage, aber auch wahnsinnig vage. Was zum Teufel heißt „riesig“? So groß wie ein Pferd? Oder eher wie ein Kleinwagen? Diese Frage muss als Allererstes geklärt werden, sonst redet jeder aneinander vorbei.

Hier kommt die Konzeptkunst-Abteilung ins Spiel. Das sind die Künstler, die aus Worten Bilder machen. Für dieses Projekt wurde ein echter Meister seines Fachs engagiert, den man auch von seiner Arbeit an der berühmten Fantasy-Trilogie über den einen Ring kennt. Seine Beteiligung allein ist schon ein Qualitätsversprechen. Seine Zeichnungen gaben einen ersten, offiziellen Blick auf die Spinnen und waren viel mehr als nur hübsche Bildchen. Sie waren die Blaupause, die visuelle Referenz.

Anhand dieser Bilder sitzen dann Regisseur, Produzenten und die Abteilungsleiter zusammen und fragen sich: Passt das zum Look der Serie? Wirkt das Biest bedrohlich genug? Und ganz wichtig: Kriegen wir das überhaupt irgendwie umgesetzt? Schon an diesem Punkt kann ein Projekt sterben. Manchmal sieht eine Kreatur auf dem Papier mega aus, aber jeder Profi sieht sofort: In Bewegung wird das eine Katastrophe. Die Beine zu dünn, die Form zu komplex für jede Interaktion mit Schauspielern. Das ist ein normaler und verdammt wichtiger Prozess, der später Unsummen an Geld und Nerven spart.

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2. Handarbeit vs. Rechenpower: Wie man ein Monster baut

Ist das Design durchgewunken, kommt die Gretchenfrage: Bauen wir das Ding in echt oder erschaffen wir es komplett im Computer? Beides hat massive Vor- und Nachteile. Stell dir das so vor: Die Animatronik ist wie ein maßgeschneiderter Oldtimer – beeindruckend, physisch greifbar, aber auch schwerfällig und wartungsintensiv. CGI hingegen ist wie ein High-End-Rennsimulator – du kannst die verrücktesten Dinge tun, aber du spürst den Asphalt nicht wirklich unter dir.

Der Weg des Handwerkers: Animatronik & Modellbau

Eine echte, physische Kreatur zu bauen, ist pures Handwerk. Man nennt das Animatronik. Man würde wohl erst eine kleine Skulptur anfertigen, eine Maquette. Die kann der Regisseur in die Hand nehmen und von allen Seiten begutachten. Gold wert für die Planung.

Für eine große Eisspinne in Originalgröße bräuchte man eine riesige Puppe. Das Skelett? Aus Stahl oder Alu. Darin die ganze Mechanik: Motoren und Hydraulik, um die Beine zu bewegen. Dafür braucht es ein eigenes Team von Puppenspielern. Die Haut wäre wahrscheinlich aus Silikon oder Schaumlatex, bemalt und texturiert, um dieses eisige Gefühl rüberzubringen. Vielleicht mit eingearbeiteten Kunststoffkristallen für den Glitzereffekt.

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Der Vorteil liegt auf der Hand: Das Ding ist am Set. Die Schauspieler können es sehen, darauf reagieren. Das macht ihr Spiel tausendmal besser. Die Schatten, die es wirft, sind echt. Das spart später viel Kopfzerbrechen in der Nachbearbeitung.

Aber Achtung! Solche Modelle sind tonnenschwer und unfassbar unhandlich. Sie sind extrem anfällig für Wetter und Dreck. Ich hab mal miterlebt, wie an einer riesigen Puppe ein Hydraulikschlauch geplatzt ist. Heißes Öl spritzte meterweit. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber der Drehtag war im Eimer und die Reparatur schweineteuer. So ein Gerät ist kein Spielzeug, das ist eine Maschine, die eine offizielle Risikobewertung braucht – quasi der TÜV für Filmmonster, damit am Set niemand von einem Stahlbein erschlagen wird.

Der digitale Weg: Computer Generated Imagery (CGI)

Der andere Weg führt direkt in den Rechner. Hier wird die Spinne als 3D-Modell digital erschaffen. Das ist ein Prozess mit vielen Schritten:

  • Modeling: Ein Künstler formt die Spinne am PC wie ein digitaler Bildhauer.
  • Texturing: Dann bekommt sie ihre Oberfläche. Für eine Eisspinne extrem komplex, denn sie braucht Transparenz und Lichtbrechungen. Der Fachbegriff dafür ist Subsurface Scattering. Stell dir vor, wie Licht durch eine Weintraube oder dein eigenes Ohrläppchen scheint – genau dieser Effekt muss digital nachgebaut werden.
  • Rigging: Die Spinne bekommt ein digitales Skelett, damit die Animatoren sie später bewegen können.
  • Animation: Jetzt wird sie zum Leben erweckt, Bild für Bild. Die Animatoren müssen auf Gewicht und Physik achten. Eine Riesenspinne bewegt sich schwer und träge, nicht wie eine kleine Hausspinne.
  • Rendering: Zum Schluss wird das fertige Modell in die real gefilmte Szene eingesetzt. Der Computer berechnet Licht und Schatten. Das kann für wenige Sekunden Film locker mal ein paar Tage dauern.

Die Vorteile: Mit CGI ist alles möglich. Die Spinne kann an Wänden hochlaufen oder Saltos schlagen. Die Nachteile: Gutes CGI ist brutal teuer und zeitaufwendig. Und wenn es nicht perfekt ist, wirkt es schnell seelenlos. Die Interaktion mit echten Schauspielern ist der Horror. Die starren oft nur auf einen grünen Tennisball, der an einer Stange befestigt ist.

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Übrigens, falls du jetzt denkst: „Cool, das will ich auch machen!“: Für die praktische Schiene brauchst du echtes handwerkliches Geschick – denk an Modellbau, vielleicht sogar Schweißen und ein Grundverständnis von Elektronik. Im digitalen Bereich sind Programme wie Blender (super für den Anfang, da kostenlos!), ZBrush und Maya dein Handwerkszeug. Aber vor allem brauchst du ein verdammt gutes Auge für Formen und Bewegung – und Geduld. Sehr, sehr viel Geduld.

3. Klartext: Was kostet so ein Monster wirklich?

Man liest oft von Budgets wie 15 Millionen pro Folge. Das klingt nach unendlich viel Knete. Aber das Geld geht für die offensichtlichen Dinge drauf: die Gagen der Stars, Reisen um die halbe Welt, hunderte Crewmitglieder, Kostüme, Bauten. Das Budget für Spezialeffekte ist nur ein Stück vom Kuchen, um das hart gekämpft wird.

Lasst uns das mal grob durchrechnen. Eine einzige komplexe CGI-Kreatur zu entwickeln, ist eine Monster-Investition. Ein guter Senior 3D-Artist kostet dich in einer großen Firma schnell 500 bis 800 Euro am Tag. An einem Hauptcharakter-Modell arbeiten mehrere Leute wochenlang. Dazu kommen die Software-Lizenzen, die Tausende von Euro pro Arbeitsplatz und Jahr kosten. Und dann die Hardware: Renderfarms, die Strom fressen wie ein kleines Dorf. Ganz ehrlich: Allein die Erstellung eines einzigen, vorzeigbaren CGI-Modells kann locker zwischen 50.000 und über 250.000 Euro kosten. Und da hat es sich noch keine Sekunde bewegt!

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Eine goldene Regel lautet: „Screen Time vs. Cost“ (Bildschirmzeit gegen Kosten). Eine Kreatur, die nur für einen kurzen Schockmoment da ist, ist den Aufwand oft nicht wert. Die Drachen in der Serie waren eine zentrale Investition, wichtig für die Hauptfiguren. Die Eisspinnen wären eine zusätzliche, brandneue und sehr teure Baustelle gewesen. Die Profis mussten sich also fragen: Brauchen wir für die Story noch eine teure CGI-Kreatur? Oder schwächt das sogar die Wirkung der bereits etablierten Bedrohungen?

4. Die hohe Kunst des Weglassens

Ein guter Handwerker weiß nicht nur, was er tun muss, sondern auch, was er lassen sollte. Und beim Film ist das genauso. Manchmal ist die stärkste Entscheidung, etwas nicht zu zeigen. Das hat oft erzählerische Gründe.

Denk mal an den alten Film über den großen weißen Hai. Wie oft siehst du den Hai wirklich? Verdammt selten. Die meiste Zeit spürst du nur seine Anwesenheit. Die Angst entsteht im Kopf des Zuschauers. Das ist oft viel wirkungsvoller.

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Aus meiner eigenen Erfahrung: Wir hatten mal den Auftrag, eine komplexe Verwandlungsszene zu bauen. Der erste Entwurf war ein Feuerwerk an Effekten, Explosionen, Blitzen. Sah teuer aus, fühlte sich aber irgendwie billig an. Am Ende haben wir alles gestrichen. Die finale Version war nur eine einzige, subtile Veränderung im Gesicht des Schauspielers, unterstützt von einem cleveren, fiesen Sounddesign mit Knochenknacken. Die Wirkung war zehnmal unheimlicher und hat nur einen Bruchteil gekostet.

Die Entscheidung gegen die Eisspinnen könnte genau so eine elegante Lösung gewesen sein. Die Bedrohung war klar: die Armee der Toten. Hätte man noch riesige Spinnen dazugeworfen, wäre es nur „noch ein Monster“ gewesen und hätte die klare Linie der Gefahr vielleicht aufgeweicht.

5. Wenn die Theorie auf die harte Realität am Set prallt

Selbst wenn Geld keine Rolle spielen würde, gibt es praktische Hürden. Die größte ist die Interaktion. Eine CGI-Spinne, die durch den Schnee läuft? Schon komplex. Der Schnee muss aufgewirbelt werden, Spuren müssen bleiben – alles aufwendige Simulationen.

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Noch schlimmer wird es, wenn sie einen Schauspieler packen soll. Am Set hängt der arme Kerl an Seilen und wird von Stuntleuten durch die Luft gewirbelt. Die Spinne wird Monate später digital eingefügt. Jeder Blick, jede Bewegung, jeder Schatten muss perfekt passen. Der kleinste Fehler zerstört die Illusion. Ich hab schon Leute gesehen, die tagelang nur damit beschäftigt waren, den Schatten einer digitalen Figur an den unebenen, matschigen Boden anzupassen. Das ist eine Sisyphusarbeit.

Eine Schlachtszene mit Dutzenden solcher Spinnen gegen hunderte Soldaten? Ein logistischer Albtraum. Im Vergleich ist eine Armee aus menschlich aussehenden Untoten viel einfacher. Da kannst du echte Statisten mit Make-up nehmen und CGI nur für die Highlights einsetzen. Effizienter und oft auch glaubwürdiger.

Fazit: Eine Lektion in Produktionsrealität

Das Fehlen der Eisspinnen ist also kein Fehler oder Versäumnis. Es ist das Ergebnis einer Kette von knallharten, professionellen Abwägungen. Es ist eine Meisterleistung der Produktionsplanung, nicht der Fantasielosigkeit. Es ging um erzählerische Konzentration, Budget-Prioritäten und die Anerkennung technischer Grenzen.

Am Ende ist jeder Film eine Sammlung von tausenden solcher Entscheidungen. Viele der besten Ideen bleiben in der Schublade, nicht weil sie schlecht sind, sondern weil eine andere Idee besser ins große Ganze passt.

Und jetzt du: Wenn du das nächste Mal einen großen Fantasy- oder Sci-Fi-Film schaust, achte mal ganz bewusst darauf. Wenn da eine Kreatur durchs Bild stapft, frag dich: Wirkt sie schwer? Hinterlässt sie Spuren im Dreck? Interagiert sie glaubhaft mit der Umgebung? Oder schwebt sie ein bisschen seelenlos durch die Szene? Du wirst Filme plötzlich mit ganz anderen Augen sehen. Versprochen!

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.