3 Allgäu-Dörfer, die ihre besten Spots geheim halten

von Amandine Hach
3 allgyu dyrfer die ihre besten spots geheim halten

Ich erinnere mich an einen August-Samstag in Oberstdorf. Es fühlte sich an, als würde man sich durch die Gassen schieben wie bei einem überfüllten Weihnachtsmarkt. Schön, aber auch anstrengend. Nur eine kurze Autofahrt entfernt offenbarte sich mir jedoch eine völlig andere Welt. Eine Welt, in der das lauteste Geräusch das Bimmeln von Kuhglocken ist und man auf Wanderwegen eher einem Murmeltier als einer Reisegruppe begegnet. Während Orte wie Oberstdorf mit fast 10.000 Einwohnern aus allen Nähten platzen, gibt es sie noch, die kleinen Oasen der Ruhe.

Seit einiger Zeit rücken drei solcher Dörfer in den Fokus von Reisenden, die genau das suchen: Balderschwang, Bolsterlang und Hinterstein. Sie sind der Gegenentwurf zum Massentourismus, perfekt für alle, die das echte, ursprüngliche Allgäu erleben und dabei vielleicht das eine oder andere Foto schießen wollen, das eben nicht schon tausendfach auf Instagram zu sehen ist.

Balderschwang: Wo die Luft klarer und die Welt ruhiger ist

Mit nur etwas mehr als 300 Einwohnern ist Balderschwang nicht nur die kleinste, sondern mit 1.044 Metern auch die höchstgelegene selbstständige Gemeinde Deutschlands. Und das spürt man sofort. Die Luft ist frischer, die Wiesen scheinen grüner und der Himmel irgendwie weiter. Die Anreise selbst ist schon ein Erlebnis, denn meist führt sie über den Riedbergpass – Deutschlands höchste Passstraße. Mein Tipp: Fahren Sie nicht einfach nur drüber! Suchen Sie sich einen der kleinen Parkplätze nahe der Passhöhe und gehen Sie ein paar Schritte zu Fuß. Der Ausblick, der sich Ihnen dort eröffnet, ist atemberaubend und den meisten Autofahrern entgeht er.

Ich habe hier im letzten Herbst eine Wanderung zur Burgl-Hütte gemacht. Ein einfacher Weg, der aber mit Panoramen belohnt, für die man anderswo stundenlang steil bergauf steigen muss. Oben angekommen, gab es eine deftige Brotzeit für etwa 12 € und dazu diese himmlische Ruhe. Was ich gelernt habe: Im Winter sollte man unbedingt vor der Anreise den Status des Riedbergpasses prüfen. Bei starkem Schneefall kann er kurzfristig gesperrt werden, und dann ist das Dorf nur über einen großen Umweg via Österreich erreichbar.

Für ein unvergessliches Foto müssen Sie nicht weit gehen. Warten Sie auf die „goldene Stunde“ am späten Nachmittag und fotografieren Sie das Dorf von einem der umliegenden Hänge aus, wenn die Sonne die Holzhäuser in warmes Licht taucht. Das ist ein Motiv, das pure Allgäu-Seele atmet.

Bolsterlang: Mehr als nur ein Dorf am Wegesrand

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Eingebettet zwischen Sonthofen und Oberstdorf wirkt Bolsterlang auf den ersten Blick unscheinbar. Doch wer hier nur durchfährt, verpasst ein echtes Juwel. Das Dorf gehört zu den „Hörnerdörfern“, einem Verbund von Orten rund um die markanten Berge der Hörnergruppe. Das bedeutet: ein riesiges Netz an Wanderwegen und Bergbahnen direkt vor der Haustür, aber ohne den Trubel der großen Nachbarn.

Ich war überrascht, wie lebendig das Dorf ist. In den letzten Jahren sind viele junge Familien hierhergezogen, was man an den liebevoll gepflegten Gärten und dem modernen, aber traditionellen Baustil erkennt. Was viele nicht wissen: Die Dorfkäserei in Bolsterlang ist ein absoluter Geheimtipp. Hier habe ich ein Stück Bergkäse direkt vom Laib gekauft – der Geschmack ist unvergleichlich intensiver als alles, was man im Supermarkt findet. Ein perfektes, authentisches Mitbringsel.

Mein Lieblings-Erlebnis in Bolsterlang ist eine Fahrt mit der Hörnerbahn (Berg- und Talfahrt ca. 25 € für Erwachsene). Oben angekommen, führt ein einfacher Panoramaweg mit minimaler Steigung von Hütte zu Hütte. Der Blick auf die Nagelfluhkette von dort ist phänomenal und die Wege sind breit genug, dass man sich nie bedrängt fühlt. Hier entstehen die besten Landschaftsfotos fast von allein. Anschließend kann man im Tal in einem der familiengeführten Gasthöfe einkehren. Ich empfehle das „Gasthaus Keck“, wo ein Zwiebelrostbraten noch so schmeckt, wie er schmecken soll.

Hinterstein: Das Tor zur Wildnis

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Wenn es einen Ort im Allgäu gibt, an dem man das Gefühl hat, am Ende der Straße und am Anfang des Abenteuers angekommen zu sein, dann ist es Hinterstein. Als Ortsteil von Bad Hindelang liegt es in einem beeindruckenden Hochtal, das von mächtigen Gipfeln wie dem Hochvogel (2.592 m) überragt wird. Das Besondere hier ist die Stille, die durch eine einfache, aber geniale Regel entsteht: Das Tal hinter dem Ort ist für den privaten Autoverkehr gesperrt.

Das ist der entscheidende Punkt! Statt einer Blechlawine gibt es einen Linienbus, der Wanderer für wenige Euro (ca. 5-6 € pro Strecke) tief ins Naturschutzgebiet „Allgäuer Hochalpen“ bis zum Giebelhaus bringt. Allein diese Busfahrt ist ein Erlebnis. Von dort aus starten unzählige Touren. Viele träumen vom Foto des berühmten Schrecksees, aber seien Sie gewarnt: Das ist eine sehr anspruchsvolle, hochalpine Tagestour, die Trittsicherheit und Kondition erfordert. Eine leichtere, aber nicht weniger reizvolle Alternative ist die Wanderung zur Schwarzenberghütte. Der Weg führt durch eine wilde, ursprüngliche Landschaft, die man so schnell nicht vergisst.

Ein persönlicher Tipp für einen entspannten Nachmittag: Der kleine Dorfgarten mit seinem Wasserfall direkt in Hinterstein. Es ist ein idyllischer Ort, um einfach nur dazusitzen, die Bergluft zu genießen und dem Plätschern des Wassers zu lauschen. Hier merkt man, worum es wirklich geht: nicht um den perfekten Instagram-Post, sondern um den perfekten Moment.

Warum diese Dörfer jetzt die bessere Wahl sind

Diese drei Dörfer sind mehr als nur Fotokulissen. Sie sind Orte mit Seele, an denen der Tourismus noch im Einklang mit der Natur und den Einheimischen stattfindet. Hier geht es nicht darum, eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abzuhaken. Es geht darum, das Tempo zu drosseln, mit dem Wirt ins Gespräch zu kommen oder einfach nur auf einer Bank zu sitzen und in die Berge zu schauen.

Mein abschließender Rat:

  • Reisezeit: Die schönsten und ruhigsten Monate sind meiner Erfahrung nach der Juni mit seinen blühenden Bergwiesen und der September, wenn die Luft klar ist und die Blätter sich färben.
  • Unterkunft: Erwarten Sie keine großen Hotelkomplexe. Die Stärke dieser Orte liegt in den kleinen, oft familiengeführten Pensionen und Ferienwohnungen. Früh buchen ist hier unerlässlich, denn die Kapazitäten sind bewusst begrenzt.
  • Mobilität: Ein Auto ist für die Anreise praktisch. Vor Ort sollten Sie aber unbedingt die lokalen Busse nutzen, die mit der Gästekarte oft kostenlos oder vergünstigt sind. Das erspart Ihnen die oft nervige Parkplatzsuche an beliebten Ausgangspunkten.
Entdecken Sie diese Perlen, bevor es alle tun. Erleben Sie ein Allgäu, das authentisch, ruhig und einfach nur wunderschön ist. Der beste „Instagram-Spot“ ist am Ende sowieso die Erinnerung, die Sie mit nach Hause nehmen.
Amandine Hach

Als Französin in Berlin verbindet Amandine Hach das Beste aus zwei Welten und teilt ihre Entdeckungen auf ihrem Blog „Les Berlinettes“. Mit einem besonderen Fokus auf das Reisen mit Kindern inspiriert sie Familien dazu, die Welt gemeinsam zu erkunden – sei es die eigene Nachbarschaft in der Hauptstadt oder ferne Ziele. Amandine zeigt auf authentische und stilvolle Weise, wie man Abenteuerlust und Familienalltag wunderbar miteinander vereinen kann, und gibt wertvolle Tipps für unvergessliche Erlebnisse mit den Kleinsten.