Eintritt & Verbote: Wie sich Europas Top-Ziele wehren

von Katrin Schubert
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Ich habe es selbst erlebt: die Schlange für das perfekte Foto am Geirangerfjord, die länger ist als die an der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Wanderwege in den Dolomiten, die sich wie eine U-Bahn zur Rushhour anfühlen. Das ist die Realität in Europas schönsten Orten, die unter dem Ansturm der Besucher ächzen. Die Städte und Regionen reagieren mit Eintrittsgeldern, Verboten und Umleitungen. Ist das die Zukunft des Reisens?

Überall das gleiche Bild, ob auf Santorin, in Hallstatt oder auf Mallorca. Wir suchen die Idylle, die auf den Werbefotos versprochen wird, und finden uns in einer Menschenmenge wieder, die genau das Gleiche sucht. Mittendrin: genervte Einheimische, für die unser Urlaubsort ihr tägliches Zuhause ist. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie wir reisen wollen.

Italien: Zwischen Eintrittsgeld und echtem Erleben

Italien ringt vielleicht am sichtbarsten mit dem Spagat zwischen Gastfreundschaft und Belastung. Venedig hat mit seinen Eintrittsgebühren von 5 € für Tagesgäste an ausgewählten Spitzentagen für Schlagzeilen gesorgt. Ich war an einem solchen Tag dort, und ehrlich gesagt, ändert die Gebühr wenig am Gedränge in den Gassen zwischen Rialtobrücke und Markusplatz. Es fühlt sich eher wie eine zusätzliche Touristensteuer an. Mein Tipp für Venedig: Wenn Sie die Magie der Stadt erleben wollen, übernachten Sie dort. Stehen Sie um 6 Uhr morgens auf und spazieren Sie zum fast leeren Markusplatz. Oder schlendern Sie nach 22 Uhr durch die Gassen von Cannaregio, wenn die Tagestouristen abgereist sind. Das ist der Moment, in dem man das echte Venedig noch spürt. Seien Sie auch auf die Vaporetto-Preise vorbereitet: Eine Einzelfahrt kostet schockierende 9,50 €. Ein Tagespass (ab 25 €) lohnt sich schnell.

In den Dolomiten spitzt sich die Lage ebenfalls zu. Auf der Seceda, einem der meistfotografierten Aussichtspunkte Südtirols, verlangen die Grundbesitzer nun 5 € „Eintritt“. Ich kann den Frust verstehen. Ich habe dort oben Wanderer in Flip-Flops und mit Selfiesticks gesehen, die aussahen, als wären sie auf dem Weg zum Aperitif und nicht auf 2.500 Höhenmetern. Mein Alternativ-Tipp: Statt dem überlaufenen Seceda-Spot nachzujagen, erkunden Sie die Seiser Alm. Sie ist riesig, bietet genauso spektakuläre Ausblicke und man findet selbst in der Hochsaison ruhige Ecken. Die Seiser-Alm-Bahn kostet zwar rund 24 € für Berg- und Talfahrt, verteilt die Menschenmassen aber deutlich besser.

Schweiz & Österreich: Wenn Netflix-Kulissen überrannt werden

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Ein Gefühl der Absurdität überkam mich im Schweizer Iseltwald am Brienzersee. Hier steht tatsächlich ein Drehkreuz vor dem Holzsteg, der durch die südkoreanische Netflix-Serie „Crash Landing on You“ berühmt wurde. Busladungen voller Fans stehen für ein Selfie an und zahlen dafür 5 Franken. Der Ort selbst wird kaum wahrgenommen. Mein Rat: Machen Sie eine Schifffahrt auf dem Brienzersee. Vom Wasser aus hat man eine herrliche Perspektive auf Iseltwald und viele andere, ebenso schöne Dörfer – ganz ohne Anstehen und Gebühr.

In Österreich bleibt Hallstatt das Sorgenkind. Die winzige Gemeinde mit 750 Einwohnern zählt über eine Million Besucher jährlich. Ich habe Hallstatt einmal im November besucht, als der Nebel über dem See hing und nur eine Handvoll Menschen da waren. Das war pure Magie. Im Sommer hingegen fühlt es sich an, als würde man durch ein Museumsdorf geschoben. Die eingeführten Zeitfenster für Reisebusse helfen ein wenig, aber die schiere Menge an Individualreisenden füllt die Gassen trotzdem. Wenn Sie Hallstatt unbedingt sehen wollen, planen Sie Ihren Besuch für die Nebensaison (Oktober bis April, außer Feiertage) oder kommen Sie ganz früh am Morgen, bevor gegen 9 Uhr die ersten Busse anrollen.

Skandinavien & Spanien: Von kreativen Ideen und wachsendem Frust

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Der Trend zur „Coolcation“ – Urlaub in kühleren Gefilden – bringt nun auch den Norden an seine Grenzen. An Norwegens berühmten Wanderzielen wie dem Preikestolen oder der Trolltunga ist das Naturerlebnis oft ein Warten in der Schlange für das perfekte Klippenfoto. Viele ignorieren dabei die Absperrungen. Bitte nehmen Sie diese Warnungen ernst! Die Felsen sind rutschig und die Abgründe echt. Rechnen Sie außerdem mit hohen Parkgebühren an den Ausgangspunkten der Wanderungen, oft 30-40 € pro Tag.

Spanien, allen voran Mallorca, steuert auf neue Besucherrekorde zu, und der Unmut wächst. Ich habe auf Mallorca mit Einheimischen gesprochen. Der Frust ist greifbar. Es geht nicht gegen Urlauber, sondern gegen ein System, das Wohnraum unbezahlbar macht. Ein Cafébesitzer in Palma sagte mir: „Meine Kellner finden keine Wohnung mehr unter 1000 Euro. Wie soll das gehen?“ Mein Tipp für Mallorca: Entdecken Sie das Inselinnere. Ein Finca-Aufenthalt in der Nähe von Orten wie Sineu, Alaró oder Artà zeigt ein ganz anderes, authentisches Mallorca und unterstützt kleinere, lokale Betriebe.

Barcelona geht den radikalsten Schritt und will bis Ende 2028 die Vermietung von Ferienwohnungen an Touristen komplett verbieten. Das wird den Städtetourismus massiv verändern. Hotels werden vermutlich teurer und knapper. Wenn Sie eine Reise nach Barcelona planen, buchen Sie Ihre Unterkunft frühzeitig, besonders für die Zeit nach 2028.

Griechenland: Die Kosten des Inseltraums

Auf den Super-Inseln wie Mykonos und Santorin ist das Problem weniger die Menge, sondern der Preis. Mykonos ist mittlerweile so teuer, dass es für viele Griechen unerschwinglich geworden ist. Wenn ein griechischer Salat 25 € und zwei Liegen am Strand 100 € pro Tag kosten, hat das mit griechischer Gastfreundschaft wenig zu tun. Eine gute Alternative: Wenn Sie die Kykladen-Architektur lieben, aber nicht die Preise von Mykonos oder den Trubel von Santorin, schauen Sie sich Inseln wie Paros, Naxos oder das ruhigere Amorgos an. Sie bieten wunderschöne Dörfer und Strände zu einem Bruchteil des Preises.

Ein weiteres Problem ist die Privatisierung der Strände. Per Gesetz muss in Griechenland mindestens die Hälfte jedes Strandes frei zugänglich sein. Letzten Sommer habe ich auf Kreta die „Handtuch-Bewegung“ selbst erlebt: An einem Strand, der komplett mit teuren Liegen zugestellt war, legten Einheimische und Touristen ihre Handtücher demonstrativ in den schmalen Streifen davor. Ein stiller Protest, der zeigt: Der Strand gehört allen.

Was bedeutet das für uns als Reisende?

Sollen wir also zu Hause bleiben? Nein, das wäre die falsche Konsequenz. Aber wir müssen bewusster reisen. Respektvolles Verhalten, Wasser sparen und Müll vermeiden sollten selbstverständlich sein. Aber es geht um mehr. Es geht darum, wohin wir unser Geld tragen.

Der größte Hebel liegt in unserer Buchungsentscheidung. Anstatt immer nur die Top-10-Sehenswürdigkeiten abzuklappern, können wir Ziele aus der zweiten Reihe entdecken. Erkunden Sie die Abruzzen statt der überlaufenen Amalfiküste. Entdecken Sie die Küste Albaniens statt der vollen Strände Kroatiens. Besuchen Sie charmante Städte wie Gent oder Utrecht statt immer nur Amsterdam. Oft sind es diese unerwarteten Orte, die zu den schönsten und authentischsten Erinnerungen werden – ganz ohne Drehkreuz und Gedränge.

Katrin Schubert

Mit rund 80.000 Followern begeistert Katrin Schubert ihre Community mit ehrlichen, praxisnahen Tipps und einem humorvollen Blick aufs Gärtnern. Als Gewinnerin des Goldenen Spaten für Garten-Influencer ist sie eine authentische Stimme, die echtes Gartengefühl vermittelt. Ihr Herz schlägt besonders für die Vielfalt von Tomaten. In ihrem Garten in der Nähe von Potsdam kultiviert sie mit großer Hingabe über 40 verschiedene Sorten und probiert gerne neue und seltene Züchtungen aus. Ihr Wissen über Anbau, Pflege und die faszinierende Welt alter und seltener Gemüsesorten teilt sie begeistert mit anderen Gartenfreunden.