Barbie Film 2023: Was ist die Message des revolutionären Films und ist er wirklich eine feministische Kritik?

von Sabina Karlev
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Mädchen brauchen eine idealisierte Puppenwelt, um sich „richtig“ zu sozialisieren, und dabei war das Plastikprodukt von Mattel schon bahnbrechend. Barbie durfte neben Mutter und Hausfrau alles sein, dazu noch in puncto Rasse, Klasse und Körperform divers. Aber der neue Barbie Film 2023 von Greta Gerwig hat sich zum Ziel gesetzt, das zu hinterfragen und dabei bekommen Frauen und Mädchen im Kinosaal kalte Füße. Die Story erzählt, wie die perfekte Puppe Cellulite bekommt, unter depressiven Episoden leidet und mit Ken Kampf der Geschlechter führen muss. Was ist eigentlich die Message von Barbie und ist das wirklich ein feministischer Film?

 Barbie Film 2023: Kinostart in Deutschland war der 23. Juli 2023

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Barbie Film 2023 (Spoiler Alert) – die Geschichte in Kürze

Die Marketing-Strategie rund um den neuen Barbie Film 2023 war höchst kreativ: Valentino entwickelte bereits im vergangenen Herbst die Bekleidungslinie in Hot Pink als Teil der Barbiecore-Bewegung. Von Make-up, über Nageldesign bis hin zu Dekor eroberte die Dopamin-Farbe die Herzen der Frauen und erinnerte an die essenzielle Rolle der Puppe: Ein perfekter Teil einer perfekten Welt zu sein. Das ist und wird bloß eine Idealisierung bleiben – sowohl eine Idealisierung von Frauen als auch eine Idealisierung von der Frauenwelt. Barbieland ist bunt, aus Kunststoff gefertigt und einfach. Einfach irreal. Der Film hat aber seit dem Kinostart am 21. Juli mit seinem massiven Kassenerfolg – 470 Millionen Dollar weltweit, Schlagzeilen gemacht.

Margot Robbie und Ryan Gosling sind in den Hauptrollen

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Im Barbie Film wird genau diese Diskrepanz zwischen Idealisierung und Realität des Frauenseins zum Hauptmotiv: Im Barbieland herrscht das Matriarchat, wo die Barbies perfekt aussehen, perfekt leben und jeder Tag der beste ist. In dieser Welt sind die Puppen Nobelpreisträgerinnen, Raumfahrerinnen, Schriftstellerinnen und Politikerinnen – und das gelingt perfekt. Bis eines Tages eine „stereotypical Barbie“, gespielt von Margot Robbie („stereotypical“ soll eine auf ein Objekt reduzierte Frau bedeuten), ihre High Heels nicht mehr tragen kann, Cellulite bekommt und Todesgedanken hat.

Feiern ist endlos im Barbieland

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Auf die Puppe werden nämlich die Ängste und Sorgen einer erwachsenen Frau (America Ferrera) projiziert, die in der realen Welt als Sekretärin beim Mattel-Konzern arbeitet. Die Barbie-Puppe nimmt den Vibe auf, wird schnell dysfunktional und begibt sich auf die Reise zwischen den Welten, um die angebliche Lücke, die alles durchmischt, abzuschließen. Dabei ist sie begleitet von Ken (Ryan Gosling), der selbst unter einer existentiellen Krise leidet. Im Barbieland ist er, genau wie Frauen im Patriarchat, eine Person zweiter Hand.

Setdesign des Barbie Films – ganz auffällig und in Pink

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Ein Film ohne tatsächliche Konfliktlösung… und ohne feministische Kritik

Es bleibt unklar, wohin die Geschichte führen sollte. Während er sich in der echten Welt befindet, stoßt Ken auf das männliche Machtspiel des zeitgenössischen Kapitalismus, nimmt das mit, und kippt die Weltordnung im Barbieland um. Ein Geschlechterkampf entbrennt, in dem alle facettenreichen, diversen und emanzipierten Barbies einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Die stereotypical Barbie soll diese Plastiksklavinnen wieder auf die Seite des Matriarchats bringen. Mit perfiden, psychologischen Mitteln, also mit keiner direkten Konfrontation oder Herausforderung der Männermacht gelingt es den Frauen, die Souveränität der Kens abzubauen. Ken ist am Boden zerstört und muss lernen „kenough zu sein“. Das alles ist mit bissigem Humor dargestellt und wirkt wirklich amüsant.

Selbstermächtigung der Frauen oder Rebranding von Mattel?!

barbie und ken im kinofilm greta gerwif warnerborthers

Nach der Klimax ist man total verwirrt: Barbie wird trotzdem zu echter Frau „mit Genitalien“ im Patriarchat der Realität, und es bleibt im Wesentlichen nichts geändert. Vielleicht kommt der feministische coup d’etat im Kulturkampf gegen Sexismus im Barbie 2.

Die pinke Traumwelt von Mattel

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Der Barbie Film 2023 überzeugt nicht und sieht wie Rebranding von Mattel aus

An diesen Punkten scheitert der Film und bleibt bei einer oberflächlichen Auseinandersetzung mit der Komplexität des Frauenseins. Die (perfektionistische Version der) Frau wird sowohl von Männern als auch von Frauen gehasst, Ken entschuldigt sich nicht bei Barbie für seinen Putsch im Barblieland, Barbie wird nicht dick und bekommt keine Cellulite und so weiter. Die Figur selbst bleibt bei allen Klischees, an denen die ursprüngliche Mattel-Puppe kritisiert wurde: Blond, Weiß, mit perfekter Figur, hervorragender Garderobe und einer immer höflich klingenden und netten Stimme. In der echten Welt am Ende des Films ist sie an keiner klaren gesellschaftlichen Stelle zu sehen, und erscheint einfach zum Termin bei Frauenarzt.

Eine unvergessliche Reise mit dem Barbie Film 2023

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Obwohl die pinke Satire unterhaltsam ist und die ganze Besetzung mit Stars Margot Robbie und Ryan Gosling im Vordergrund einfach brilliert, fühlt sich der Barbie Film 2023 wirklich wie ein 2-stündiger Werbespot von Mattel an. Der Spielzeugkonzern hat an der Realisierung der Produktion mitgewirkt und mit Barbiecore und der pinken Mode ein Meisterwerk des Marketings – nicht der Filmkunst, geschaffen.

Barbie Film 2023: Produktion-Design und „Technicolor“-Ästhetik sind fabelhaft

Das Nonplusultra ist, wie ich vermutet habe, die bunte Ausstrahlung des Plastikuniversums, das nicht ohne Grund Filmklassiker wie „Der Zauberer von Oz“ mit seinem unvergesslichen Setdesign zitiert. Der Hype um den Film inspiriert Modestücke, Outfits, Innendesign und Pflegeprodukte und treibt die pinke Farbe auf neue Stufen. Man darf aber nicht vergessen, dass Pink – die feminine Farbe – eine ironische Bezeichnung des Phänomens der Rosasteuer ist.

Pink Tax: Warum verdienen Frauen weniger als Männer, müssen aber mehr für Produkte und Dienstleistungen bezahlen?

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Für Frauen vermarkte Produkte und Dienstleistungen, sei es in pinker Farbe oder nicht, sind gegenüber denselben Produkten und Dienstleistungen für Männer teurer, auch wenn die Materialien dieselben sind. Dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut in Düsseldorf zufolge verdienten Frauen in Deutschland im Jahr 2022 im Durchschnitt 18 % weniger als ihre männlichen Kollegen für dieselbe Arbeit. Willkommen ins Patriarchat! In dem ist der Trailer von Barbie, der sich über die Eröffnungssequenz der „2001: Odyssee im Weltraum“ lustig macht, provokativer als der ganze Film.

Regisseurin Greta Gerwig fasziniert mit fabelhaftem Produktion-Design und Humor

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Sabina Karlev

Sabina Karlev ist dreisprachige Autorin und Journalistin und studierte Medienwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Als Kommunikationsspezialistin hat sie für kulturelle und wissenschaftliche Institutionen gearbeitet, u. A. für die Max-Planck-Gesellschaft.