Gewitter: Diese Orte im Zuhause sind jetzt gefährlich

Sommergewitter sind ein faszinierendes Naturschauspiel. Es hat etwas unglaublich Gemütliches, sicher im eigenen Zuhause zu sein, während draußen Blitze zucken und der Donner grollt. Doch gerade diese gefühlte Sicherheit kann trügerisch sein. Als Interior Designerin plane ich Räume nicht nur für Ästhetik und Komfort, sondern auch für Funktionalität und Sicherheit. Ein Gewitter verändert die Spielregeln in unseren vier Wänden fundamental. Plötzlich werden alltägliche Gewohnheiten und sorgfältig gestaltete Bereiche zu potenziellen Gefahrenzonen. Zu wissen, wo diese Risiken lauern, ist der erste Schritt, um Ihr Zuhause wirklich zu einem sicheren Hafen zu machen.
Gefahrenzone Badezimmer: Mehr als nur Wasser
Das Badezimmer, unser privater Wellness-Ort, wird während eines Gewitters zu einem der riskantesten Plätze im Haus. Der ursprüngliche Artikel warnt zurecht vor dem Duschen oder Baden. Aber warum genau ist das so gefährlich? Der Grund liegt in der Infrastruktur, die wir für unser tägliches Wohlbefinden nutzen.
Das Design-Dilemma: Wasser und Metall sind exzellente Leiter. Wenn ein Blitz in der Nähe Ihres Hauses oder sogar direkt einschlägt, kann sich die elektrische Ladung über die Wasser- und Gasleitungen ausbreiten. Moderne Badezimmer-Designs setzen stark auf Metallelemente – verchromte Armaturen, Duschköpfe aus Edelstahl, sogar die Rahmen von Glasduschwänden. In dem Moment, in dem Sie unter der Dusche stehen, werden Ihr Körper, das Wasser und die Metallinstallationen zu einer perfekten, durchgehenden leitfähigen Kette. Experten raten daher dringend, das Badezimmer für Wasseraktivitäten zu meiden, bis das Gewitter vollständig vorüber ist – also etwa 30 Minuten nach dem letzten Donner.
Ein kleiner Profi-Tipp: In Neubauten werden oft Wasserleitungen aus Kunststoff (wie PEX) anstelle von Kupfer verwendet. Das reduziert das Risiko etwas, hebt es aber nicht auf, da die Hauptanschlüsse und die Erdung des Hauses immer noch involviert sind. Gehen Sie lieber auf Nummer sicher. Nutzen Sie die Zwangspause doch, um bei Kerzenlicht (oder einer batteriebetriebenen LED-Lampe) endlich die Schubladen im Badschrank zu sortieren – eine kleine, sichere Aufgabe für ein besseres Wohngefühl.
Das Home-Office: Wenn Technik zur Schwachstelle wird

Ein weiterer Bereich, dem wir oft unser volles Vertrauen schenken, ist unser Arbeits- oder Wohnzimmer mit seiner teuren Elektronik. Der Fernseher, die Soundanlage, der Computer – all diese Geräte sind über das Stromnetz direkt mit der Außenwelt verbunden. Ein Blitzeinschlag im Stromnetz kann eine massive Überspannung verursachen, die durch die Kabel schießt und jedes angeschlossene Gerät zerstört.
Viele verlassen sich auf einfache Steckdosenleisten und glauben, sie seien geschützt. Das ist ein teurer Irrtum. Eine einfache Steckdosenleiste ist kein Überspannungsschutz. Sie benötigen eine spezielle Leiste mit integriertem Überspannungsschutz (gekennzeichnet mit „Überspannungsschutz“ oder „Surge Protector“). Gute Modelle, die einen echten Schutz bieten, gibt es beispielsweise von Marken wie Brennenstuhl oder APC. Rechnen Sie hier mit Kosten zwischen 20 € und 80 € pro Leiste – eine kleine Investition im Vergleich zum Wert Ihres Equipments.
Die sicherste Methode ist und bleibt jedoch das physische Trennen vom Netz. Ziehen Sie die Stecker Ihrer wertvollsten Geräte: Computer, Fernseher, Router und auch das Antennenkabel. Aus gestalterischer Sicht kann das lästig sein, wenn man viel Mühe in ein sauberes Kabelmanagement investiert hat. Mein Tipp für Design-Liebhaber: Nutzen Sie stilvolle Kabelboxen (z.B. von IKEA oder Maisons du Monde) und beschriften Sie die wichtigsten Stecker. So finden Sie nach dem Gewitter schnell alles wieder, ohne die Ästhetik Ihres Setups zu zerstören.
Fensterfronten und Wintergärten: Die trügerische Nähe zur Natur

Wir lieben große Fenster, Glasfronten und Wintergärten. Sie fluten unsere Räume mit Licht und verbinden uns mit der Natur. Während eines Gewitters wird diese Verbindung jedoch zu einem Risiko. Es geht nicht nur um die (sehr geringe) Gefahr, dass ein Blitz das Glas zerspringen lässt. Vielmehr können Metallrahmen von Fenstern und Türen Strom leiten. Außerdem besteht bei einem sehr nahen Einschlag die Gefahr einer Druckwelle.
Halten Sie sich also von Fenstern, Glastüren und ungeschützten Bereichen wie Balkonen oder Terrassen fern. Machen Sie es sich stattdessen in der Mitte des Raumes gemütlich. Schaffen Sie eine bewusste „Gewitter-Lounge“. Das ist eine wunderbare Gelegenheit, die Raumwahrnehmung zu ändern. Ziehen Sie einen Sessel vom Fenster weg, legen Sie eine kuschelige Decke bereit und nutzen Sie indirekte, batteriebetriebene Lichtquellen. So wird aus einer Sicherheitsmaßnahme ein bewusst gestaltetes, hyggeliges Erlebnis.
Die ultimative Absicherung: Was Profis empfehlen
Für Hausbesitzer gibt es umfassendere, aber auch kostspieligere Lösungen. Ein vollständiges Blitzschutzsystem besteht aus zwei Teilen:
- Äußerer Blitzschutz (Blitzableiter): Eine Fangeinrichtung auf dem Dach, die den Blitz gezielt einfängt und sicher in die Erde ableitet. Die Installation ist ausschließlich etwas für Fachbetriebe und kann für ein durchschnittliches Einfamilienhaus schnell zwischen 2.000 € und 5.000 € kosten.
- Innerer Blitzschutz (Überspannungsschutz im Zählerschrank): Dieser schützt die gesamte Hauselektrik vor Überspannungen aus dem Netz. Auch dies muss von einem Elektriker installiert werden und kostet mehrere hundert Euro.
Was können Mieter tun? Für Mieter in Wohnungen ohne diese Systeme ist der Schutz auf Geräteebene die beste und einzige Option. Investieren Sie in die bereits erwähnten hochwertigen Überspannungsschutz-Steckdosenleisten und praktizieren Sie das konsequente Ausstecken bei herannahendem Gewitter. Sprechen Sie auch mit Ihrer Hausverwaltung; manchmal werden zentrale Schutzmaßnahmen im Rahmen von Modernisierungen nachgerüstet.
Fazit: Respekt vor der Natur, Geborgenheit im Design
Ein Gewitter zwingt uns, unser Zuhause mit anderen Augen zu sehen – nicht nur als Hülle, sondern als ein System aus Leitungen, Materialien und Verbindungen zur Außenwelt. Indem wir die potenziellen Gefahren verstehen, können wir bewusste Entscheidungen treffen. Es geht nicht darum, in Angst zu verfallen, sondern darum, mit Wissen und Respekt zu handeln. Ein gut vorbereitetes Zuhause und die richtigen Verhaltensweisen verwandeln ein potenziell gefährliches Ereignis in genau das, was es sein sollte: ein beeindruckendes Schauspiel der Natur, das man aus sicherer, gemütlicher und stilvoll gestalteter Entfernung genießen kann.