Apfelessig selber machen: So einfach geht’s mit Resten

von Corinna Frei
apfelessig selber machen so einfach gehts mit resten

Apfelessig ist ein wahres Wunder, das aus ganz gewöhnlichen Äpfeln entsteht. Als Koch schätze ich ihn nicht nur als Würzmittel im Salat, sondern auch als geheime Zutat, die vielen Gerichten den letzten Schliff verleiht. Doch der selbstgemachte Essig spielt in einer ganz anderen Liga als die meisten Produkte aus dem Supermarkt. Er ist lebendig, voller Geschmack und dazu noch unglaublich günstig und nachhaltig. Sie können ihn sogar aus Resten wie Schalen und Kerngehäusen herstellen, die nach dem Backen eines Apfelstrudels übrig bleiben.

In diesem Artikel zeige ich Ihnen nicht nur das Grundrezept, sondern verrate Ihnen auch die entscheidenden Profitricks, damit Ihr erster eigener Apfelessig garantiert gelingt. Alles, was Sie brauchen, sind wenige Zutaten, sauberes Zubehör und ein wenig Geduld.

Das Grundrezept: Apfelessig Schritt für Schritt

Die Herstellung von Essig ist ein zweistufiger Fermentationsprozess. Zuerst wandeln Hefen den Zucker in Alkohol um (alkoholische Gärung), und danach wandeln Essigsäurebakterien den Alkohol in Essig um (Essigsäuregärung). Das klingt komplizierter, als es ist. Die Natur erledigt die meiste Arbeit für Sie.

Zutaten: Qualität ist der Schlüssel

Die Qualität Ihres Essigs steht und fällt mit den Zutaten. Hier sollten Sie nicht sparen, auch wenn es nur wenige sind.

  • 1 kg Äpfel oder Apfelreste: Ideal sind aromatische, säuerliche Bio-Äpfel, da die Schale mitverwendet wird und wir keine Pestizide im Essig wollen. Alte Sorten wie Boskop, Gravensteiner oder ein Mix aus verschiedenen Äpfeln vom Wochenmarkt ergeben einen besonders komplexen Geschmack. Verwenden Sie nur gesunde Teile, ohne Faulstellen.
  • 2 Liter Wasser: Am besten stilles Mineralwasser oder Leitungswasser, das Sie vorher abgekocht und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt haben. Das tötet unerwünschte Keime ab.
  • ca. 80-100 g Zucker oder Honig: Dies ist die Nahrung für die Hefe. Einfacher Haushaltszucker funktioniert perfekt. Regionaler Bio-Honig verleiht eine feine blumige Note, kann aber durch seine antibakteriellen Eigenschaften die Gärung anfangs etwas verlangsamen.

Benötigte Ausrüstung: Sauberkeit ist das A und O

Das Wichtigste bei der Fermentation ist eine absolut saubere Arbeitsumgebung, um Schimmelbildung zu vermeiden. Sterilisieren Sie Ihr Glas und alle Utensilien vorher mit kochendem Wasser.

  • Ein großes Glasgefäß (ca. 4-5 Liter): Ein Einmach- oder Gurkenglas mit breiter Öffnung ist ideal. Glas ist wichtig, da es nicht mit der Säure reagiert.
  • Ein sauberes Stofftuch: Ein Geschirrtuch, ein Stück Leinen oder ein Käsetuch, das groß genug ist, um die Öffnung abzudecken.
  • Ein Gummiband oder eine Schnur: Zum Befestigen des Tuchs.
  • Ein Holzlöffel: Metall kann mit der Essigsäure reagieren, daher ist Holz oder Kunststoff die bessere Wahl.

Die Zubereitung: Geduld führt zum Ziel

apfelessig selber machen so einfach gehts mit resten 2

Planen Sie für den gesamten Prozess etwa 3 bis 6 Wochen ein. Die meiste Zeit davon ist reine Wartezeit.

Phase 1: Die alkoholische Gärung (ca. 1-2 Wochen)

  1. Vorbereitung: Die Äpfel waschen, vierteln und eventuelle Faulstellen entfernen. Das Kerngehäuse kann drinbleiben. Wenn Sie Reste verwenden, achten Sie darauf, dass diese frisch sind.
  2. Ansetzen: Lösen Sie den Zucker oder Honig im lauwarmen Wasser vollständig auf. Geben Sie die Apfelstücke in das sterilisierte Glas und gießen Sie das Zuckerwasser darüber. Die Äpfel müssen vollständig mit Flüssigkeit bedeckt sein. Falls sie aufschwimmen, können Sie sie mit einem kleinen, sauberen Teller beschweren.
  3. Abdecken und Rühren: Decken Sie die Glasöffnung mit dem Tuch ab und befestigen Sie es mit dem Gummiband. Das Tuch lässt Luft herein, hält aber Fruchtfliegen und Staub fern. Stellen Sie das Glas an einen warmen Ort (ca. 20-25 °C) ohne direkte Sonneneinstrahlung. Profi-Tipp: Rühren Sie die Mischung in den ersten Tagen täglich mit dem Holzlöffel kräftig um. Das bringt Sauerstoff hinein und beugt Schimmel vor. Nach ein paar Tagen werden Sie kleine Bläschen aufsteigen sehen und einen leicht alkoholischen Geruch wahrnehmen – die Gärung ist im Gange!

Phase 2: Die Essigsäuregärung (ca. 2-4 Wochen)

  1. Abseihen: Wenn die Gärung nachlässt (keine Bläschen mehr), seihen Sie die Flüssigkeit durch ein feines Sieb oder das Tuch in ein sauberes Gefäß ab. Die Apfelreste können Sie kompostieren.
  2. Reifen lassen: Füllen Sie die Flüssigkeit zurück in das gesäuberte Glas (oder ein neues), decken Sie es wieder mit dem Tuch ab und stellen Sie es zurück an seinen warmen Platz. Jetzt brauchen Sie nicht mehr umzurühren.
  3. Die Essigmutter entsteht: Nach einiger Zeit bildet sich an der Oberfläche eine gallertartige, trübe Schicht. Das ist die sogenannte Essigmutter – ein gutes Zeichen! Sie besteht aus den Essigsäurebakterien, die den Alkohol in Essig umwandeln. Der Geruch verändert sich nun von alkoholisch zu säuerlich-frisch.
  4. Geduld und Geschmacksprobe: Nach weiteren 2-4 Wochen ist der Essig meist fertig. Der beste Test ist die Verkostung. Schmeckt er kräftig und angenehm sauer? Dann ist er perfekt. Wenn er noch zu lasch ist, lassen Sie ihn einfach noch eine Woche stehen.

Abfüllen und Lagern: Den Schatz konservieren

apfelessig selber machen so einfach gehts mit resten 3

Füllen Sie den fertigen Essig mit einem Trichter in saubere, am besten dunkle Glasflaschen ab. Sie können ihn vorher durch ein feines Tuch filtern, um ihn klarer zu machen, aber das ist nicht notwendig. Der unfiltrierte, naturtrübe Essig enthält weiterhin wertvolle Inhaltsstoffe. Die Essigmutter können Sie für Ihren nächsten Ansatz verwenden, um den Prozess zu beschleunigen – geben Sie einfach ein Stück davon mit ins neue Glas.

Kühl und dunkel gelagert, ist Ihr hausgemachter Apfelessig praktisch unbegrenzt haltbar. Sein Geschmack wird mit der Zeit sogar noch runder und komplexer.

Mehr als nur Salat: Apfelessig kreativ nutzen

Die Vielseitigkeit von hochwertigem Apfelessig ist beeindruckend. Hier sind einige meiner liebsten Anwendungen als Koch:

  • Vinaigrette: Die klassische Anwendung. Mischen Sie 1 Teil Apfelessig mit 3 Teilen gutem Olivenöl, etwas Senf, Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker. Perfekt für Blattsalate und Rohkost.
  • Marinaden: Die milde Säure macht Fleisch, insbesondere Schwein oder Geflügel, unglaublich zart. Mischen Sie ihn mit Öl, Kräutern und Knoblauch.
  • Saucen verfeinern: Ein kleiner Schuss Essig am Ende der Kochzeit hebt den Geschmack von dunklen Saucen, Gulasch oder Linsengerichten. Er sorgt für eine ausgewogene Säurebalance.
  • Getränke: Ein Löffel Apfelessig in einem Glas Wasser mit etwas Honig ist ein traditionelles Erfrischungsgetränk (bekannt als „Switchel“).
  • Im Haushalt: Verdünnt mit Wasser (Verhältnis 1:1) ist er ein fantastischer, umweltfreundlicher Kalkentferner und Allzweckreiniger für Küche und Bad.

Die Herstellung von eigenem Apfelessig ist ein lohnendes Projekt, das Sie mit einem einzigartigen und köstlichen Produkt belohnt. Es ist ein Stück traditionelle Kochkunst, das perfekt in unsere moderne, nachhaltige Küche passt.

Corinna Frei

Corinna Frei ist das Gesicht hinter dem Foodblog „Schüsselglück“. Als Ernährungscoach und Typ-1-Diabetikerin teilt sie ihre Leidenschaft für eine gesunde und genussvolle Küche, die oft glutenfrei und immer blutzuckerfreundlich ist.