DIY-Hautlotion: Die Profi-Anleitung, die wirklich funktioniert
Ich sehe es immer wieder: Du stöberst online, findest ein süßes Rezept für eine Bodylotion, rührst alles zusammen und nach drei Tagen schwimmt das Öl oben. Frustrierend, oder? Ganz ehrlich, das Selbermachen von Kosmetik ist ein fantastisches Hobby. Du hast die volle Kontrolle darüber, was auf deine Haut kommt – keine fragwürdigen Inhaltsstoffe, kein Schnickschnack. Aber es ist eben auch ein echtes Handwerk, das ein bisschen Respekt und Know-how verlangt.
Inhaltsverzeichnis
Eine stabile, cremige Hautlotion ist nämlich mehr als nur ein Haufen zusammengeschmolzener Öle. Das, was oft als „Creme“ verkauft wird, ist eigentlich nur ein Balsam. Super für rissige Ellenbogen, aber keine echte Feuchtigkeitspflege. Eine richtige Lotion verbindet Öl und Wasser zu etwas Magischem. Und genau diese Verbindung ist die große Kunst. In diesem Guide zeige ich dir den Weg der Profis, ohne Kompromisse bei Stabilität und Sicherheit. Machen wir’s richtig!
Die Grundlage: Was ist eine Emulsion überhaupt?
Jede gute Lotion ist eine sogenannte Emulsion. Stell dir eine simple Vinaigrette vor: Du schüttelst Öl und Essig, sie vermischen sich kurz und zack – nach ein paar Minuten trennen sie sich wieder. Damit uns das nicht passiert, brauchen wir einen cleveren Helfer: einen Emulgator. Ohne ihn hättest du nach kurzer Zeit nur eine traurige Öl-Pfütze auf einer Wasserschicht.

Jede Emulsion hat zwei Hauptdarsteller, die wir „Phasen“ nennen:
- Die Fettphase: Hier kommt alles rein, was sich in Öl löst. Also deine liebsten Pflanzenöle (wie Mandel- oder Jojobaöl), reichhaltige Butter (wie Sheabutter) und natürlich der Emulgator selbst. Diese Phase ist für die nährende, rückfettende Wirkung zuständig und macht deine Haut schön geschmeidig.
- Die Wasserphase: Die Basis ist immer reines Wasser. Dazu kommen alle wasserlöslichen Goodies, zum Beispiel feuchtigkeitsspendendes Glycerin oder beruhigendes Panthenol. Diese Phase ist der eigentliche Durstlöscher für deine Haut.
Für den Anfang konzentrieren wir uns auf eine sogenannte Öl-in-Wasser-Emulsion (O/W). Das sind die leichten, schnell einziehenden Lotionen, die du kennst und liebst. Sie fühlen sich frisch an und sind perfekt für normale bis eher fettige Haut. Die reichhaltigeren Wasser-in-Öl-Cremes (W/O) sind etwas für Fortgeschrittene und super für sehr trockene Haut oder als Kälteschutz im Winter.
Der geheime Star: Der Emulgator
Ein Emulgator ist ein faszinierendes Molekül. Es hat quasi zwei Arme: Einer liebt Wasser, der andere liebt Öl. Wenn wir unsere erhitzten Phasen zusammenschütten und kräftig rühren, umarmen diese Moleküle die winzigen Öltröpfchen und halten sie im Wasser fest. Sie bauen stabile Brücken, damit sich nichts mehr trennt. Übrigens: Bienenwachs allein ist hier kein verlässlicher Partner. Es kann zwar etwas, ist aber für leichte Lotionen mit hohem Wasseranteil ungeeignet.

Für Einsteiger sind bewährte, pflanzliche Emulgatoren wie Tegomuls oder Emulsan II Gold wert. Die findest du in spezialisierten Online-Shops. Um die Lotion noch cremiger und stabiler zu machen, packen wir einen Co-Emulgator dazu, meistens Cetylalkohol. Keine Sorge, das ist ein „guter“ Fettalkohol, der die Haut nicht austrocknet, sondern für eine samtige Textur sorgt.
Das Handwerk: Schritt für Schritt zur perfekten Lotion
Bevor du auch nur einen Tropfen Öl abwiegst: Sauberkeit ist ALLES. Keime sind der Feind jeder selbstgemachten Kosmetik. Also, ran an den Speck!
Kleiner Tipp zur Desinfektion: So machst du es richtig. Wasche zuerst alle deine Geräte und Gläser mit heißem Wasser und Spülmittel. Gut abspülen! Danach sprühst du alles großzügig mit 70-prozentigem Isopropylalkohol (gibt’s für wenige Euro in der Apotheke) ein und lässt es an der Luft trocknen. Bitte nicht mit einem Tuch nachwischen, sonst bringst du wieder Keime drauf.
Deine Grundausstattung (und was sie kostet)
Keine Sorge, du brauchst kein High-Tech-Labor. Die Erstinvestition ist überschaubar und hält ewig.

- Zwei hitzebeständige Bechergläser (ca. 250 ml): Eines für jede Phase. Glas ist perfekt, weil es hygienisch und reaktionsneutral ist. (ca. 5-10 € pro Stück)
- Eine digitale Feinwaage (0,1 g genau): Das ist dein wichtigstes Werkzeug! Küchenwaagen sind hier leider zu ungenau. (ca. 20-30 €)
- Ein Wasserbad: Ein normaler Topf mit etwas Wasser reicht völlig aus.
- Ein kleiner elektrischer Milchaufschäumer: Dein Geheimtipp für eine superfeine Emulsion. Er wirkt wie ein kleiner Homogenisator. (ca. 10-15 €)
- pH-Teststreifen: Unverzichtbar für ein hautfreundliches Ergebnis. (ca. 5-10 €)
- Ein desinfizierter Cremetiegel oder Pumpspender: Für dein fertiges Meisterwerk.
Der ganze Prozess, von der Vorbereitung bis zum Aufräumen, dauert beim ersten Mal vielleicht 1,5 Stunden. Mit etwas Übung schaffst du es locker in einer Stunde.
Der magische Prozess: So geht’s
Schritt 1: Abwiegen mit Präzision
Stell dein erstes Becherglas auf die Waage und wiege exakt alle Zutaten für die Fettphase ab. Tara-Taste drücken, nächster Stoff. Dasselbe machst du mit dem zweiten Glas für die Wasserphase. Hier zählt jedes Zehntelgramm!

Schritt 2: Schmelzen im Wasserbad
Stell beide Gläser ins Wasserbad und erhitze sie langsam auf etwa 70 °C. So schmelzen alle festen Fette und Wachse, und gleichzeitig wird die Wasserphase pasteurisiert. Rühre ab und zu um, bis alles klar ist.
Schritt 3: Die Vereinigung
Jetzt kommt der große Moment! Nimm beide Gläser aus dem Wasserbad. Gieße die heiße Wasserphase langsam und in einem dünnen Strahl in die heiße Fettphase. Rühre dabei die ganze Zeit mit einem Glasstab. Du wirst sofort sehen, wie die Mischung milchig wird – deine Emulsion ist geboren!
Schritt 4: Homogenisieren für die Feinheit
Greif jetzt zu deinem Milchaufschäumer. Tauch ihn in die Mischung und gib für etwa ein bis zwei Minuten Vollgas. Beweg ihn langsam auf und ab. Das zerkleinert die Tröpfchen und macht die Lotion wunderbar weiß, cremig und vor allem stabil.
Schritt 5: Das Kaltrühren (bitte nicht überspringen!)
Deine Lotion braucht jetzt Geduld und Aufmerksamkeit. Stell das Becherglas in ein kaltes Wasserbad und rühre langsam, aber stetig weiter, bis die Lotion nur noch handwarm ist (unter 40 °C). Dieser Schritt ist entscheidend für eine glatte Textur. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Wer hier schludert, wird mit einer grieseligen Pampe bestraft. Ich hab die Lektion einmal gelernt, das reicht!

Schritt 6: Wirkstoffe & Konservierung
Ist die Lotion abgekühlt, ist es Zeit für die hitzeempfindlichen Wirkstoffe und – ganz wichtig – den Konservierer. Rühre alles langsam unter, um nicht zu viel Luft einzuarbeiten.
Schritt 7: Den pH-Wert checken
Unsere Haut hat einen leicht sauren pH-Wert von ca. 5,5. Deine Lotion sollte da auch hin. Tauche einen Teststreifen kurz ein. Meistens liegt der Wert anfangs bei 6-7. Um ihn zu senken, gibst du 80-prozentige Milchsäure dazu. Achtung! Fang mit EINEM einzigen Tropfen an, rühre gut um und miss erneut. Wiederhole das, bis der Wert passt. Ein Tropfen zu viel kann alles ruinieren.
Schritt 8: Abfüllen und Warten
Fülle deine fertige Lotion in einen sauberen Spender. Beschrifte ihn mit Datum und Inhalt. Lass sie noch ein paar Stunden stehen, sie dickt oft noch etwas nach. Fertig!
Die Zutaten: Wo kaufen und was wählen?
Die Qualität deiner Rohstoffe entscheidet alles. Für den Anfang sind Online-Shops wie Dragonspice, behawe oder die Manske Mühle super Adressen. Dort bekommst du frische, hochwertige Ware und alle Infos, die du brauchst. Lagere deine Öle und Buttern am besten kühl und dunkel, dann halten sie länger.

Die Fettphase – Deine Pflegebasis
Hier kannst du kreativ werden! Es geht darum, Öle zu finden, die deine Haut liebt.
- Jojobaöl: Ein Alleskönner, der dem Hauttalg ähnelt und super schnell einzieht. Ideal für fast jeden Hauttyp. Preislich im Mittelfeld.
- Mandelöl: Der sanfte Klassiker, perfekt für empfindliche und trockene Haut.
- Aprikosenkernöl: Fühlt sich wunderbar leicht an und ist toll für Mischhaut oder normale Haut.
- Bio-Sonnenblumenöl: Eine fantastische, regionale und sehr günstige Alternative! Nicht das aus dem Supermarkt, sondern ein hochwertiges aus dem Bioladen oder Rohstoff-Shop.
Kleiner Tipp zum Austauschen: Du kannst die Öle im Rezept einfach 1:1 ersetzen. Wenn du statt Mandelöl lieber Aprikosenkernöl für eine leichtere Textur möchtest, nimm einfach die gleiche Grammzahl.
Die Wasserphase – Der Durstlöscher
Hier ist die wichtigste Regel: Benutze IMMER destilliertes Wasser. Leitungswasser enthält Kalk und Keime, die deine Lotion ruinieren würden. Für einen Hauch von Luxus kannst du das Wasser auch durch ein Pflanzenwasser (Hydrolat) ersetzen, zum Beispiel Rosenwasser. Als Feuchtigkeitsbooster ist pflanzliches Glycerin unschlagbar (3-5 % sind ideal, mehr klebt).


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Das große Thema: Konservierung ist Pflicht!
Ich kann es nicht oft genug sagen: Jedes Produkt, das Wasser enthält, MUSS konserviert werden. Ohne einen richtigen Konservierer wird deine liebevoll gerührte Lotion innerhalb von Tagen zu einer unsichtbaren Keimschleuder. Das ist nicht nur eklig, sondern kann auch zu Hautproblemen führen. Mythen wie „Vitamin E reicht doch“ sind schlichtweg gefährlich falsch.
Für uns Selbermacher gibt es gut verträgliche Breitbandkonservierer wie Rokonsal BSB-N oder Biokons. Halte dich exakt an die Dosierung des Herstellers (meist um 1 %). Das ist keine Option, sondern eine Frage der Verantwortung.
Rezept für den Start: Leichte Bodylotion (100 g)
Dieses Rezept ergibt eine fantastische, feuchtigkeitsspendende Lotion, die schnell einzieht. Die 100 g reichen dir bei täglicher Anwendung am ganzen Körper für etwa 2-3 Wochen. Die Prozentangaben helfen dir, die Menge anzupassen.
Fettphase (26 %):
- 10 g (10 %) Mandelöl (oder Aprikosenkernöl)
- 8 g (8 %) Jojobaöl
- 5 g (5 %) Tegomuls (Emulgator)
- 3 g (3 %) Cetylalkohol (Konsistenzgeber)
Wasserphase (68 %):

- 63 g (63 %) Destilliertes Wasser
- 5 g (5 %) Pflanzliches Glycerin
Wirkstoffphase (unter 40 °C zugeben):
- 2 g (2 %) D-Panthenol
- 1 g (1 %) Vitamin E (Tocopherol, zum Schutz der Öle)
Konservierung & pH-Wert:
- 1 g (1 %) Rokonsal BSB-N
- ein paar Tropfen Milchsäure (80 %)
Hilfe, was ist schiefgelaufen?
Keine Panik, wenn der erste Versuch nicht perfekt wird. Das gehört dazu!
- Die Lotion wird nicht fest? Oft braucht sie einfach 24 Stunden, um nachzudicken. Ansonsten beim nächsten Mal den Anteil an Cetylalkohol leicht erhöhen (z.B. auf 4 %).
- Die Lotion trennt sich? Wahrscheinlich waren die Phasen nicht gleich heiß oder du hast nicht lange genug mit dem Milchaufschäumer gearbeitet. Gib ihm beim nächsten Mal eine volle Minute Power!
- Die Lotion ist grieselig? Du hast das Kaltrühren vernachlässigt. Rühre die Lotion im kalten Wasserbad wirklich so lange, bis sie kalt ist. Das verhindert, dass die Fette unschöne Kristalle bilden.

Ein ehrliches Wort zum Schluss
Das Selbermachen ist für den Eigenbedarf. Eine Sache musst du aber wissen:
Finger weg von selbstgemachtem Sonnenschutz! Ich sehe immer wieder Rezepte mit Zinkoxid und bekomme eine Gänsehaut. Einen wirksamen und sicheren UV-Schutz kann man zu Hause nicht herstellen. Die Partikel müssen perfekt verteilt sein, was ohne Labortechnik unmöglich ist. Das Risiko eines fiesen Sonnenbrands ist es nicht wert. Sonnencreme gehört zu den Dingen, die man kauft. Ohne Ausnahme.
Noch nicht bereit für das volle Programm?
Kein Problem! Hier ist ein kleiner Trick für den sofortigen Feuchtigkeitskick: Mische einfach einen Tropfen deines Lieblingsöls (z.B. Jojoba) mit zwei Tropfen reinem Aloe Vera Gel direkt in deiner Handfläche. Das ist eine Art „Mini-Emulsion“ für zwischendurch und ein super Einstieg!
So, und jetzt ran an die Bechergläser! Wenn du die Grundregeln beachtest, wirst du bald eine Lotion in den Händen halten, die perfekt zu dir passt. Und das Gefühl ist einfach unbezahlbar.

