Nienburgs virales Spargelmuseum: Ich war für Sie da

von Amandine Hach
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Ich gebe zu, als ich zum ersten Mal hörte, Nienburg an der Weser sei ein „viraler Hotspot“ für Food-Influencer, war ich skeptisch. Nienburg? Die sympathische Kleinstadt mit ihren rund 32.000 Einwohnern, die ich von Radtouren entlang der Weser kannte? Doch die Neugier siegte. Ich wollte wissen, was hinter dem Hype um das Spargelmuseum steckt und ob die Stadt wirklich das Zeug zum Instagram-Star hat. Nach einem Wochenende vor Ort kann ich sagen: Der Hype hat einen wahren Kern, aber die wahre Schönheit Nienburgs liegt abseits der Hashtags.

Das Herzstück des Hypes: Das Niedersächsische Spargelmuseum

Wer nach Nienburg kommt, hat meist ein Ziel: das Niedersächsische Spargelmuseum. Es ist Teil des Museum Nienburg im Quaet-Faslem-Haus, einem wunderschönen klassizistischen Gebäude. Für gerade einmal 5 Euro Eintritt (Stand 2024) bekommt man Zugang zu allen Ausstellungen, was ich für ein mehr als faires Angebot halte. Das Spargelmuseum selbst ist eine liebevolle und erstaunlich umfassende Hommage an das „weiße Gold“.

Statt trockener Infotafeln erwartete mich eine Zeitreise. Man sieht historisches Werkzeug, lernt die harte Arbeit der „Spargelstecher“ kennen und entdeckt kurioses Spargel-Porzellan aus vergangenen Jahrhunderten. Ja, es ist fotogen – besonders die Inszenierungen der Ernteszenen. Aber was mich wirklich beeindruckt hat, war die Tiefe. Man versteht plötzlich, warum Spargel für diese Region mehr ist als nur ein Gemüse; er ist Kultur und Identität. Planen Sie gut eine Stunde ein, um alles in Ruhe auf sich wirken zu lassen. Der oft fotografierte Spargelbrunnen von 1998 steht übrigens nicht im Museum, sondern draußen in der Stadt – ein beliebtes Fotomotiv, aber im Frühling ist das echte Edelgemüse auf dem Teller dann doch verlockender.

Nienburgs wahre Schätze: Die Altstadt und ihre Geheimnisse

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Nach dem Museumsbesuch habe ich mich einfach treiben lassen. Und hier zeigt Nienburg sein wahres Gesicht. Die Altstadt ist ein Schmuckstück aus Fachwerkhäusern und kleinen Gassen, dominiert von der imposanten gotischen Stadtkirche St. Martin. Was die Instagram-Posts oft nicht zeigen, ist die entspannte Atmosphäre. Hier wird man nicht von Touristenmassen durch die Straßen geschoben.

Ein fantastischer Weg, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, ist die „Nienburger Bärenspur“. Das sind über 3.000 Bärentatzen-Abdrücke aus Bronze, die auf den Gehwegen eingelassen sind und einen Rundweg zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten bilden. Holen Sie sich den kleinen Flyer aus der Touristeninformation am Langen Stock – er erklärt die Stationen und ist kostenlos. So verpasst man garantiert nichts.

Mein persönlicher Tipp zum Einkehren: Für ein Stück Kuchen und einen Kaffee mit Blick auf das Markttreiben ist das „Fachwerk Café“ in der Langen Straße perfekt. Wer zur Spargelzeit hier ist und es richtig traditionell mag, sollte im „Ratskeller“ einkehren. Ein klassisches Spargelgericht mit Kartoffeln, Schinken oder einem kleinen Schnitzel liegt hier preislich bei etwa 22-28 Euro – jeden Cent wert, denn frischer geht es nicht.

Der Überraschungshit: Das Polizeimuseum Niedersachsen

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Ehrlich gesagt, ein Polizeimuseum klang für mich erst mal etwas trocken. Doch da Nienburg auch die Zentrale Polizeidirektion Niedersachsen beheimatet, hat dieses Museum hier seinen perfekten Platz – und es hat mich wirklich positiv überrascht. Es befindet sich etwas außerhalb des Zentrums in der Langen Straße, ist aber zu Fuß gut erreichbar.

Die Ausstellung ist modern und interaktiv. Man kann in einem historischen Streifenwagen sitzen, sich mit Kriminaltechnik befassen und mehr über spektakuläre Fälle aus der niedersächsischen Geschichte lernen. Es ist ein faszinierender Kontrast zum idyllischen Stadtbild und eine tolle Abwechslung. Ich wünschte, ich hätte gewusst, dass man hier gut und gerne zwei Stunden verbringen kann – planen Sie also genug Zeit ein, es lohnt sich!

Die beste Reisezeit und praktische Tipps

Natürlich ist die Spargelsaison von April bis Ende Juni die absolute Hauptsaison. Der Spargel schmeckt hier wirklich anders – frischer, nussiger. Und die ganze Stadt zelebriert diese Zeit. Mein absoluter Geheimtipp: Besuchen Sie den Wochenmarkt am Mittwoch oder Samstagvormittag. Hier kaufen die Einheimischen, man kommt ins Gespräch und bekommt den besten Eindruck vom Leben in der Stadt – und natürlich den frischesten Spargel direkt vom Erzeuger.

Ich war aber auch schon im Herbst da, wenn das Laub die Fachwerkhäuser in warmes Licht taucht und an der Weser eine wunderbar melancholische Ruhe einkehrt. Dann ist viel weniger los und man hat die Gassen fast für sich allein.

  • Anreise: Die Anreise ist denkbar einfach. Mit dem Regionalexpress ist man von Hannover oder Bremen in unter einer Stunde da. Der Bahnhof liegt nur etwa 10 Minuten zu Fuß von der Altstadt entfernt.
  • Unterkunft: Wer über Nacht bleiben möchte, findet für jedes Budget etwas. Das „Hotel Weserschlößchen“ bietet einen tollen Blick auf den Fluss, ist aber im oberen Preissegment angesiedelt. Günstiger und sehr zentral ist das „Hotel zur Krone“.
  • Ein ehrliches Fazit: Ist Nienburg ein „viraler Hotspot“? Nein, und das ist auch gut so. Es ist ein ehrliches, charmantes Stück Niedersachsen, das seine kulinarische Tradition mit Stolz pflegt. Es ist der perfekte Ort für einen Tagesausflug oder ein entschleunigtes Wochenende, um dem Großstadttrubel zu entfliehen. Kommen Sie für den Spargel, aber bleiben Sie für die herzliche Atmosphäre.

Amandine Hach

Als Französin in Berlin verbindet Amandine Hach das Beste aus zwei Welten und teilt ihre Entdeckungen auf ihrem Blog „Les Berlinettes“. Mit einem besonderen Fokus auf das Reisen mit Kindern inspiriert sie Familien dazu, die Welt gemeinsam zu erkunden – sei es die eigene Nachbarschaft in der Hauptstadt oder ferne Ziele. Amandine zeigt auf authentische und stilvolle Weise, wie man Abenteuerlust und Familienalltag wunderbar miteinander vereinen kann, und gibt wertvolle Tipps für unvergessliche Erlebnisse mit den Kleinsten.