Unterwasserfotografie für Einsteiger: Dein ehrlicher Guide aus der Praxis

Unterwasserfotografie oder ein Blick in eine andere Dimension? Entdecken Sie die faszinierendsten Aufnahmen des Jahres und tauchen Sie ein!

von Michael von Adelhard

Ich weiß es noch wie heute: meine ersten Fotos unter Wasser, in einem unserer Seen hier in Deutschland. Das Wasser war trüb, die Sicht eine absolute Zumutung und meine Bilder… naja, eine Katastrophe. Alles war blau, unscharf und übersät mit hellen Punkten, als hätte jemand Konfetti ins Wasser geworfen. Ich war zwar ein sicherer Taucher, aber als Fotograf ein blutiger Anfänger. Das hat mir eins gezeigt: Ein fettes Bankkonto und teure Ausrüstung machen noch lange kein gutes Bild. Wissen, Übung und ein paar Tricks tun es.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, in denen ich nicht nur selbst fotografiere, sondern auch andere Taucher an die Kamera heranführe. Und ganz ehrlich: Ich sehe immer wieder dieselben Fehler. Viele lassen sich von Hochglanzmagazinen blenden und denken, man bräuchte eine Ausrüstung im Wert eines Kleinwagens, um überhaupt anzufangen. Quatsch! Was du wirklich brauchst, ist ein solides Fundament. Du musst verstehen, was unter Wasser anders läuft. Und genau das will ich dir hier mitgeben. Kein Marketing-Blabla, keine leeren Versprechen. Einfach ein ehrlicher Leitfaden von einem, der schon alle Fehler gemacht hat.


Warum unter Wasser alles anders ist: Die Physik, dein Freund und Feind

Bevor wir über Kameras und Blitze reden, müssen wir über das Wasser selbst sprechen. Wasser ist nämlich nicht nur nass. Es ist ein optisches Medium mit ganz eigenen Regeln. Wer die ignoriert, kämpft immer gegen die Natur, anstatt mit ihr zu arbeiten. Das ist wie ein Schreiner, der die Holzmaserung nicht lesen kann.

Farben? Welche Farben? Der große Filter-Effekt

Stell dir vor, du schaust durch eine dicke, blaue Glasscheibe. Genau so wirkt Wasser auf das Licht. Es filtert die Farben des Sonnenlichts, aber nicht alle gleich. Die warmen Töne erwischt es zuerst. Rot ist am schwächsten. Schon in fünf Metern Tiefe ist von Rot praktisch nichts mehr übrig. Dein Gehirn trickst dich aus und korrigiert das, aber deine Kamera ist gnadenlos ehrlich. Eine knallrote Koralle? Sieht für die Kamera in dieser Tiefe einfach nur grau-blau aus. Nach Rot verabschieden sich Orange und Gelb. Am Ende bleiben nur Blau- und Grüntöne übrig.


Gleichzeitig schluckt Wasser Licht ohne Ende. Mit jedem Meter wird es dunkler. An einem sonnigen Tag verlierst du auf 10 Metern schon mehr als die Hälfte des Lichts. Das bedeutet für dich: Ohne eine eigene Lichtquelle werden deine Bilder flach, farblos und düster. Das ist der Hauptgrund, warum wir externe Blitze verwenden – nicht nur für die Helligkeit, sondern um die geklauten Farben zurückzuholen.

Die Lupe unter Wasser: Warum alles näher scheint

Wasser bricht das Licht anders als Luft. Dadurch entsteht ein Lupeneffekt, der alles etwa 25 Prozent größer und näher erscheinen lässt. Das hat zwei fiese Konsequenzen. Erstens kann der Autofokus deiner Kamera danebenliegen. Zweitens, und das ist der Knackpunkt, verleitet es dich dazu, zu weit weg vom Motiv zu bleiben. Aber in der Unterwasserfotografie gibt es eine goldene Regel: Näher ran! Und dann… noch näher!

Dein schlimmster Feind: Der Schneesturm im Sommer

Selbst im klarsten Wasser schweben unzählige kleine Partikel – Plankton, Sand, winzige organische Teile. Das nennt man Schwebeteilchen. An der Oberfläche fällt das kaum auf. Aber wehe, du zündest unter Wasser einen Blitz! Besonders der eingebaute Blitz deiner Kamera ist eine Garantie für furchtbare Bilder. Er sitzt direkt über dem Objektiv, feuert geradeaus, trifft die Partikel direkt vor deiner Linse und wirft das Licht als hässliche helle Punkte zurück. Das Ergebnis ist die gefürchtete Rückstreuung, auch „Backscatter“ genannt.


Stell dir das so vor: Bild 1 mit dem internen Blitz sieht aus wie ein Schneesturm im Aquarium. Dein Fisch ist kaum zu erkennen. Bild 2, bei dem du einen externen Blitz von der Seite einsetzt, zeigt denselben Fisch in Knallerfarben vor einem satten, sauberen blauen Hintergrund. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht!

Die richtige Ausrüstung: Klug kaufen statt teuer shoppen

Der Markt für Unterwasser-Equipment ist ein Dschungel. Aber was braucht man wirklich für den Anfang? Ich sage meinen Leuten immer: Fang klein an, aber kauf clever. Ein durchdachtes System ist mehr wert als die teuerste Einzelkomponente.

Okay, reden wir mal Klartext: Was kostet der Spaß wirklich? Ein typisches Einsteiger-Set, das wirklich funktioniert und dir lange Freude bereitet, liegt bei ca. 1.200 € bis 2.000 €. Das ist eine Hausnummer, aber eine sinnvolle Investition. So könnte das aussehen:

  • Eine robuste Kompaktkamera: Es gibt tolle Modelle, die von Haus aus schon bis 15 Meter wasserdicht sind. Das ist eine super Zusatzversicherung! Kostenpunkt: ca. 550 €.
  • Ein passendes Gehäuse: Meist aus Polycarbonat (eine Art Hartplastik). Die sind leichter und günstiger. Hierfür musst du mit etwa 400 € bis 800 € rechnen.
  • Ein externer Blitz: Das ist wichtiger als die Kamera! Ein solider Einsteiger-Blitz kostet dich um die 400 € bis 500 €.
  • Blitzarm und Schiene: Damit befestigst du den Blitz am Gehäuse. Plane hierfür nochmal 150 € bis 250 € ein.

Das macht es doch schon viel greifbarer, oder? Du musst nicht den Preis eines Gebrauchtwagens investieren, um fantastische Bilder zu machen.


Das Gehäuse: Die Versicherung für deine Kamera

Beim Gehäuse solltest du nicht am falschen Ende sparen. Die günstigeren Modelle aus Polycarbonat sind für den Einstieg top. Der Vorteil ist, dass sie oft durchsichtig sind und man eine Undichtigkeit manchmal früher erkennt. Die Profi-Gehäuse aus Aluminium sind extrem robust, aber auch schwerer und deutlich teurer – für den Anfang absolut nicht nötig. Achte lieber darauf, dass du alle Knöpfe und Rädchen gut erreichen kannst, auch mit Handschuhen.

Apropos Gehäuse, ein Wort zur Pflege. Der O-Ring, diese kleine Gummidichtung, ist die Lebensader deines Systems. Ein einziges Haar oder Sandkorn darauf kann eine Flutung verursachen. Ich habe das vor Jahren auf die harte Tour gelernt, als ich in Eile ein Gehäuse geschlossen habe. In 20 Metern Tiefe sah ich die ersten Tropfen eindringen… Es blieb mir nichts anderes übrig, als den Tauchgang abzubrechen und hilflos zuzusehen, wie meine Kamera stirbt. Das passiert einem nur einmal. Seitdem ist die O-Ring-Pflege für mich ein heiliges Ritual.


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Kleiner Tipp: Hier ist meine idiotensichere O-Ring-Zeremonie:

  1. Ring vorsichtig mit einem speziellen Werkzeug (oder dem Fingernagel) rausnehmen.
  2. Die Nut im Gehäuse mit einem sauberen, fusselfreien Tuch (Mikrofaser ist super) abwischen.
  3. Den Ring selbst genau auf Haare, Sand oder Risse prüfen.
  4. Nur wenn es der Hersteller empfiehlt: Eine hauchdünne Schicht Fett auftragen. Er soll glänzen, nicht in Fett triefen!
  5. Sauber und ohne Verdrehen wieder in die Nut legen. Fertig. Das rettet Kameras!

Licht, Licht und noch mehr Licht: Dein bester Freund

Wie gesagt: Der interne Kamerablitz ist tabu. Du brauchst einen externen Blitz, auch „Strobe“ genannt. Die Investition lohnt sich tausendmal mehr als jeder teure Kamerabody. Manche versuchen am Anfang, mit einer reinen Videolampe zu fotografieren. Das geht zur Not, aber ist nicht ideal. Eine Lampe leuchtet permanent, ein Blitz gibt einen extrem kurzen, superhellen Impuls ab. Das friert Bewegungen ein und hat viel mehr Power, um die Farben zum Leuchten zu bringen.


Die Technik: Was die Profis anders machen

Gute Ausrüstung ist nur die halbe Miete. Die richtige Technik macht den wahren Unterschied. Die folgenden Regeln sind das A und O.

Regel 1: Sei ein guter Taucher, bevor du ein Fotograf wirst

Das Wichtigste zuerst: Deine Tarierung muss sitzen. Du musst perfekt schweben können, ohne mit den Flossen zu wedeln oder den Boden aufzuwirbeln. Wer unkontrolliert am Riff herumfuchtelt, macht nicht nur die Umwelt kaputt, sondern auch seine Bilder. Eine ruhige Hand und eine stabile Position sind die Basis für Schärfe.

Regel 2: Geh nah ran! Und dann noch näher!

Ich kann es nicht oft genug sagen. Die größte Verbesserung für deine Bilder erreichst du, indem du den Abstand zum Motiv verringerst. Wasser ist dein Feind, denk dran! Weniger Wasser zwischen Linse und Motiv bedeutet mehr Farbe, mehr Kontrast, mehr Schärfe.

Regel 3: Fotografiere nach oben

Anfänger fotografieren fast immer von oben herab. Das wirkt langweilig und flach. Versuch stattdessen, auf Augenhöhe mit dem Fisch zu kommen. Oder geh noch tiefer und fotografiere leicht nach oben. Das hat riesige Vorteile: Dein Motiv hebt sich klar vom blauen Wasserhintergrund ab, du bekommst eine tolle Tiefenwirkung und mit etwas Glück fängst du sogar die Sonnenstrahlen ein.


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Challenge für deinen nächsten Tauchgang: Finde irgendein Objekt am Boden. Mach ein Foto von oben herab. Dann leg dich daneben und mach eins auf Augenhöhe. Du wirst sofort verstehen, was ich meine!

Regel 4: Lerne, im Manuellen Modus (M) zu fotografieren

Die Automatik deiner Kamera ist unter Wasser komplett überfordert. Lerne den manuellen Modus. Das ist einfacher, als es klingt. Du steuerst drei Dinge:

  • Blende (f-Wert): Steuert die Schärfentiefe und wie viel Licht vom BLITZ auf dein Motiv fällt. Für Makro brauchst du viel Schärfentiefe, also einen hohen f-Wert (z.B. f/11).
  • Verschlusszeit: Steuert das UMGEBUNGSLICHT, also wie hell oder dunkel der blaue Wasserhintergrund wird.
  • ISO: Die Lichtempfindlichkeit. Halte sie so niedrig wie möglich (meist ISO 100 oder 200), um Bildrauschen zu vermeiden.

Gut zu wissen: Hier ist eine idiotensichere Start-Einstellung für klares Wasser auf ca. 15 Metern Tiefe. Wähle den M-Modus, ISO 100, Verschlusszeit 1/160s und Blende f/8. Mach ein Testfoto ins blaue Wasser. Hintergrund zu hell? Kürzere Verschlusszeit (z.B. 1/200s). Zu dunkel? Längere (z.B. 1/125s). Wenn der Hintergrund passt, suchst du dir ein Motiv und regelst NUR mit der Blitzstärke die Helligkeit im Vordergrund. Das ist das große Geheimnis!


Sicherheit und Verantwortung: Du bist ein Gast

Mit einer Kamera in der Hand trägst du eine besondere Verantwortung. Fasse niemals Tiere an, jage sie nicht und arrangiere die Natur nicht für ein „besseres“ Bild. Ein gutes Foto rechtfertigt niemals die Zerstörung des Lebensraums. Ein guter Fotograf ist ein unsichtbarer Beobachter.

Ach ja, und vergiss deinen Tauchpartner nicht! Die Kamera ist faszinierend, man vergisst schnell alles um sich herum. Das ist gefährlich. Macht klare Absprachen und checkt regelmäßig eure Instrumente und einander. Du bist immer zuerst Taucher, dann erst Fotograf.

Der nächste Schritt: Wenn die Grundlagen sitzen

Wenn du das alles draufhast, beginnt der kreative Spaß. Du kannst mit einem zweiten Blitz experimentieren, um Schatten zu formen, oder Motive von hinten beleuchten. Und dann ist da noch die Nachbearbeitung. Kein Profifoto kommt heute ohne eine Runde in der digitalen Dunkelkammer aus. Programme zur Bildbearbeitung sind fantastische Werkzeuge, um Kontraste zu optimieren und störende Partikel zu entfernen. Aber denk dran: Software kann ein gutes Bild besser machen, aber sie kann kein schlechtes Bild retten. Das Fundament legst du immer unter Wasser.

Der Weg ist lang, aber er lohnt sich. Sei geduldig, übe viel und hab keine Angst vor Fehlern. Genieße die Zeit unter Wasser und die Freude an einem Bild, das eine Geschichte erzählt. Denn darauf kommt es am Ende wirklich an.

Michael von Adelhard

Michael von Adelhard ist 31 Jahre alt. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist für einige der erfolgreichsten Nachrichten-Portale Deutschlands. Autor vieler Bücher und wissenschaftlicher Publikationen zum Thema «Einfluss sozialer Medien auf Jugendliche«. Schreibt über Themen wie Lifestyle, Umweltschutz, sowie Tech and Gadgets. In seiner Freizeit ist er häufig mit dem Fahrrad unterwegs – so schöpft er Inspiration für seine neuen Artikel.