Dieser Pilz-Aberglaube bringt Pech: Niemals so im Wald handeln

Der Herbst ist da, und nach den ersten ergiebigen Regenfällen sprießen sie wieder überall: Steinpilze, Maronen und Pfifferlinge füllen die Körbe der Sammler. Doch mit der Freude an der Ernte leben auch alte Mythen und Aberglauben wieder auf. Einige dieser alten Regeln haben einen erstaunlich wahren Kern und können Ihre Pilzsuche tatsächlich erfolgreicher und sicherer machen – wenn man sie richtig deutet.
Der erste Fund: Ein Geschenk für den Wald?
Ein weit verbreiteter Aberglaube besagt, dass man den allerersten Pilz, den man findet, stehen lassen sollte. Man solle ihn nicht anrühren oder gar zerstören, sondern als eine Art Dankeschön für den Wald zurücklassen. Wer diesen Brauch missachtet, so heißt es, kehrt mit leerem Korb nach Hause zurück. Auch wenn das nach reiner Folklore klingt, steckt darin eine wertvolle Lektion für jeden Pilzsammler.
Mein Experten-Tipp: Sehen Sie den ersten Fund nicht als Opfer, sondern als wichtigen Hinweis. Ein einzelner prächtiger Steinpilz wächst selten allein. Anstatt ihn sofort zu ernten und weiterzueilen, halten Sie inne. Schauen Sie sich die Umgebung genau an: Unter welcher Baumart steht er (oft Eichen oder Buchen)? Wie ist der Boden beschaffen? Das Myzel, das unterirdische Pilzgeflecht, kann sich über viele Quadratmeter erstrecken. Oft finden sich im Umkreis von 5 bis 10 Metern weitere Exemplare derselben Art. Der erste Fund ist also Ihr Wegweiser zum Rest der Familie!
Kleine Pilze: Warum Geduld sich doppelt auszahlt

Ein weiterer Aberglaube warnt davor, sehr kleine Pilze zu sammeln. Sie würden Unglück bringen oder dafür sorgen, dass keine größeren mehr nachwachsen. Hier überschneidet sich der alte Glaube perfekt mit modernen Regeln für nachhaltiges und sicheres Sammeln.
Aus zwei wichtigen Gründen sollten Sie winzige Exemplare immer stehen lassen:
- Sicherheit geht vor: Viele Pilze sind im Jungstadium extrem schwer zu identifizieren. Der tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) kann in seiner „Knollenform“ leicht mit einem jungen, essbaren Wiesenchampignon verwechselt werden. Ein fataler Fehler! Erst wenn der Pilz seinen Hut voll entfaltet hat, werden die Merkmale wie Lamellenfarbe und Stielmanschette deutlich sichtbar.
- Nachhaltigkeit sichern: Ein Pilz ist nur der Fruchtkörper des eigentlichen Organismus im Boden. Wenn Sie kleine Exemplare stehen lassen, geben Sie ihnen die Chance, zu wachsen und ihre Sporen zu verteilen. Diese Sporen sind die „Samen“ für die Pilzgeneration des nächsten Jahres. Wer nur ausgewachsene Pilze erntet, sichert sich selbst die Ernte für die Zukunft. Als Faustregel gilt: Alles, was kleiner als eine 2-Euro-Münze ist, bleibt im Wald.
Der richtige Zeitpunkt: Mondphasen oder Wetterbericht?

Früher glaubte man, dass bestimmte Tage im Monat Unglück bringen oder dass die Mondphase das Pilzwachstum beeinflusst. Besonders nach Vollmond, so ein kaschubischer Glaube, sei der Wald voller Pilze. Gleichzeitig hieß es, man solle den Wald meiden, weil dann die Waldgeister besonders aktiv seien.
Wissenschaftlich ist ein direkter Einfluss des Mondes auf Pilze nicht nachgewiesen. Der wahre Kern dieser Beobachtung liegt aber im Wetter. Die eigentlichen Wachstumsmotoren für Pilze sind Feuchtigkeit und Wärme. Die beste Zeit für eine erfolgreiche Pilzsuche ist nicht von einem bestimmten Datum abhängig, sondern von den Wetterbedingungen der Vortage. Die goldene Regel lautet: Gehen Sie etwa drei bis sieben Tage nach einem ausgiebigen, durchdringenden Regen in den Wald, wenn die Temperaturen mild und nicht zu kalt sind (ideal sind Nachttemperaturen über 8°C). Dann hat das Myzel im Boden genug Zeit und Energie, um seine Fruchtkörper an die Oberfläche zu schieben.
Die wahren Glücksbringer im Wald
Am Ende ist es nicht der Aberglaube, der den Korb füllt, sondern Wissen und Respekt vor der Natur. Die wahren Glücksbringer sind nicht Rituale, sondern bewährte Verhaltensregeln, die eine reiche Ernte und Ihre Sicherheit garantieren.
Meine Checkliste für eine erfolgreiche und sichere Pilzsuche:
- Nur 100%ige Sicherheit: Sammeln Sie ausschließlich Pilze, die Sie zweifelsfrei bestimmen können. Im Zweifel immer stehen lassen oder einen geprüften Pilzsachverständigen (DGfM) aufsuchen.
- Richtig ernten: Schneiden Sie den Pilz mit einem Messer knapp über dem Boden ab oder drehen Sie ihn vorsichtig heraus. So bleibt das unterirdische Myzel intakt.
- Luftiger Transport: Verwenden Sie einen Weidenkorb, keinen Plastikbeutel. In Plastik schwitzen die Pilze, werden matschig und können schneller verderben.
- Respekt vor dem Ökosystem: Lassen Sie alte, madige oder ungenießbare Pilze stehen. Sie sind ein wichtiger Teil des Waldlebens und dienen vielen Tieren als Nahrung.