Besser als Paraffin: 3 natürliche Wachse für Kerzen

Der Duft von Honig und einer Sommerwiese, die Farbe der Herbstsonne – eine Kerze aus Bienenwachs ist ein sinnliches Erlebnis. Doch sie ist nicht die einzige hervorragende Alternative zu den weit verbreiteten Paraffinkerzen. Als Koch weiß ich, wie wichtig hochwertige, natürliche Zutaten für ein gutes Ergebnis sind. Das gilt nicht nur für Essen, sondern auch für die Luft, die wir atmen.
Viele Kerzen im Handel sind wie kulinarisches Fast Food: billig, praktisch, aber voller bedenklicher Stoffe. Sie bestehen meist aus Paraffin, einem Nebenprodukt der Erdölraffination. Beim Abbrennen können Stoffe wie Toluol und Benzol freigesetzt werden, die Kopfschmerzen verursachen und die Atemwege reizen. Wenn dann noch künstliche Duftstoffe hinzukommen, atmen wir einen Chemie-Cocktail ein. Zum Glück gibt es fantastische, natürliche Alternativen, die nicht nur gesünder sind, sondern auch ein viel schöneres Brennerlebnis bieten. Stellen wir drei davon genauer vor.
1. Bienenwachs: Der aromatische Klassiker
Bienenwachs ist die traditionellste und wohl ursprünglichste Zutat für Kerzen. Es ist ein reines Naturprodukt, das die Bienen aus ihren Wachsdrüsen absondern, um ihre Waben zu bauen. Für mich als Koch ist Bienenwachs der „Grand Cru“ unter den Wachsen – komplex, charaktervoll und von Natur aus perfekt.
Was macht Bienenwachs so besonders?
- Natürlicher Duft: Es duftet von sich aus wunderbar nach Honig und Propolis. Es braucht keine künstlichen Zusätze. Der Geruch ist warm, beruhigend und nie aufdringlich.
- Lange Brenndauer: Bienenwachs hat einen höheren Schmelzpunkt (ca. 62–65 °C) als Paraffin. Dadurch brennen die Kerzen deutlich langsamer und rußärmer ab.
- Luftreinigend: Beim Abbrennen sollen negative Ionen freigesetzt werden, die Staub, Pollen und andere Partikel in der Luft binden können. Daher ist es oft eine gute Wahl für Allergiker.
Chef-Tipps für die Verarbeitung:
Die richtige Temperatur: Schmelzen Sie Bienenwachs immer schonend im Wasserbad, genau wie hochwertige Schokolade. Ein digitales Küchenthermometer ist hier Ihr bester Freund. Erhitzen Sie das Wachs langsam auf etwa 70-75 °C. Wichtiger Hinweis: Überhitzen Sie es nicht! Bei zu hohen Temperaturen kann der wunderbare Honigduft verfliegen und das Wachs verfärbt sich dunkel.
Wo kaufen? Das beste Bienenwachs bekommen Sie direkt vom Imker auf dem Wochenmarkt oder im Hofladen. Achten Sie auf Pastillen oder kleine Blöcke, die sich leicht dosieren lassen. Die Qualität ist unvergleichlich und Sie unterstützen lokale Betriebe. Rechnen Sie mit Kosten von ca. 20-25 € pro Kilogramm für gute Imkerqualität.
2. Sojawachs: Der vielseitige Alleskönner

Sojawachs ist in der modernen Küche das, was ein gutes, neutrales Pflanzenöl ist: eine perfekte Basis. Es wird aus dem Öl von Sojabohnen hergestellt und ist eine vegane, biologisch abbaubare Alternative. Seine cremeweiße Farbe und die neutrale Duftnote machen es zur idealen Leinwand für eigene Duftkreationen.
Warum Sojawachs eine gute Wahl ist:
- Perfekt für Duftkerzen: Da es von Natur aus geruchsneutral ist, nimmt es ätherische Öle und Duftöle hervorragend auf und gibt sie beim Brennen gleichmäßig frei.
- Sauberes Abbrennen: Es brennt nahezu rußfrei und hat eine niedrigere Schmelztemperatur (ca. 50–55 °C), was die Verarbeitung erleichtert und die Brenndauer verlängert.
- Einfache Reinigung: Wachsreste lassen sich ganz einfach mit warmem Wasser und Seife entfernen – ein großer Vorteil gegenüber klebrigem Paraffin.
Chef-Tipps für die Verarbeitung:
Der richtige Zeitpunkt für den Duft: Das ist das Geheimnis für eine intensive Duftkerze! Schmelzen Sie das Wachs auf ca. 75-80 °C. Nehmen Sie es dann vom Herd und lassen Sie es auf etwa 60 °C abkühlen, bevor Sie das Duftöl hinzufügen. Gibt man das Öl in zu heißes Wachs, verfliegt ein Teil des Duftes sofort. Als Faustregel gilt: 6-10 ml Duftöl pro 100 g Wachs für eine angenehme Intensität.
Gießen ohne Risse: Gießen Sie das Wachs langsam und bei einer Temperatur von ca. 55-60 °C in Ihr Gefäß. Zu heißes Gießen kann zu unschönen Rissen oder Löchern führen, wenn das Wachs abkühlt. Lassen Sie die Kerze bei Raumtemperatur langsam aushärten – stellen Sie sie nicht in den Kühlschrank!
Worauf achten beim Kauf? Suchen Sie nach 100 % reinem Sojawachs aus nachhaltigem, gentechnikfreiem Anbau, um sicherzustellen, dass für die Produktion kein Regenwald gerodet wurde. Sie finden es in Bastelgeschäften oder online für ca. 10-15 € pro Kilogramm.
3. Rapswachs: Der nachhaltige Held aus der Region

Rapswachs ist für mich der heimliche Star und die logische Wahl für alle, die Wert auf Nachhaltigkeit und Regionalität legen – quasi das „Rapsöl der Kerzenherstellung“. Es wird aus europäischem Raps gewonnen, hat kurze Transportwege und ist vollständig biologisch abbaubar. Eine fantastische, umweltfreundliche Alternative.
Die Stärken von Rapswachs:
- Sehr nachhaltig: Anbau in Europa, gentechnikfrei und biologisch abbaubar. Eine ökologisch einwandfreie Wahl.
- Hervorragende Dufthaftung: Ähnlich wie Sojawachs nimmt es Düfte sehr gut auf und sorgt für ein langanhaltendes Dufterlebnis.
- Schöne, cremige Optik: Rapswachs hat eine leicht cremige, fast porzellanartige Oberfläche, die sehr edel aussieht.
Chef-Tipps für die Verarbeitung:
Die perfekte Oberfläche meistern: Rapswachs neigt manchmal dazu, beim Abkühlen eine unebene Oberfläche oder einen kleinen Trichter um den Docht zu bilden. Das ist kein Fehler, sondern eine Eigenschaft des Wachses. Der Profi-Trick: Halten Sie etwa 10 % des geschmolzenen Wachses zurück. Nachdem die Kerze fast vollständig ausgehärtet ist (nach ca. 1-2 Stunden), erhitzen Sie das restliche Wachs noch einmal kurz und gießen eine dünne Schicht darüber. Dieser „zweite Guss“ sorgt für eine spiegelglatte Oberfläche, genau wie beim Glasieren einer Torte.
Die richtige Gießtemperatur: Rapswachs sollte etwas wärmer gegossen werden als Sojawachs, idealerweise bei etwa 65 °C, um eine gute Haftung am Glas zu gewährleisten.
Zusammenfassende Profi-Tipps für Ihre erste Kerze
Egal für welches Wachs Sie sich entscheiden, mit der richtigen Vorbereitung – der „Mise en Place“ wie wir in der Küche sagen – gelingt Ihre erste Kerze garantiert.
- Vorbereitung ist alles: Legen Sie Zeitungspapier aus. Stellen Sie Ihr Kerzenglas, den Docht mit Dochthalter (eine Wäscheklammer tut es auch), Ihr Thermometer und das Wachs bereit.
- Temperaturkontrolle: Ein digitales Küchenthermometer ist die wichtigste Investition. Die richtige Temperatur beim Schmelzen, Duft hinzufügen und Gießen entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.
- Troubleshooting – Was tun, wenn…?
- Die Kerze rußt: Der Docht ist zu lang. Kürzen Sie ihn vor jedem Anzünden auf ca. 5 mm.
- Die Kerze brennt einen Tunnel: Lassen Sie die Kerze beim ersten Anzünden so lange brennen, bis die gesamte Oberfläche flüssig ist. Das „trainiert“ die Kerze für zukünftiges, gleichmäßiges Abbrennen.
Der Umstieg von Paraffin auf natürliche Wachse ist ein einfacher Schritt mit großer Wirkung – für Ihre Gesundheit, die Umwelt und für ein unvergleichlich schöneres, gemütlicheres Zuhause. Probieren Sie es aus, es ist ein wunderbar entschleunigendes Handwerk!