Öland: 5 Fehler, die fast jeder auf der Sonneninsel macht

Öland, Schwedens zweitgrößte Insel, ist ein Ort, der mich immer wieder in seinen Bann zieht. Sobald man über die beeindruckende, sechs Kilometer lange Ölandbrücke von Kalmar aus fährt, spürt man es: Die Zeit tickt hier anders. Die Landschaft öffnet sich, der Himmel scheint weiter und eine besondere Ruhe legt sich über alles. Mit ihren 1.342 km² und nur rund 25.000 ständigen Einwohnern ist die Insel ein Paradies für Naturliebhaber und Ruhesuchende. Doch ich habe bei meinen Besuchen immer wieder festgestellt, dass viele Besucher, geblendet von den Windmühlen und roten Holzhäusern, in dieselben Fallen tappen und so das wahre Herz der Insel verpassen. Hier sind die 5 häufigsten Fehler – und wie Sie sie vermeiden, um Öland so zu erleben, wie es die Einheimischen lieben.
Fehler 1: Das Timing beim Vogelzug völlig falsch einschätzen
Der häufigste Fehler ist, zur falschen Zeit zu kommen und zu glauben, man könne das berühmte Naturschauspiel trotzdem erleben. Öland ist eine der wichtigsten Drehscheiben für den Vogelzug in Nordeuropa. Wer das verpasst, verpasst die Seele der Insel. Der absolute Höhepunkt ist der Herbstzug, konzentriert auf die Wochen 40 bis 42, also Ende September bis Mitte Oktober. Ich stand selbst am Leuchtturm Långe Jan an der Südspitze und war sprachlos: Der Himmel war erfüllt vom Gackern tausender Gänse und dem Ruf der Kraniche. Es ist ein ohrenbetäubendes, unvergessliches Spektakel, wenn sie sich sammeln, bevor sie die Ostsee überqueren.
Mein persönlicher Tipp: Konzentrieren Sie sich nicht nur auf den Herbst! Der Frühjahrszug im April und Mai ist mindestens genauso faszinierend. Die Vögel kommen zurück, die Stimmung ist voller Aufbruch und die Insel erwacht aus dem Winterschlaf. Egal für welche Jahreszeit Sie sich entscheiden: Buchen Sie Ihre Unterkunft im Süden der Insel (rund um Ottenby) Monate im Voraus. Kleine, charmante Pensionen sind dann hoffnungslos ausgebucht. Und packen Sie warme Kleidung ein – der Wind an der Küste ist selbst an sonnigen Tagen schneidend kalt.
Fehler 2: Ohne die richtige Ausrüstung anreisen

Viele Besucher kommen mit nichts weiter als ihrem Smartphone und wundern sich, warum sie die berühmten Seeadler oder die Robben auf den Steinen vor der Küste nicht sehen. Professionelle Beobachter mögen mit riesigen Spektiven anreisen, aber Sie müssen nicht gleich Tausende von Euro ausgeben. Ein einfaches Fernglas ist der Schlüssel zum Öland-Erlebnis. Ich habe schon oft Paare getroffen, die frustriert waren, weil sie die Vögel nur als kleine Punkte am Horizont sahen.
Im Besucherzentrum Naturum Ottenby kann man zwar Ausrüstung leihen (ein gutes Fernglas kostet ca. 200 SEK, also unter 20 € pro Tag), aber ich empfehle dringend, ein eigenes, einfaches 8×42 Fernglas mitzubringen. Das reicht völlig aus und Sie haben es immer griffbereit – nicht nur für Vögel, sondern auch um die Details der einzigartigen Landschaft oder die Seehunde zu beobachten. Genauso wichtig ist die Kleidung: Zwiebellook ist Pflicht. Eine wind- und wasserdichte Jacke ist auf Öland keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Ich habe schon im Juli bei strahlendem Sonnenschein gefroren, weil ich den stetigen Wind unterschätzt habe.
Fehler 3: Das UNESCO-Welterbe wie einen normalen Park behandeln

Die Agrarlandschaft Südölands ist nicht einfach nur eine schöne Gegend, sie ist ein UNESCO-Welterbe. Ein kritischer Fehler ist es, die strengen Zutrittsregeln zu ignorieren, die hier zum Schutz der extrem empfindlichen Natur gelten. Das gilt besonders für das Stora Alvaret, diese karge, fast surreale Kalksteinsteppe, die mehr als ein Viertel der Insel bedeckt. Hier wachsen seltene Orchideen und Pflanzen, die sich über Jahrhunderte an die extremen Bedingungen angepasst haben.
Ich muss es leider sagen: Ich habe schon Touristen gesehen, die für ein Foto mit dem Auto quer über die Heide gefahren sind. Das zerstört unwiederbringlich, was die Natur in Jahrhunderten geschaffen hat. Bleiben Sie unbedingt auf den markierten Wegen. Es gibt unzählige davon, die Sie durch die faszinierendsten Teile des Alvaret führen, zum Beispiel ab Vickleby oder Resmo. Man fühlt sich dort ein wenig wie auf einem anderen Planeten. Respektieren Sie diesen Ort, dann wird er Sie mit einer einzigartigen Stille und Schönheit belohnen.
Fehler 4: Nur Natur sehen und die königliche Seite ignorieren
Viele konzentrieren sich so sehr auf die Natur, dass sie einen der kulturellen Höhepunkte der Insel glatt übersehen: Schloss Solliden, die Sommerresidenz der schwedischen Königsfamilie. Das ist kein steifes Museum, sondern ein Ort voller Leben. Man spürt förmlich, dass hier jeden Sommer gelacht und gefeiert wird. Der Schlosspark ist für Besucher geöffnet, wenn die Familie nicht anwesend ist, und er ist ein Traum aus englischen Gärten, italienischer Renaissance und holländischen Rosenbeeten.
Mein Spartipp und Planungshinweis: Kaufen Sie ein Kombiticket für Solliden und die nahegelegene Schlossruine Borgholm. Der Kontrast zwischen dem gepflegten, lebendigen Solliden und den mächtigen, geschichtsträchtigen Mauern der Ruine ist fantastisch. Planen Sie mindestens einen halben Tag für beides ein. Und gönnen Sie sich danach im Schlosscafé von Solliden ein Stück „Prinsesstårta“. Es kostet zwar um die 80 SEK (ca. 7 €), aber wo sonst kann man schon im Garten des Königs Kuchen essen? Achtung: Meiden Sie die Insel um den Victoriatag (14. Juli), den Geburtstag der Kronprinzessin. Dann ist es hier extrem voll und teuer – es sei denn, Sie wollen die königliche Familie einmal live erleben.
Fehler 5: Die Insel nur als Postkartenmotiv sehen
Der letzte Fehler ist vielleicht der subtilste: Öland nur als schöne Kulisse zu betrachten und seine tiefere Bedeutung zu ignorieren. Die Vogelstation in Ottenby ist eine der ältesten der Welt und leistet unschätzbare Arbeit für die Klimaforschung. Die Daten, die hier seit Jahrzehnten gesammelt werden, zeigen die dramatischen Veränderungen im Zugverhalten der Vögel – ein direktes Fenster zu den Auswirkungen des Klimawandels.
Nehmen Sie sich eine halbe Stunde Zeit für die Ausstellung im Naturum. Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu verstehen, was hier passiert. Die Ranger erklären es mit einer Leidenschaft, die ansteckend ist. Wenn man einmal verstanden hat, dass der kleine Vogel mit dem Ring am Bein gerade aus Sibirien kommt und auf dem Weg nach Südafrika hier eine überlebenswichtige Pause einlegt, sieht man die Insel mit ganz anderen Augen. Es ist nicht mehr nur eine schöne Landschaft, sondern ein lebenswichtiger Knotenpunkt in einem globalen, fragilen Netzwerk. Diese Perspektive hat meine Reisen nach Öland nachhaltig bereichert.
Vermeiden Sie diese Fehler, und Sie werden ein Öland entdecken, das weit über die typischen Touristenpfade hinausgeht. Mieten Sie sich ein Auto (am besten in Kalmar, da ist es günstiger), probieren Sie unbedingt die lokalen Kartoffelklöße „Kroppkakor“ (z.B. bei Arontorps – deftig, ehrlich, gut!) und nehmen Sie sich Zeit. Zeit, um am Meer zu sitzen, den Vögeln zuzuhören und die einzigartige Mischung aus karger Schönheit und pulsierendem Leben auf sich wirken zu lassen. Das ist der wahre Zauber von Schwedens Sonneninsel.